European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0030OB00098.75.0429.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben, die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rekurses sind als weitere Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln.
Begründung:
Die Klägerin beantragte mit der vorliegenden Klage, den Beklagten zur Zahlung von S 2.964,94 samt Anhang zu verhalten und brachte hiezu vor, es sei ihr mit Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 12. April 1974, GZ. 6 E 2819/74-1, die Exekution gegen J* zur Hereinbringung der Forderung von S 2.964,94 samt Anhang durch Pfändung der Bezüge des Genannten als Generalsekretär und Kassier des beklagten Vereins bewilligt worden. Gleichzeitig sei an die Beklagte (als Drittschuldner des Exekutionsverfahrens) ein Auftrag zur Drittschuldneräußerung ergangen. Diesem Auftrage habe der Beklagte nicht Folge geleistet, sondern das diesbezügliche Formular unausgefüllt an das Exekutionsgericht zurückgesendet. Der Beklagte hafte daher bis zur Höhe der gepfändeten Forderung von S 2.964,94 samt Anhang.
Die beklagte Partei bestritt die ordnungsgemäße Zustellung der gerichtlichen Aufforderung zur Drittschuldneräußerung.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte hiezu fest: Der klagenden Partei wurde vom Bezirksgericht Linz zu 6 E 2819/74 zur Hereinbringung der Forderung von S 2.964,94 die Exekution durch Pfändung der dem J* als Generalsekretär gegen die beklagte Partei zustehenden Bezüge aus dem Dienstverhältnis bewilligt. Gleichzeitig wurde der beklagten Partei (als Drittschuldner im Exekutionsverfahren) aufgetragen, sich gemäß § 301 EO binnen 14 Tagen zu äußern. Der Auftrag zur Äußerung wurde der beklagten Partei am 29. .April 1974 ordnungsgemäß zugestellt. Diese Postsendung wurde dem Exekutionsgericht am 15. Mai 1974 mit dem Vermerk „nicht behoben zurück" zurückgestellt. J* bezieht als Generalsekretär der beklagten Partei monatlich S 1.800,-- brutto, vierzehnmal jährlich, das sind monatlich S 1.620,-- netto. Er ist für seine Gattin, ein Kind aus dritter Ehe und zwei Kinder aus zweiter Ehe sorgepflichtig. Er bezieht monatlich noch ca. S 500,-- aus seinem Import-Export-Betrieb. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, der Drittschuldner hafte dem betreibenden Gläubiger nach § 301 Abs. 3 EO für den Schaden, der aus der Unterlassung der Erklärung entstehe. Im vorliegenden Fall sei der klagenden Partei durch die Unterlassung der Drittschuldneräußerung jedoch kein Schaden entstanden, da die Exekution im Hinblick auf die Unpfändbarkeit der Bezüge des J* auch dann ins Leere gegangen wäre, wenn sich die beklagte Partei als Drittschuldnerin fristgerecht geäußert hätte.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil und das diesem vorangegangene Verfahren aus Anlaß der Berufung der „beklagten" (richtig klagenden) Partei als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es vertrat hiezu die Ansicht, schon aus dem Vorbringen der klagenden Partei und aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergebe sich mit Eindeutigkeit, daß die vorliegenden Klage gegen den Drittschuldner auf Bezahlung einer dem Kläger überwiesenen Forderung des J* aus seinem Dienstverhältnis mit der beklagten Partei gerichtet sei. Die Klage gehöre daher vor das Arbeitsgericht. Das erstgerichtliche Verfahren sei deshalb wegen einer – auch von Amts wegen wahrzunehmenden – unheilbaren Unzuständigkeit nichtig.
Diesen Beschluß ficht die klagende Partei mit Rekurs an. Sie beantragt, den rekursgerichtlichen Beschluß aufzuheben und die Rechtssache zur Entscheidung über die gegen das Ersturteil eingebrachte Berufung an das Berufungsgericht zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig (§ 519 Z 2 ZPO) und im Ergebnis auch berechtigt.
Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes handelt es sich bei der vorliegenden Klage nicht um eine sogenannte Drittschuldner- oder Überweisungsklage im Sinne des § 308 EO, sondern um eine auf die Bestimmung des § 301 Abs. 3 EO gestützte Schadenersatzklage des betreibenden Gläubigers gegen den Drittschuldner. Davon geht auch das Erstgericht bei seiner rechtlichen Beurteilung aus; diese Auffassung wird auch durch das Vorbringen im Rekurs als richtig bestätigt, da die klagende Partei neuerlich darauf hinweist, daß die beklagte Partei für die eingeklagte Forderung auf Grund der Unterlassung der Drittschuldneräußerung hafte. Mit der Schadenersatzklage im Sinne des § 301 Abs. 3 EO macht der betreibende Gläubiger nicht die gepfändete Forderung des Verpflichteten, sondern bloß einen ihm (dem betreibenden Gläubiger) durch die Nichterfüllung der Äußerungspflicht im Sinne des § 301 Abs. 1 EO entstandenen Schaden geltend (vgl. Heller-Berger-Stix, 2180 und die dort zitierte Rechtsprechung). Ein solcher Schadenersatzanspruch steht somit mit der gepfändeten Forderung in keinerlei rechtlichem Zusammenhang. Wird ein solcher Schaden im Verlaufe einer Gehaltsexekution verursacht, ist daher für die Schadenersatzklage keinesfalls das Arbeitsgericht zuständig. Schon aus diesem Grund erweist sich der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes als unrichtig.
Der Vollständigkeit halber wird bemerkt, daß sich die Erörterung der Frage erübrigt, ob eine Schadenersatzklage im Sinne des § 301 Abs. 3 EO zu den im § 17 Abs. 2 EO erwähnten exekutionsrechtlichen Klagen gehört. Denn selbst dann, wenn die Zuständigkeit des Exekutionsgerichtes für Schadenersatzklagen nach § 301 Abs. 3 EO im Sinne des § 17 Abs. 2 EO bejaht werden müßte, wäre das beim Erstgericht anhängige Verfahren nicht mit einer unheilbaren Nichtigkeit behaftet, da § 51 Satz 2 EO auf exekutionsrechtliche Rechtsstreitigkeiten nicht anwendbar ist (Heller-Berger-Stix, 605/608 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es könnte daher die Unzuständigkeit des Erstgerichtes in diesem Fall nicht mehr wahrgenommen werden, weil die beklagte Partei eine Unzuständigkeitseinrede nicht erhoben hat (§ 45 Abs. 1 JN).
Es war daher dem Rekurs der klagenden Partei Folge zu geben. Das Berufungsgericht wird nunmehr über die Berufung der klagenden Partei unter Abstandnahme von dem gebrauchten Aufhebungsgrund neuerlich zu entscheiden haben.
Der Kostenausspruch stützt sich auf § 52 Abs. 1 ZPO.
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