European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0050OB00101.75.0701.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 1.259,74 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 120,-- an Barauslagen und S 82,94 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte war der Schwiegersohn der Klägerin. Seine Ehe mit deren Tochter E* wurde mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS. Wien * 1973 geschieden.
Mit der am 26. März 1974 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin den Betrag von S 8.141,73 samt Anhang, der aus Zahlungen für Mietzinse in der Zeit von Jänner 1972 bis August 1973 und für Strom- und Gasbezug für das erste Halbjahr 1973 für die Wohnung W*, resultiert. Nach dem Vorbringen der Klägerin war ihre Tochter Mieterin dieser Wohnung, die auch als gemeinsame eheliche Wohnung fungiert habe. Der Beklagte habe zumindestens ab Jänner 1972 seine Unterhaltspflicht gegenüber seiner Gattin verletzt. Aus diesem Grunde sei es auch der Tochter der Klägerin nicht möglich gewesen, den Mietzins für die gemeinsame eheliche Wohnung zu bezahlen. Wegen der Gefahr einer Auflösung des Mietverhältnisses zufolge Nichtzahlung des Mietzinses habe die Klägerin die obgenannten Leistungen erbracht. Der Beklagte wäre auf Grund seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht zur Zahlung verpflichtet gewesen. Die Klägerin begehre nun den Ersatz des für ihn gemachten Aufwandes.
Der Beklagte bestritt demgegenüber die Aktivlegitimation der Klägerin, weil sie selbst den Mietvertrag mit der Hausverwaltung abgeschlossen habe. Davon abgesehen habe der Beklagte seiner Frau immer den angemessenen Unterhalt entrichtet. Schließlich wurde noch eingewendet, daß es sich bei den behaupteten Zahlungen um Darlehen der Klägerin an ihre Tochter gehandelt habe.
Das Erstgericht sprach im zweiten Rechtsgang den Klagsbetrag zu. Seinen Feststellungen zufolge war die Tochter der Klägerin mit dem Beklagten vom * 1970 bis * 1973 verheiratet. Nach Differenzen über die Festlegung der ehelichen Wohnung wurde die Tochter der Klägerin schließlich mit deren Hilfe Mieterin einer Wohnung in W*. Der Beklagte zog schließlich auch dort ein und wohnte bis zum 17. Juli 1973 mit seiner Ehefrau zusammen. Er leistete von Anfang der Ehe an seiner Frau keinerlei Unterhaltszahlungen. Diese war berufstätig und kam für den gesamten Unterhalt selbst auf. Sie mußte daneben auch noch dem Beklagten immer wieder Geld geben. Wegen der ständig herrschenden Geldknappheit konnte sie in den Jahren 1972 und 1975 des öfteren den Mietzins nicht bezahlen. Um eine Auflösung des Mietverhältnisses zu verhindern, zahlte die Klägerin auf ausdrückliches Ersuchen ihrer Tochter unter der Bedingung, daß sie das Geld wieder zurückbekommen müsse, Mietzinse sowie Gas- und Stromrechnungen in der Höhe des Klagsbetrages. Sowohl der Beklagte als auch die Tochter versicherten der Klägerin wiederholt, sie werde das Geld schon bekommen. Die Zahlungen erfolgten teils direkt, teils im Wege der Tochter der Klägerin.
Das Erstgericht beurteilte das durch die Zahlungen der Klägerin zwischen ihr einerseits und ihrer Tochter und dem Beklagten andererseits zustandegekommene Rechtsverhältnis als Darlehensvertrag im Sinne des § 983 ABGB, zumal die Rückzahlung der hingegebenen Geldbeträge zu einem späteren Zeitpunkt verlangt und vom Beklagten und seiner Frau versprochen worden sei. Es liege auch Solidarhaftung des Beklagten für den gesamten Darlehensbeitrag vor, weil eine solche Haftung dann gegeben sei, wenn mehrere Personen eine Leistung versprechen. Insbesondere sei eine Solidarhaftung in der Regel bei Verpflichtungen von Ehegatten anzunehmen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Ausgehend von den für unbedenklich befundenen Feststellungen des Erstgerichtes erachtete das Berufungsgericht, das Erstgericht habe der Klage aus einem Rechtsgrund stattgegeben, auf den sie von der Klägerin gar nicht gestützt worden sei. Diese habe ihren Anspruch ausdrücklich und ausschließlich auf den Rechtsgrund des § 1042 ABGB gestützt. Eine Darlehensgewährung an den Beklagten habe sie auch nicht andeutungsweise behauptet. Auch anläßlich ihrer Vernehmung als Partei habe sie es unterlassen, über ihre Erklärung, sie habe die ausgelegten Geldbeträge ihrer Tochter und dem Beklagten gemeinsam als Darlehen gegeben, hinausgehende Prozeßbehauptungen aufzustellen und ihr Klagebegehren ausschließlich oder unter anderem auf den Rechtsgrund des Darlehens zu stützen. Das Gericht sei sohin infolge des eindeutigen und unmißverständlichen Klagsvorbringens an den Rechtsgrund des § 1042 ABGB gebunden und dürfe dem Begehren nicht aus einem anderen Rechtsgrund stattgeben. Auf dieser Grundlage sei das Klagebegehren aber nicht berechtigt, weil der von der Klägerin verlangte Betrag vom Beklagten aus dem Rechtstitel des Darlehens geschuldet werde und sohin die Bestimmung des § 1042 ABGB wegen ihres subsidiären Charakters nicht herangezogen werden könne.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Revisionsantrage, das angefochtene Urteil seinem ganzen Inhalte nach abzuändern und das Urteil der ersten Instanz wiederherzustellen.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung sind die Gerichte an das Tatsachenvorbringen in der Klage und den darin geltend gemachten Rechtsgrund gebunden und dürfen der Klage nicht aus einem anderen Rechtsgrund stattgeben, (vergleiche SZ 5/336; SZ 23/74; SZ 37/145; SZ 42/40; SZ 44/21). Nur dann, wenn der Kläger alle anspruchsbegründenden Tatsachen auch in einer anderen Richtung vorgebracht und unter Beweis gestellt hat, kann sich auch eine unrichtige rechtliche Qualifikation nicht zu seinem Nachteil auswirken, weil dann nicht gesagt werden kann, daß er sein Klagebegehren ausschließlich auf den von ihm angegebenen Rechtsgrund stützen wollte (vergleiche 7 Ob 91/70, 4 Ob 555/73, zuletzt etwa JBl 1975, 34). Klagegrund ist das tatsächliche Vorbringen, nicht die rechtliche Beurteilung dieses Vorbringens (ZBl 1920/24, 68 f). Gemessen an diesen Beurteilungskriterien ergibt sich zunächst, daß die Klägerin jedenfalls auch ohne ziffernmäßige Benennung der Gesetzesstelle den Ersatzanspruch auf die Bestimmung des § 1042 ABGB gestützt hat, weil die Klagsbehauptungen die diesbezüglich wesentlichen Voraussetzungen enthalten. Entgegen den Revisionsausführungen ist aus den in eine ganz andere Richtung gehenden Klagsbehauptungen nicht auch der Rechtsgrund des Darlehens zu entnehmen. Bei diesem werden vertretbare Sachen in das Eigentum des Empfängers mit der Abrede übertragen, daß die gleiche Menge gleicher Art und Güte zurückzugeben ist (vergleiche Stanzl in Klang2 IV/1, 699; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechtes I, 253). Zu den essentiellen Erfordernissen des Darlehens gehört sohin das Versprechen der Rückzahlung (vergleiche GH 1918, 140). Eine diesbezügliche Prozeßbehauptung liegt aber nicht einmal andeutungsweise vor. Soweit im Rahmen der Parteiaussage der Klägerin hievon die Rede war, kann dadurch ein Prozeßvorbringen nicht ersetzt werden (vergleiche JBl 1965, 93; Fasching III, 515).
Dem Berufungsgericht ist sohin keine rechtliche Fehlbeurteilung unterlaufen, wenn es die Geltendmachung des im Verfahren hervorgekommenen Darlehensvertrages als Grundlage für das Klagebegehren vermißt. Da es auch zutrifft, daß § 1042 ABGB nicht angewendet werden kann, wenn ein Vertragsverhältnis vorliegt (vergleiche JBl 1972, 152; zuletzt 6 Ob 262/74), muß der unbegründeten Revision ein Erfolg versagt bleiben. Dies ganz abgesehen davon, daß die Klagsbehauptungen keine hinlängliche Bestätigung gefunden haben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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