OGH 4Ob10/75

OGH4Ob10/7522.4.1975

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger, Dr. Friedl, Dr. Resch und Dr. Kuderna als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A* Gesellschaft m.b.H., *, vertreten durch Dr. Alfred Holzberger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei E* L*, Angestellter in *, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 165.031,– samt Anhang infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 14. Oktober 1974, GZ. 44 Cg 142/74‑35, womit das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 30. April 1974, GZ. 6 Cr 74/73‑28, aufgehoben wurde , folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0040OB00010.75.0422.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben; dem Berufungsgericht wird eine neuerliche Entscheidung über die Berufung der Klägerin aufgetragen.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zahlung von S 165.031,– samt Anhang. Der Beklagte, welcher seit dem 5. April 1961 Angestellter der Klägerin gewesen sei, habe sich am 24. Oktober 1969 verpflichtet, innerhalb eines Jahres nach Auflösung des Dienstverhältnisses nicht für einen Konkurrenten der Klägerin tätig zu sein; für den Fall des Zuwiderhandelns gegen diese Konkurrenzklausel habe er sich zur Zahlung einer Konventionalstrafe in der Höhe des 10‑fachen letzten durchschnittlichen Bruttomonatseinkommens verpflichtet. Dennoch sei der Beklagte, welcher das Dienstverhältnis zur Klägerin durch Kündigung zum 30. April 1972 aufgelöst habe, ohne daß ihm die Klägerin dazu einen Grund gegeben hätte, unmittelbar nach diesem Zeitpunkt unter Ausnützung seiner Spezialausbildung bei der E* AG in Wien – einer Konkurrentin der Klägerin – eingetreten, wo er „etwa auf demselben Sektor" wie bei der Klägerin tätig sei. Da der Beklagte im letzten Jahr ein durchschnittliches Bruttoeinkommen von monatlich 16.503,10 S bezogen habe, müsse er der Klägerin die vereinbarte Vertragsstrafe in der Höhe des eingeklagten Betrages zahlen.

Der Beklagte hielt diesem Vorbringen vor allem entgegen, daß die dem Klagebegehren zugrunde liegende Konkurrenzklausel deshalb ungültig sei, weil sie von der Klägerin während des aufrechten Bestehens seines Dienstverhältnisses erzwungen worden sei und außerdem eine unbillige Erschwerung seines Fortkommens bilde. Die Vereinbarung werde auch wegen Irrtums bzw. Irreführung angefochten, weil die Klägerin ihre dem Beklagten gemachte Zusage besserer Aufstiegsmöglichkeiten nicht eingehalten, die Stellung des Beklagten vielmehr sogar verschlechtert habe. Da die Klägerin dem Beklagten durch dieses Verhalten auch schuldhafterweise begründeten Anlaß zur Kündigung des Dienstverhältnisses gegeben habe, sei der Beklagte an die Konkurrenzklausel nicht gebunden. Davon abgesehen, wäre die vereinbarte Vertragsstrafe – welche im Übrigen unrichtig berechnet sei, weil das monatliche Durchschnittseinkommen des Beklagten zuletzt nur 10.183,– S betragen habe – in jedem Falle gemäß § 38 AngG. entsprechend zu mäßigen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Seiner Entscheidung liegen folgende Sachverhaltsfeststellungen zugrunde:

Als der Beklagte am 5. April 1961 in die Dienste der Klägerin trat, war er ausgebildeter Kleinhandelskaufmann, hatte aber keinerlei Ausbildung auf dem Büromaschinen- oder Computersektor. Der Beklagte arbeitete zunächst als Vertreter für Büromaschinen in Wien und war dann ab dem Jahreswechsel 1961/62 durch etwa zwei Jahre in der Personalabteilung der Klägerin mit der Ausbildung der Vertreter beschäftigt. Während dieser Zeit begann er, sich für die Programmierung von Maschinen zu interessieren. Er lernte durch Selbststudium die Programmierung einer Organisationsmaschinenserie der Klägerin und wurde in der Folge auf Grund seiner auf diese Weise erworbenen Kenntnisse als Spezialist zur Unterstützung der Verkäufer in der Filiale Wien in Organisation und Programmierung eingesetzt; dabei handelte es sich um mechanische Rechenautomaten mit Springwagen. Nach weiteren zwei Jahren wurde der Beklagte nach einer vierwöchigen Ausbildung in der Programmierung mechanischer Buchungs-und Fakturierautomaten mit der Einführung eines Rechenmaschinenmodells auf dem österreichischen Markt beauftragt. Nachdem der Beklagte im Mai 1966 in Italien eine dreiwöchige Ausbildung für den programmierbaren Tischcomputer „Programma lol“ erhalten hatte, wurde er mit der Einführung dieser Serie auf dem österreichischen Markt und ab Ende 1966 mit der Entwicklung der Software (Erstellung von Programmen, Systemanalyse und Einschulung der Programme bei den Kunden) betraut. Dazu kam dann auch noch der Bürocomputer P 203, welcher zu den Tisch- und Mikrocomputern an der Untergrenze der Geräte der mittleren Datentechnik gehört; seine Programmierung erlernte der Beklagte durch Selbststudium. In der Funktion eines Chefprogrammierers dieser Geräte war der Beklagte bis Ende 1969 tätig.

Im Sommer 1969 bewarb sich der Beklagte, welcher damals bei der Klägerin monatlich S 7.000,– bis S 7.500,– monatlich brutto verdiente, um einen Posten bei der N* AG., und zwar teils wegen des ihm dort in Aussicht gestellten höheren Gehalts, teils auch deshalb, weil ihn die größeren technischen Möglichkeiten der Modelle dieses Unternehmens reizten. Er schloß mit der genannten Gesellschaft am 8. Juli 1969 einen Vertrag, nach welchem er ab 1. August 1969 bei der N* AG. als Vertriebsbeauftragter für Wien mit einem monatlichen Gehalt von S 10.000,– eingestellt werden sollte (Beilage ./33). Kurz darauf informierte der Beklagte den damaligen Personalchef der Klägerin, Dr. K* F*, über seinen bevorstehenden Wechsel zur N* AG., wobei er ihm auch die schriftliche Vertragsbestätigung (Beilage ./33) zeigte. Dr. F* bat den Beklagten zunächst, sich zu gedulden, weil er mit dem Generaldirektor sprechen müsse. Kurz darauf ließ er den Beklagten zu sich rufen und teilte ihm mit, daß die Klägerin die Einführung der „Auditronic 770“ – eines Computers der mittleren Datentechnik – in Österreich beabsichtigte und daß dabei der Beklagte die Einführung dieser Maschine auf der Software-Seite sowie die Verantwortung für die Programmierung der Computer der mittleren Datentechnik übernehmen solle; er werde eine längere Ausbildung im Ausland erhalten und sein Gehalt werde nach Übernahme seiner Funktion auf das bei der Konkurrenz übliche Maß angehoben werden. Von einer Konkurrenzklausel wurde damals nicht gesprochen. Im Hinblick auf diese Zusagen Dr. F*s zog der Beklagte seine Kündigung zurück und trat auch vom Vertrag mit der N* AG. zurück.

Etwa eine Woche, bevor der Beklagte zu der versprochenen Ausbildung nach Italien reisen sollte, wurde er zu Dr. F* gerufen, welcher ihm ein mit 24. Oktober 1969 datiertes Schreiben mit folgendem Inhalt zur Unterfertigung vorlegte (Beilage./C):

„Wir sind in der angenehmen Lage, Ihnen zu bestätigen, dass Sie ab 1. Jänner 1970 im Rahmen unserer Abteilung ‚Buchungsmaschinen und Systeme‘ für Aufgaben der Systemanalyse und Programmierung Klasse Auditronic eingesetzt werden. Voraussetzung für die neue Dienstverwendung ist die positive Absolvierung der am 3. November 1969 beginnenden Spezialausbildung in Italien.

Ab 1. Jänner 1970 wird Ihr monatliches Bruttogehalt S 8.500,– betragen.

Sie verpflichten sich, innerhalb eines Jahres nach Auflösung des Dienstverhältnisses weder direkt noch indirekt für Unternehmen, welche sich mit Artikeln und Warengruppen beschäftigen, die zum Lieferprogramm der A* AG. zum Zeitpunkt der Vertragsauflösung zählen, selbständig oder unselbständig tätig zu sein, bzw. sich an solchen zu beteiligen. Für den Fall, dass Sie gegen diese Verpflichtung handeln, wird eine Konventionalstrafe in Höhe des zehnfachen letzten durchschnittlichen Bruttomonatseinkommens (Basis 12 Monate) festgesetzt. Die Höhe dieser Konventionalstrafe anerkennen Sie ausdrücklich als zumutbar und angemessen; allein schon im Hinblick darauf, daß Interessenten- und Kundenadressen übergeben werden.

Wir ersuchen Sie, beiliegenden Durchschlag dieses Schreibens als Ausdruck Ihres Einverständnisses zu unterschreiben."

Der Beklagte brachte gegenüber Dr. F* sofort Bedenken gegen die in dem Schreiben enthaltene Konkurrenzklausel vor und meinte, daß dies eine Nötigung sei. Dr. F* erwiderte, daß er die Wirksamkeit der Konkurrenzklausel gemeinsam mit dem Klagevertreter geprüft habe; der Beklagte müsse die Klausel deshalb unterschreiben, weil die Klägerin ja größere Investitionen für ihn mache und überdies alle Herren, die eine längere Ausbildung erhielten, eine derartige Klausel unterschreiben müßten. Schließlich unterfertigte der Beklagte das Schreiben Beilage ./C, weil er zufolge der Zusagen der Klägerin im Juli 1969 die Kontakte zur N* AG. abgebrochen hatte und bei Nichtunterfertigung der Klausel diese Zusagen nicht erfüllt worden wären. Er erhielt dann tatsächlich eine 6-wöchige Ausbildung in Florenz, für welche der Klägerin Kosten in der Höhe von ca. 35.000,– S bis 40.000,– S erwuchsen. Ab dem 1. Jänner 1970 bis zu seinem Ausscheiden am 30. April 1972 erhielt der Beklagte keine weitere Ausbildung mehr. Er war in diesem Zeitraum in verschiedenen Abteilungen mit der Programmierung und der Systemanalyse der „Auditronic 770“ befaßt.

Am 1. März 1972 kündigte der Beklagte sein Dienstverhältnis zum 30. April 1972 auf. Seit dem 2. Mai 1972 ist er bei der E* Gesellschaft m.b.H. – einer Konkurrentin der Klägerin – beschäftigt.

Rechtlich war das Erstgericht der Auffassung, daß die Vereinbarung vom 24. Oktober 1969 zwar nicht gegen ein gesetzliches Verbot (§ 36 AngG.), wohl aber gegen die guten Sitten verstoße. Im Hinblick darauf, daß der Beklagte im Jahr 1969 gerade wegen der unbedingten Zusagen der Klägerin seine Kündigung zurückgezogen und daher im Oktober dieses Jahres keine Möglichkeit mehr gehabt habe, mit der N* AG. ein Dienstverhältnis zu begründen, bestehe zwischen dem Interesse der Klägerin an der Koppelung ihrer Zusagen mit der Konkurrenzklausel auf der einen Seite und dem Interesse des Beklagten an der Einhaltung dieser Zusagen auf der anderen Seite ein grobes Mißverhältnis. Die vom Beklagten unter wirtschaftlichem Druck abgeschlossene Vereinbarung vom 24. Oktober 1969 müsse daher als sittenwidrig beurteilt werden. Sei die Konkurrenzklausel aber rechtsunwirksam, dann erübrigten sich weitere Feststellungen über die Erfüllung der sonstigen Zusagen der Klägerin ebenso wie über die Frage ihres Verschuldens an der Auflösung des Dienstverhältnisses im Sinne des § 37 Abs. 1 AngG. und über die Voraussetzungen der dem Beklagten gewährten freiwilligen Abfertigung.

Infolge Berufung der Klägerin hob das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück; gleichzeitig sprach es gemäß § 519 Z. 3 ZPO. aus, daß das Verfahren vor dem Erstgericht erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses fortzusetzen sein werde. Auf Grund der Neudurchführung der Verhandlung im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 3 ArbGG. hielt das Berufungsgericht die von der Klägerin gerügten Verfahrens-und Feststellungsmängel nicht für gegeben; auch gegen die in mehreren Punkten bekämpfte Beweiswürdigung des Erstgerichtes hatte es keine Bedenken. Im Gegensatz zum Erstgericht vertrat aber das Berufungsgericht die Auffassung, daß von einem Angestellten vereinbarte Konkurrenzklauseln ausschließlich nach § 36 AngG. zu beurteilen seien. Vereinbarungen dieser Art könnten auch während eines Dienstverhältnisses abgeschlossen werden; solange sie § 36 AngG. nicht widersprächen, bilde auch der Umstand, daß der Verpflichtung des Angestellten keine unmittelbare Gegenleistung des Dienstgebers gegenüberstehe, kein Hindernis für die Annahme ihrer Gültigkeit. Die hier zu beurteilende Vereinbarung vom 24. Oktober 1969 habe im Rahmen des § 36 AngG. jedenfalls gültig abgeschlossen werden können, weil selbst dann, wenn man eine Koppelung der dem Beklagten gemachten Zusagen mit dem Verlangen nach Unterfertigung der Konkurrenzklausel annehmen wollte, keineswegs von einem solchen Druck auf den Beklagten gesprochen werden könnte, daß die Vereinbarung deshalb zur Gänze ungültig wäre. Es liege daher keiner der in § 36 Abs. 1 AngG. normierten Fälle einer absolut unzulässigen Konkurrenzklausel, sondern eine Vereinbarung vor, die prinzipiell zulässig sei, soweit sie nicht § 36 Abs. 2 AngG. widerspreche. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsansicht werde daher das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren die zur Beurteilung der Voraussetzungen nach § 36 Abs. 2 Z. 2, aber auch nach § 37 Abs. 1 und § 38 AngG. erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.

Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes wendet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die „Fortsetzung des Berufungsverfahrens“ aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist im Ergebnis berechtigt.

Nach Ansicht des Rekurswerbers sei den „im wesentlichen abstrakt gehaltenen“ Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes „zwar durchaus zuzustimmen“; sie gingen aber deshalb ins Leere, weil die Sittenwidrigkeit einer Konkurrenzklausel nicht nach dem Zeitpunkt ihres Abschlusses, sondern im Sinne der §§ 3637 AngG. nur nach dem Zeitpunkt der Geltendmachung der daraus entspringenden Rechte beurteilt werden könne. Diesbezüglich hätte aber das Berufungsgericht schon auf Grund der in erster Instanz aufgenommenen Beweise feststellen können, daß die Klägerin dem Beklagten durch die Nichterfüllung ihrer Zusagen schuldhafterweise begründeten Anlaß zur Kündigung des Dienstverhältnisses gegeben habe und sich daher gemäß § 37 Abs. 1 AngG. nicht auf die Rechte aus der Konkurrenzklausel berufen könne.

Diesen Ausführungen vermag der Oberste Gerichtshof nur insoweit zu folgen, als es der vom Berufungsgericht angeordneten Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens bei richtiger rechtlicher Beurteilung tatsächlich nicht bedarf; geht man nämlich von den Sachverhaltsfeststellungen des Ersturteils aus – welche das Berufungsgericht zwar nicht ausdrücklich übernommen, aber doch durch die Ablehnung aller sich darauf beziehenden Mängel-, Beweis- und Feststellungsrügen der Klägerin unmißverständlich gebilligt und so zur Grundlage auch seiner Entscheidung gemacht hat –, dann ist die Rechtssache in der Tat spruchreif im Sinne einer Bestätigung des Urteiles erster Instanz, dies freilich aus anderen als den vom Rekurswerber angeführten rechtlichen Erwägungen:

§ 36 AngG. bezeichnet als „Konkurrenzklausel“ eine Vereinbarung, durch die der Angestellte für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner Erwerbstätigkeit beschränkt wird. Eine solche Abrede unterliegt absoluten und relativen Grenzen: Sie ist gemäß § 36 Abs. 1 AngG. absolut unwirksam, wenn der Angestellte zur Zeit der Vereinbarung minderjährig ist (der zweite hier geregelte Fall eines zur Zeit der Beendigung des Dienstverhältnisses den Betrag von S 8,– nicht übersteigenden Entgelts ist derzeit gegenstandslos); im Übrigen ist sie aber „nur insoweit wirksam“, als die Beschränkung mit den Kriterien des § 36 Abs. 2 Z. 1 (Beschränkung auf die Tätigkeit im Geschäftszweig des Dienstgebers für längstens ein Jahr) und Z. 2 (keine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Angestellten unter Berücksichtigung des Gegenstandes, der Zeit und des Ortes der Beschränkung im Verhältnis zum geschäftlichen Interesse des Dienstgebers) im Einklang steht (relative Unwirksamkeit der Konkurrenzklausel; vergleiche dazu Schwarz, Gedanken zur Wettbewerbsabrede, Hämmerle-FS. [1972] 349 ff., [361 ff.]; Martinek-Schwarz, AngG.2, 483). Ergänzend dazu ordnet § 37 AngG. an, daß der Dienstgeber die durch die Konkurrenzklausel begründeten Rechte gegen den Angestellten in bestimmten Fällen überhaupt nicht geltend machen (Abs. 1 und 2) bzw. im Fall der Vereinbarung einer Konventionalstrafe nur diese verlangen kann (Abs. 3).

Mit dieser erstmals in §§ 36 und 37 des HandlungsgehilfenG. RGBl 1910/20 getroffenen und dann 1921 in das Angestelltengesetz übernommenen Regelung der Konkurrenzklausel durch das Gesetz ist aber keineswegs gesagt, daß – wie das Berufungsgericht anzunehmen scheint –die Wirksamkeit derartiger Abreden ausschließlich nach den genannten Bestimmungen zu beurteilen wäre: Nach der Legaldefinition des § 36 Abs. 1 AngG. ist die Konkurrenzklausel eine „Vereinbarung“, also ein Vertrag zwischen dem Angestellten und seinem Dienstgeber. Hinsichtlich des Zustandekommens eines solchen Vertrages ist der genannten Gesetzesstelle nur zu entnehmen, daß der Angestellte bei sonstiger (absoluter) Unwirksamkeit der Vereinbarung im Zeitpunkt ihres Abschlusses bereits volljährig sein muß; im Übrigen sind aber zur Beurteilung der Frage, ob zwischen den Parteien überhaupt eine verbindliche Vereinbarung zustande gekommen ist, mangels einer besonderen Regelung im Angestelltengesetz die entsprechenden Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 859 ff.) heranzuziehen. Zu ihnen gehören aber nicht nur die Bestimmungen über die Abschließung des Vertrages (§§ 861 ff., insbes. auch § 863), die Geschäftsfähigkeit (§ 865) und die „wahre Einwilligung“ der Parteien (§§ 869 ff.), sondern insbesondere auch die von der „Möglichkeit und Erlaubtheit“ handelnden §§ 878 und 879 ABGB. Auch Konkurrenzklauseln müssen daher grundsätzlich am Maßstab des § 879 Abs. 1 ABGB. gemessen werden. Verstößt eine solche Vereinbarung im Einzelfall unabhängig von den Kriterien des § 36 AngG. auf Grund besonderer Umstände – insbesondere wegen der Art und Weise ihres Zustandekommens – gegen die guten Sitten, dann ist sie gemäß § 879 Abs. 1 ABGB. von Anfang an nichtig und unwirksam, ohne daß noch geprüft werden müßte, ob und wie weit sie im Sinne des § 36 Abs. 2 AngG. die künftige Erwerbstätigkeit des Angestellten in unbilliger Weise beschränkt (zur Anwendbarkeit des § 879 ABGB. auf Konkurrenzklauseln vgl. auch JBl 1966, 49; Martinek-Schwarz a.a.O.). Der gleiche Gedanke liegt im Übrigen auch der Regelung des „Wettbewerbsverbots“ in der Bundesrepublik Deutschland zugrunde, wo § 74 a HGB. derartige Vereinbarungen zunächst ähnlichen Beschränkungen unterwirft wie § 36 unseres Angestelltengesetzes – auch hier gibt es neben Fällen einer (relativen) Unverbindlichkeit (Abs. 1) solche einer (absoluten) Nichtigkeit (Abs. 2) –, dann aber in Abs. 3 ausdrücklich betont, daß die Vorschriften des § 138 BGB. über die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften, die gegen die guten Sitten verstoßen, unberührt bleiben.

Von seinen Feststellungen über das Zustandekommen der Vereinbarung vom 24. Oktober 1969 ausgehend, hat aber das Erstgericht einen Verstoß gegen § 879 Abs. 1 ABGB. und damit die Nichtigkeit der in Rede stehenden Konkurrenzklausel im Ergebnis mit Recht bejaht:

Sittenwidrig ist, was offenbar widerrechtlich ist, ohne gegen ein ausdrückliches gesetzliches Verbot zu verstoßen, also zwar nicht gesetz-, wohl aber grob rechtswidrig ist (SZ 39/113; SZ 44/68; EvBl 1970/115; EvBl 1974/137 = JBl 1974, 479 = RZ 1974, 102 u.v.a.; Gschnitzer in Klang IV/1, 182 f.). Voraussetzung ist also, daß die vom Richter vorzunehmende Interssenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder bei Interessenkollision ein grobes Mißverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie geförderten Interessen ergibt (Arb 8703 = ZAS 1973, 134; JBl 1972, 200 mit weiteren Zitaten; Gschnitzer a.a.O. 183). Da sich die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäftes aber nicht nur aus seinem Inhalt, sondern auch aus dem Gesamtcharakter der Vereinbarung – im Sinne einer zusammenfassenden Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck – ergeben, kommt es bei der Beurteilung nach § 879 Abs. 1 ABGB. insbesondere auch auf alle jene Umstände an, unter denen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wurde (vgl. zur korrespondierenden Bestimmung des § 138 Abs. 1 dBGB. Hefermehl in Soergel-Siebert, BGB10 I 576 § 138 Anm. 4; Krüger-Nieland im RGRKomm z BGB11 I/1, 439 § 138 Anm. 5; Coing in Staudinger, Komm z BGB11 I 794 § 138 Anm. 7; Heinrichs in Palandt, BGB34, 109 § 138 Anm. 1 c, alle mit weiteren Hinweisen).

Dem Berufungsgericht ist nun durchaus einzuräumen, daß eine Konkurrenzklausel im Sinne des § 36 AngG. nicht nur zugleich mit dem Dienstvertrag, sondern – wie hier – auch noch während der Dauer des Dienstverhältnisses abgeschlossen werden kann (Arb 5414; Arb 8380 = ÖBl 1967, 86 = SozM I A e 695; Martinek-Schwarz a.a.O. 482). Der vorliegende Fall ist aber nach den Feststellungen des Erstgerichtes vor allem dadurch gekennzeichnet, daß der Beklagte im Sommer 1969 von der Ausführung seines Entschlusses, ab 1. August 1969 für die N* AG. zu arbeiten, welche ihm ein wesentlich höheres Gehalt als die Klägerin geboten hatte, nur deshalb Abstand genommen hatte, weil ihm der Personalchef der Klägerin eine gehobenere Position, verbunden mit einer längeren Ausbildung im Ausland und einem auf das Niveau der Konkurrenz angehobenen Gehalt, zugesagt hatte. Unmittelbar vor dem Beginn der versprochenen Ausbildung machte dann aber die Klägerin – welche dem Beklagten gegenüber bis dahin von einer Konkurrenzklausel nichts erwähnt hatte – die Einhaltung ihrer Zusagen von der Unterfertigung einer solchen Verpflichtungserklärung (Beilage ./C) abhängig. Daß der Beklagte dieses Ansinnen der Klägerin nicht nur subjektiv als Ausübung unzulässigen Drucks empfand – was deutlich aus seiner Äußerung gegenüber Dr. F* hervorgeht, hier liege eine „Nötigung“ vor –, sondern dadurch auch wirklich in eine schwierige Zwangslage gebracht worden war, ergibt sich schon daraus, daß der Beklagte kurz zuvor im Vertrauen auf die Zusagen der Klägerin die – bereits zum Abschluß des Vertrages vom 8. Juli 1969 gediehenen – Kontakte zur N* AG. abgebrochen und sich damit auch für die Zukunft den Weg zu diesem Unternehmen zweifellos erschwert, wenn nicht gänzlich verbaut hatte, nunmehr aber den Äußerungen seines Personalchefs entnehmen mußte, daß die Klägerin ihre – seinerzeit ohne jede Bedingung gemachten – Zusagen nur nach Unterfertigung der ihm vorgelegten Konkurrenzklausel zu erfüllen gedachte. Da ein Versuch, die Einhaltung dieser Zusagen allenfalls mit gerichtlicher Hilfe zu erzwingen, jedenfalls mit erheblichen Risken verbunden gewesen wäre, hatte der Beklagte, wenn er nicht auf jede Verbesserung seiner Stellung bei der Klägerin verzichten oder überhaupt aus ihren Diensten ausscheiden wollte, praktisch keine andere Wahl, als das ihm vorgelegte Schriftstück mit der Konkurrenzklausel zu unterfertigen. Dieser Vertrauensbruch der Klägerin, welche die Erfüllung ihrer Versprechungen, bei deren Abgabe von einer Konkurrenzklausel keine Rede gewesen war, plötzlich von einer nicht unbeträchtlichen Beschränkung der künftigen Erwerbstätigkeit des Beklagten abhängig machte, läßt nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes das Beharren der Klägerin auf der Unterfertigung der Erklärung vom 24. Oktober 1969 so grob rechtswidrig erscheinen, daß die unter diesem Druck zustande gekommene Konkurrenzklausel wegen Verstoßes gegen die guten Sitten im Sinne des § 879 Abs. 1 ABGB. nichtig und daher für den Beklagten ohne Rücksicht auf ihren Inhalt unverbindlich ist.

Bei dieser Sachlage bedurfte es der vom Berufungsgericht angeordneten Verfahrensergänzung durch das Erstgericht nicht; die Rechtssache ist vielmehr – wenn auch aus anderen als den im Rekurs des Beklagten angeführten Gründen – im Sinne einer Bestätigung des Ersturteils spruchreif. Dem Rekurs war daher Folge zu geben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung über die Berufung der Klägerin aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

 

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