European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0050OB00108.75.1028.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Hinsichtlich des weiteren Klagebegehrens, der Beklagte sei schuldig, einzuwilligen, daß die Dienstbarkeit des Wasserbezugsrechtes aus dem auf der Parzelle 750/1 Wiese, Katastralgemeinde *, befindlichen Brunnen sowie das Recht der Wasserleitung und Röhrenlegung ob der dem Beklagten gehörigen Liegenschaft EZ 125 Katastralgemeinde * als dienendem Gut zugunsten der jeweiligen Besitzer der in EZ 18, Grundbuch der Katastralgemeinde *, vorgetragenen * zu * als herrschendem Gut einverleibt werden können, sowie im Kostenausspruch, werden das angefochtene Urteil und das erstgerichtliche Urteil aufgehoben.
Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens gleich weiteren Prozeßkosten erster Instanz Bedacht zu nehmen haben wird.
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft * in *, Katastralgemeinde * EZ 18. Eigentümer des Grundstückes Nr. 750/1 der EZ 123 Katastralgemeinde * ist der Beklagte.
Die Kläger begehrten mit der am 10. April 1974 eingebrachten Klage die Feststellung, daß ihnen die Dienstbarkeit des Wasserbezugsrechtes aus dem auf der Parzelle Nr. 750/1 Katastralgemeinde * befindlichen Brunnen sowie das Recht der Wasserleitung und Röhrenlegung und zwar zugunsten der ihnen je zur Hälfte gehörigen Liegenschaft EZ 18 Katastralgemeinde * zustehe (I). Weiters soll der Beklagte schuldig erkannt werden, ab sofort alle Handlungen zu unterlassen, die eine Störung oder Beeinträchtigung dieser Dienstbarkeit des Wasserbezuges und der Wasserleitung bewirken (II). Schließlich soll der Beklagte einwilligen, daß die Dienstbarkeit des Wasserbezugsrechtes aus dem auf der Parzelle 750/1 Wiese Katastralgemeinde * befindlichen Brunnen sowie das Recht der Wasserleitung und Röhrenlegung ob der dem Beklagten gehörigen Liegenschaft EZ 123 Katastralgemeinde * als dienendes Gut zugunsten der jeweiligen Besitzer der in EZ 18 Grundbuch der Katastralgemeinde * vorgetragenen * zu * als herrschendem Gut einverleibt werden könne (III).
Die klagenden Parteien stützten diese Begehren darauf, daß ihnen die in Anspruch genommene Dienstbarkeit auf Grund eines Servitutsvertrages vom 14. Oktober 1883 zustehe. Im Hinblick auf das versehentliche Unterbleiben der Mitübertragung der Dienstbarkeit im Zuge der Verbücherung eines Abhandlungsergebnisses im Jahre 1912 wurde als Rechtsgrund für den Bestand der Dienstbarkeit auch deren Ersitzung ausdrücklich geltend gemacht.
Der Beklagte wendete dem gegenüber ein, daß die den Klägern auf Grund des Servitutsvertrages vom 14. Oktober 1883 zugestandene Dienstbarkeit zufolge des Eintrittes einer auflösenden Bedingung und zwar wegen des Verzuges mit der Zahlung des Wasserzinses in den Jahren 1972 und 1973 erloschen sei. Die Ausübung des Wasserbezugs- und Leitungsrechtes auf Grund des bestehenden Vertrages habe die Ersitzung dieser Rechte ausgeschlossen.
Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit dem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,‑‑ übersteige.
Den Urteilen der Untergerichte liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Ehegatten J* und M* B*, gemeinschaftliche Besitzer des *gutes zu * räumten mit dem Vertrage vom 14. Oktober 1883 für immerwährende Zeiten für sich und ihre Nachfolger im Besitze des Brunnens auf der in der * gelegenen Parzelle Nr. 750 den Ehegatten M* und J* T* als derzeitigen Besitzern der * zu * und ihren Nachfolgern das Recht ein, von diesem Brunnen das zu ihrem Bedarf erforderliche Wasser zu beziehen und von der Parzelle 750 zur Straße und zu ihrem Hause die Rohre zu leiten, wie diese Leitung bereits ausgezeigt angelegt sei. Weitere Bestimmungen betrafen die Instandhaltung dieser Leitung. Die Ehegatten M* und J* T* verpflichteten sich demgegenüber solidarisch als derzeitige Besitzer der * zu * für sich und ihre Nachfolger für immerwährende Zeiten für dieses Wasserbezugs- und Wasserleitungsrecht den jeweiligen Eigentümern dieses Brunnens jeweils am 1. Jänner kommenden Jahres 2 Gulden 50 Kreuzer und in jedem Jahre, in welchem dieser Betrag nicht längstens bis 15. Jänner bezahlt sein sollte, 5 Gulden, ferner in jedem Jahre, in welchem die Zahlung erst nach dem 1. April erfolgen sollte, 10 Gulden zu bezahlen. Sollte ein ganzes Jahr durch, also bis 31. Dezember, diese Zahlung nicht erfolgt sein, so sei obiges Wasserbezugs- und Wasserleitungsrecht erloschen. Die Eigentümer des Brunnens sollten dann berechtigt sein, die Wasserleitung auszunehmen und die diesbezüglich auf ihrem Grund und Boden befindlichen Rohre und sonstigen Leitungsgegenstände ohne Entgelt für sich zu behalten. Den weiteren Vereinbarungen entsprechend, wurde die Dienstbarkeit des Wasserbezuges im Jahre 1883 im Gutsbestandsblatt der Liegenschaft der EZ 18 Katastralgemeinde * ersichtlich gemacht und im Lastenblatt dieser Liegenschft das Pfandrecht hinsichtlich der 2,50 Gulden, allenfalls 5 oder 10 Gulden, einverleibt. Das dienende Grundstück Nr. 750 gehörte zu dieser Zeit zum Gutsbestand der Liegenschaft EZ 29 Katastralgemeinde *. Es wurde im Jahre 1912 im Zuge eines Abhandlungsverfahrens hier ab- und der EZ 28 Katastralgemeinde * „*gut * in *“ zugeschrieben. Dabei wurde versehentlich die Mitübertragung der im Lastenblatt der EZ 29 aufscheinenden Dienstbarkeit des Wasserbezuges nicht angeordnet und diese Einlage zur Gänze gelöscht. Im Jahr 1934 wurde das Grundstück Nr. 750 in die Grundstücke Nr. 750/1 und 750/2 geteilt. Das Grundstück Nr. 750/1, auf dem sich die Quelle befindet, wurde auf Grund des Kaufvertrages vom 5. Oktober 1934 von der EZ 28 abgeschrieben und der EZ 123 Katastralgemeinde * zugeschrieben, die dem Vater des Beklagten gehörte. Dieser erwarb sie auf Grund der Einantwortungsurkunde vom 29. März 1947. Auf dieser Liegenschaft wurde im Lastenblatt für den Beklagten ein noch bestehendes Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt. Der Beklagte war vorübergehend beschränkt entmündigt.
Der Brunnen auf dem Grundstück Nr. 750/1 besteht aus einem steinernen kreisförmigen Behälter, der mit einem Betondeckel im Durchmesser von ca. 1,2 m verschlossen ist. Der Boden um den Brunnen bzw. die Quelle ist etwas sumpfig.
Die Eltern der Zweitklägerin erwarben das Anwesen mit der Liegenschaft EZ 18 Katastralgemeinde * mit dem Kaufvertrag vom 12. Oktober 1926. In diesem wurden sie auf das zufolge des Notariatsvertrages vom 14. Oktober 1883 bestehende Pfandrecht zur Sicherstellung des für das zugestandene Wasserbezugs-und Wasserleitungsrecht zu leistenden Betrages zugunsten der jeweiligen Besitzer der Parzelle 750 Wiese der Katastralgemeinde * hingewiesen. Zufolge dieser Bestimmung bezahlte der Vater der Zweitklägerin jährlich S 20,-- an den jeweiligen Besitzer des Quellengrundstückes Nr. 750/1. Dieser als Wasserzins gedachte Betrag wurde immer im Jänner des jeweiligen Jahres bezahlt. 1950 kamen der Vater der Zweitklägerin und der damalige Besitzer des Grundstückes 750/1 überein, den Wasserzins auf S 50,‑‑ zu erhöhen. Bereits im Jahre 1912 wurde die in COZ. 2 der EZ 18 Katastralgemeinde * zugunsten des oberösterreichischen Landesausschusses im Zusammenhang mit der Wasserleitung einverleibte Höchstbetragshypothek von 80 Gulden gelöscht.
Im Jahr 1910 wurde die Leitung verlegt und führt seither über die Grundstücke 750/2 und andere gerade zum Anwesen der Kläger. Schon deren Eltern beklagten sich darüber, daß zur Zeit der Schneeschmelze das Wasser durch eindringende Jauche ungenießbar werde. Es wurde auch durch verwesende Kleintiere verunreinigt. Die Klägerin erhielt im Jahr 1960 die eine Liegenschaftshälfte, der Erstkläger, ihr Gatte, im Jahre 1962 die zweite. Beiden war die Existenz des Servitutsvertrages aus dem Jahre 1883 unbekannt. Sie wußten nur, daß das Wasserbezugsrecht aus dem Kaufvertrag des Jahres 1926 hergeleitet werde. Beide haben diesen Vertrag aber nicht gelesen und kannten seinen Inhalt bis 1974 nicht. Sie hielten auch bei der Übernahme der Liegenschaftshälfte nicht Nachschau im Grundbuch wegen allfälliger Rechte und Pflichten. In der Folge kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit dem jeweiligen Bewirtschafter des Grundstückes 750/1, der nahe an der Quelle düngte, wodurch das Leitungswasser ungenießbar wurde. Im Jahr 1968 faßte der Erstkläger die Quelle neu. Damals nahm er hinsichtlich seiner Liegenschaft erstmalig Einsicht im Grundbuch, wobei ihm erklärt wurde, daß zwar noch das Wasserrecht bestünde, nicht aber das Pfandrecht. Trotz der Neufassung und Abdichtung der Quelle kam es weiter zu Verunreinigungen des Wassers und zu diesbezüglichen Auseinandersetzungen zwischen dem Erstkläger und J* S*, einem Neffen des Beklagten, der seit 1959 das Grundstück 750/1 bewirtschaftete. Der Beklagte kümmerte sich nicht um die Liegenschaft und war bis zum Jahr 1971/72 als Landarbeiter tätig. Der Kläger drohte des öfteren J* S*, daß er den Wasserzins nicht mehr entrichten wolle, wenn weiter bei der Quelle mit Jauche gedüngt werde. Weil es aber weiterhin geschah, zahlte der Kläger ab 1972 keinen Wasserzins mehr. Der Beklagte, der seit 1971/72 bei seinem Neffen wohnt, dem der Inhalt des Servitutsvertrages ebenso wie ihm selbst bekannt war, sperrte die Wasserzufuhr aber nicht ab. Der Beklagte mahnte weder die Kläger noch gab er seinem Neffen dazu Auftrag. Dieser forderte aber aus freien Stücken den Kläger auf, den fälligen Wasserzins zu bezahlen. Die Kläger weigerten sich unter Hinweis auf die ständigen Düngungen im Nahbereich der Quelle und erklärten, daß es sich beim Wasserzins nur um eine freiwillige Zahlung handle S* verwies die Kläger nicht auf die anders lautenden Bestimmungen des Servitutsvertrages. Sowohl dem Beklagten als auch seinem Neffen war bekannt, daß die Quelle die einzige Wasserversorgung für das Anwensen der Kläger und ihrer Familie ist.
Nach einem Vergleichsversuch beim Bezirksgericht Ried im Innkreis, bei welchem S* dem Erstkläger den Servitutsvertrag vom Jahre 1883 zeigt und ihn auf die Bestimmungen über die Entgeltsleistungen aufmerksam machte überwiesen die Kläger den Wasserzins für die Jahre 1972 und 1973 wie in der Folge auch für das Jahr 1974 in der Höhe von je S 50,‑‑. Der Beklagte nahm diese Beträge aber nicht an. Ein Gulden österreichischer Währung entspricht einem Betrag von 0,013 g (neu). Der Silberwert des Guldens beträgt nunmehr S 30,‑‑. Die Kaufkraft eines Guldens würde derzeit etwa S 42,36 ausmachen.
Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß ein mögliches und zulässiges Feststellungsbegehren, mit dem auch das Begehren auf Einverleibung verbunden werden könne, vorliege. Die seinerzeit verbücherte Grunddienstbarkeit des Wasserbezugs- und Wasserleitungsrechtes sei infolge der Unterlassung einer Weiterübertragung untergegangen. Von den Rechtsvorgängern der Kläger sei aber eine Dienstbarkeit mit dem Inhalt des Vertrages des Jahres 1883 ersessen worden. Das gemäß § 366c ABGB (richtig § 364c ABGB) einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot beim dienenden Grundstück stehe der Eigentumsbeschränkung durch Ersitzung einer Dienstbarkeit nicht entgegen. Die Höhe des bedungenen Wasserzinses sei im Jahre 1950 mit jährlich S 50,‑‑ vereinbart worden. Die Kläger hätten aber entgegen den Bestimmungen des Servitutsvertrages aus dem Jahr 1883 durch zwei Jahre hindurch den Wasserzins nicht mehr entrichtet. Dies sei gemäß § 527 ABGB ein Anwendungsfall des § 1449 ABGB und bewirke das Erlöschen der Dienstbarkeit. Diese endige durch Zeitablauf, wenn die zeitliche Beschränkung aus den öffentlichen Büchern ersichtlich sei oder dem Servitutsberechtigten beim Erwerb des Servitutes aus anderen Gründen bekannt war oder bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt bekannt sein mußte. Die Kläger hätten nun bei genauer Durchsicht des Grundbuches und auf Grund des ihnen zur Verfügung stehenden Kaufvertrages aus dem Jahr 1926 Kenntnis vom Inhalt des Servitutsvertrages aus dem Jahre 1883 und der dort enthaltenen auflösenden Bedingung im Zusammenhalt mit den Entgeltsleistungen für den Wasserbezug erlangen können. Dem Beklagten könne ein Verstoß gegen Treu und Glauben nicht angelastet werden, da er im Hinblick auf die jährlichen Zahlungen des Wasserzinses der Meinung sein durfte, daß die Kläger den Vertrag aus dem Jahr 1883 kannten. Aus den hervorgekommenen Umständen sei auch kein stillschweigender Verzicht des Beklagten auf die Zahlung des Wasserzinses anzunehmen. Die Kläger hätten auch keine Vorleistung dadurch erbracht, daß sie einen Wasserzins von S 50,‑‑ an Stelle 2 Gulden 50 Kreuzer jährlich zahlten, da der Schillingsbetrag auf einer Vereinbarung der Streitteile und ihrer Rechtsvorgänger beruhe.
Das Berufungsgericht kam im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu dem Ergebnis, daß der Servitutsvertrag vom 14. Oktober 1883 für die Streitteile weiterhin verbindlich geblieben sei. Er sollte auch die Rechtsnachfolger des dienenden und herrschenden Grundstückes für immerwährende Zeiten binden. Das Recht sei im Grundbuch einverleibt worden, eine Löschung im Sinne des § 350 ABGB habe nicht stattgefunden. Das Recht sei zufolge der Unterlassung der Weiterübertragung nicht untergegangen. Lediglich ein gutgläubiger Erwerber der dienenden Liegenschaft müsse sie nicht mehr gegen sich gelten lassen. Die Kläger pochten sogar darauf, daß ihnen die Dienstbarkeit auf Grund des Servitutsvertrages vom 14. Oktober 1883 zustehe. Daß es diesen Vertrag gebe, konnten sie aus dem Grundbuch ersehen, da sie den Kaufvertrag vom 12. Oktober 1926 in Händen hatten, in dem auf diesen Vertrag verwiesen wurde, der auch die Zahlung des Wasserzinses regelte. Da auch der Beklagte den Servitutsvertrag von 1883 kannte, binde er zufolge seiner obligatorischen Wirkung für die Rechtsnachfolger nach wie vor beide Parteien. Durch die einvernehmliche Änderung des Wasserzinses von ursprünglich 2 Gulden 50 Kreuzer auf schließlich S 50,‑‑ habe sich an der kassatorischen Klausel nichts geändert. Die Kläger hätten den ihnen obliegenden Beweis einer Neuregelung des Wasserbezugsrechtes nicht erbracht. Es sei daher davon auszugehen, daß lediglich die Höhe des Wasserzinses den veränderten Währungsverhältnissen angepaßt werden sollte, was mit dem Betrage von S 50,‑‑ angemessen geschehen sei. Es fehle an den Voraussetzungen für die Annahme einer Novation im Sinne des § 1376 ABGB, weil der Hauptgegenstand der Forderung, nämlich der Wasserzins artlich gleichgeblieben und höchstens maßlich etwas verändert worden sei. Es werde auch gemäß § 1379 ABGB im Zweifel die alte Verbindlichkeit nicht für aufgelöst gehalten, solange sie mit der neuen noch wohl bestehen könne. Die zeitliche Beschränkung der Grunddienstbarkeit im Zusammenhang mit den Folgen einer Nichtzahlung des Wasserzinses sei den Klägern bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbar gewesen. Sie hätten den Kaufvertrag vom 12. Oktober 1926 in Händen gehabt, in welchem bezüglich des Wasserbezugsrechtes auf den Vertrag vom 14. Oktober 1883 verwiesen werde. Da das Wasserbezugsrecht auch im Gutsbestandsblatt der herrschenden Liegenschaft ersichtlich gemacht wurde, hätten sie auch in die Urkundensammlung Einsicht nehmen müssen. Bei einer Grunddienstbarkeit entscheide über den Inhalt der Verbindlichkeit die der Eintragung zugrundeliegende Vertragsurkunde. Es sei auch eine Irrtumsanfechtung ausgeschlossen, da der Irrtum durch Einsicht in das Grundbuch zu vermeiden gewesen wäre. Schließlich erweise sich auch der Einwand der Sittenwidrigkeit nicht als stichhältig, der wegen der Geltendmachung der kassatorischen Vertragsklausel erhoben wurde, weil der Beklagte das Verschulden seines Erfüllungsgehilfen hinsichtlich der Reinhaltung der Quelle zu vertreten habe. Dieses Anliegen hätten die Kläger aber im Klagewege durchsetzen können. Sie hätten dies aber ebensowenig getan wie die Einräumung eines Wasserschutzgebietes im Verwaltungswege weiterbetrieben. Die Nichtzahlung des Wasserzinses sei ein ungeeignetes Mittel zur Erwirkung der Reinhaltung des Quellwassers gewesen. Ein Erlöschen der Dienstbarkeit unter bestimmten Voraussetzungen habe wirksam vertraglich vereinbart werden können. Die diesbezüglichen Voraussetzungen seien durch die Nichtzahlung des Wasserzinses während eines Zeitraumes von zwei Jahren angetreten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Parteien aus dem Revisionsgrunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache (§ 503 Z. 4 ZPO) mit den Revisionsanträgen, das angefochtene Urteil abzuändern und dem Klagebegehren stattzugeben, in eventu das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz oder allenfalls an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Den Revisionswerbern geht es im Rahmen der Rechtsrüge vor allem darum die Anwendung der sog. kassatorischen Klausel, nämlich jener Bestimmung des Servitutsvertrages vom 14. Oktober 1883, die ein Erlöschen des Wasserbezugs- und Wasserleitungsrechtes bei Nichtzahlung des diesbezüglich bedungenen Entgeltes vorsieht, dergestalt auszuschließen, daß sie das weiterhin verbindliche Bestehen einer solchen Vertragsklausel in Frage stellen, bzw. die Berufung auf diese Klausel als sittenwidrig bezeichnen.
Insoweit sie diesbezüglich zunächst vermeinen, daß ihnen das Wasserbezugs- und Wasserleitungsrecht nicht nur aus diesem Vertrage, sondern daneben auch aus dem Titel der Ersitzung, hier allerdings ohne die Einschränkung einer kassatorischen Klausel im Zusammenhang mit der Bezahlung des Wasserzinses zukomme, kann ihnen nicht gefolgt werden. Es trifft zu, daß Dienstbarkeiten nicht nur auf der Grundlage eines Servitutsbestellungsvertrages, sondern auch durch Ersitzung erworben werden können. Insoweit die Revisionswerber diesbezüglich auf die eingeschränkten Voraussetzungen nach dem § 1477 ABGB verweisen, ist für sie hinsichtlich der Anwendbarkeit der kassatorischen Klausel nichts zu gewinnen. Sie haben sich nämlich im Zuge des gegenständlichen Verfahrens in erster Linie auf den Servitutsbestellungsvertrag als Titel für das Wasserbezugs-und Wasserleitungsrecht berufen. Hinsichtlich der zeitlichen Beschränkung dieses Rechtes bei Nichtzahlung des bedungenen Wasserzinses könnte aber eine Freiheitsersitzung nur dann in Betracht gezogen werden, wenn sich die Revisionswerber durch Nichtzahlung des Wasserzinses ihrer Verpflichtung widersetzt hätten und dies von dem berechtigten Liegenschaftseigentümer hingenommen worden wäre. Die Belastung der Dienstbarkeit mit der Verpflichtung zur Leistung eines Entgeltes für ihre Ausübung ist zulässig. Die Gegenleistung gehört dann zum Inhalt der Servitut (vergleiche Klang in Klang2 II, 551, 553). Wenn im Zusammenhang mit dieser Entgeltsleistung eine auflösende Bedingung für das weitere Bestehen der Grunddienstbarkeit vereinbart wurde, kann bei Ausübung der Grunddienstbarkeit auf der Grundlage des Vertragstitels nicht ein unbeschränktes Recht allein im Hinblick auf den Zeitablauf im Sinne des § 1477 ABGB erworben werden.
Seitens der diesbezüglich beweispflichtigen klagenden Parteien ist eine Neuregelung des Wasserbezugsrechtes nicht nachgewiesen worden. Den Untergerichten ist auch darin beizupflichten, daß durch die Anpassung der Höhe des Wasserzinses an die veränderten Währungsverhältnisse keine Novation bewirkt werden konnte, die einen Fortfall der auflösenden Bedingung nach sich gezogen hätte. Ein Neuerungsvertrag im Sinne des § 1376 ff ABGB kommt zustande, wenn nach dem Willen der vertragschließenden Parteien das ursprüngliche Schuldverhältnis durch Änderung des Rechtsgrundes oder des Hauptgegenstandes durch ein neues ersetzt wird, in dem sie mit der Begründung des neuen die Aufhebung des alten verknüpfen (vergl. Ehrenzweig 2 II/1, 357). Die alte Verbindlichkeit wird im Zweifel nicht für aufgelöst gehalten, solang sie mit der neuen noch wohl bestehen kann (vergleiche SZ 44/179). Nach den Feststellungen der Untergerichte hat der Vater der Zweitklägerin auf Grund des im Servitutsbestellungsvertrag vom 14. Oktober 1883 festgesetzten Pfandrechtes für die Entgeltsleistungen zunächst S 20,‑‑ und ab 1950 S 50,‑‑ im Einvernehmen mit den Eigentümern des dienenden Grundstückes bezahlt. Schon daraus erhellt, daß es nicht die Absicht der Vertragsparteien war, eine Novation des Gesamtvertrages vorzunehmen und insbesondere die Kassationsklausel außer Kraft zu setzen. Da die Revision in diesem Belange nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, ist sie nicht dem Gesetze entsprechend ausgeführt. Insoweit die Revisionswerber in diesem Zusammenhänge vermeinen, daß die bedungene Gegenleistung durch die Änderung der Währungsverhältnisse und durch die Geldentwertung faktisch jeden Wert verloren habe, so ist darauf hinzuweisen, daß die in der Folge vereinbarten Zahlungen von S 20,‑‑ bzw. S 50,‑‑ jährlich im Hinblick darauf, daß die Quelle auf dem dienenden Grundstück die einzige Wasserversorgung für das Anwesen der Kläger und deren Familie ist, nur als Anerkennungszins angesehen werden kann.
Gemäß § 527 ABGB ist die Erlöschung der Dienstbarkeit durch Zeitablauf, wenn sie schon bei der Bestellung nur unter einer auflösenden Bedingung eingeräumt wurde, ein Anwendungsfall der allgemeinen Regel des § 1449 ABGB. Dieser Endigungsgrund ist aber nur wirksam, wenn die zeitliche Beschränkung aus den öffentlichen Büchern ersichtlich, oder, soferne dies nicht der Fall ist, dem Servitutsberechtigten beim Erwerb der Servitut aus anderen Umständen bekannt war oder bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt bekannt sein konnte (vgl. Klang in Klang2 II, 611). Im Hinblick auf die weiterhin gegebene Ersichtlichmachung des Wasserbezugsrechtes im A‑2‑Blatt der herrschenden Liegenschaft bestand für die Revisionswerber, die sich ja gleichfalls auf den Servitutsbestellungsvertrag vom 14. Oktober 1883 berufen, im Zusammenhang mit dem in ihren Händen befindlichen Kaufvertrag vom 12. Oktober 1926, die Notwendigkeit, in der Urkundensammlung den erstgenannten Vertrag einzusehen, zumal sich bei einer Grunddienstbarkeit in der Regel aus der Art der Eintragung die Vermutung ergibt, daß wichtige Nebenbestimmungen wohl in den Urkunden, nicht aber im Hauptbuch aufscheinen. Da die obligatorische Wirkung aus dem Servitutsbestellungsvertrag zwischen den Streitteilen weiterhin besteht, entscheiden über Art und Umfang der daraus abzuleitenden Verbindlichkeiten der Inhalt der Vertragsurkunde, aber auch spätere diesbezügliche Vereinbarungen.
Kann der Rechtsrüge des Revisionswerbers sohin in den bisher dargelegten Belangen keine Berechtigung zuerkannt werden, so ist ihr doch aus folgenden Erwägungen ein Erfolg zuzubilligen. Es ist davon auszugehen, daß dem Beklagten und seinem Neffen J* S*, der seit 1959 das dienende Grundstück 750/1 bewirtschaftet, bekannt war, daß die dort befindliche Quelle die einzige Wasserversorgung für das Anwesen der Kläger und ihrer Familie ist, sohin nicht nur zur Nutzwasserversorgung sondern auch zur Trinkwasserversorgung dienen muß. Fest steht ferner, daß es schon seit langer Zeit, insbesondere aber auch, seit der Beklagte Eigentümer des dienenden Grundstückes ist, immer wieder zu Auseinandersetzungen kam, weil zu nahe an der Quelle gedüngt und dadurch das Brunnenwasser verunreinigt und ungenießbar gemacht wurde. Auch eine durch den Erstkläger durchgeführte Neufassung des Brunnens im Jahre 1968 konnte dem nicht wirksam begegnen. Schon die Eltern der Kläger beklagten sich über diesen Übelstand. Die Beschwerden wurden in der Folge gegenüber J* S* vorgebracht, der darauf aber keine Rücksicht nahm. Nur wegen der Verunreinigung des Wassers bezahlten die Kläger ab 1972 keinen Wasserzins mehr. Nach ihrer Kenntnisnahme von den Bestimmungen des Servitutsvertrages des Jahres 1883 überwiesen sie zwar die Wasserzinse für die Jahre 1972, 1973 und 1974. Der Beklagte nahm die Zahlungen aber nicht an.
Das Erstgericht hat zwar dem Beklagten geglaubt, daß er vom (Erst-) Kläger nicht über den Grund der Nichtzahlung des Wasserzinses unterrichtet worden sei. Dies aber, weil die Hauptperson und der ständige Gesprächspartner des Klägers nur J* S* gewesen sei. Der Beklagte, der sich um seine Grundstücke nicht kümmerte und ihre Bewirtschaftung seinem Neffen überließ, der sich auch sonst um seine finanzielle Angelegenheiten kümmerte (AS. 40), muß die Auswirkungen des Verhaltens seines Neffen im Zusammenhang mit der Ausübung der gegenständlichen Grunddienstbarkeit gegen sich gelten lassen.
Dienstbarkeiten, wie das vorliegende Wasserleitungs- und Wasserschöpfrecht, verpflichten den Eigentümer der belasteten Sache grundsätzlich nur zu einem Dulden. Im Rahmen dieser Hauptverpflichtung oblag es dem Beklagten aber, den Klägern den Bezug einwandfreien Wassers nicht dadurch zu verwehren, daß er eine Verunreinigung des Wassers herbeiführte oder doch zuließ. Auf der anderen Seite muß der Berechtigte zwar auf tunlichste Schonung der dienstbaren Sache Bedacht nehmen. Maßnahmen des verpflichteten Eigentümers, die die Ausübung der Dienstbarkeit ernstlich gefährden, braucht er sich aber nicht gefallen zu lassen (vgl. Klang in Klang2 II, 565; Ehrenzweig, System I/2, 311). Die Verknüpfung der beiderseitigen Verpflichtungen aus dem Vertragsverhältnis läßt es gerechtfertigt erscheinen, daß die Kläger die weitere Zahlung des Wasser- oder Brunnenzinses, wenngleich sie im vorliegenden Fall eher den Charakter eines symbolischen Anerkennungszinses haben mag, einstellten, solange ihnen nicht der vereinbarte unbeeinträchtigte Wasserbezug ermöglicht wurde.
Der Beklagte kann sich daher nicht auf die Nichtzahlung des Wasserzinses als Erlöschungsgrund für die gegenständliche Grunddienstbarkeit berufen. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die weiters aufgeworfene Frage, ob sein Verhalten nicht auch unter den Gesichtspunkten eines sittenwidrigen Verhaltens mit dem gleichen Ergebnis beurteilt werden müßte.
Ein anderer Erlöschungsgrund der Dienstbarkeit des Wasserbezugsrechtes ist weder behauptet worden noch hervorgekommen. Das diesbezügliche Feststellungsbegehren im Sinne des § 523 ABGB, für das die sonst zur Feststellungsklage erforderlichen Voraussetzungen nicht vorhanden sein müssen, ist daher berechtigt. Dies allerdings nur hinsichtlich einer auf der Grundlage des Servitutsverträges vom 14. Oktober 1883 bestehenden und mit einer Entgeltsleistung von jährlich S 50,‑‑ unter der Sanktion des Erlöschens verknüpften Dienstbarkeit.
Zulässig ist im Sinne dieser Gesetzesstelle ferner in Hinblick auf die nicht nur bestrittene, sondern auch gestörte Ausübung der Dienstbarkeit, das Begehren auf Unterlassung künftiger Störung, das nur einen tatsächlichen Eingriff des Beklagten voraussetzt (vgl. Klang in Klang2 II, 601). Das Klagebegehren der Servitutenklage kann gegen den Eigentümer des dienenden Grundstückes gerichtet werden, da dieser im vorliegenden Fall auch die Störungshandlungen durch seinen Neffen zu vertreten hat. Diese Störungen erfolgten durch die fortlaufende Düngung des dienenden Grundstückes in der Nähe der Quelle, wodurch das daraus im Rahmen des Wasserbezugsrechtes bezogene Leitungswasser ungenießbar wurde. J* S* nahm auf diesbezügliche Vorhalte des Klägers keine Rücksicht. Der Beklagte kümmerte sich nicht darum und beharrte auf seinem Standpunkt, die Grunddienstbarkeit sei überhaupt erloschen. Es ist sohin auch das Unterlassungsbegehren berechtigt.
Was letztlich das gleichfalls zulässige Einverleibungsbegehren (vgl. Klang aaO; SZ 24/267) anlangt, ist zunächst darauf hinzuweisen, daß nach dem vorliegenden Grundbuchsauszug das Eigentumsrecht des damals beschränkt entmündigten Beklagten auf Grund der Einantwortungsurkunde vom 29. April 1947, A 59/74‑8, des Bezirksgerichtes Ried im Innkreis einverleibt wurde. Zugleich wurde unter COZ. 1 der Liegenschaft EZ 123, Katastralgemeinde * auch „das für J* B* beschränkte Belastungs- und Veräußerungsverbot“ einverleibt. Es ist nicht ersichtlich, wie weit dies im Zusammenhang mit der auf Grund des Beschlusses vom 9. März 1961 erfolgten Löschung der Anmerkung der beschränkten Entmündigung steht. Eine allenfalls unzulässige Eintragung im Sinne des § 364c ABGB könnte keine bücherliche Wirkung erzeugen (vgl. SZ 27/93). Das Einverleibungsbegehren hat die Dienstbarkeit des Wasserbezugsrechtes offenbar unbeschränkt durch Wasserzinszahlungen und eine auflösende Bedingung im Falle ihrer Nichtzahlung zum Gegenstand. Es ist demnach auf den subsidiär geltend gemachten Titel einer Ersitzung abgestellt. Nach den Ergebnissen des Verfahrens vermag dies aber eine Grundlage für die Verbücherung der Dienstbarkeit nicht abzugeben. Diese ist vielmehr aus dem Servitutsvertrag vom Jahre 1883 samt seinen späteren Veränderungen, der in seiner obligatorischen Wirkung zwischen den Streitteilen weiterhin aufrecht ist, begründet. Auch diesbezüglich bedarf es aber einer Erörterung über die Voraussetzungen der Verbücherung und damit einer Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens. Der Revision war insoweit durch Aufhebung des diesbezüglichen Urteilsausspruches der Untergerichte und Zurückverweisung der Rechtssache in diesem Umfange an das Erstgericht Folge zugeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.
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