European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0010OB00111.00.0917.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 1.239,74 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 82,94 Umsatzsteuer und S 120,‑‑ Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt einen Betrag von S 12.000,‑‑ samt 9 % Zinsen seit 1. Dezember 1973 mit der Begründung, er habe mit der beklagten Partei einen Vertrag über die Lieferung einer Ladeneinrichtung für seine Tabaktrafik zum Preis von S 80.000,— abgeschlossen und dem Vertreter der beklagten Partei * T* eine Anzahlung in Höhe von S 12.000,‑‑ übergeben. Der Vertrag sei ausdrücklich davon abhängig gemacht worden, daß er ein Darlehen seitens der Wohlfahrtseinrichtung der Tabakverschleißer Österreichs erhalte, wobei sich * T* um die Darlehensbeschaffung bemühen sollte. Es sei jedoch in der Folge zur Darlehensgewährung nicht gekommen, sodaß der Betrag von S 12.000,‑‑ zur Rückzahlung fällig sei.
Die beklagte Partei bestritt das Klagsvorbringen und brachte vor, daß der Vertrag nicht von der Gewährung eines Darlehens durch die Wohlfahrtseinrichtung der Tabakverschleißer Österreichs abhängig gemacht worden sei. Sie sei bereit, ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag zu erfüllen und habe im übrigen lediglich einen Betrag von S 10.000,‑‑ als Anzahlung erhalten.
Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers teilweise Folge und erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger einen Betrag von S 10.000,‑‑ samt 4 % Zinsen seit 1. Dezember 1973 zu bezahlen; im übrigen, sohin hinsichtlich der Abweisung eines Teilbetrages von S 2.000,‑‑ samt Anhang und hinsichtlich des Zinsenmehrbegehrens bestätigte es das erstgerichtliche Urteil.
Das Berufungsgericht legte – nach Beweiswiederholung – folgenden Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde:
Für den vollständig blinden Kläger verhandelte dessen Tochter I* im Juni 1973 mit * T*, dem Vertreter der beklagten Partei, über die beabsichtige Bestellung einer Ladeneinrichtung für das Geschäft des Klägers. Anfang September 1973 kam es zu konkreten Besprechungen, bei denen teilweise auch die Angestellte A* sowie E* und die Mutter der I* anwesend waren. Anläßlich dieser Gespräche wurde auch die Frage der Finanzierung der Bestellung erörtert. I* beabsichtigte, die Kosten der Ladeneinrichtung mit einem Kredit der Wohlfahrtseinrichtung der Tabakverschleißer Österreichs abzudecken. Schließlich erteilte I* namens des Klägers der durch * T* vertretenen beklagten Partei am 25. September 1973 den Auftrag zur Lieferung einer Ladeneinrichtung zum Preis von S 80.000,‑‑ zuzüglich 16 % Umsatzsteuer und Montagekosten, wobei die Lieferung bis Mitte November 1973 erfolgen sollte. Der Auftrag wurde ausdrücklich von der Gewährung eines entsprechenden Kredits seitens der Wohlfahrtseinrichtung der Tabakverschleißer Österreichs abhängig gemacht. * T*, dem aus seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit bekannt war, daß die genannte Vereinigung Kredite zinsenlos für derartige Aufträge vergibt, machte sich erbötig, die für die Kreditgewährung notwendigen Formulare zu besorgen und den Antrag einzureichen. Weiters wurde * T* persönlich der Auftrag zur Besorgung der Beleuchtung erteilt, die von dem der beklagten Partei erteilten Auftrag nicht umfaßt war. T* nahm bei Auftragserteilung einen Betrag von S 10.000,-- in Empfang und bestätigte den Erhalt mit einer Kassaeingangsbestätigung, die den Vermerk „Ladenbau M*“ trägt; T* ist für die beklagte Partei inkassoberechtigt. Weiters bestätigte er den Erhalt von Tabakwaren im Wert von S 2.000,-‑ „a conto für Ladeneinrichtungsdetailbeschaffung“. Mit Schreiben vom 12. November 1973 (Beilage 5) bestätigte die beklagte Partei den Auftrag und ersuchte um Nachricht, ob der Kredit von der Wohlfahrtseinrichtung bereits bewilligt worden sei. In seinem Antwortschreiben vom 15. November 1973 (Beilage 8) wies der Beklagte darauf hin, daß sich * T* erboten habe, für die Beschaffung des Kredites zu sorgen. Am 19. November 1973 ersuchte die beklagte Partei neuerlich um Mitteilung, ob der Kredit bereits gewährt worden sei und machte darauf aufmerksam, daß vor Auslieferung der Einrichtung die Zahlungsmodalitäten geklärt sein müßten. Die Wohlfahrtseinrichtung der Tabakverschleißer Österreichs in Salzburg teilte schließlich dem Kläger mit Schreiben vom 23. November 1973 (Beilage D) mit, daß sein Kreditantrag in der vorliegenden Form nicht an die Zentrale in Wien weitergeleitet werden könne, weil der Kostenvoranschlag nicht ordnungsgemäß ausgefüllt sei, mindestens zwei Kostenvoranschläge von einander unabhängiger Unternehmen vorliegen müßten und Kredite grundsätzlich nur vor der Auftragserteilung vergeben würden. Auf Grund dieser Mitteilung brachte der Kläger in seinem Schreiben vom 27. November 1973, gerichtet an die beklagte Partei (Beilage. /E) zum Ausdruck, daß er den „Vorvertrag“ als gelöst betrachte und ersuchte um Überweisung der S 12.000,‑‑.
Rechtlich beurteilte das Berufungsgericht diesen Sachverhalt dahingehend, daß der mit der beklagten Partei abgeschlossene Vertrag über die Lieferung einer Ladeneinrichtung unter der Bedingung geschlossen worden sei, daß ein Kredit seitens der Wohlfahrtseinrichtung der Tabakverschleißer Österreichs gewährt werde; da dem Kläger aber ein solcher Kredit nicht gewährt wurde und – wie dem Schreiben der vorgenannten Vereinigung vom 23. November 1973 zu entnehmen sei – auch in Hinkunft bei Verbesserung des Auftrages nicht gewährt werde, sei die Bedingung nicht eingetreten. Die Bestellung sei für den Kläger nicht verbindlich, woraus sich für beide Vertragspartner die Verpflichtung zur Rückerstattung der erhaltenen Anzahlung ergebe. Die beklagte Partei habe freilich nur einen Betrag von S 10.000,-- als Anzahlung erhalten, sodaß sie auch nur zur Rückzahlung dieses Betrages verpflichtet sei. Ein weiterer darüber hinausgehender Anspruch könne nur gegen * T* selbst, der den entsprechenden Betrag auch im eigenen Namen übernommen habe, geltend gemacht werden.
Gegen den klagsstattgebenden Teil des Urteiles des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichtes.
Der Kläger beantragt, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Zunächst ist darauf zu verweisen, daß der Kläger nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen blind ist. Gemäß § 1 Abs. 1 lit. e des Gesetzes vom 25. Juli 1871, RGBl. Nr. 76 (Notariatsaktsgesetz) bedürfen Urkunden über Rechtsgeschäfte unter Lebenden, welche von Blinden errichtet werden, sofern dieselben das Rechtsgeschäft in eigener Person abschließen, eines Notariatsaktes. Das Erfordernis der Notariatsaktform ist demnach auch für die von einem Blinden erteilte Prozeßvollmacht – bei sonstiger Nichtigkeit des Verfahrens – zu fordern (G1UNF 4453, Fasching, II, 261, Wagner, Notariatsordnung und Notariatsaktgesetz, 167 Anm. 9). Der Mangel der Vollmacht ist in jeder Lage des Rechtsstreits von Amts wegen zu berücksichtigen (§ 37 Abs. 1 ZPO), die Nichtigerklärung der mit dem Vollmachtsmangel behafteten Prozeßakte kann aber durch nachträgliche Genehmigung der vom Nichtbevollmächtigten gesetzten Prozeßhandlungen geheilt werden (Fasching, aaO 293). Da die vom Kläger vorgelegte Prozeßvollmacht für Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Berger dem vorerwähnten Erfordernis nicht entsprach, wurde dem Kläger die Vorlage einer in Notariatsaktform errichteten Vollmacht sowie die Abgabe der Erklärung aufgetragen, ob er die bisherige Prozeßführung genehmige. Dem Obersten Gerichtshof liegt nunmehr sowohl eine den vorgenannten Erfordernissen entsprechende Vollmacht des Klägers vor, wie auch seine Erklärung, die bisherige Prozeßführung zu genehmigen. Damit erscheint der Verfahrensmangel saniert. In der Sache selbst führt der Revisionswerber lediglich aus, daß der Auftrag, wie sich aus dem Bestellschein und der Auftragsbestätigung ergebe, nicht unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen worden sei. Das Erstgericht habe zu dieser Frage keine exakten Feststellungen getroffen, sodaß die rechtliche Beurteilung durch das Berufungsgericht unrichtig sei. Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß das Berufungsgericht das Beweisverfahren wiederholt hat, sodaß es nicht entscheidend ist, welche Feststellungen der Erstrichter zur Frage, ob das gegenständliche Rechtsgeschäft bedingt oder unbedingt geschlossen wurde, getroffen hat. Das Berufungsgericht hat aber festgestellt, daß I* den Vertrag namens ihres Vaters abgeschlossen hat, die Auftragserteilung jedoch ausdrücklich davon abhängig machte, daß der Kredit erteilt wird. Es ist daher dem Berufungsgericht darin beizupflichten, daß der Auftrag unter der (aufschiebenden) Bedingung erteilt wurde, daß dem Kläger ein entsprechend hoher Kredit durch die Wohlfahrtseinrichtung der Tabakverschleißer Österreichs gewährt wird. Wenn sich die beklagte Partei auf den Inhalt ihrer Auftragsbestätigung vom 12. November 1973 beruft, worin keine Rede davon sei, daß das abgeschlossene Rechtsgeschäft von einer Bedingung abhängig gemacht worden sei, so ist darauf zu verweisen, daß der Kläger mit seinem Schreiben vom 15. November 1973 ausdrücklich festgehalten hat, die Auftragserteilung sei von der Gewährung des Kredits abhängig gemacht worden. Es liegt daher auch kein Stillschweigen des Klägers zum Inhalt der Auftragsbestätigung vom 12. November 1973 vor, sodaß die Frage, welche Bedeutung einem solchen Stillschweigen in dem hier entscheidenden Punkte zukäme, keiner Erörterung bedarf. Nun ist das Berufungsgericht aber weiters davon ausgegangen, daß dem Kläger für den vorliegenden Auftrag ein Kredit seitens der Wohlfahrtseinrichtung der Tabakverschleißer Österreichs weder gewährt wurde noch auch erteilt werden wird; diese Annahme bekämpft die beklagte Partei in ihrer Revision nicht. Demnach ist aber die gesetzte Bedingung vereitelt und das abgeschlossene Rechtsgeschäft nicht wirksam geworden. Die beklagte Partei ist dann aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, zur Rückleistung der von ihr entgegengenommenen Anzahlung im Betrage von S 10.000,‑‑ verpflichtet. Lediglich ergänzend sei darauf verwiesen, daß namens des blinden Klägers I* den Vertrag über die Lieferung der Einrichtung mit der beklagten Partei abgeschlossen hat. Auch die Bevollmächtigung der I* zum Abschluß dieses Rechtsgeschäftes hätte der Aufnahme eines Notariatsaktes bedurft (vgl. Swoboda in Klang 1 IV, 794 und SZ 22/25). Ob ein solcher Notariatsakt über die Bevollmächtigung der I* aufgenommen wurde, steht nicht fest, bedarf aber nach dem Vorgesagten keiner Klärung, weil sich auch dann der Rückforderungsanspruch hinsichtlich der zuerkannten S 10.000,‑‑ als gerechtfertigt erwiese (§ 1431 ABGB.).
Demzufolge war aber der Revision der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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