OGH 5Ob505/77

OGH5Ob505/771.2.1977

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Sobalik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel, Dr. Marold, Dr. Samsegger und Dr. Griehsler als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*, Kürschnermeister, *, vertreten durch Dr. Theo Petter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei M*, Hauseigentümerin, *, vertreten durch Dr. Karl Kux, Rechtsanwalt in Wien, wegen Abschlusses eines Mietvertrages (Streitwert 170.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 27. Oktober 1976, GZ 6 R 178/76-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 20. Juli 1976, GZ 40 a Cg 350/75-6, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0050OB00505.77.0201.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.159,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 311,04 Umsatzsteuer und S 960,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen

 

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist Eigentümerin des Hauses * und hatte mit dem schriftlichen Mietvertrag vom 27. 5. 1971 die Geschäftsräume Tür Nr. * und * im Parterre dieses Hauses an S* G*, nunmehr verehelichte K*, vermietet. Nach dem § 1 Z 4 dieses Vertrages darf der Mietgegenstand nur zum Betriebe eines Damenmodengeschäftes verwendet werden. Gemäß dem § 11 ist die Mieterin berechtigt, innerhalb einer Frist von fünf Jahren, einen Mietnachfolger vorzuschlagen, die Vermieterin verpflichtet, mit diesem einen Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen abzuschließen, soferne nicht schwerwiegende Bedenken in persönlicher oder finanzieller Hinsicht bestehen.

Der Kläger begehrte mit der am 24. 9. 1975 eingebrachten Klage von der Beklagten, mit ihm einen Mietvertrag hinsichtlich der Geschäftsräume im Hause *, bestehend aus einem Verkaufsraum und zwei Nebenräumen, zu den gleichen Bedingungen abzuschließen, wie sie in dem Mietvertrag vom 27. 5. 1971 zwischen der beklagten Partei und S* G* enthalten sind.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren uneingeschränkt statt. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge und nahm von dieser Verpflichtung die Bestimmungen über den Beginn des Mietverhältnisses und über die Mietrechtsnachfolge aus. Dem wurde der Ausspruch beigefügt, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 übersteige.

Den Entscheidungen der Untergerichte liegt folgender wesentlicher Sachverhalt zugrunde:

Rechtsanwalt Dr. K* N* gab als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der S* K* im Einverständnis mit der Gemeinschuldnerin die Zustimmung zur Übertragung der Mietrechte an den klagsgegenständlichen Räumen auf den Kläger. Es war auch bereits volle Übereinstimmung mit dem Rechtsvertreter der Beklagten, dem Rechtsanwalt Dr. Griesser, über den Abschluß eines solchen Mietvertrages erzielt worden, der in schriftlicher Form am 22. 7. 1975 abgeschlossen werden sollte. Dazu kam es aber nicht, weil Dr. Griesser zu diesem Termin nicht erschien. Der Kläger besitzt den Gewerbeschein eines „Kürschners“ und kann daher Pelzbekleidung für Damen verkaufen. S* K* verkaufte im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes in diesem Lokal unter anderem auch Damenpelze und Damenpelzjacken.

Das Erstgericht beurteilte diesen Sachverhalt dahingehend, daß entgegen den beiden Einwendungen der beklagten Partei die gültige Zustimmung zur Übertragung der Mietrechte an den Kläger durch S* K* selbst und auch durch ihren Masseverwalter vorliege und der Kläger den Bestandgegenstand im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung auch vertragsgemäß verwenden könne. Die Behauptung der beklagten Partei, sie sei bestrebt gewesen, Rauhwaren fernzuhalten und nur den Handel mit Stoffen zu ermöglichen, weil sie im gleichen Haus ein Kaffeehaus betreibe, lasse eine Interessenbeeinträchtigung nicht erkennen. Schließlich sei auch das Klagebegehren im Sinne des § 226 Abs 1 ZPO hinlänglich bestimmt, weil der ganze Wortlaut des abzuschließenden Mietvertrages im Urteilsbegehren nicht wörtlich wiedergegeben werden müsse, wenn ein Vertragstext bereits vorliege, der bei Abschluß des neuen Vertrages keine Veränderungen erfahren solle.

Das Berufungsgericht billigte auf der Grundlage der übernommenen erstgerichtlichen Feststellungen diese rechtliche Beurteilung mit der Einschränkung, daß schon nach dem gesamten Vorbringen des Klägers nicht alle Bestimmungen des Mietvertrages auch Gegenstand des neu abzuschließenden Mietvertrages sein sollen und die Beklagte daher nur verpflichtet sei, einen Mietvertrag abzuschließen, der diese Bestimmungen nicht enthält, wobei der Anfangszeitpunkt für das Bestandverhältnis mit dem Kläger durch den Ablauf der Leistungsfrist bestimmt werde. Daß die Mieterin ihre Mietrechte der Realkanzlei H* & Co sicherheitshalber abgetreten habe, sei eine im Berufungsverfahren unzulässige Neuerung. Davon abgesehen würde diese Abtretung der konkursgerichtlichen Genehmigung bedürfen, die aber nicht vorliege. Auf die gewerberechtliche Unterscheidung von Damenmoden und Kürschnerhandwerk komme es nicht an. Maßgebend sei allein, ob der Kläger das Geschäft für den Verkauf von Damenmoden verwenden dürfe und wolle. Dies sei der Fall. Überdies könne schon nach allgemeiner Lebenserfahrung gesagt werden, daß der Verkauf von Pelzbekleidung keine größere Belastung des Hauseigentümers mit sich bringe, als der Verkauf von sonstiger Damenbekleidung.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Revisionsgründen des § 503 Z 3 und 4 ZPO mit den Revisionsanträgen, das angefochtene Urteil abzuändern und das Klagebegehren abzuweisen, in eventu dieses Urteil aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht oder an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Zu dem Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit verweist die Revisionswerberin darauf, daß die Auffassung des Berufungsgerichtes, es handle sich bei der Behauptung der Beklagten, die Mieterin habe ihre Mietrechte der Realkanzlei H* & Co sicherheitshalber abgetreten, um eine unzulässige Neuerung und es bedürfe diese Abtretung der konkursgerichtlichtlichen Genehmigung, im Widerspruch mit den Prozeßakten stehe, weil die Abtretung der Mietrechte aus der Zeugenaussage des Masseverwalters zu entnehmen sei, die gemäß § 482 Abs 2 ZPO Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen sei. Die Abtretung der Mietrechte sei zudem bereits vor der Eröffnung des Konkursverfahrens erfolgt.

Der Revisionsgrund des § 503 Z 3 ZPO liegt nur vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage gezogen werden, demnach auf einem bei Darstellung der Beweisergebnisse unterlaufenen Irrtum, einem aus den Akten erkennbaren und behebbaren Formverstoß beruhen (vgl EvBl 1948/623 uva, zuletzt etwa 4 Ob 395/76). Abgesehen davon, daß schon daraus erhellt, daß der geltend gemachte Revisionsgrund nicht vorliegt, ist der von der Revision zitierten zeugenschaftlichen Aussage des Masseverwalters Dr. N* zu entnehmen, daß die diesbezügliche Angabe aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Der Zeuge hat angegeben, daß zwar in einem Darlehensvertrag vom Jahr 1972 vereinbart wurde, daß über die Mietrechte der Frau G* nicht verfügt werden könne, solange die Realkanzlei H* & Co von der Zentralsparkasse, von der der Kredit stammte, in Anspruch genommen werden könne. Diese Ansprüche der Realkanzlei H* & Co habe aber der nunmehrige Gatte der Gemeinschuldnerin eingelöst. Er habe den hiefür nötigen Geldbetrag vom Kläger bekommen und sei damit einverstanden gewesen, daß die Mietrechte am klagsgegenständlichen Lokal an den Kläger übertragen werden (AS 18).

Im Rahmen der Rechtsrüge vermeint die Revisionswerberin, daß den Erfordernissen des § 226 ZPO bei einer Klage auf Abschluß eines Mietvertrages mit dem vorliegenden Klagebegehren nicht Genüge getan sei, weil dieses nicht die „wesentlichen Stücke Mietgegenstand und Mietzins (§ 1094 ABGB)“ enthalte.

Die klagende Partei nimmt mit ihrem Klagebegehren das vertragsgemäße Eintrittsrecht in den Mietvertrag vom 27. 5. 1971 in Anspruch, wie er, zwischen der beklagten Partei und der Vormieterin abgeschlossen wurde. Dieser Mietvertrag liegt in einer Ablichtung vor (Urkunde Beilage B), die hinsichtlich Übereinstimmung mit dem Original sowie der Echtheit und Richtigkeit von der beklagten Partei anerkannt wurde (AS 13). Im Spruch des angefochtenen Urteils wurde auch darauf Bezug genommen. In dieser Urkunde, die in einem Formularmietvertrag besteht, sind Bestandgegenstand und Bestandzins enthalten. Zur Bestimmtheit eines Begehrens ist es nicht immer erforderlich, daß alle Identifizierungsangaben im Begehren selbst erschöpfend wiedergegeben werden. Es kann im Begehren auch auf Urkunden oder auf andere Unterlagen verwiesen werden, die zu integrierendem Bestandteil gemacht werden (vgl Fasching III, 28). Da dies im vorliegenden Falle geschehen ist, ermangelt es dem Klagebegehren nicht an der nach den §§ 226 Abs 1 ZPO erforderlichen Bestimmtheit als Voraussetzung für seine Exequierbarkeit nach dem § 367 Z 1 EO.

Schließlich ist den Untergerichten auch in der rechtlichen Beurteilung dahingehend beizupflichten, daß die Gewerbeberechtigung des Eintrittswerbers und eine darauf basierende geschäftliche Betätigung im gegenständlichen Bestandobjekt nicht von vornherein geeignet sind, schwerwiegende Bedenken in persönlicher oder finanzieller Hinsicht gegen ihn zu begründen, wie dies als Hinderungsgrund gegen eine Mietrechtsnachfolge im § 11 des Mietvertrages vom 27. 5. 1971 festgelegt wurde. Das handwerksmäßige Gewerbe des Kürschners im Sinne des § 94 Z 45 der Gewerbeordnung 1973 gibt dem Erzeuger gemäß § 33 Z 6 GewO auch das Recht neben Waren eigener Erzeugung fremde Erzeugnisse gleicher Art zu verkaufen. Dazu gehören auch Produkte aus Stoff mit Rauhwarenanteil, wie etwa Stoffmäntel mit Pelzfütterung und dergleichen. Dieses Warenangebot kann sich in einem wesentlichen Umfang mit dem eines Handelsgewerbes, das den Betrieb eines Damenmodengeschäftes zum Gegenstand hat, decken. Konkret benannte Umstände, aus denen von Seiten der Vermieterin der Verkauf von Rauhwaren in ihrem Hause abgelehnt wird, wie etwa wegen Beeinträchtigung ihres Kaffeehausbetriebes, sind von den Untergerichten mit Recht als unstichhältig abgetan worden. Es wird diesbezüglich auch nichts mehr in der Revision vorgebracht.

Der unbegründeten Revision muß daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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