OGH 5Ob50/75

OGH5Ob50/7523.7.1975

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Sobalik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Neperscheni, Dr. Benisch, Dr. Samsegger und Dr. Griehsler als Richter in der Konkurssache über das Vermögen der Firma K*, Eisenhandels- und Biegegesellschaft m.b.H., *, vertreten durch Dr. Wolfgang Lirk, Rechtsanwalt in Salzburg, infolge Revisionsrekurses der Konkursgläubiger 1.) Firma Bankhaus *, und 2.) Dr. W* S*, öffentlicher Notar in *, beide vertreten durch Dr. Wolf Schuler, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 29. Jänner 1975, GZ. 2 R 175/74‑68, womit der Rekurs dieser Konkursgläubiger gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 30. August 1974, GZ. S 13/74‑36, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0050OB00050.75.0723.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wurde mit Beschluß des Senates beim Erstgericht vom 4. 3. 1974 der Konkurs eröffnet.

Die Gemeinschuldnerin hatte am 10. 9. 1973, also noch vor Konkurseröffnung, fünf Grundstücke gekauft, die auf Grund einer Vereinbarung mit der Fa. Bankhaus * in * zur Besicherung eines auf 2,8 Mill. Schilling erweiterten Obligos aus einem Kontokorrentkredit der Gemeinschuldnerin an diese Firma verpfändet werden sollten. Mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung der Kaufverträge betraute die Gemeinschuldnerin den öffentlichen Notar in * Dr. W* S*, den die Fa. Bankhaus * ein von der damaligen Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin beglaubigt gefertigtes Gesuch um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Einverleibung des Pfandrechtes für einen Kredithöchstbetrag von 2,8 Mill. Schilling mit der Erklärung zu treuen Händen übermittelte, ihm den für den Ankauf der fünf Grundstücke erforderlichen Teilkaufpreis von S 360.000,– zu überweisen, wenn er in der Lage sei, das Rangordnungsgesuch im ersten Geldsatzrang der anzukaufenden Grundstücke im Grundbuch eintragen zu lassen und die Haftung für diesen Vorgang zu übernehmen. Notar Dr. S* nahm dieses Anbot der Fa. Bankhaus * an und überreichte in Vertretung der Gemeinschuldnerin am 4. 3. 1974, dem Tag der Konkurseröffnung über das Vermögen der Gemeinschuldnerin, gleichrangig beim Bezirksgericht Thalgau die Grundbuchsgesuche auf Einverleibung des Eigentums der Gemeinschuldnerin an vier der gekauften Grundstücke (TZ. 208, 209, 210 und 211/74) sowie der Rangordnung für die beabsichtigte Einverleibung des Pfandrechtes für den Kredithöchstbetrag von 2,8 Mill. Schilling auf der aus den gekauften Liegenschaften neu gebildeten Liegenschaft EZ. * des Grundbuches über die Katastralgemeinde E* (TZ. 212/74); am 5. 3. 1974, also einen Tag später, überreichte er beim selben Gericht die Grundbuchgesuche auf Einverleibung des Eigentumsrechtes der Gemeinschuldnerin am fünften gekauften Grundstück (TZ. 213/74) und am 8. 3. 1974 das Gesuch um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft EZ. * des Grundbuches über die KG. E* (TZ. 228/74).

Der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin stimmte den Grundbuchgesuchen der Gemeinschuldnerin TZ. 208 bis 211 und 213 des Bezirksgerichtes Thalgau zu, verweigerte die Genehmigung der Grundbuchgesuche der Gemeinschuldnerin TZ. 212 und 228/74 des Bezirksgerichtes Thalgau und beantragte beim Erstgericht, diese seine Erklärungen konkursbehördlich zu genehmigen.

Mit dem Beschluß vom 30. 8. 1974 (ON. 36) wurden vom Konkurskommissär die Zustimmung des Masseverwalters zum Grundbuchsgesuch TZ. 211/74 des Bezirksgerichtes Thalgau sowie seine Erklärung, den Grundbuchsgesuchen TZ. 212/74 und 228/74 desselben Gerichtes die Genehmigung zu versagen, genehmigt, die Zustimmung des Masseverwalters zu den Grundbuchsgesuchen TZ 208 bis 210 und 213/74 desselben Gerichtes zur Kenntnis genommen und die Anträge des Notars Dr. W* S* (ON. 29), dem Begehren des Masseverwalters die Zustimmung zu versagen, einer Einverleibung des Eigentumsrechtes der Gemeinschuldnerin nur mit gleichzeitiger Bewilligung der Anmerkung der Rangordnung für den Kredithöchstbetrag von 2,8 Mill. Schilling und die Einverleibung eines Pfandrechtes über diesen Betrag zuzustimmen, sowie die Entscheidung darüber auszusetzen und das Ergebnis des – gleichzeitig angekündigten – streitigen Verfahrens (gegen den Masseverwalter) abzuwarten, zurückgewiesen.

Im wesentlichen ging das Erstgericht von nachstehenden Erwägungen aus:

Die Einverleibung des Eigentums der Gemeinschuldnerin an den mit Kaufverträgen erworbenen Grundstücken sei im Interesse der Konkursgläubiger gelegen.

Die Zustimmungserklärung des Masseverwalters zur Einverleibung des Eigentums sei nur hinsichtlich des Grundbuchsgesuches TZ 211/74 des Bezirksgerichtes Thalgau genehmigungsbedürftig gewesen, weil nur dort der Kaufpreis S 200.000,– übersteige, während die Kaufpreise der übrigen Liegenschaften unter diesem Betrag liegen. Dem Grundbuchsgesuch TZ. 212/74 desselben Gerichtes liege ein nur von der Fa. Bankhaus * zur Gänze erfüllter Kredit- und Pfandbestellungsvertrag zugrunde, so daß § 21 KO. nicht zur Anwendung kommen könne. Der Antrag des Notars Dr. S*, dem Begehren des Masseverwalters die Zustimmung zu verweigern und einer Einverleibung des Eigentums der Gemeinschuldnerin nur mit gleichzeitiger Bewilligung der Anmerkung der Rangordnung für den Kredithöchstbetrag von 2,8 Mill. Schilling und der Einverleibung eines Pfandrechtes über diesen Betrag zuzustimmen, komme einer bevorzugten Befriedigung eines Konkursgläubigers gleich. Notar Dr. S* habe als Bevollmächtigter des Bankhauses * mangels Beteiligtenstellung keine Legitimation zur Antragstellung.

Den gemeinsamen Rekurs der Fa. Bankhaus * und des Notars Dr. W* S* wies das Gericht zweiter Instanz zurück. Es bejahte zwar die Beteiligtenstellung und damit die Rekurslegitimation der Rechtsmittelwerber infolge ihrer Eigenschaft als Konkursgläubiger – beide haben Konkursforderungen angemeldet –, sprach ihnen jedoch die Beschwer durch die angefochtene Entscheidung ab. Der Firma Bankhaus * fehle das spezifische Rechtsschutzinteresse, weil sie bei der Geltendmachung ihrer vermeintlichen Absonderungsrechte Sonderinteressen in dem auf die Wahrung des Gemeinschaftsinteresses abgestellten Genehmigungsverfahren nach § 116 KO. wahren wolle und nicht als Konkursgläubigerin auftrete. Die bestrittenen Absonderungsrechte seien jedoch auf dem Rechtsweg geltend zu machen, eine Konkurrenz mehrerer Rechtsbehelfe sehe das zivilgerichtliche Verfahrensrecht nicht vor. In ihrer Eigenschaft als Konkursgläubigerin könne die Firma Bankhaus * jedoch kein Interesse daran haben, daß die Grundstücke, an denen sie Absonderungsrechte behauptet, aus dem Massevermögen ausscheiden oder im Falle ihres Verbleibens in der Masse mit einem diese schmälernden Absonderungsrecht belastet werden.

Notar Dr. S* sei ebenfalls durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert, denn er werde seine Regreßforderung (§ 17 KO.) gegen die Gemeinschuldnerin aus der übernommenen Haftung umso eher einbringen können, je größer die Konkursmasse ist. Soweit er jedoch mit seinem Rechtsmittel auf die Ausscheidung der Liegenschaft aus der Konkursmasse oder auf die Begründung eines Absonderungsrechtes für das genannte Bankhaus abziele, um dadurch von seiner Haftung befreit zu werden, sei er nicht in seinem Recht als Konkursgläubiger verletzt, sondern nehme die ihn treffende Tatbestands- und Reflexwirkung zum Gegenstand seiner angeblichen Beschwer; Interessen wirtschaftlicher Natur reichen jedoch zur Annahme eines Rechtsschutzinteresses nicht aus.

Soweit sich das Rechtsmittel beider Rekurswerber gegen jenen Teil der erstgerichtlichen Entscheidung richte, mit der die nicht genehmigungspflichtige Entscheidung des Masseverwalters zur Kenntnis genommen wurde, sei es überdies unzulässig, weil es sich dabei nicht um eine in die Rechte der Rekurswerber als Konkursgläubiger eingreifende und deshalb anfechtbare Entscheidung handle. Die Rechtswirkungen der keiner Genehmigung bedürftigen Entscheidung des Masseverwalters treten sofort ein, Rechtsmittel gegen sie gebe es nicht, wohl aber die unbefristete Aufsichtsbeschwerde.

Dem Rekurs könnte aber auch bei meritorischer Erledigung kein Erfolg zukommen.

Die Wirkungen des § 13 KO. erstreckten sich auch auf solche Liegenschaften, für die erst nach der Konkurseröffnung ein Antrag auf Einverleibung des Eigentums des Gemeinschuldners beim Grundbuchgericht gestellt wird. Das Grundbuchgericht hätte daher ohne Zustimmung des Masseverwalters, der nach der Konkurseröffnung als gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners grundbücherliche Verfügungen mit voller Wirksamkeit für den Gemeinschuldner vornehmen könne, alle Grundbuchgesuche der Firma Bankhaus * abweisen müssen. Da eine Zustimmungserklärung des Masseverwalters zur Eigentumseinverleibung vorlag, durfte es jedoch diese bewilligen, nicht aber die Grundbuchgesuche auf Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Verpfändung. Grundsätzlich sei es nicht möglich, daß während des Konkurses Absonderungsrechte neu entstehen können. Wenn der Masseverwalter derartige Rechte einräume, so seien sie zwar wirksam, doch der Masseverwalter sei aus der Verletzung seiner Pflicht zur Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Gläubiger persönlich haftbar.

Der Masseverwalter habe nicht in den zwischen der Gemeinschuldnerin und der Fa. Bankhaus * abgeschlossenen Krediteröffnungs- und Pfandbestellungsvertrag eintreten können, weil die Voraussetzungen des § 21 KO. nicht vorgelegen seien.

Die Rekurswerber können sich auch nicht mit Erfolg auf das Rechtsverhältnis berufen, das zwischen der Gemeinschuldnerin und der Fa. Bankhaus * einerseits und dem mit der Vertragsverfassung und der Grundbuchdurchführung befassten Notar Dr. S* andererseits zustande gekommen sei. Es brauche nicht geprüft zu werden, ob dieses Rechtsverhältnis neben den Elementen der Vollmacht und des Auftrages auch solche eines Werkvertrages enthalte, da § 26 KO. für alle Rechtsverhältnisse gelte, aus denen jemand zur Geschäftsbesorgung für den Gemeinschuldner verpflichtet sei. Ein Eintritt des Masseverwalters gemäß § 21 KO. komme deshalb nicht in Betracht. Im übrigen diene die von den Rekurswerbern durch geführte Transaktion überwiegend der nachträglichen Besicherung eines bereits gewährten und nur mehr ausgeweiteten Kredites.

Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Rekurs der Fa. Bankhaus * und des Notars Dr. W* S* mit dem Hauptantrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Gericht zweiter Instanz eine neuerliche Entscheidung in der Sache selbst aufzutragen, und dem Hilfsbegehren, ihn dahin abzuändern, daß die konkursbehördliche Zustimmung zu den dem angefochtenen Beschluß zugrunde liegenden Anträgen des Masseverwalters versagt und die Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten der Gemeinschuldnerin nur mit gleichzeitiger bzw. nur mit nachträglicher Bewilligung der Ranganmerkung für den Kredithöchstbetrag von 2,8 Mill. Schilling und der Einverleibung eines Pfandrechtes über diesen Betrag zugestimmt wird.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht zulässig.

In Konkurssachen ist gemäß den §§ 176 Abs. 2 und 528 Abs. 1 Z. 1 ZPO. der Rekurs gegen eine den angefochtenen erstrichterlichen Beschluß bestätigende Entscheidung nicht zulässig. Die Zurückweisung eines Rechtsmittels von der ersten oder zweiten Instanz kann wohl durch Rekurs an die nächst höhere Instanz angefochten werden, wenn eine sachliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidung nicht stattgefunden hat. Wenn jedoch, wie im vorliegenden Fall, das Gericht zweiter Instanz im Spruch seiner Entscheidung zwar das Wort „zurückweisen“ verwendet, in der Entscheidungsbegründung jedoch nebst einer relativ kurzen Erörterung des – seiner Ansicht nach fehlenden – Rechtsschutzinteresses der Rechtsmittelwerber eine umfassende und ausführliche Sachprüfung der angefochtenen Entscheidung vornimmt, kann dieser Beschluß sinnvoller Weise nur dahin gedeutet werden, daß die zweite Instanz sich als gesetzlicher und entscheidungsbefugter Richter verstanden hat. Hätte es nämlich das Rechtsmittel in der Tat als unzulässig angesehen, so hätte es sich der Sachprüfung enthalten müssen. Eine Auslegung des angefochtenen Beschlusses des Gerichtes zweiter Instanz, die – wie auch sonst – den wahren Entscheidungswillen zu ermitteln hat – soferne nicht § 477 Z. 9 ZPO. eingreift –, ergibt sinnvoll, daß dieses Gericht objektiv eindeutig erkennbar in der Sache selbst entscheiden wollte und auch entschieden hat. Der innere Widerspruch in seiner Entscheidung ist daher nur so zu bereinigen, daß es sich nicht um die unzulässige Kombination einer Formalentscheidung mit Elementen einer Sachprüfung, sondern um eine vollkommene Sachentscheidung handelt.

Wenn im Rekursverfahren ein Gericht eine Sachprüfung vornimmt, obgleich es zunächst seine Entscheidungsbefugnis verneint (z.B. wegen mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses, wegen Unzulässigkeit, wegen Verspätung), so ist ein solcher Beschluß als Sachentscheidung anzusehen; der formale Teil ist dann unbeachtlich.

Da das Gericht zweiter Instanz demnach den Beschluß des Erstgerichtes voll bestätigt hat, ist der Rekurs der Fa. Bankhaus * und des Notars Dr. S* als unzulässig zurückzuweisen.

 

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