European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0030OB00151.75.1028.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
1.) Der Antrag der verpflichteten Partei, „das Urteil des Obersten Gerichtshofes über diese Rechtssache auszusetzen, bis das Ergebnis der Anzeige vom 20. 3. 1975 an die Staatsanwaltschaft des Kanton Zürich vorliegt“, wird zurückgewiesen.
2.) Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Zürich vom 22. 12. 1948, 6. Abt. Proz. Nr. 1242/47, vereinigt mit Proz. Nr. 1449/1947, wurde die Ehe der betreibenden und der verpflichteten Partei nach Art. 139 und 146 schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB.) für unbestimmte Zeit getrennt (Pkt. 1). H* wurde verpflichtet, der betreibenden Partei „für sich und die 5 Kinder (P*, geboren * 1939, D*, geboren * 1941, M*, geboren * 1943, R*, geboren * 1944 und K*, geboren * 1945), einschließlich des Beitrages an die Wohnungskosten, monatliche Beiträge von je sFr 500,– zu bezahlen, monatlich je zum voraus für die Dauer der Trennung von der Rechtskraft des Urteiles an“ (Pkt. 4). Die vorgenannten Kinder wurden für die Dauer der Trennung der betreibenden Partei zur Pflege und Erziehung zugesprochen (Pkt. 2). Laut Bestätigung des Bezirksgerichtes Zürich vom 9. Oktober 1958 ist das vorstehende Urteil am 22. Dezember 1948 rechtskräftig geworden. Am 30. November 1972 bestätigte das Bezirksgericht Zürich auf der Urteilsausfertigung, daß ein im Sinne von § 103 der (schweizerischen) Zivilprozeßordnung rechtskräftig gewordenes Urteil ohne weiteres nach Art. 80 des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes vollstreckbar ist.
Mit ihrem am 28. März 1974 eingebrachten Antrag begehrte die betreibende Gläubigerin, ihr zur Hereinbringung der Unterhaltsrückstände für die Zeit vom 22. Dezember 1948 bis 25. November 1972 im Betrage von S 903.476,– (= dem Gegenwert von sFr 143.500,– nach dem in der Wiener Zeitung vom 27. März 1974 verlautbarten Kurs der Wiener Börse für Devise Zürich-Ware) wider den verpflichteten die Fahrnisexekution zu bewilligen. Hilfsweise beantragte sie die Bewilligung der Exekution zur Hereinbringung von sFr 143.500,– , zahlbar in öS nach dem Kurs der Wiener Börse an dem Zahlungstag vorangehenden Tag. Die Trennung sei nach wie vor aufrecht. Der Verpflichtete habe bisher keinerlei Zahlung geleistet. Für die Zeit ab 25. 11. 1972 habe sie auf Unterhalt verzichtet.
Das Erstgericht bewilligte antragsgemäß zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung der beklagten Partei von S 903.476,– und der mit S 6.480,93 bestimmten Exekutionskosten die Fahrnisexekution. Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß. Nach Art. 8 des Staatsvertrages vom 15. März 1927, BGBl Nr 76/1929, sei österreichisches Vollstreckungsrecht anzuwenden, der Exekutionstitel daher nur grammatikalisch und logisch auszulegen. Der Exekutionsantrag entspreche den Erfordernissen des § 54 Abs. 1 Z. 1 und 2 EO. und sei durch den Exekutionstitel gedeckt. Nach Punkt 4 des Urteiles des Bezirksgerichtes Zürich vom 22. 12. 1948 habe der Verpflichtete der betreibenden Gläubigerin für sich und die fünf Kinder „einschließlich des Beitrages an die Wohnungskosten“ monatlich Beiträge von je sFr 500,– zu bezahlen. Das Wort „je“ bedeute, daß der Verpflichtete pro Monat eine Zahlung von sFr 500,– an die betreibende Gläubigerin zu leisten habe. Die eingetretene Mündigkeit der Kinder, die Verjährung und die angeblich geleisteten Zahlungen des Verpflichteten könnten nur mit Oppositionsklage geltend gemacht werden. Die Festsetzung eines Unterhaltsbeitrages erlösche erst, wenn nach Art. 157 ZGB. eine abändernde richterliche Anordnung wegen Änderung der Verhältnisse der Eltern oder aus anderen Gründen getroffen werde. Nach den für die Auslegung des Exekutionstitels maßgebenden Vorschriften des Schweizer Rechts sei mit der Scheidung oder Trennung der Eltern nur mehr der Inhaber der elterlichen Gewalt unterhaltspflichtig. Den anderen Ehegatten, dem die Kinder entzogen werden, treffe nur eine Beitragspflicht nach Maßgabe der richterlichen Festsetzung. Anspruchsberechtigt für die einzelnen Beiträge sei der Inhaber der elterlichen Gewalt. Aus dem Exekutionstitel sei daher die betreibende Gläubigerin allein berechtigt. Da die betreibende Gläubigerin eine Bescheinigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit der Entscheidung beigebracht habe, seien sämtliche Voraussetzungen für die Vollstreckung im Inland gegeben. Ein devisenrechtliches Hindernis bestehe nicht, da auf Grund der Kundmachung DE 5/71 der österreichischen Nationalbank Abschnitt I A Z. 2 lit. b die Leistung der begehrten Unterhaltszahlungen unter der Bedingung generell genehmigt sei, daß bestimmte Zahlungsarten eingehalten würden, wofür zu sorgen, Sache der Parteien sein werde.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Verpflichteten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß ersatzlos oder unter Zurückverweisung zur Verfahrensergänzung aufzuheben. Außerdem beantragte der Verpflichtete mit einen unmittelbar beim Obersten Gerichtshof eingebrachten und hier am 27. Juni 1975 eingelangten Schriftsatz die Aussetzung der Rechtsmittelentscheidung bis zum Vorliegen des Ergebnisses seiner bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen die betreibende Gläubigerin wegen Verdachtes des Betruges und einer ungetreuen grundpfandrechtlichen Belastung seiner Liegenschaft in Meilen erstatteten Strafanzeige.
Die Aussetzung einer gerichtlichen Entscheidung ist dem österreichischen Prozeßrecht im allgemeinen fremd. Die Zivilprozeßordnung kennt nur die Aussetzung der Verhandlung über die Berufung gegen ein Urteil, dessen Ergänzung gemäß § 423 ZPO. beantragt wurde (§ 485 ZPO.) und eine Unterbrechung des Verfahrens in den Fällen der §§ 61, 152, 162, 190 f., 544 und 545 ZPO. (vgl. Fasching Komm. zu den ZivilprozeßGes. II S. 757). Die Vorschriften der allenfalls in Betracht kommenden §§ 190 ff. ZPO. sind im Exekutionsverfahren nicht anzuwenden (Heller, Berger, Stix, Neumann-Lichtblau EO4 S. 760 ff.). Der Aussetzungsantrag des Verpflichteten war daher unzulässig und zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 83 Abs. 3 EO. zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Bei der Bewilligung einer Exekution ist von den Angaben im Exekutionsantrag auszugehen. Das Bewilligungsgericht hat bei der Entscheidung über das Exekutionsgesuch nur zu prüfen, ob das Begehren durch den Exekutionstitel gedeckt und die beantragte Exekutionsart zulässig ist. Der Richter hat zunächst aber grundsätzlich nicht zu untersuchen, ob der Verpflichtete der ihm durch den Exekutionstitel auferlegten Verpflichtung entsprochen hat oder nicht. Nach Lehre und Rechtsprechung dürfen auch in Exekutionssachen neue Tatsachen und Beweismittel im Rekurs nicht vorgebracht werden. Der angefochtene Beschluß ist vielmehr auf Grund der Sachlage zur Zeit seiner Erlassung zu überprüfen (Fasching a.a.O. IV S. 385 f.; Heller-Berger-Stix, a.a.O. S. 649 f.; EvBl 1968/199 u.a.). Das Vorbringen des Revisionsrekurses, daß die betreibende Gläubigerin im Exekutionsantrag auf die betriebene Forderung anrechenbare Leistungen verschwiegen habe, ist daher ebenso unbeachtlich wie die Verfügung des Bezirksgerichtes Zürich, Einzelrichter in Strafsachen vom 12. Dezember 1974 und deren Inhalt. Das Erlöschen des Unterhaltsanspruches infolge Zahlung, Verjährung oder Mündigkeit der Kinder kann, wie das Rekursgericht zutreffend dargelegt hat, vom Verpflichteten nur mit Oppositionsklage geltend gemacht werden. Dem Rekursgericht ist auch beizupflichten, daß die Festsetzung eines Unterhaltsbetrages nicht mit erreichter Mündigkeit des Kindes unwirksam wird, sondern erst, wenn eine abändernde richterliche Entscheidung – hier z.B. nach Art. 157 ZGB. –getroffen wird. Der Oberste Gerichtshof hat sich mit den vom Revisionsrekurs aufgeworfenen Fragen bereits in der zwischen denselben Parteien ergangenen Entscheidung 3 Ob 101/72 auseinandergesetzt und ausgesprochen, daß die betreibende Gläubigerin aus dem Exekutionstitel allein berechtigt ist und daher zur Einbringung der behaupteten Unterhaltsrückstände in eigenem Namen Exekution führen kann. Die Abweisung des Antrages auf Bewilligung der Fahrnisexekution wurde damals nur wegen des Fehlens der inzwischen beigebrachten Bestätigung der Vollstreckbarkeit abgewiesen. Zur Vermeidung weiterer Wiederholungen wird auf die genannte Vorentscheidung verwiesen. Steht aber der vollstreckbare Anspruch der betreibenden Gläubigerin allein zu, dann kann keine Rede davon sein, daß das Exekutionsbegehren durch den Exekutionstitel nicht gedeckt sei. Die Behauptung der betreibenden Gläubigerin, daß der Verpflichtete ihr monatlich sFr 500,– zu bezahlen habe, entspricht dem Exekutionstitel und genügt den Erfordernissen des § 54 EO. Ein devisenrechtliches Hindernis besteht aus den vom Rekursgericht dargelegten Gründen nicht. Für die Einhaltung der Devisenvorschriften bei der Zahlung wird allerdings das Exekutionsgericht zu sorgen haben.
Der Revisionsrekurs erweist sich daher als unberechtigt, sodaß ihm der Erfolg versagt werden mußte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO und § 78 EO.
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