OGH 4Ob332/75

OGH4Ob332/7523.9.1975

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger, Dr. Friedl, Dr. Resch und Dr. Kuderna als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*KG., *, BRD., vertreten durch Dr. Friedrich Mosing, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* Vertriebsgesellschaft m.b.H., * vertreten durch Dr. Fritz Schönherr, DDr. Walter Barfuss, DDr. Hellwig Torggler, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 6. Mai 1975, GZ. 1 R 112/75‑6 , womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 9. April 1975, GZ. 19 Cg 50/75‑3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0040OB00332.75.0923.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Es wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.298,56 (einschließlich S 466,56 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Begründung:

Die klagende Partei behauptet, sie betreibe ein Unternehmen mit dem Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, das sich vornehmlich mit der Erzeugung und dem Vertrieb von Strick- und Wirkwaren beschäftige, die sie unter dem Firmenschlagwort „B*" und den für sie geschützten „B*-Marken“ seit rund zwanzig Jahren nach Österreich exportiere. Die Klägerin sei Inhaberin nachstehender internationaler und in Österreich zum Schutz zugelassener Marken:

IR Nr. * vom 19. 7. 1954 „B*" für Strumpfhosen, erneuert am 19. 7. 1974 unter IR Nr. *;

IR Nr. * vom 28. 2. 1972 „B*-Strumpf in der Tube“ für Strumpfhosen;

IR Nr. * vom 24. 3. 1952 „B*" erneuert am 24. 3. 1972 unter IR Nr. * für gewirkte und gestrickte Bekleidungsstücke und Strumpfwaren;

IR Nr. * vom 3. 12. 1956 „B*" für gestrickte Bekleidungsartikel;

IR Nr. * vom 10. 5. 1954 "B*-LONGA“ erneuert am 10. 5. 1974 IR Nr. * für Strumpfwaren von besonderer Länge;

IR Nr. * vom 10. 5. 1954 „B*-Strumpf mit farbigem Punkt“ für Strumpfwaren.

Seit Anfang Oktober 1974 vertreibe die beklagte Partei unter der Bezeichnung „B*“ in Österreich eine Strumpfhose über den Fachhandel, aber auch über Unternehmen, die mit Papier-, Büro-und Spielwaren, Parfümeriewaren und Haushaltsartikeln handeln, und unterstütze diesen Vertrieb mit erheblicher Plakat- und Fernsehwerbung. Dieses Vorbringen hat die Beklagte mit der Einschränkung außer Streit gestellt, daß die IR Marke * nicht für Strumpfhosen, sondern für Strümpfe und Socken eingetragen sei.

Die Klägerin stellte das Begehren auf Unterlassung des Vertriebes von Strumpfhosen durch die Beklagte unter der Bezeichnung „B*“ sowie auf Veröffentlichung des Urteils. Sie beantragte weiter, mit einstweiliger Verfügung, der Beklagten den Vertrieb von Strumpfhosen unter der Bezeichnung „B*“ zu verbieten. Sie behauptete, daß zwischen dem Firmenschlagwort und den Marken der Klägerin ("B*") und der von der Beklagten verwendeten Bezeichnung „B*“ Verwechslungsgefahr bestehe.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Antrages auf Erlassung der einstweiligen Verfügung, allenfalls die Auferlegung einer Sicherheit in der Höhe von S 1,000.000,‑‑, und wendete ein, „B*" sei eine in weiten für Bevölkerungskreisen geläufige Abkürzung für „zwei" bzw.„zweifach" und sei daher an sich wegen mangelnder Unterscheidungskraft für Strumpfhosen nicht schützbar gewesen. Jedenfalls bestehe keine Verwechslungsgefahr zwischen den Bezeichnungen „B*" und B*".

Das Erstgericht wies den Antrag der klagenden Partei auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab. Es nahm als bescheinigt an, daß die Beklagte seit Oktober 1974 in Österreich Strumpfhosen vertreibe und sich die IR‑Marke der Klägerin Nr. * auf „Strumpfwaren" beziehe.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Marke „B*" habe nur eine geringe Kennzeichnungskraft. Es müsse daher bei der Frage, ob eine andere Bezeichnung verwechslungsfähig ähnlich sei, ein strenger Maßstab angelegt werden. Bei Anwendung eines solchen Maßstabes sei die Bezeichnung „B*" jedoch nicht verwechslungsfähig ähnlich. Diese Bezeichnung weise um 50 % mehr Buchstaben als „B*" auf, es unterscheide sich die Buchstabengruppe „B*“ von der Buchstabengruppe „B*" daher sowohl optisch als auch akustisch. Hinzu komme, daß die Bezeichnung „B*“ immer im Zusammenhang mit der Zeichnung eines Männchens verwendet werde.

Das Rekursgericht erließ in Abänderung des Beschlusses des Erstgerichtes die beantragte einstweilige Verfügung, machte aber deren Wirksamkeit vom Erlag einer Sicherheit in der Höhe von S 500.000,‑‑ durch die klagende Partei abhängig. Es ging davon aus, daß die beklagte Partei beim Vertrieb von Strumpfhosen die Bezeichnung „B*" verwende. Die Ansicht der klagenden Partei, die Bezeichnung „B*" sei als bloß beschreibende Angabe nach Markenrecht nicht schutzfähig gewesen, könne allerdings nicht geteilt werden; das Wort „B*" werde im deutschen Sprachgebrauch nicht selbständig, sondern nur in Wortzusammensetzungen mit der Bedeutung „doppelt" oder „zweifach" verwendet. Das Warenverzeichnis der Marke („Strumpfwaren“) umfasse auch Strumpfhosen. Die von der beklagten Partei verwendete Bezeichnung „B*“, sei aber entgegen der Ansicht des Erstgerichtes mit der Marke „B*" verwechselbar ähnlich. Die Kennzeichnungskraft der Marke „B*" sei allerdings nur gering, sodaß schon geringe Abweichungen genügten, eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Es müsse aber doch die Gewähr gegeben sein, daß beim Durchschnittskäufer in der Eile des Geschäftsverkehrs nicht der unrichtige Eindruck entstehe, daß die unter den beiden Bezeichnungen vertriebenen Erzeugnisse vom selben Hersteller stammten. Maßgeblich sei der Gesamteindruck der gegenüberstehenden Bezeichnungen.

Die von der beklagten Partei verwendete Bezeichnung unterscheidet sich vom Zeichen der klagenden Partei nur durch einen einzigen Buchstaben. Durch die Einfügung eines einzigen Buchstabens am Wortende werde aber weder das Wortbild noch der Wortklang des Zeichens der Klägerin so verändert, daß nicht wenigstens bei einem nicht unbeträchtlichen Teil des angesprochenen Publikums die Gefahr einer Verwechslung anzunehmen sei. Die beantragte einstweilige Verfügung sei daher zu erlassen gewesen, habe aber wegen der Nachteile, die der beklagten Partei aus der Bewilligung der einstweiligen Verfügung drohen, von einer angemessenen Sicherheitsleistung durch die klagende Partei abhängig gemacht werden müssen.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, ihn im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes abzuändern oder doch die von der klagenden Partei zu erlegende Sicherheit auf S 1,000.000,‑‑ zu erhöhen.

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Auffassung der klagenden Partei das Wort „B* sei gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 Markenschutzgesetz 1970 von der Registrierung als Marke ausgeschlossen, kann allerdings nicht zugestimmt werden. Dazu ist zunächst darauf zu verweisen, daß die Gerichte die Eintragungsfähigkeit einer Marke – auch im Provisorialverfahren, jedenfalls soweit sie von rechtlichen Erwägungen abhängt – selbständig zu prüfen haben und dabei auch zu einem anderen Ergebnis kommen können als die Markenbehörde (ÖBl 1974 115, 1972 15, 41, 1956 66 u.a.). Für die Revisionsrekurswerberin ist aber damit nichts gewonnen, weil das von ihr behauptete Eintragungshindernis tatsächlich nicht gegeben ist.

Nach der angeführten Gesetzesstelle sind von der Registrierung als Marke unter anderem – hier nicht in Betracht kommenden Zeichen – solche ausgeschlossen, die bloß aus Worten bestehen, die ausschließlich Angaben über Ort, Zeit oder Art der Herstellung, über die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware enthalten. Es sind demnach nur solche Wortmarken registrierbar, die zu der Ware, für die sie bestimmt sind, in keiner durch den Wortsinn gegebenen Beziehung stehen. Liegt ein solcher Zusammenhang vor oder handelt es sich sonst um geschäfts- oder verkehrsübliche Bezeichnungen der Ware oder ihrer Eigenschaften, dann soll im Interesse des Freihaltebedürfnisses des Geschäftsverkehrs ihre Monopolisierung durch einzelne Unternehmer nicht gestattet sein. Die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen im Sinn der angeführten Gesetzesstelle ist immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen, für die es als Marke registriert werden soll. Ein Wort, das für bestimmte Waren oder Warengruppen beschreibend ist, muß es nicht auch für andere Warengruppen sein (Hohenecker-Friedl Wettbewerbsrecht 177).

Die Marke der klagenden Partei („B*") ist für Strumpfwaren eingetragen. Ein durch den Wortsinn („doppelt„ „zweifach") herbeigeführter Zusammenhang mit der Ware, für die sie bestimmt ist, der ein Freihaltebedürfnis des Geschäftsverkehrs zur Folge hätte, ist nicht gegeben. Der Revisionsrekurswerberin kann wohl darin zugestimmt werden, daß es nicht darauf ankommt, ob das Wort an sich selbständig oder nur in Zusammensetzungen verwendet wird, weil für die Beurteilung, ob es sich dabei um eine beschreibende Angabe handelt, nur der Sinngehalt des Wortes und der Zusammenhang mit der Ware, für die es eingetragen werden soll, entscheidet. Das Wort „B*" besagt aber über Art und Beschaffenheit der Ware nichts. Daß Waren nicht einzeln, sondern paarweise verkauft werden, trifft nicht nur bei Strumpfhosen, sondern auch bei anderen Erzeugnissen (z.B. Schuhen, Handschuhen, Skiern) zu. Eine Auslegung des Wortes „B*" als Hinweis auf diesen Umstand ist somit noch keine Aussage über die Art oder Beschaffenheit der Ware. In welchem Sinn das Wort sonst verstanden werden und eine beschreibende Angabe über die Art oder Beschaffenheit der Ware sein sollte, wird auch von der Revisionsrekurswerberin nicht dargelegt. Sie beruft sich somit zu Unrecht darauf, daß die Marke der Klägerin keinen Schutz genieße, weil sie auf Grund der angeführten gesetzlichen Bestimmung nicht eintragungsfähig sei. Es ist somit davon auszugehen, daß sich die klagende Partei der Marke befugterweise im Sinne des § 9 UWG bedient, sodaß sie berechtigt ist, jeden auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen, der im geschäftlichen Verkehr eine Bezeichnung in einer Weise benützt, die geeignet ist, Verwechslungen mit ihrer Marke hervorzurufen. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es immer auf den Gesamteindruck eines wenigstens nicht ganz unbeträchtlichen Teiles der angesprochenen Verkehrskreise an, den sie von den in Betracht kommenden Bezeichnungen empfangen, wobei auch zu berücksichtigen ist, daß der Durchschnittsinteressent fast nie beide Bezeichnungen gleichzeitig wahrnimmt, sondern mehr oder weniger verschwommene Erinnerungsbilder miteinander vergleicht (Hohenecker-Friedl Wettbewerbsrecht 50, ÖBl. 1974 35, 1973 106, 1972 72, 4 Ob 324/75 u.a.). Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr gemäß § 9 UWG genügt schon die objektive Eignung des Eingriffszeichens, Verwechslungen hervorzurufen; darauf ob Verwechslungen schon vorgekommen sind, kommt es nicht an (ÖBl. 1962 69, 1971 154, 1965 68, 4 Ob 324/75 u.a.). Die Verwechslungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn der Anschein einer Identität der durch die beiden Kennzeichen benannten Unternehmen oder der Anschein eines besonderen Zusammenhanges wirtschaftlicher oder organisatorischer Natur dieser beiden Unternehmen erweckt wird (4 Ob 360/74 u.a.). Bei Wortbezeichnungen besteht die Verwechslungsgefahr dann, wenn sie entweder nach dem Wortsinn, dem Wortbild oder dem Wortklang einander so nahe kommen daß Verwechslungen im geschäftlichen Verkehr entstehen können (Hohenecker‑Friedl a.a.O. 50, ÖBl. 1972 69, 72 u.a.).

Dies ist im vorliegenden Fall zu verneinen. Eine Ähnlichkeit im Wortsinn scheidet schon deswegen aus, weil die angesprochenen Verkehrskreise, der von der beklagten Partei verwendeten Bezeichnung „B*“ keinen Sinngehalt beilegen werden (vgl. ÖBl. 1971 110). Das Wortbild von „B*" und „B*“ unterscheidet sich durch das Anfügen des Buchstabens * in Großschreibung am Ende der Bezeichnung der beklagten Partei augenfällig und einprägsam. Richtig ist allerdings, daß es nicht – wie das Erstgericht ausgeführt hat – darauf ankommt, daß dieser angefügte Buchstabe bereits 50 % der Buchstabenzahl des Markenwortes der Klägerin ausmacht, da dieses nur aus zwei Buchstaben besteht. Die geringe Buchstabenanzahl des Markenwortes der Klägerin ist nur insofern von Bedeutung, als ihm deswegen nur eine geringe Kennzeichnungskraft zukommt und daher schon verhältnismäßig kleine Zusätze und Abweichungen geeignet sind, eine Gefahr von Verwechslungen auszuschließen (SZ 23/65, ÖBl. 1962 73, 1963 53, 4 Ob 334/74). Im vorliegenden Fall wird der optische Gesamteindruck der Bezeichnung durch das Anfügen eines weiteren Großbuchstabens deutlich und wesentlich verändert. Dasselbe gilt auch hinsichtlich des Wortklanges. Es ist durchaus richtig, daß durch das Anfügen eines Buchstabens oder die Veränderung bloß eines Buchstabens vielfach keine so weitgehende Veränderung des akustischen Gesamteindruckes erfolgt, daß eine Verwechslungsgefahr verläßlich ausgeschlossen werden könnte. Ob dies der Fall ist, muß vielmehr im Einzelfall wieder unter Berücksichtigung des Gesichtspunktes geprüft werden, in welchem Ausmaß die Veränderung den Gesamteindruck beeinflußt. Hiebei sind vor allem das Verhältnis der übereinstimmenden und der abweichenden Teile der Bezeichnungen und deren Gewicht für den Gesamteindruck maßgeblich. So wurde in der Entscheidung ÖBl 1971 110 („Fakt“‑„Fast“) darauf verwiesen, daß einer Verschiedenheit einzelner Buchstaben am Wortende im allgemeinen wesentlich mehr Unterscheidungskraft und Bedeutung für den Wortklang zukommt, als einer solchen Verschiedenheit innerhalb der Buchstabenfolge des Wortes. In der Entscheidung ÖB1. 1965 72 („Billig„‑„Billa") wurde demgegenüber darauf verwiesen, daß der Wortsinn der gleichlautenden Stammsilben (im Sinn von „billiger Ware"), den Gesamteindruck derartig bestimmt, daß die Verschiedenheiten der Endungen der Bezeichnungen nicht mehr ins Gewicht fallen. Im vorliegenden Fall kann nicht übersehen werden, daß die Anfügung des Buchstabens * an das Markenwort der Klägerin ("B*") ein so deutlich und so wesentlich abweichendes Klangbild bewirkt, daß die Gefahr einer Verwechslung dieser beiden Zeichen auch unter Bedachtnahme auf den Umstand ausgeschlossen ist, daß sich die Zeichen auf Waren des täglichen Bedarfes beziehen und daher einen weitgezogenen, meist nicht sehr kritischen Interessentenkreis ansprechen (vgl. ÖB1 1970 126 u.a.).

Mangels einer Verwechslungsgefahr des von der beklagten Partei verwendeten Zeichens mit den Marken oder dem Firmenschlagwort der Klägerin ist der von ihr erhobene Unterlassungsanspruch nicht bescheinigt, sodaß die zu dessen Sicherung beantragte einstweilige Verfügung vom Erstgericht mit Recht abgewiesen wurde. Es war daher in Stattgebung des Revisionsrekurses die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 78, 402 EO, 41, 50, 52 ZPO.

 

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