OGH 2Ob367/64

OGH2Ob367/6417.12.1964

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Elsigan als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Köhler, Dr. Höltzel, Dr. Pichler und Dr. Bauer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margarete H*****, vertreten durch Dr. Leopold Busch, Dr. Hilde Busch, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Dipl.-Ing. Otto B*****, vertreten durch Dr. Leopold Portuné, Rechtsanwalt in Wien, 2.) mj Roswitha W*****, vertreten durch den Vater und gesetzlichen Vertreter Walter W*****, dieser vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag, Dr. Gustav Horny, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen 43.644,60 S sA und Feststellung infolge Revisionsrekurses der zweitbeklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 3. November 1964, GZ 3 R 181/64-14, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 14. Juli 1964, GZ 25 Cg 113/64-8, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird dahin Folge gegeben, dass die Entscheidung zu lauten hat:

„Der von der zweitbeklagten Partei erhobenen Einrede der Unzuständigkeit wird stattgegeben und die Rechtssache in Ansehung der zweitbeklagten Partei an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Klagenfurt überwiesen.

Der Antrag der zweitbeklagten Partei auf Zuspruch von Kosten wird abgewiesen.“

Die Kosten des Revisionsrekurses sind Kosten des weiteren Verfahrens.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Mit der beim allgemeinen Gerichtsstand des Erstbeklagten erhobenen Klage nimmt die Klägerin die beiden Beklagten als Solidarschuldner auf Ersatz der Schäden aus einem Verkehrsunfall in Anspruch und zwar den Erstbeklagten als Fahrer und Halter eines PKWs, dessen Insassin sie war, die Zweitbeklagte als Treiberin einer Kuhherde. Nach dem Klagsvorbringen wurden beide Beklagte wegen Übertretung nach dem § 335 StG schuldig gesprochen.

Die Zweitbeklagte erhob bei der ersten Tagsatzung die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit des Erstgerichts, der stattgegeben wurde.

Das Rekursgericht verwarf in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses die Unzuständigkeitseinrede und trug dem Erstgericht die Durchführung des gesetzlichen Verfahrens auf.

Der dagegen von der Zweitbeklagten erhobene Rekurs (Revisionsrekurs) ist zulässig und begründet.

Gemäß § 93 JN können - von anderen, hier nicht zu erörternden Voraussetzungen abgesehen - mehrere Personen, welche ihren allgemeinen Gerichtsstand vor verschiedenen Gerichten haben, als Streitgenossen vor jedem Gericht geklagt werden, bei welchem einer der Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, sofern nicht für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet ist. Letzteres ist hier der Fall. Denn nach § 20 EKHG ist für Klagen, die aufgrund dieses Bundesgesetzes erhoben werden, auch das Gericht zuständig, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignet hat und es können bei diesem Gericht auch anderweitige aus dem Schadensfall abgeleitete Klageansprüche gegen den Betriebsunternehmer oder den Halter oder einen sonst Ersatzpflichtigen erhoben werden. Dass nach den Klagsbehauptungen hinsichtlich des Erstbeklagten auch der besondere Gerichtsstand des § 20 EKHG gegeben ist, steht außer jedem Zweifel. Die Zweitbeklagte ist aber als sonst Ersatzpflichtige anzusehen. Nach der weiten Fassung der genannten Zuständigkeitsvorschrift verschlägt es nichts, dass der Anspruch gegen diese Beklagte nicht auf das erwähnte Gesetz, sondern auf die Bestimmungen der §§ 1295 ff ABGB gegründet wird. Denn die Worte „aufgrund dieses Gesetzes“ in § 20 EKHG schließen die Geltendmachung anderer, auf das bürgerliche Recht gestützten Ansprüche vor dem Sondergerichtsstand nicht aus. Dies hat der Oberste Gerichtshof bereits in der (unveröffentlichten) Entscheidung vom 6. 9. 1962, 2 Ob 201/62, unter Bezugnahme auf die zu § 20 KfzVerkG ergangene, deshalb aber nicht gegenstandslos gewordene Entscheidung vom 13. 7. 1956, ZVR 1957 Nr 24, ausgesprochen.

Beim angerufenen Erstgericht können somit die beiden Beklagten nicht gemeinsam belangt werden. Die Klage bezüglich der Zweitbeklagten war trotzdem nicht wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückzuweisen, sondern entsprechend dem entgegen der aktenwidrigen Annahme des Erstgerichts (S 34 dA) von der Klägerin rechtzeitig gestellten Antrag an das Landesgericht Klagenfurt zu überweisen.

Da Kosten, die allein durch die Geltendmachung und Erörterung der Unzuständigkeitseinrede veranlasst worden wären, nicht entstanden sind, musste der Antrag der Zweitbeklagten auf Kostenzuspruch abgewiesen werden.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 52 ZPO.

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