OGH 4Ob653/75

OGH4Ob653/7516.12.1975

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofrate des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger, Dr. Friedl, Dr. Resch und Dr. Kuderna als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma P*, *, vertreten durch Dr. Leo Feitzinger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A*, Lebensmittelgrosshändlerin, *, vertreten durch Dr. Walter Steup, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 6.547,50 samt Anhang, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 17. Juni 1975, GZ. 1 R 77/75‑16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 7. Februar 1975, GZ. 9 C 44/74‑10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0040OB00653.75.1216.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 1.239,74 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 120,‑‑ an Barauslagen und S 82,94 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrt von der Beklagten die Zahlung eines Betrages von S 6.547,50 samt Anhang aus dem Titel des Schadenersatzes. Zur Begründung führt sie aus, die Beklagte habe ihr am 4. Oktober 1973 ein Fass Trimolin geliefert, ohne dieses vor der Lieferung auf seine Verwendbarkeit zu überprüfen. Dazu hätte die Beklagte deshalb Anlass gehabt, weil schon wiederholt derartige Fässer, die die Beklagte von der P* Vertriebs Ges.m.b.H. bezogen und an die klagende Partei weitergeliefert habe, unbrauchbares Trimolin enthalten hätten. Die klagende Partei habe am 5. Oktober 1973 nach dem Öffnen des vorerwähnten Fasses festgestellt, dass die obere Schicht seines Inhaltes kristallisiert und somit zur bestimmungsgemässen Herstellung einer Zuckerbäckerteigmasse ungeeignet sei. Die klagende Partei habe die kristallisierte Schicht sowie eine weitere dem Anschein nach unverdorbene Schicht in einer Stärke von je 15 cm abgeschöpft und sodann etwa 24 kg Trimolin, das gebrauchsfähig ausgesehen habe, zur Herstellung einer Zuckerbäckerteigmasse von 500 kg verwendet. Tatsächlich sei jedoch auch dieses Trimolin unbrauchbar gewesen, sodass die auf diese Weise hergestellte Teigmasse von insgesamt 485 kg (15 kg seien durch den Backvorgang geschwunden) für den menschlichen Genuss ungeeignet gewesen sei. Der Wert des 485 kg schweren Zuckerbäckerteiges betrage S 8.972,50. Da die klagende Partei im Rahmen einer Notverwertung einen Erlös von S 2.425,‑‑ erzielt habe, betrage ihr Schaden die Differenz in der Höhe des Klagsbetrages.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Das Trimolin werde, so führte sie aus, in verschlossenen Fässern vom Importeur, der Firma P* Vertriebs Ges.m.b.H., an sie geliefert, sodass es ihr nicht möglich sei, die Fässer vor der Weitergabe an ihre Abnehmer zu öffnen. Das Alleinverschulden treffe die Beklagte, die bereits anlässlich eines früheren Schadensfalles vom Importeur ausdrücklich drauf aufmerksam gemacht worden sei, dass Beanstandungen in Hinkunft nur vor der Verarbeitung der Ware anerkannt werden könnten. Der Importeur habe der klagenden Partei den Austausch jedes irgendwie verdächtig aussehenden Fasses zugesagt. Obwohl die klagende Partei bemerkt habe, dass die Oberfläche des Fassinhaltes kristallisiert sei, habe sie das Trimolin verwendet. Die Mängelrüge sei überdies verspätet erfolgt, nämlich mit Schreiben vom 21. Jänner 1974.

Die Beklagte bestritt dieses Vorbringen und behauptete, die Mängelrüge am 5. Oktober 1973 telefonisch erstattet zu haben. Sie sei von der klagenden Partei an den genannten Importeur verwiesen worden, vom dem sie den Rat erhalten habe, den nicht kristallisierten, unverdorbenen Teil zu verwenden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Die klagende Partei betreibt ein Zuckerbäckerunternehmen. Für die Herstellung von Backwaren mengt sie dem Teig Trimolin bei. Dieser, in einer cremigen Masse bestehende hochwertige Blütenzucker bewirkt, dass die Backwaren mürbe bleiben. Die das Trimolin enthaltenden Fässer sind durch einen mit einem Spannverschluss versehenen, unplombierten Deckel verschlossen. Der Fassinhalt kann daher vor Auslieferung an den Kunden überprüft und das Fass wieder ordnungsgemäss verschlossen werden, ohne dass das Trimolin deshalb mangelhaft werden könnte. Die klagende Partei bezog diesen Backwarenzusatz zunächst direkt vom Importeur, der P* Vertriebs Ges.m.b.H., und später von der Beklagten.

Am Morgen des 5. Oktober 1973 (einem Freitag) wurde von einem Arbeiter der klagenden Partei ein von der Beklagten wenige Tage zuvor geliefertes Fass Trimolin geöffnet. Dabei stellte sich heraus, dass die oberste, ca. 20 cm dicke Schicht des Fassinhaltes hart war, wogegen das darunter befindliche Trimolin hinsichtlich Konsistenz, Aussehen und Geschmack keinen Unterschied zu dem normalen Trimolin aufwies. Der Teig war bereits vorbereitet, der Backofen war geheizt und geschmiert. Ein anderes Trimolin war „offenbar" nicht mehr vorhanden. F* setzte sich daraufhin mit der Beklagten telefonisch in Verbindung und wurde von dieser an den Importeur verwiesen. Eine Ersatzlieferung war am selben Tag nicht möglich. Hätte die klagende Partei eine Ersatzlieferung abgewartet, wäre der in einer Menge von 500 kg vorbereitete Teig verdorben. Durch den Backvorgang verliert der Teig ca. 15 kg. Die klagende Partei hat „offenbar" in Ermangelung eines anderen Vorrates an Trimolin nach Entfernung der harten Oberschicht dem gegenständlichen Fass die erforderliche Menge entnommen, dem vorbereiteten Teig beigemengt und den Backvorgang eingeleitet. Dabei stellte sich heraus, dass auch das verwendete Trimolin mangelhaft war. Der Teig blieb nämlich an der Walze kleben und die Kekse wiesen nach dem Backen die durch das Trimolin zu bewirkende glatte Oberfläche nicht auf. Der Kilopreis für unsortiertes, in ordnungsgemässem Zustand befindliche Kekse beträgt S 18,50. Das gegenständliche Backprodukt musste von der klagenden Partei an einen Fahrverkäufer um S 5‑‑ pro kg verkauft werden.

Schon vor diesem Vorfall haben zwei Trimolin-Lieferungen der Beklagten zu einer Beanstandung durch die klagende Partei geführt. Eine Äusserung seitens des Importeurs, die klagende Partei solle nach Abschöpfen der harten Oberschicht das restliche Trimolin verwenden, wurde nicht als erwiesen angenommen.

In rechtlicher Hinsicht nahm das Erstgericht ein Verschulden der Beklagten an, weil diese ihrer Verpflichtung als ordentlicher Kaufmann, die Ware vor der Auslieferung an den Kunden besonders zu prüfen, schuldhaft nicht nachgekommen sei. Die klagende Partei habe angesichts des bereits zum Backen vorbereiteten Teiges und eines fehlenden mängelfreien Trimolins nur die Wahl gehabt, den Teig verderben zu lassen oder den Backvorgang nach Beimengung des fehlerfrei scheinenden Trimolinrestes durchzuführen. Zu diesem letztgenannten Versuch einer bestmöglichen Verwendung des vorhandenen Teiges sei sie schon auf Grund ihrer Schadensminderungspflicht verhalten gewesen.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im klagsabweisenden Sinn ab. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, billigte jedoch nicht dessen rechtliche Beurteilung. Die klagende Partei habe, so führte das Berufungsgericht in rechtlicher Hinsicht aus, entgegen der Vorschrift des § 377 HGB die Untersuchung der Ware nicht unverzüglich vorgenommen und die Mängelrüge daher nicht rechtzeitig erhoben, sodass die Ware als genehmigt gelte. Daraus ergebe sich das Fehlen von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen, soweit letztere ihren Grund in der Beschaffenheit der genehmigten Ware haben. Da die Beklagte den Mangel der Rechtzeitigkeit der Mängelrüge auch eingewendet habe, bestehe der Klagsanspruch nicht zu Recht.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

In der Mängelrüge wendet sich die klagende Partei gegen das Fehlen verschiedener Feststellungen, ohne jedoch einen Verfahrensmangel aufzuzeigen. Sie bekämpft nämlich mit diesen Ausführungen teils in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Untergerichte und teils die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, indem sie auf der Grundlage der von ihr vertretenen Rechtsauffassung Feststellungen zu treffen wünscht. Andere, nach Meinung der Revisionswerberin fehlende Feststellungen wurden von den Untergerichten ohnehin getroffen, sodass diese Revisionsausführungen von einer aktenwidrigen Annahme ausgehen. Letzteres gilt für die vermissten Feststellungen über die gänzliche Unbrauchbarkeit des gegenständlichen Fassinhaltes (dies ergibt sich aus dem Zusammenhalt der über die Unbrauchbarkeit des Trimolins getroffenen Feststellungen) sowie über dem Zeitpunkt der Öffnung des Fasses („am Morgen des 5. Oktober 1973“) und der Erhebung der Mängelrüge (nach dem Öffnen des Fasses). Eine Feststellung über den genauen Zeitpunkt der Lieferung ist entbehrlich, weil die Feststellung, die Lieferung sei wenige Tage vor dem 5. Oktober 1973 erfolgt, aus den noch darzulegenden rechtlichen Gründen ausreicht. Eine Feststellung über den Umstand, die Beklagte habe den Einwand der verspäteten Mängelrüge darauf gestützt, dass diese erstmals mit Schreiben vom 21. Jänner 1974 erhoben worden sei, erübrigte sich, weil Feststellungen nur über den dem Klagsanspruch zugrundeliegenden Sachverhalt, nicht aber über das dem Verhandlungsprotokoll zu entnehmende Prozessvorbringen der Parteien zu treffen sind. Mit den weiteren Rechtsmittelausführungen, die klagende Partei habe die Beklagte am 4. Oktober 1973 und nicht, wie die Untergerichte festgestellt haben, am 5. Oktober 1973 von dem Mangel in Kenntnis gesetzt, greift die Revisionswerberin in einer im Revisionsverfahren unzulässigen Weise die Beweiswürdigung der Untergerichte an. Diese unbeachtlichen Ausführungen sind zudem deshalb nicht recht verständlich, weil die Öffnung des Fasses und die Entdeckung des Mangels, wie sogar die klagende Partei in der Klage selbst vorbringt, erst am 5. Oktober 1973 erfolgt ist, sodass vor diesem Zeitpunkt eine Rüge des solcherart entdeckten Mangels mit den Denkgesetzen unvereinbar ist.

Ferner rügt die klagende Partei das Fehlen von Feststellung darüber, sie wäre mit Rücksicht auf ihren ordnungegemässen Geschäftsgang nicht in der Lage gewesen, den Fassinhalt vor der Öffnung des Fasses zu untersuchen und die Beklagte von dem Mangel zu verständigen. Die Revisionswerberin übersieht jedoch, dass sie ein derartiges Prozessvorbringen vor dem Erstgericht nicht einmal andeutungsweise erstattet hat (sie brachte vor, die Lieferung sei am 4. Oktober 1973 und die Öffnung des Fasses am 5. Oktober 1973 erfolgt), sodass kein Anlass bestand, das Beweisverfahren auf diesen Umstand zu erstrecken und Feststellungen darüber zu treffen. Soweit die klagende Partei mit ihren Rechtsmittelausführungen ein derartiges Vorbringen nachzuholen versucht, verstösst sie gegen das Neuerungsverbot des § 504 Abs. 2 ZPO.

Die von der Revisionswerberin schliesslich begehrte Feststellung, der Importeur habe für die Beklagte die Unverwendbarkeit des Fassinhalt es anerkannt und habe der klagenden Partei ein anderes Fass geliefert, ist für die prozessentscheidende Frage, ob die Beklagte der klagenden Partei den durch die Verwendung des unbrauchbaren Trimolins entstandenen Schaden zu ersetzen hat, ohne jede Bedeutung, zumal der Ersatz des unbrauchbaren Trimolins nicht verlangt wird. Entgegen der Auffassung der klagenden Partei könnte in der ersatzweisen Lieferung eines Fasses Trimolin durch den Importeur keineswegs ein Verzicht der Beklagten auf die Einwendung der verspäteten Mängelrüge erblickt werden, weil diese ausschliesslich die gelieferte Ware betrifft, und daher keinen Schluss auf den mit der vorliegenden Klage allein geltend gemachten Ersatz für Folgeschäden zulässt und weil das von der klagenden Partei als Erklärung gedeutete Verhalten des Importeurs dem Vertragspartner der klagenden Partei (das ist die Beklagte), dem allein gegenüber die Obliegenheit zur unverzüglichen Untersuchung und Anzeige besteht, nicht bindet.

Verfehlt ist aber auch die Auffassung der Revisionswerberin, die Erhebung einer Mängelrüge sei nur für die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen, nicht aber auch für Schadenersatzforderungen notwendig, sodass der Frage der Unverzüglichkeit der Mängelrüge keine Bedeutung zukomme.

Da beide Parteien die Kaufmannseigenschaft besitzen und der gegenständliche Kauf, der zum Betrieb ihres Handelsgewerbes gehört, ein Handelsgeschäft ist (§ 343 Abs. 1 HGB), kommt die Vorschrift des § 377 HGB zur Anwendung. Nach dieser Bestimmung hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsgemässem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich davon Anzeige zu machen (Abs. 1). Unterlässt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, dass es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war (Abs. 2). Da die klagende Partei ein arglistiges Verschweigen des Mangels, insbesondere dessen Kenntnis durch die Beklagte, also ein vorsätzliches Handeln (Schlegelberger, Komm. zum HGB4, III, § 377 Anm. 46; 5 Ob 94/71; JB1 1974/369 u.a.) gar nicht behauptet, sondern den Klagsanspruch, wie sie auch noch in der Revision ausführt, auf die Unterlassung einer Untersuchung der Ware vor der Lieferung stützt, kommt die Ausschlussbestimmung des § 377 Abs. 5 HGB nicht in Betracht. Wenn nun infolge Unterlassung der unverzüglichen Mängelrüge die Ware als genehmigt gilt, dann wird dadurch nicht nur die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen, sondern insbesondere auch jene von Schadenersatzansprüchen ausgeschlossen, wenn diese ihren Grund in der Beschaffenheit der nunmehr genehmigten Ware haben (Schlegelberger aaO., 2101; HS. 7315; SZ 43/53; EvBl 1967/305 u.a.). Da die letztgenannte Voraussetzung im Gegenstand zutrifft, besitzt die Beantwortung der Frage nach der Rechtzeitigkeit der Mängelrüge, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, prozessentscheidende Bedeutung.

Die den Käufer nach dem § 377 HGB treffende Untersuchungs- und Anzeigepflicht ist eine dem Vertragspartner gegenüber bestehende Obliegenheit (vgl. Schlegelberger a.a.O., 2077). Ihr Sinn liegt in der möglichst raschen Unterrichtung des Verkäufers von der Mangelhaftigkeit der Ware. Dieser soll dadurch in die Lage versetzt werden, die zur Wahrung seiner Interessen nötigen Massnahmen möglichst rasch zu ergreifen. Die Untersuchung der Ware dient dem Zweck, allfällige Mängel festzustellen. Sie ist unverzüglich nach der Ablieferung der Ware vorzunehmen (Schlegelberger a.a.O., 2095, 2097). Das Ausmass der für die Untersuchung zur Verfügung stehenden Zeitspanne hängt von der Art der Ware und den notwendigen Untersuchungsmaßnahmen ab (vgl. Hämmerle, Handelsrecht2, III, 69). Die Untersuchung erfolgt immer dann rechtzeitig, wenn bei dem nach objektiven Maßstäben zu beurteilenden Geschäftsgang nicht einmal eine geringfügige vermeidbare Nachlässigkeit vorlag (JB1 1974, 369). Diese Grundsätze gelten aber nur für offene Mängel, das sind Mängel, die im Rahmen einer ordnungsgemässen Untersuchung erkennbar sind oder die dem Käufer aus anderen Gründen im Zeitpunkt der Lieferung oder unmittelbar darnach bekannt sind (Schlegelberger, a.a.O., 2096).

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, dann ist die von der klagenden Partei erhobene Mängelrüge nicht als unverzügliche Anzeige anzusehen. Wenn auch die Untergerichte das Datum der Lieferung nicht festgestellt haben, so steht doch fest, dass zwischen der Lieferung und der Anzeige immerhin einige wenige Tage verstrichen sind. Bedenkt man, dass sich die Lieferung auf ein einziges Fass beschränkt hat und dass die Untersuchung in einem einfachen Öffnen des mit einem Spannverschluss versehenen, unplombierten Deckels bestanden hätte, der anschliessend wieder ordnungsgemäss und ohne Gefahr für die Verwendbarkeit des Inhaltes hätte verschlossen werden können, dann ist der festgestellte qualitative Mangel der Ware ein offener, im Rahmen einer ordnungsgemässen und dem Käufer jederzeit zumutbaren Untersuchung erkennbarer Mangel. Da diese einfache Art der Untersuchung weder einen nennenswerten Zeitaufwand noch sonstige Maßnahmen erfordert und da Umstände, die im konkreten Fall aus besonderen Gründen einer sofortigen Untersuchung entgegengestanden wären, nicht vorgebracht wurden, hätte die Untersuchung sofort nach der Lieferung erfolgen müssen, um eine Nachlässigkeit zu vermeiden. Dazu bestand umsomehr Anlass, als bereits in zwei Fällen Beanstandungen solcher Lieferungen vorgenommen worden wären. Die erst einige Tage nach der Lieferung erfolgte Untersuchung und Mängelanzeige erfolgte somit nicht unverzüglich im Sinne des § 377 Abs. 1 HGB, sodass der Kauf von der klagenden Partei genehmigt worden ist. Der Frage, ob die Beklagte als ordentlicher Kaufmann der klagenden Partei gegenüber verpflichtet war, vor der Lieferung der Ware deren Inhalt zu untersuchen, kommt mit Rücksicht auf diese Genehmigung der Ware und dem dadurch bewirkten Ausschluss von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen im Gegenstand keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin hat die Beklagte die Verspätung der Mängelrüge eingewendet, wobei es ohne Bedeutung ist, ob die datumsmässige Konkretisierung dieser Einwendung richtig war, zumal die Mängelrüge schon vor dem von der Beklagten in diesem Zusammenhang genannten Zeitpunkt verspätet war (vgl. HS 7316). Da aber aus den dargelegten Gründen die Geltendmachung des Schadenersatzanspruches ausgeschlossen ist, fehlt den vom Erstgericht und von der Revisionswerberin dargelegten Ausführungen über die Schadensminderungspflicht der klagenden Partei die Grundlage. Die in der Revision in diesem Zusammenhang erfolgte – allerdings nicht näher begründete – Heranziehung des § 1306 a ABGB muss überhaupt unverständlich bleiben, schafft doch diese Bestimmung ein Privileg für den zum Schadenersatz in Anspruch genommenen Beschädiger und nicht für den einen Ersatz begehrenden Beschädigten.

Da somit das angefochtene Urteil auch frei von Rechtsirrtum ist, konnte der Revision ein Erfolg nicht beschieden sein.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 ZPO begründet.

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