European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0050OB00081.75.0708.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Rekurswerber haben die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.
Begründung:
Der Kläger hat dem Beklagten ein Halbfertighaus geliefert und montiert.
Nach mehreren Einschränkungen seiner Forderung begehrte der Kläger zuletzt als restliches Entgelt für diese Leistung (S. 124) den Betrag von S 88.370,‑‑ samt 9,75 % Zinsen vom 28. 12. 1972 bis 31. 8. 1973, 10,25 % Zinsen vom 1. 9. 1973 bis 31. 5. 1974 und 11,75 % Zinsen seit 1. 6. 1974 aus dem Titel des Schadenersatzes infolge Notwendigkeit der Inanspruchnahme von Bankkredit. Er behauptete, dem Beklagten am 27. 12. 1972 den Gesamtbetrag von S 132.080,-- in Rechnung gestellt zu haben, und der Beklagte habe die Rechnungsforderung bis auf den Betrag von S 489,‑‑ anerkannt.
Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen, und wendete im wesentlichen folgendes ein:
Er habe vom Kläger keine Rechnung, sondern lediglich eine Visitenkarte mit dem Vermerk „Bankzinsen 9 3/4 %“ bekommen. Nach einem gemeinsamen Vergleich der geleisteten Arbeiten mit den im Kostenvoranschlag vorgesehenen und nach Berücksichtigung zahlreicher Abänderungen sei der Kläger schließlich zu einem noch offenen Betrag von S 86.147,‑‑ gelangt. Er, der Beklagte, habe sich die Anerkennung dieser Forderung bis zum Erhalt einer detaillierten Rechnung und bis zur Fertigstellung der Arbeiten vorbehalten, denn es habe noch an der Innenverkleidung einer Wand im Ausmaß von etwa 5 m2 und an den Langschildern der Eingangstüre gefehlt. Anstatt der vom Kläger zugesagten Detaillierung der Leistungen sei jedoch ein Mahnschreiben des Klägers über den Betrag von S 92.080,‑‑ gekommen.
Die Forderung des Klägers sei der Höhe nach unberechtigt und auch nicht fällig.
Der Kläger habe das Fundament für das Halbfertighaus unrichtig berechnet und die dadurch bedingte Instabilität des Hauses verhindere seinen ordnungsgemäßen Gebrauch und rechtfertige eine Preisminderung in der Höhe des Klagebetrages. An den Wänden des Hauses fehlten die Schrägverspreizungen, wodurch die erforderliche Stabilität nicht gegeben sei. Der Dachstuhl sei nur für die Eindeckung mit Welleternit dimensioniert worden, obwohl dann fünfmal so schwere Dachziegel verwendet wurden, und dies habe zu einer Überlastung des Dachstuhles geführt, sodaß Einsturzgefahr bestehe. Die Stiege zum Haus habe durchgeschwungen und mußte mit einem Betonsockel abgestützt werden. Der Kläger sei bei der Bestellung des Hauses ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß die Mansarde als Wohnraum Verwendung finden soll, und diese Verwendung sei in der Folge auch im Baubewilligungsbescheid genehmigt worden. Der Kläger hätte daher den Fußboden der Mansarde mit einem Zwischenträger versehen müssen, um ihn ausreichend tragfähig zu machen. Der Schiffboden der unteren Räume des Hauses weise nicht die vorgeschriebene Stärke von 3 cm, sondern nur eine solche von 2 cm auf. In Hinblick auf seine Absicht, auf den Schiffboden einen Plastikbelag daraufzugeben, habe ihm, dem Beklagten, der Kläger vor geschlagen, 19 mm starke Novopanplatten als Fußboden zu verwenden; der Kläger habe diese Platten dann über seine, des Beklagten, Bestellung geliefert. Der zur Behebung des Mangels eines Zwischenträgers erforderliche Betrag von S 45.000,‑‑ werde als Gegenforderung geltend gemacht.
Zu den Einwendungen des Beklagten brachte der Kläger vor:
Das Fehlen der Innenverkleidung habe der Beklagte erstmals in der Klagebeantwortung behauptet und die gelieferten Langschilder habe er zurückgestellt, weil sie ihm der Form nach nicht zusagten; er, der Kläger, habe sodann Langschilder der vom Beklagten gewünschten Form bestellt, aber der Beklagte habe sie bisher nicht abgeholt. In Berücksichtigung dieser Einwendungen schränkte der Kläger sein Begehren ein.
Im übrigen bestritt der Kläger die vom Beklagten behaupteten Mängel. Die fehlende Schrägverspreizung sei nicht erforderlich. Die Benützung des Dachbodens als Wohnraum sei nach der Bauordnung für Niederösterreich unzulässig. Der Schiffboden sei in der vom Beklagten bestellten Dimension geliefert worden. Richtig sei, daß als Fußboden für das Untergeschoß Novopanplatten mit einer Stärke von 19 mm über Bestellung des Beklagten auf seinen, des Klägers Vorschlag hin geliefert worden seien; Novopanplatten werden normalerweise mit einem zusätzlichen Bodenbelag versehen.
Nach Wiedereröffnung des vom Erstgericht bereits geschlossenen Verfahrens brachte der Beklagte vor, es sei als weiterer Mangel hervorgekommen, daß die Holzträger (Träme), die auf den Eisenträgern aufliegen und die gesamte Konstruktion tragen, zu schwach dimensioniert seien und sich bis zu 15 mm durchbiegen, wodurch sich auch die Giebelwand samt den Fensterstöcken verforme. Mit diesem Vorbringen hatte der Beklagte schon vorher die Wiedereröffnung der Verhandlung beantragt.
Das Erstgericht wies dieses Vorbringen als verspätet zurück und erkannte im übrigen zu Recht:
Die Forderung des Klägers bestehe mit S 88.370,‑‑ samt den im Leistungsausspruch angeführten Zinsen zu Recht;
die vom Beklagten eingewendete Gegenforderung bestehe nicht zu Recht;
demgemäß sei der Beklagte schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen den Betrag von S 88.370,‑‑ sowie 4 % Zinsen aus S 88.370,‑‑ vom 28. 12. 1972 bis 31. 12. 1972, 9,75 % Zinsen aus S 88.370,‑‑ vom 1. 1. 1973 bis 30. 6. 1973, 9,75 % Zinsen aus S 38.219,07 vom 1. 7. 1973 bis 31. 8. 1973, 4 % Zinsen aus S 50.150,93 vom 1. 7. 1973 bis 31. 8. 1973, 10,25 % Zinsen aus S 42.124,48 vom 1. 9. 1973 bis 30. 9. 1973, 4 % Zinsen aus S 46.245,52 vom 1. 9. 1973 bis 30. 9. 1973, 10,25 % Zinsen aus S 69.054,43 und 4 % Zinsen aus S 19.315,57 vom 1. 10. 1973 bis 31. 12. 1973 sowie 4 % Zinsen an S 88.370,‑‑ seit 1. 1. 1974 zu bezahlen und S 14.893,64 an Prozeßkosten zu ersetzen. Das Zinsen- und Kostenmehrbegehren wies das Erstgericht ab.
Im wesentlichen stellte das Erstgericht folgenden Sachverhalt fest:
Grundlage der Bestellung der Vorfertigung und Lieferung des Holzhauses sei ein vom Kläger gelegter nicht detaillierter Kostenvoranschlag über S 127.400,‑‑ gewesen. Nachträgliche Abänderungen seien bei der Lieferung berücksichtigt worden. Nach den Angaben des Klägers über die ungefähre Gründungsfläche und die Anzahl und Stärke der Säulen habe der Beklagte die Fundamente für das Haus selbst hergestellt; der Kläger habe dafür auch nichts verrechnet. Der von der Baubewilligung erfaßte Einreichplan sei vom Kläger nach den Wünschen des Beklagten verfaßt worden, doch habe der Beklagte dem Kläger nicht gesagt, daß er den Dachbodenraum als Mansarde zu Wohn- und Schlafzwecken benützen wolle. Das Haus sei vom Beklagten selbst aufgestellt worden. Die Baubewilligung setze als Bedingung, daß die einschlägigen Bestimmungen der Bauordnung für Niederösterreich eingehalten werden und es seien darin keine Ausnahmebestimmungen bezüglich der Beschaffenheit des Dachgeschosses und seiner Verwendbarkeit als Aufenthaltsraum enthalten. Nach Abschluß der Lieferungen des Klägers habe eine Absprache der Parteien stattgefunden. Der Beklagte sei im wesentlichen mit der Lieferung einverstanden gewesen und habe lediglich hinsichtlich zweier Posten Wünsche angemeldet, die vom Kläger auch berücksichtigt worden seien. Der Endbetrag habe schließlich S 131.591,‑‑ ausgemacht; darin seien nur die tatsächlich gelieferten Teile enthalten gewesen. Anläßlich der Abstimmung dieses Betrages habe der Beklagte die Zustellung einer Rechnung verlangt. Er habe dabei wohl gedacht, aber nicht gesagt, daß diese Rechnung detailliert sein soll. Die vom Kläger erstellte Rechnung vom 27. 12. 1972 enthalte nur den abgestimmten Betrag von S 131.591,‑‑, die geleisteten Anzahlungen des Beklagten von S 40.000,‑‑ und den sich daraus ergebenden Restbetrag von S 91.591,‑‑, der vom Beklagten noch zu bezahlen sei. Diese Rechnung sei dem Beklagten erst im Laufe dieses Rechtsstreites zugekommen, doch habe der Beklagte eine Mahnung über den ursprünglichen Klagebetrag (S 92.080,—) erhalten.
Durch das Fehlen der Schrägverspreizungen sei das Haus nicht instabil geworden; die Verkleidung der Wände mittels Homogenplatten versteife das Haus, sodaß eine ausreichende Standsicherheit erreicht und die Stabilität gewährleistet sei. Der Dachstuhl sei für die vorhandene Eindeckung nicht zu schwach konstruiert. Die Spannungen der Dachlatten liegen unter den zulässigen Höchstwerten, die Durchbiegungen jedoch darüber. Es seien Dachlatten mit zu kleinem Querschnitt verwendet worden. Die Durchbiegung sei statisch in ihrer Auswirkung auf die Tragfähigkeit unbedeutend und von außen nicht sichtbar. Für diesen Mangel sei ein Abzug von der Rechnung in der Höhe von S 250,‑‑ gerechtfertigt. Die Anschüblinge seien nicht nach Plan versetzt worden. Die Unterstellung durch den Beklagten sei technisch gerechtfertigt. Der Wert der dabei von ihm erbrachten Leistung betrage S 960,‑‑. Die vom Beklagten vorgenommene Unterstellung der Stiege sei technisch unbedingt zur Vermeidung der Einsturzgefahr notwendig gewesen. Die Kosten dafür betragen S 2.500,‑‑. Das in seiner ursprünglichen Form unrichtig berechnet gewesene Fundament sei inzwischen geändert worden und entspreche jetzt den technischen Anforderungen. Nicht notwendig gewesen sei die vom Beklagten vorgenommene Einschaltung einer weiteren Lage an Bindern (Untergurten) als Dachdeckenträger; der Beklagte habe damit eine statisch unnötige Zusatzarbeit geleistet. Die Ersetzung der vorhandenen Dachlatten durch stärkere würde einen unverhältnismäßig hohen Kostenaufwand erfordern, ohne daß dadurch für die Tauglichkeit und Sicherheit des Bauwerkes etwas gewonnen wäre. Der große Arbeitsumfang dafür ergebe sich daraus, daß das Dach nach und nach abgehoben und die Lattung schrittweise erneuert werden müßte.
Die Sollzinsen des Klägers für einen Kontokorrentkredit, den er bei der C* in Anspruch genommen habe, betrugen zunächst 9,75 % p.a., ab 1. 9. 1973 10,25 % p.a. und seit 1. 6. 1974 11,75 % p.a. Der Kläger habe diesen Kredit in der Zeit vom 1. 1. 1973 bis 31. 3. 1973 mit durchschnittlich S 191.346,05, in der Zeit vom 1. 4. 1973 bis 30. 6. 1973 mit durchschnittlich S 126.980,72, in der Zeit vom 1. 7. 1973 bis 31. 8. 1973 mit durchschnittlich S 38.219,07, in der Zeit vom 1. 9. 1973 bis 30. 9. 1973 mit durchschnittlich S 42.124,48 und in der Zeit vom 1. 10. 1973 bis 31. 12. 1973 mit durchschnittlich S 69.054,43 ausgenützt. Es sei nicht bewiesen, ob und mit welchem Betrag der Kläger zu anderen als den festgestellten Zeiten den Kredit ausgenützt gehabt habe.
Das Erstgericht folgerte aus diesem Sachverhalt rechtlich:
Der Beklagte sei zur Zahlung des Betrages von S 88.370,‑‑ verpflichtet, denn dieser Betrag ergebe sich aus dem um die Abzüge wegen der festgestellten Mängel verminderten Betrag, den die Parteien seinerzeit einvernehmlich abgesprochen haben. Die Fälligkeit dieses Betrages sei bei der von den Parteien vorgenommenen Abstimmung eingetreten und es komme deshalb auf die Übersendung der Rechnung des Klägers an den Beklagten nicht an. Die vom Sachverständigen als relevant bezeichneten Mängel habe der Kläger durch die Einschränkung des Klagebegehrens berücksichtigt; dadurch sei dem Preisminderungsbegehren des Beklagten im berechtigten Umfange Rechnung getragen worden. Deshalb sei die vom Beklagten in voller Höhe aufrecht erhaltene Gegenforderung nicht berechtigt. Das Fundament habe der Beklagte selbst hergestellt und der Kläger, in dessen Fachgebiet dies auf Grund seines Berufes nicht falle, habe ihm dafür nichts verrechnet. Der Dachboden sei nach den Wünschen des Klägers gestaltet worden. Bei Betrachtung des Einreichplanes stehe fest, daß der Dachboden schon auf Grund der Bestimmungen der Bauordnung für Niederösterreich (§ 44 Abs. 2) nicht als Wohnraum verwendet werden dürfe. Dem Kläger könne daraus kein Vorwurf gemacht werden. Zinsen über das gesetzliche Maß seien dem Kläger nur im Umfange des Nachweises der Inanspruchnahme von Kredit mit höherem Zinsfuß infolge der Nichtzahlung des Beklagten zuzusprechen.
Der Kläger hat die Abweisung seines Zinsen- und Kostenmehrbegehrens durch dieses Urteil unangefochten gelassen.
Der Berufung des Beklagten gegen den dem Klagebegehren stattgebenden Ausspruch des erstgerichtlichen Urteiles gab das Gericht zweiter Instanz Folge; es hob das angefochtene Urteil insoweit auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfange zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht mit dem Vorbehalt der Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses zurück.
Das Berufungsgericht erachtete die Beweis- und Tatsachenfeststellungsrüge des Beklagten als nicht berechtigt und erblickte auch darin keinen Verfahrensmangel, daß das Erstgericht den Antrag auf Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen für Holzbau abgelehnt hatte, weil die bisherigen Verfahrensergebnisse nach den unbedenklichen Darlegungen des Bausachverständigen Dipl. Ing. W* dazu keinen Anlaß böten. Indessen fand das Berufungsgericht, daß das Verfahren erster Instanz deshalb mangelhaft geblieben sei, weil das Erstgericht in der Tagsatzung zur Fortsetzung der wiedereröffneten mündlichen Streitverhandlung am 30. 9. 1974 auf das neue Vorbringen des Beklagten nicht eingegangen ist, es seien die vom Kläger gelieferten, die gesamte Konstruktion tragenden Holzträme zu schwach dimensioniert, sodaß sie sich in unzulässiger Weise bis zu 15 mm durchbiegen und dadurch die Giebelwand samt Fensterstöcken verformt werde. Es sei zwar richtig, daß den Parteien kein Recht auf Wiedereröffnung der Verhandlung zustehe, vor allem wenn sie dadurch Versäumtes nachholen wollen, wenn aber das Gericht die Wiedereröffnung der Verhandlung von Amts wegen angeordnet habe, so können die Parteien in der fortgesetzten Verhandlung, die gemäß § 193 Abs. 2 ZPO als ein Ganzes anzusehen sei, neue Tatsachen vorbringen und neue Beweise anbieten. Hiebei bleibe dem Gericht allerdings das Zurückweisungsrecht wegen offenbarer Verschleppungsabsicht gewahrt. In Hinblick darauf, daß der Beklagte auf dem Gebiet des Holzbaues Laie sei und die in Rede stehenden Mängel erfahrungsgemäß erst im Laufe der Zeit auftreten bzw. für einen Laien erkennbar werden können, sei das Berufungsgericht nicht der Ansicht des Erstgerichtes, daß von einer offenbaren Verschleppungsabsicht des Beklagten bei Erstattung seiner neuen Einwendungen ausgegangen werden könne. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren auf das neue Vorbringen des Beklagten, auf dessen Präzisierung in der Richtung, welche Ansprüche aus dem behaupteten weiteren Mangel konkret abgeleitet werden, es gemäß § 182 ZPO hinzuwirken haben werde, eingehen und die hiezu beantragten Beweise, soweit sie ihm erforderlich erscheinen, aufnehmen müssen. Aus diesem Grunde alleine hob das Berufungsgericht das angefochtene Urteil des Erstgerichtes als auf mangelhaftem Verfahren beruhend auf.
Zur Rechtsrüge führte das Gericht zweiter Instanz im wesentlichen folgendes aus:
In Hinblick auf die übereinstimmenden Parteiaussagen der Streitteile, daß der Beklagte beim Kläger nicht eine bestimmte, von diesem erzeugte Holzhaustype, sondern Teile eines Holzhauses, das einer nach seinen persönlichen Vorstellungen entworfenen Skizze entsprechen sollte, bestellt habe, sei der Vertrag der Parteien eher als Werkvertrag zu beurteilen. Nach Lehre und Rechtsprechung sei nämlich dann ein Werkvertrag anzunehmen, wenn die Sache nach den individuellen Bedürfnissen und Wünschen des Bestellers herzustellen ist, mag auch der Hersteller den Stoff beigestellt haben, denn es gelte die Regel des § 1166 ABGB nur im Zweifel. Es könne aber letztlich die rechtliche Qualifikation des Vertrages dahingestellt bleiben, weil die Lösung der hier zur Erörterung stehenden Rechtsprobleme nicht davon abhänge. Welche Ansprüche der Beklagte aus der zu geringen Stärke des Fußbodens ableitet, habe er nicht ausgeführt, es könne aber aus der Geltendmachung von Gegenforderungen aus dem Aufwand für die Verbesserung der behaupteten Mängel davon ausgegangen werden, daß er damit den Gewährleistungsanspruch der angemessenen Minderung des Entgeltes geltend machen wolle. Dieser Anspruch sei aber sowohl bei Kaufverträgen (§ 932 ABGB) als auch bei Werkverträgen (§ 1167 ABGB) nach der relativen Berechnungsmethode zu ermitteln: die auf Grund des Vertrages geschuldete Leistung des Gewährleistungsberechtigten sei nach dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem der Wert der mangelfreien Sache (des mangelfreien Werkes) zum Wert der mangelhaften Sache (des mangelhaften Werkes) steht. Der erforderliche Verbesserungsaufwand könne in dem die Entgeltminderung übersteigenden Ausmaß nicht aus dem Titel der Gewährleistung begehrt werden.
Ein Gewährleistungsmangel liege vor, wenn die Sache (Kaufgegenstand oder Werk) die gewöhnlich vorausgesetzten oder ausdrücklich bedungenen Eigenschaften nicht habe. Er sei wesentlich, wenn er den ordentlichen, d.h. nach der objektiven oder behaupteten Beschaffenheit der Sache bestimmungsgemäßen oder den vom Vertragspartner erkennbar in Aussicht genommenen Gebrauch verhindere oder nicht bloß unerheblich erschwere bzw. wenn die Sache den Zweck, den sie nach ausdrücklicher Vereinbarung oder nach ihrer Natur zu erfüllen habe, nicht oder nur so unvollkommen erfüllen könne, daß sie nach der Verkehrsauffassung unbrauchbar sei, oder wenn sie der ausdrücklichen Bedingung zuwiderlaufe; sonst sei er unwesentlich. Der Mangel sei unbehebbar, wenn seine dauernde Beseitigung unmöglich oder die mögliche Behebung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre, sonst behebbar. Eine unerhebliche Wertminderung komme weder nach § 932 noch nach § 1167 ABGB in Betracht. Daraus folge für den vorliegenden Fall, daß der dem Beklagten für vorhandene Mängel zustehende Anspruch auf Entgeltminderung grundsätzlich in der Form befriedigt werden könne, daß der Kläger die vom Sachverständigen auf der Grundlage des erforderlichen Mängelverbesserungsaufwandes errechneten Beträge durch entsprechende Einschränkungen der Klageforderung berücksichtigt. Dabei sei dem Kläger offenbar insofern ein auch vom Erstgericht nicht behobenes Versehen unterlaufen, als er diese Beträge in der Höhe von S 3.710,‑‑ nicht von dem mit dem Beklagten einvernehmlich festgesetzten Restbetrag von S 91.591,‑‑, sondern von seiner ursprünglichen Klageforderung von S 92.080,‑‑ abgezogen habe; darauf werde im fortgesetzten Verfahren Bedacht zu nehmen sein.
Bezüglich des Abzuges des Klägers von S 250,‑‑ für die zu gering dimensionierten Dachlatten scheide für den Beklagten die Möglichkeit, Verbesserung zu verlangen, aber auch die Möglichkeit, der Berechnung des Preisminderungsanspruches diesen unverhältnismäßig hohen Verbesserungsaufwand zugrunde zu legen, aus, denn das Erstgericht habe zutreffend, dem Sachverständigen folgend, angenommen, daß es sich bei dem Austausch der Dachlatten um einen unverhältnismäßig hohen Kostenaufwand handeln würde, ohne daß dadurch für den Beklagten hinsichtlich der Tauglichkeit und Sicherheit des Bauwerkes etwas gewonnen wäre. Da die Gebrauchsfähigkeit des Hauses durch diesen Mangel nicht leide, sei die Entgeltminderung mit dem Betrag der Wertdifferenz zwischen den vom Beklagten gelieferten dünnen und den der Ö‑Norm entsprechenden stärkeren Dachlatten anzunehmen. Um diesen Betrag habe der Kläger sein Begehren ohnedies eingeschränkt. Ein höherer Entgeltminderungsanspruch sei dem Beklagten nicht zuzubilligen.
Ö‑Normen seien bloß Richtlinien, die als Vertragsbestandteile dienen sollen. Wenn sie nicht durch konkrete Rechtsvorschriften für verbindlich erklärt wurden, haben sie nur insoferne Bedeutung, als sie von den Parteien ausdrücklich oder konkludent zum Vertragsinhalt gemacht worden seien. Hier sei weder das eine noch das andere von den Parteien behauptet worden oder nach den Verfahrensergebnissen hervorgekommen. Dem Erstgericht könne daher kein Vorwurf gemacht werden, wenn es – dem Sachverständigen folgend – der Überschreitung einer in den Ö‑Normen festgelegten Toleranzgrenze nicht die vom Beklagten gewünschte Bedeutung beimesse.
Dem Beklagten stehe auch ein die Klageforderung mindernder Anspruch weder aus der unrichtigen Berechnung des für das Holzhaus erforderlichen Fundaments noch aus der Lieferung bloß 19 mm starker Novopanplatten für den Fußboden des Untergeschosses zu.
Die Errichtung des Fundaments sei nicht Gegenstand des Vertrages der Parteien gewesen; der Beklagte habe es vielmehr selbst errichtet. Ob ihm allenfalls ein Schadenersatzanspruch zustünde, weil der Kläger die ihm auf Grund der redlichen Verkehrsübung bzw. auf Grund der deutlich hervorgetretenen individuellen Zwecke und Interessen der Parteien obliegende vertragliche Nebenpflicht der Beratung des Beklagten in allen mit der Aufstellung des vom Kläger gelieferten halbfertigen Holzhauses verbundenen Fragen verletzt hat, brauche nicht untersucht zu werden, da ein solcher Anspruch nicht von ihm erhoben wurde.
Bezüglich der Novopanplatten für den Fußboden habe sich der Beklagte zwar auf die Beratungspflicht des Klägers berufen, jedoch nicht ausgeführt, worin sein Schaden gelegen sein soll. Nach den Verfahrensergebnissen sei ein solcher auch nicht erkennbar.
Die Fälligkeit der Klageforderung sei bereits mit der zwischen den Parteien erfolgten Preisabstimmung eingetreten und nicht erst mit der Zusendung bzw. Übergabe der Rechnung, weil sowohl beim Kaufvertrag als auch beim Werkvertrag die Fälligkeit des Entgeltes, dessen Höhe dem Schuldner nicht schon von vornherein auf Grund des Vertrages bekannt sei, nicht von der Zusendung bzw. vom Empfang der Rechnung abhänge, sondern davon, wann ihm die Forderung des Gläubigers ziffernmäßig bestimmt bekannt gegeben werde.
Der Rekurs des Klägers richtet sich gegen die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteiles mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß zu beheben und das Ersturteil wieder herzustellen, der Rekurs des Beklagten wendet sich gegen die vom Berufungsgericht geäußerten Ansichten mit dem Antrag, dem Erstgericht wolle außer den im Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes angeführten Ergänzungen unter Bedachtnahme auf die gesamten Berufungsausführungen durch Beiziehung eines weiteren Sachverständigen die Feststellung der durch die ungenügende Dimensionierung der Dachlatten und die ungenügende Fußbodenstärke eingetretene Preisminderung aufgetragen werden.
Rechtliche Beurteilung
Beide Rekurse sind zwar zulässig, sie sind aber nicht berechtigt.
A) Zum Rekurs des Klägers:
Die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteiles ist vom Berufungsgericht nur wegen der vom Beklagten mit Erfolg bekämpften Zurückweisung seines neuen Tatsachenvorbringens und Beweisanerbietens in der Tagsatzung zur Fortsetzung der wiedereröffneten mündlichen Streitverhandlung beschlossen worden. Damit hat das Berufungsgericht in Wahrheit eine rekursgerichtliche Tätigkeit ausgeübt und einen, wenngleich äußerlich nicht augenfälligen, weil in die zweitinstanzliche Hauptentscheidung einbezogenen außerhalb des eigentlichen Berufungsverfahrens (im engeren Sinne) von der Hauptentscheidung doch losgelösten rekursgerichtlichen Beschluß gefaßt, auf den § 519 ZPO keine Anwendung finden kann (Fasching III, 855, Novak, Zur Tragweite des § 519 ZPO, JBl 1953, 63). Deshalb muß die Anfechtbarkeit dieser (rekursgerichtlichen) Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz losgelöst von der Berufungsentscheidung (im engeren Sinn) gesondert beurteilt werden (Novak aaO, 63). Danach ist aber der ordentliche Rekurs gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz zulässig.
Freilich geht der Antrag des Rekurswerbers fehl, der Oberste Gerichtshof möge das erstgerichtliche Urteil wiederherstellen, weil auf Grund eines Rekurses nicht eine Sachentscheidung in der Hauptsache möglich ist (Fasching IV, 414; EvBl 1957/363; EvBl 1958/28, 154; EvBl 1962/160 uva), doch schadet dieses verfehlte Begehren nicht der sachlichen Erledigung des Rekurses.
Mit Recht hat das Gericht zweiter Instanz den Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichtes behoben. Nach Wiedereröffnung einer vom Erstgericht bereits für geschlossen erklärten mündlichen Streitverhandlung ist jene Rechtslage wiederhergestellt, die vor Schluß der Verhandlung bestanden hatte. Es ist das Verfahren neuerlich von dem in § 179 Abs. 1 Satz 1 ZPO verankerten Grundsatz der Prozeßfreiheit beherrscht, der den Parteien das Recht verbrieft, bis zum Schluß der Verhandlung Neuerungen in tatsächlicher Beziehung und in bezug auf Beweisanbote vorzubringen (vgl. SZ 44/36), auch wenn das auf Grund des bisherigen Vorbringens der Parteien veranlaßte Beweisverfahren bereits abgeschlossen ist. Eine mit Präklusionswirkungen ausgestattete Legalordnung für die Zeit des Parteienvorbringens besteht – von den Sonderfällen, die von der Eventualmaxime beherrscht werden, abgesehen – grundsätzlich nicht (vgl. Fasching III, 850). Wohl kann, wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausgeführt hat, die Zurückweisung neuen Vorbringens gemäß den §§ 179 Abs. 1 Satz 2, 278 Abs. 2 Satz 2 ZPO über Antrag oder von Amts wegen vom Erstgericht beschlossen werden, doch fehlt es im vorliegenden Falle doch an der hiezu erforderlichen Offenkundigkeit der Verschleppungsabsicht der säumig gewesenen beklagten Partei. Von dem Zurückweisungsrecht ist wegen der damit ausgesprochenen endgiltigen Präklusion mit verantwortungsbewußter Vorsicht Gebrauch zu machen; es muß erwogen werden, ob die straffe Durchführung des Prozesses – die Präklusion ist als Ausfluß der Prozeßökonomie mit der schärfsten Konsequenz für die ihre prozessuale Diligenzpflicht vernachlässigende Partei zu betrachten – es zu rechtfertigen vermag, der säumig gewesenen Partei einen unwiederbringlichen Nachteil bei der Durchsetzung ihres materiellrechtlichen Standpunktes zuzufügen, weshalb im Zweifelsfalle zu dem die materielle Rechtsposition der säumig gewesenen Partei weniger nachteiligen Konzentrationsmittel der Kostenseparation zurückgegriffen werden soll (vgl. Fasching aaO, 852).
Die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz ist auf Grund dieser Erwägungen voll zu billigen.
Der Rekurswerber hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen (§§ 40 und 50 ZPO).
B) Zum Rekurs des Beklagten:
Obwohl der Beklagte durch den nun von ihm angefochtenen Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz mit seiner Berufung Erfolg hatte, steht ihm das Rekursrecht insoweit gegen diese Entscheidung zu, als darin seiner Rechtsposition abträgliche Rechtsansichten ausgesprochen worden sind (JBl 1954, 359; SZ 18/48; SZ 23/159 ua; Fasching IV, 414).
Der Rekurs ist demnach zwar zulässig, er ist jedoch sachlich nicht berechtigt.
Vor allem bekämpft der Rekurswerber die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die Ö‑Normen seien als bloße Richtlinien nur dann Vertragsbestandteil, wenn sie durch eine konkrete Rechtsvorschrift für verbindlich erklärt oder von den Parteien ausdrücklich oder konkludent zum Vertragsinhalt gemacht wurden. Diese Auffassung, meint der Rekurswerber, sei unzutreffend, denn es stellten die für den entsprechenden technischen Bereich ausgearbeiteten Ö‑Normen mit ihren To1erenzgrenzen allgemeine technische Erfahrungswerte dar, die von einem Fachmann bei der Erbringung eines technisch einwandfreien Werkes zu beachten seien, gleichgültig, ob sie ausdrücklich Vertragsinhalt geworden sind oder nicht.
Der Rekurswerber vermengt hier unzulässigerweise zwei unterschiedliche Problemkreise, nämlich die auf Grund konkreter Rechtsvorschriften oder Parteienvereinbarung verbindliche Wirkung der Ö‑Normen für den Leistungsinhalt einerseits und ihr möglicher deklaratorischer Wert für allgemein anerkannte technische Erfahrungswerte und Richtlinien andererseits. Im ersten Fall handelt es sich um eine Rechtsfrage, die vom Berufungsgericht im Sinne der herrschenden Rechtsprechung richtig beantwortet wurde (SZ 42/171; 1 Ob 225/70; 4 Ob 348/72 ua), im zweiten Fall hingegen um eine in den Bereich der Tatsachengrundlage gehörige Frage, die im allgemeinen nur von einem Sachverständigen beantwortet werden kann. Die Ausführungen des Rekurswerbers zielen insgesamt auf den zuletzt genannten Problemkreis ab, denn er versucht mit dem Hinweis auf die Ö‑Normen die Richtigkeit des Sachverständigengutachtens und der vom Erstgericht getroffenen – und vom Berufungsgericht als unbedenklich erklärten – Tatsachenfeststellungen über die behaupteten Mängel des Werkes des Klägers mit dem Anschein es handle sich dabei um Rechtsfragen, im Rekursverfahren zu bekämpfen. Die Frage, ob der vom Erstgericht durchgeführte Sachverständigenbeweis die Tatsachenfeststellungen der Unterinstanzen rechtfertigt, gehört freilich in das im Verfahren von dem Obersten Gerichtshof unanfechtbaren Gebiet der Beweiswürdigung (2 Ob 248/66; 5 Ob 315/71; 6 Ob 187/74 ua, zuletzt 5 Ob 52/75).
Im übrigen vermag der Rekurswerber gegen die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht nichts vorzubringen und der Oberste Gerichtshof findet die Rechtsausführungen der zweiten Instanz in allen Punkten als durchaus zutreffend und der herrschenden Lehre und Rechtsprechung entsprechend, sodaß sich weitere Ausführungen dazu erübrigen.
Verfehlt ist schließlich der Rekursantrag des Beklagten, der Oberste Gerichtshof möge dem Erstgericht die Zuziehung eines weiteren Sachverständigen auftragen, weil es ausschließlich Sache des beweisaufnehmenden Richters ist, zu beurteilen, welches Beweismittel er zur Herstellung des als notwendig angesehenen Beweises für erforderlich erachtet.
Aus diesen Erwägungen kann dem Rekurs des Beklagten kein Erfolg zukommen.
Der Rekurswerber hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen (§§ 40 und 50 ZPO).
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