European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0020OB00530.77.0617.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 4.459,20 (darin S 960,-- Barauslagen und S 259,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger, ein Rechtsanwalt, fordert S 115.317,-- sA für die rechtsfreundliche Vertretung der Beklagten in verschiedenen Rechtssachen.
Die Beklagte stellte die Klagsforderung der Höhe nach außer Streit, wendete aber bis zur Höhe der Klagsforderung eine die letztere übersteigende Gegenforderung mit der Begründung ein, dem Kläger seien im Zuge der rechtsfreundlichen Vertretung schwerwiegende Kunstfehler unterlaufen, die im Verfahren 37 d Cg 162/72 des Landesgerichtes für ZRS Wien zu einem für die Beklagte nachteiligen Prozeßausgang und zur Kostenersatzverpflichtung an den Prozeßgegner im Betrage von S 245.461,87 geführt hätten. Der Vertrag, der Gegenstand dieses Verfahrens gewesen sei, sei von der Beklagten auch für ihren Sohn W* unterfertigt worden. Dieser habe von den Verhandlungen zwar gewußt, diese aber nicht genehmigt; die Beklagte habe von ihrem Sohn lediglich Verhandlungs-, nicht auch Abschlußvollmacht besessen. Zur Veräußerung von Sachen sei eine Gattungsvollmacht erforderlich, eine allgemeine Vollmacht genüge nicht. Der Kläger habe sich um diesen Sachverhalt nicht gekümmert und die Beklagte und ihren Sohn nicht gefragt, ob die notwendige Vollmacht vorliege. Er habe auch im Verfahren vor dem Landesgericht für ZRS Wien ein Vorbringen in diesem Sinne weder in der Klagebeantwortung noch auch später erstattet und diese wesentliche Tatsache auch im Rahmen der Parteienvernehmung durch Fragestellung nicht weiter geklärt. Der Kläger habe niemals, und zwar weder in der Klagebeantwortung noch auch zu einem späteren Zeitpunkt und auch nicht im Rechtsmittelverfahren ausdrücklich bestritten, daß die Beklagte und ihr Sohn im Besitz eines Mietvertrages mit dem Botschafter der Republik Taiwan seien. Wäre eine solche Bestreitung erfolgt, hätte der Prozeßgegner Dipl.‑Ing. V* den Besitz der Beklagten und ihres Sohnes nachzuweisen gehabt, und es hätte mangels eines solchen Beweises nicht zu einer Verurteilung kommen können. Der Kläger habe auch im Verfahren weder die Zeugen noch die Parteien über den Verbleib des Mietvertrages gefragt. Der Kläger habe sohin bei Beginn des Prozesses das Prozeßmaterial nicht entsprechend gesichtet. Er habe die Beklagte und ihren Sohn nicht auf die formellen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes und die damit zusammenhängenden Konsequenzen aufmerksam gemacht und in der Folge auch im Verlauf des Prozesses keinen Gebrauch davon gemacht.
Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit S 115.317,-- als zu Recht bestehend, die Gegenforderung der Beklagten hingegen bis zur Höhe der Klagsforderung als nicht zu Recht bestehend und sprach dem Kläger daher S 115.317,-- sA zu. Das Erstgericht hat im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Der Kläger habe die Beklagte seit einigen Jahren in verschiedenen Rechtssachen vor Gericht rechtsfreundlich vertreten. Nach Beendigung des Vertretungsverhältnisses habe er der Beklagten sein Vertretungshonorar bekanntgegeben und Zahlung begehrt. Die Liegenschaft EZ. *, KG. W*, Haus in *, sei im grundbücherlichen Eigentum der Beklagten zu 1/3 und ihres Sohnes W* zu 2/3-Anteilen gestanden. Die Beklagte und ihr Sohn, hätten schon seit Jahren die Absicht gehabt, das Haus und die Liegenschaft zu verkaufen. W* habe seine Mutter mündlich bevollmächtigt, auch in seinem Namen die Verkaufsverhandlungen zu führen und ihn über den Stand der Verhandlungen zu unterrichten. Er sei damit einverstanden gewesen, daß die Liegenschaft verkauft werde. Die Beklagte habe W* im Sinne des ihr erteilten Auftrages, ihn über den Stand der Verhandlungen zu unterrichten, gesagt, sie habe sich mit dem Käufer Dipl.‑Ing. V* auf einen Kaufpreis von 1,8 Millionen Schilling geeinigt. W* sei damit einverstanden gewesen. W* habe die Beklagte mündlich bevollmächtigt, die Liegenschaft EZ. *, KG. W*, an Dipl.‑Ing. V* um S 1,8 Millionen zu verkaufen. Die Beklagte habe diese Liegenschaft am 14. März 1972 unter Berufung auf die Bevollmächtigung des Mehrheitseigentümers W* dem Dipl.‑Ing. * V* verkauft. Hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten sei vereinbart worden, daß ein Teil von 1,7 Millionen Schilling von der *Bausparkasse nach Abzug der auf der Liegenschaft lastenden Beträge und nach Abschluß des Vertrages und Intabulierung Zug um Zug, und der Rest in zwei Teilbeträgen am 15. September und 15. Dezember 1972 bezahlt werde. Es sei auch vereinbart worden, daß der Käufer den Mietvertrag mit der Botschaft Taiwans übernehme und daß der Mietzins von S 13.000,-- nach Abschluß des Kaufvertrages auf den Käufer übergehe. Einige Tage nach dem 14. März 1972 habe der Gatte der Beklagten den Rechtsanwalt Dr. * S* aufgesucht und diesem gesagt, daß die Beklagte diesen Vertrag nicht abschließen wolle. Dr. S* sei von der Beklagten bevollmächtigt und beauftragt worden, eine grundbuchsfähige Urkunde über den Kaufvertrag mit Dipl.‑Ing. * V* zu verfassen. Dr. S* habe auf Grund der Information durch die Beklagte und deren Gatten von dem zwischen der Beklagten und Dipl.‑Ing. V* abgeschlossenen Vorvertrag gewußt. Dipl.‑Ing. V* sei mit den von Dr. S* in den schriftlichen Kaufvertrag aufgenommenen Bedingungen nicht einverstanden gewesen; die Beklagte habe daraufhin erklärt, sie wolle Dipl.‑Ing. V* nicht mehr verkaufen, sie habe einen anderen Käufer, und habe durch Dr. S* beim Bezirksgericht Klosterneuburg einen Antrag auf Anmerkung der Rangordnung für den beabsichtigten Verkauf der Liegenschaft eingebracht. Dies sei Dipl.‑Ing. V* bekanntgeworden, und er habe beim Bezirksgericht Klosterneuburg zur Sicherung seines Anspruches auf Einverleibung seines Eigentumsrechtes den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ua auch durch Erlassung eines Belastungs-, Verpfändungs- und Veräußerungsverbotes der EZ. *, KG. W* gestellt, wobei er seinen Anspruch durch Vorlage des Vorvertrages vom 14. März 1972 bescheinigt habe. Mit einstweiliger Verfügung vom 2. Mai 1972 habe das Bezirksgericht Klosterneuburg diesen Antrag bewilligt. Die Zustellung der einstweiligen Verfügung an die Beklagte sei am 8. Mai 1972 erfolgt. Die Beklagte habe daraufhin Dr. S* die Vollmacht gekündigt, den Kläger aufgesucht und diesen bevollmächtigt, gegen die einstweilige Verfügung ein Rechtsmittel einzubringen. Der Kläger habe die Beklagte an seine Mitarbeiterin Dr. G* verwiesen. Die Beklagte habe gegenüber Dr. G* keinesfalls die Ungültigkeit des Vertrages vom 14. März 1972 behauptet, sondern nur, daß sie an diese Vereinbarung nicht gebunden sei, weil Dipl.‑Ing. V* ihre in den schriftlich verfaßten Kaufvertrag aufgenommenen Bedingungen nicht einhalte. Wie aus der Information Beilage ./O hervorgehe, habe die Beklagte Dr. G* auch gesagt, daß sich sämtliche Unterlagen in der Kanzlei des Dr. S* befänden, der sie bei den Verkaufsverhandlungen vertreten habe; sie werde diese Unterlagen holen. Dr. S* habe den Kläger über die Rechtssache unterrichtet und ihm gesagt: „Du brauchst Dich mit W* nicht zu beschäftigen, denn alles macht seine Mutter.“ Der Kläger habe demnach von dem Vorvertrag vom 14. März 1972 und davon gewußt, daß die Beklagte von ihrem Sohn zum Verkauf der Liegenschaft an Dipl.‑Ing. V* bevollmächtigt gewesen sei. Es sei dem Kläger auch aus der Mitteilung des Dr. S* bekannt gewesen, daß die Beklagte die Liegenschaft auch in Vollmacht ihres Sohnes verkauft habe. Die Beklagte habe dies bei der Informationsaufnahme gegenüber Dr. G* auch gar nicht bestritten; sie habe den Kaufvertrag nicht als ungültig anfechten wollen, sondern habe geglaubt, an diesen deswegen nicht gebunden zu sein, weil Dipl.‑Ing. V* die von ihr in der Folge in den Kaufvertrag aufgenommenen Bedingungen nicht annehmen wolle. Nach Ansicht des Klägers habe der Vorvertrag vom 14. März 1972 noch keinen verbindlichen Kaufvertrag dargestellt, da die Vertragspartner nicht den Willen zum Abschluß eines Kaufvertrages gehabt hätten, sondern einen solchen nur hätten vorbereiten wollen. Der Kläger habe deshalb sowohl im Rekurs gegen die einstweilige Verfügung des Bezirksgerichtes Klosterneuburg als auch in der Klagebeantwortung im Verfahren 37 d Cg 162/72 des Landesgerichtes für ZRS Wien nicht eine mangelnde Bevollmächtigung der Beklagten durch W* zum Abschluß eines Kaufvertrages geltend gemacht, sondern habe eingewendet, der Vorvertrag vom 14. März 1972 sei kein rechtsverbindlicher Kaufvertrag. Der Kläger sei von der Bevollmächtigung der Beklagten durch W* überzeugt gewesen, denn auch W* habe im Verfahren 37 d Cg 162/72 des Landesgerichtes für ZRS Wien als Partei angegeben, er habe die Beklagte bevollmächtigt, bezüglich seiner Miteigentumsanteile an der Liegenschaft Verkaufsverhandlungen zu führen und nach Belieben über seinen Liegenschaftsanteil Maßnahmen zu treffen. Der Kläger habe daher auch im Zuge des Beweisverfahrens den Mangel einer Bevollmächtigung der Beklagten durch ihren Sohn nicht behauptet. Im Verfahren 37 d Cg 162/72 des Landesgerichtes für ZRS Wien hätten sowohl die Beklagte bei ihrer Parteienvernehmung als auch ihr Mann Ing. K* als Zeuge bekundet, daß mit dem Botschafter Taiwans ein schriftlicher Mietvertrag über das Haus in *, nicht bestehe. Es habe auch der Kläger als Bevollmächtigter der Beklagten und ihres Sohnes das Begehren des Dipl.‑Ing. V* (als des Klägers im Verfahren 37 d Cg 162/72 des Landesgerichtes für ZRS Wien) auf Herausgabe des Mietvertrages in der Klagebeantwortung ganz allgemein bestritten. Mit Urteil vom 25. Jänner 1973 sei im Verfahren 37 d Cg 162/72 des Landesgerichtes für ZRS Wien festgestellt worden, daß der am 14. März 1972 abgeschlossene Vorvertrag ein für beide Teile rechtsverbindlicher Kaufvertrag sei; die Beklagte und W* seien auch verurteilt worden, den Mietvertrag mit der Botschaft Taiwans an Dipl.‑Ing. V* herauszugeben. In der dagegen erhobenen Berufung hätten die Beklagte und ihr Sohn neuerlich argumentiert, es liege ein rechtsverbindlicher Vertrag nicht vor, da die Beklagte nicht den Willen gehabt habe, einen Kaufvertrag abzuschließen; ein schriftlicher Mietvertrag mit dem Botschafter Taiwans existiere nicht und könne daher auch nicht herausgegeben werden. Weder die Berufung der Beklagten noch eine in der Folge erhobene Revision seien erfolgreich gewesen.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, es habe der Kläger nach dem ihm von der Beklagten dargelegten Vorgang erkannt, daß die Beklagte von W* zu den Verkaufsverhandlungen mündlich bevollmächtigt gewesen sei. Da der Kläger der Meinung gewesen sei, der Vorvertrag vom 14. März 1972 sei nur ein Vorgespräch zum künftigen Abschluß eines verbindlichen Kaufvertrages gewesen, habe er sein Vorbringen in den Verfahren vor dem Bezirksgericht Klosterneuburg und dem Landesgericht für ZRS Wien auf den ihm erteilten Auftrag und die ihm gegebenen Informationen abgestellt. Entgegen der ihm erteilten Informationen habe der Kläger einen Vollmachtsmangel der Beklagten nicht behaupten dürfen. Wende die Beklagte ein, der Kläger habe sie nach einer Bevollmächtigung durch W* nicht gefragt, sei ihr zu entgegnen, daß sie Dr. G* nur gesagt habe, sie sei deshalb an den Vertrag vom 14. März 1972 nicht gebunden, weil Dipl.‑Ing. V* die von ihr nachträglich gestellten Bedingungen nicht angenommen habe. Hätte der Kläger gleichwohl im Verfahren 37 d Cg 162/72 des Landesgerichtes für ZRS Wien behauptet, es liege keine Bevollmächtigung der Beklagten durch den Mehrheitseigentümer vor, wäre das Verfahren nur verzögert worden, ohne daß der Beklagten ein Erfolg beschieden gewesen wäre. Ein Verschulden des Klägers als des Rechtsvertreters der Beklagten liege daher nicht vor. Die Gegenforderung der Beklagten bestehe demnach nicht zu Recht.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Beklagten in der Hauptsache nicht Folge. Es erachtete das erstgerichtliche Verfahren als mängelfrei, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und billigte in der Hauptsache auch dessen rechtliche Beurteilung.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund nach § 503 Z 4 ZPO mit dem dahin aufzufassenden Antrag, das Urteil des Berufungsgerichtes im Sinne der Klagsabweisung abzuändern.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Beklagte versucht auch in ihrer Revision ein Verschulden des Klägers daraus abzuleiten, daß dieser im Verfahren 37 d Cg 162/72 des Landesgerichtes für ZRS Wien die Frage der Bevollmächtigung der Beklagten durch ihren Sohn W* zum Verkauf der diesem gehörenden Liegenschaftsanteile mit der Beklagten und ihrem Sohn nicht erörtert und sie nicht aufgeklärt habe, daß die ihr von ihrem Sohn erteilte Generalvollmacht sie nicht zum Verkaufe der Liegenschaft ermächtige. Diese Vollmacht aus dem Jahre 1968 sei nicht mehr gültig gewesen. Auch im Prozeß habe es der Kläger unterlassen, die Frage der mangelnden Bevollmächtigung der Beklagten durch ihren Sohn zum Verkauf seiner Liegenschaftsanteile zur Erörterung zu stellen. Bei Prüfung der Bevollmächtigung wäre das Klagebegehren in dem genannten Vorverfahren abgewiesen worden. Bezüglich der Herausgabe des Mietvertrages mit der Botschaft Taiwans habe es der Kläger unterlassen, die von ihm erhobene Einwendung, der Mietvertrag befinde sich nicht in der Gewahrsame der Beklagten bzw ihres Sohnes, im Prozeß weiter zu verfolgen und insbesondere W* deswegen nicht befragt. Der Kläger wäre verpflichtet gewesen, sofern sich aus der Information Zweifel ergeben, sich durch Befragung der rechtskundigen Klägerin und ihres Sohnes ein vollständiges und objektives Bild der Rechtslage zu verschaffen. Das Berufungsgericht habe zu Unrecht bezüglich der Herausgabeverpflichtung des Mietvertrages auf die redliche Verkehrsübung abgestellt, da Dipl.‑Ing. V*, der Kläger im Vorverfahren, sich ausdrücklich auf den Kaufvertrag vom 14. März 1972 als Rechtsgrund für die Herausgabepflicht gestützt habe.
All dies ist nicht stichhältig.
Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellung des Erstgerichtes hatten die Beklagte und ihr Sohn W* schon seit Jahren die Absicht, die gegenständliche Liegenschaft zu verkaufen. W* bevollmächtigte die Beklagte mündlich, die Liegenschaft um 1,8 Millionen S an Dipl.‑Ing. V* zu verkaufen. Die Beklagte verkaufte die Liegenschaft am 14. März 1972 unter Berufung auf ihre Bevollmächtigung durch den Mehrheitseigentümer W* an Dipl.‑Ing. V*.
Gemäß § 1008 ABGB ist zum Verkauf von Sachen, daher auch von Liegenschaften, im Namen eines anderen eine besondere, auf diese Gattung von Geschäften lautende Vollmacht erforderlich. Für eine solche Vollmacht ist Schriftlichkeit nicht notwendig. Es genügt auch eine mündliche Bevollmächtigung oder eine solche durch konkludente Handlungen (vgl. SZ 39/95, HS 6081 ua). Darüber hinaus war die Beklagte im Besitz einer bezüglich ihrer Echtheit und Richtigkeit nicht bestrittenen schriftlichen Vollmacht ihres Sohnes vom 7. Oktober 1968, die sie ua auch zur entgeltlichen oder unentgeltlichen Veräußerung unbeweglicher Sachen und Rechte ermächtigte. Sollte die Beklagte bei ihrem Einwand, die aus dem Jahr 1968 stammende schriftliche Vollmacht sei nicht mehr gültig gewesen, etwa die Bestimmung des § 31 Abs 6 GBG im Auge gehabt haben, ist ihr zu entgegnen, daß die dort festgesetzte Frist für die materiellrechtliche Frage der Gültigkeit der Abschlußvollmacht ohne Bedeutung ist. Die Beklagte war daher, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, zum Abschluß des Kaufvertrages vom 14. März 1972 mit Dipl.‑Ing. V* auch im Namen ihres Sohnes ermächtigt, sodaß es für die Entscheidung des Vorprozesses ohne Bedeutung war, ob die Beklagte dies dem Kläger mitgeteilt hatte oder nicht. Die Einwendung der mangelnden Bevollmächtigung der Beklagten im Vorprozeß durch den Kläger, ihren Rechtsanwalt, wäre daher aussichtslos gewesen; die Unterlassung näherer Befragung der Beklagten bzw ihres Sohnes durch den Kläger hinsichtlich der näheren Umstände der Bevollmächtigung und der Art der Vollmacht war demnach für den Ausgang des genannten Rechtsstreites nicht ursächlich, abgesehen davon, daß nach der dem Kläger von der Beklagten erteilten Information für den Kläger keine Zweifel, an der rechtswirksamen Bevollmächtigung der Beklagten bestehen mußten. In der Auffassung des Berufungsgerichtes, das diesbezüglich aus dem Verhalten des Klägers eine auf den Titel des Schadenersatzes (§ 1299 ABGB) gestützte Gegenforderung der Beklagten nicht abgeleitet werden kann, ist daher eine zum Nachteil der Beklagten unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes nicht zu erblicken.
Was die Herausgabe des Mietvertrages mit dem Botschafter der Republik Taiwan anlangt, hat der Kläger dieses Begehren im Vorprozeß bestritten und in der Berufung gegen das klagsstattgebende Urteil ausgeführt, es existiere kein schriftlicher Mietvertrag der Beklagten mit dem Botschafter von Taiwan, sodaß eine Herausgabe nicht möglich sei. Das Erstgericht hat dennoch im Vorprozeß auf Grund freier richterlicher Beweiswürdigung das Vorliegen eines schriftlichen Mietvertrages angenommen, das Berufungsgericht hat diese Feststellung trotz der Bekämpfung in der Berufung übernommen und die Beklagte und ihren Sohn zur Herausgabe des Mietvertrages verurteilt. Diese Verurteilung kann daher nicht auf einen bei der Prozeßführung etwa unterlaufenen Kunstfehler des Klägers zurückgeführt werden.
Soweit die Beklagte ausführt, Dipl.‑Ing. V* habe im Vorprozeß sein Begehren auf Herausgabe des Mietvertrages nur auf den Kaufvertrag vom 14. März 1972 gestützt, übersieht er, daß sich auch ohne besondere Vereinbarung häufig zusätzliche Verkäuferpflichten aus ergänzender Vertragsauslegung, vor allem auf Grund der redlichen Verkehrsübung, aber auch auf Grund der deutlich hervorgetretenen individuellen Zwecke und Interessen der Parteien ergeben (vgl. Bydlinski in Klang2 IV/2, 322 Punkt III). So muß etwa der Verkäufer einer Liegenschaft einen allenfalls vorhandenen Rangordnungsbescheid dem Käufer ausfolgen (vgl. Bydlinski a. a. O. 323 vor Anm 75). Da im Kaufvertrag vom 14. März 1972 vereinbart war, daß der Käufer in den Mietvertrag mit der Botschaft Taiwans eintritt und der Mietzins von S 13.000,-- an den Käufer fließt, waren die Verkäufer, nämlich die Beklagte und ihr Sohn, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, schon auf Grund der redlichen Verkehrsübung auch ohne besondere Vereinbarung verpflichtet, dem Käufer alle Urkunden über den Bestandvertrag mit der Botschaft herauszugeben. Auch in der Auffassung, daß bezüglich der Frage der Herausgabe Verpflichtung des schriftlichen Mietvertrages dem Kläger kein einen Schadenersatzanspruch der Beklagten begründendes schuldhaftes Verhalten zur Last gelegt werden kann, ist daher keine zum Nachteil der Beklagten unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zu erblicken. Aus der in der Revision zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 2 Ob 523/37 = RiZ 1937/390, kann die Beklagte für ihren Rechtsstandpunkt nichts gewinnen, da es sich dort um einen anders gelagerten Fall, nämlich die Unterlassung der Geltendmachung des Berufungsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung durch einen Rechtsanwalt handelte, was die Bestätigung des Ersturteiles mangels Möglichkeit einer Überprüfung seiner Rechtsansicht zur Folge hatte.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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