OGH 7Ob501/77

OGH7Ob501/773.3.1977

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neperscheni als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Kinzel, Dr. Flick, Dr. Petrasch und Dr. Wurz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*, vertreten durch Dr. Hans Knoll und Dr. Herbert Grün, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Parteien 1.) E*, Bundesangestellte, 2.) Mag. J*, Angestellte, 3.) S*, Pensionistin, sämtliche wohnhaft in *, vertreten durch Dr. Karl Leutgeb, Rechtsanwalt in Wien, wegen 163.294,-- S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 3. November 1976, GZ 6 R 185/76‑10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 25. Juni 1976, GZ 40 a Cg 47/75‑5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0070OB00501.77.0303.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung der beklagten Parteien zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Begründung:

Die Klägerin räumte Dr. H* einen Kontokorrentkredit bis zum Höchstbetrag von 200.000,-- S ein, Der Genannte unterfertigte auf Grund der die Unterschriften der Beklagten tragenden Vollmachten vom 23. Oktober 1972 (Beilagen ./D - F) in deren Namen die Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 7. November 1972 bzw 20. März 1973 (Beilage ./G), mit der die Beklagten zur Sicherstellung aller Forderungen der Klägerin gegen Dr. H* aus jenem Kontokorrentkredit die ihnen gehörige Liegenschaft EZ. * KG. F* zum Pfand bestellten. Auf Grund dieser Pfandbestellungsurkunde und der drei Vollmachten vom 23. Oktober 1972 (Beil ./D - F) wurde ob der vorgenannten Liegenschaft das Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von 200.000,-- S für die Forderung der Klägerin an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten gegen Dr. H* unter COZ 41 einverleibt. Die vorgenannten Vollmachten vom 23. Oktober 1972 weisen folgenden entscheidungswesentlichen Inhalt auf: „Vollmacht mit welcher wir Herrn Rechtsanwalt Dr. H* ... Prozeßvollmacht erteilen und ihn überdies ermächtigen … bewegliche und unbewegliche Sachen und Rechte zu veräußern, zu verpfänden, entgeltlich, und unentgeltlich zu übernehmen …“

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung von 163.294,-- S sA bei Exekution in die verpfändete Liegenschaft EZ. * KG. F*. Da Dr. H* trotz wiederholter Aufforderung die Überziehung des ihm eingeräumten Kreditrahmens nicht abgedeckt habe, sei von der Klägerin der Kredit gekündigt und zum 15. November 1975 mit 163.294,-- S fällig gestellt worden. Die Beklagten beantragen Klagsabweisung und behaupten, die Darlehensaufnahme durch Dr. H* sei ihnen unbekannt gewesen. Sie hätten auch niemals die Vollmachten vom 23. Oktober 1972 (Beilagen ./D ‑ F) beglaubigt unterfertigt.

Das Erstgericht entschied im Sinne des Klagebegehrens. Nach seinen Feststellungen unterfertigten die Beklagten die Vollmachten vom 23. Oktober 1972 (Beilagen ./D - F) in der Wohnung des Dr. H* in Gegenwart des Notars Dr. L*, der ihre Unterschriften beglaubigte. Am 13. November 1975 haftete die Forderung der Klägerin gegen Dr. H* aus dem Kreditverhältnis mit 163.294,-- S aus.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Es war der Ansicht, auf den von Dr. H* namens der Beklagten für eine fremde Schuld abgeschlossenen Pfandvertrag seien die Bestimmungen über die Bürgschaft analog anzuwenden. Für die Abgabe von Bürgschaftserklärungen durch einen Bevollmächtigten sei aber eine Gattungsvollmacht im Sinne des § 1008, 1. Satz ABGB erforderlich. Der gleiche Grundsatz gelte auch für den durch einen Bevollmächtigten für eine fremde Schuld abgeschlossenen Pfandvertrag. Da Dr. H* eine derartige Gattungsvollmacht der Beklagten nicht besessen habe, sei eine wirksame Verpfändung ihrer Liegenschaft nicht erfolgt.

Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus dem Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO und beantragt, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Beklagten beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Ob zur Verpfändung einer Liegenschaft für eine fremde Schuld durch einen Bevollmächtigten überhaupt eine auf diese Gattung von Geschäften (Pfandvertrag) lautende Vollmacht (§ 1008, 1. Satz ABGB) erforderlich ist, kann dahingestellt bleiben. Zum Abschluß von Geschäften, für die der Machthaber eine Gattungsvollmacht benötigt, genügt es nämlich, wenn eine solche in den Wortlaut einer allgemeinen Vollmacht aufgenommen wurde (§ 1008 letzter Satz ABGB, Stanzl in KlangIV/1 S 812, Ehrenzweig I/1 S 278, Koziol‑Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechtes4 I S 140, GlUNF 2071, 6249). Die Vollmachten vom 23. Oktober 1972 enthalten aber einen Beisatz, der Dr. H* zur Veräußerung und Verpfändung beweglicher und unbeweglicher Sachen der Beklagten ermächtigt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes war daher Dr. H* nach dem Wortlaut der vorgenannten Vollmachten zur Verpfändung der Liegenschaft der Beklagten für die eingangs erwähnte Forderung der Revisionswerberin bevollmächtigt.

Trotzdem kann noch nicht abschließend beurteilt werden, ob eine rechtswirksame Verpfändung der Liegenschaft der Beklagten erfolgte. Im Hinblick auf seine vom Obersten Gerichtshof nicht geteilte Rechtsansicht hat sich das Berufungsgericht mit der von den Beklagten in ihrer Berufungsschrift geltend gemachten Mängel- und Beweisrüge überhaupt nicht auseinandergesetzt. In ihrer Beweisrüge bekämpfen aber die Beklagten die erstgerichtliche Feststellung, daß sie die Vollmachten vom 23. Oktober 1972 (Beilagen ./D - F) beglaubigt unterfertigt hätten und behaupten, die Verpfändung ihrer Liegenschaft sei auf Grund gefälschter Vollmachten erfolgt. Das Berufungsgericht wird daher die von den Beklagten in ihrer Berufungsschrift erhobene Beweis- und Mängelrüge auf ihre Berechtigung zu prüfen und auch zu entscheiden haben, ob es die Feststellungen des Erstgerichtes zur Höhe der Klagsforderung als unbedenklich übernimmt.

Der Revision der Klägerin war somit, wie geschehen, Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens stützt sich auf § 52 ZPO.

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