OGH 1Ob117/63

OGH1Ob117/633.10.1963

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lassmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Köhler, Dr. Pichler, Dr. Feistmantel und Dr. Machowetz als Richter in der Enteignungssache des Antragstellers Thomas F*****, vertreten durch Dr. Sepp Leitner, Kinkbauer in Kufstein, Entach Nr 2, wider die Antragsgegner 1.) Land Salzburg, (Landesstraßenverwaltung) vertreten durch das Amt der Salzburger Landesregierung, Abteilung 6, 2.) Gemeinde L*****, vertreten durch den Bürgermeister T*****, wegen Festsetzung der Entschädigung für enteignete Grundstücke, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 4. April 1963, GZ 7 R 516/62-33, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Saalfelden vom 20. Juli 1962, GZ Nc 307/61-21, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

1.) Die untergerichtlichen Beschlüsse werden bezüglich der Festsetzung einer Entschädigungssumme von insgesamt 15.242,50 S für die enteigneten Grundflächen der Grundstücke 355/1 und 355/2, KG L*****, einschließlich des Zinsenausspruchs bestätigt.

2.) Sie bleiben bezüglich der Festsetzung der Entschädigungssumme für die restlichen zugunsten des Landes Salzburg enteigneten Grundflächen der Grundstücke 157, 155, 149, 151/1 und 151/3, KG L*****, mit 216.000 S und bezüglich der Festsetzung der Entschädigungssumme für die zugunsten der Gemeinde L***** enteigneten Grundflächen der Grundstücke 151/3, 86, 89, 91/1 und 532, KG L*****, mit 82.140 S bis zur Höhe dieser Beträge einschließlich des Zinsenausspruchs als nicht angefochten unberührt.

3.) Im Übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben; die untergerichtlichen Beschlüsse werden bezüglich der Abweisung des Mehrbegehrens bei Festsetzung der Entschädigung für die enteigneten Grundflächen der unter 2.) angeführten Grundstücke aufgehoben; die Rechtssache wird im Umfange der Aufhebung zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung

Das Land Salzburg, vertreten durch das Amt der Salzburger Landesregierung, hat mit Enteignungsbescheid vom 5. 10. 1960, Zl. I-2503/2/1960, aufgrund der §§ 12 - 15 des Salzburger LandesstraßenG, LGBl Nr 62/1955, und der einschlägigen Bestimmungen des EisenbahnenteignungsG Grundflächen der im Eigentum des Antragstellers stehenden Liegenschaften EZ 20 und 23, KG L*****, enteignet. Im Einzelnen handelt es sich um Grundflächen aus den Grundstücken der KG L***** 355/1 Acker im Ausmaß von 40 m², 355/2 Acker von 920 m², 157 Wiese von 1.090 m², 155 Wiese von 1.140 m², 149 Acker von 650 m², 151/1 Acker von 950 m² und 151/3 Lagerplatz von 250 m², die zum Ausbau der L***** Landesstraße für das Land Salzburg enteignet wurden, und um Grundflächen aus den Grundstücken 151/3 Lagerplatz im Ausmaße von 255 m², 86 Wiese von 255 m², 89 Acker von 840 m², 91/1 Wiese von 15 m² und 532 Acker von 4 m², die für Straßengrund der Gemeinde L***** enteignet wurden. Die Entschädigung wurde bezüglich der Grundflächen der beiden erstangeführten Grundstücke als landwirtschaftliche Gründe mit 7,50 S pro Quadratmeter und bezüglich der Grundflächen der übrigen Grundstücke als Bauerwartungslandes mit 18,75 S pro Quadratmeter bestimmt.

Der Antragsteller begehrt mit der Behauptung, dass es sich bei allen enteigneten Grundflächen um Gründe handle, die jederzeit als Baugründe verkauft werden könnten, aufgegliedert nach einzelnen Grundstücken, die Festsetzung einer Entschädigung von 70 S, 100 S, 120 S, 150 S und für die Grundflächen aus dem Lagerplatz Grundstück 151/3, KG L*****, die Festsetzung einer Entschädigung von 250 S pro Quadratmeter. Außerdem begehrt er für eine Wertminderung des Sägewerkslagerplatzes einen Betrag von 100.000 S, für wirtschaftliche Erschwernisse, betreffend die Wirtschaftsgebäude, eine Entschädigung von 60.000 S und für die Durchschneidung der Parzelle 355/2 einen Betrag von 15.000 S.

Das Erstgericht setzte nach Vernehmung von Zeugen, Durchführung eines Lokalaugenscheins und Einholung eines Gutachtens des SV Dipl.-Ing. Franz W***** aufgrund der Verfahrensergebnisse die Entschädigungsbeträge wie folgt fest:

Für das Land Salzburg:

Gst.Nr. festgesetzte Entsch. Betrag S

pro m²

355/1 8,- - 320,- -

355/2 8,- - 7.360,- -

157 50,- - 54.500,- -

155 50,- - 57.000,- -

149 50,- - 32.500,- -

151/1 60,- - 57.000,- -

151/3 60,- - 15.000,- -

zusammen 223.680,- - S.

Für die Gemeinde L*****:

Gst.Nr festgesetzte Entsch. Betrag S

pro m²

151/3 60,- - 15.300,- -

86 60,- - 15.300,- -

89 60,- - 50.400,- -

91/1 60,- - 900,- -

532 60,- - 240,- -

zusammen 82.140,- - S.

Es sprach dem Antragsteller zu Lasten des Landes Salzburg für wirtschaftliche Erschwernisse, betreffend die Grundstücke 355/1 und 355/2, ferner eine Entschädigung von 7.562,50 S und für wirtschaftliche Erschwernisse, betreffend die Benützung des Stallgebäudes, eine Entschädigung von 54.750 S zu. Den Antragsgegnern erlegte es die Zahlung der angeführten Beträge an den Antragsteller auf. Das Mehrbegehren wies es ab.

Das Rekursgericht gab den Rekursen des Antragstellers und der Zweitantragsgegnerin, Gemeinde L*****, keine Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluss, indem es dem Rekurs der Erstantragsgegnerin, Land Salzburg, teilweise Folge gab, dahin ab, dass die im Beschluss des Erstgerichts festgesetzte Entschädigung, betreffend die wirtschaftlichen Erschwernisse für das Stallgebäude, im Betrag von 54.750 S zu entfallen habe, sodass das Land Salzburg schuldig sei, dem Antragsteller den Betrag von 231.242,50 S und die Gemeinde L***** schuldig sei, dem Antragsteller den Betrag von 82.140 S, im Hinblick auf das Vorhandensein von Belastungen je durch Gerichtserlag, zu bezahlen. Außerdem sprach es dem Antragsteller, bedingt durch die Nichterfüllung des Zuspruchs in der Hauptsache bis zum 8. 8. bzw 7. 8. 1962, 4 % Zinsen von den erwähnten Beträgen zu.

Das Rekursgericht führte zu der vom Antragsteller bekämpften Bewertung der enteigneten Grundflächen der Grundstücke 355/1 und 355/2 je Acker mit 8 S pro Quadratmeter aus, dass diese nach dem Inhalte des Gutachtens des SV Dipl.-Ing. W***** im Zusammenhalte mit den dem Akt beiliegenden Plänen (Übersichtsplänen) etwa 1 km außerhalb des Dorfes L***** liegen, eine zusammenhängende, ebene, ackerfähige Grünlandfläche bilden und künftig von der neuen L*****-Landesstraße durchschnitten werden. Der Sachverständige habe den Quadratmeterpreis von 8 S unter Zugrundelegung einer Ertragsfähigkeit von 70 bis 80 Zentner Heu pro Jahr errechnet und für die Durchschneidung der Grundstücke in schlüssiger und unbedenklicher Form die Entschädigung mit 7.562,50 S geschätzt. Die vom Antragsteller behauptete Baulandeigenschaft dieser Grundstücke sei durch keinerlei Anhaltspunkte im erstgerichtlichen Ermittlungsverfahren gestützt worden. Die Meinung des Antragstellers, dass nicht Netto-, sondern Bruttobeträge bei der Schätzung zu Grunde zu legen seien, sei nicht zutreffend, weil bei einem komplizierten Wirtschaftsbetrieb, wie ihn der Antragsteller mit Landwirtschaft, Fleischhauerei, Gasthaus, Bäckerei, Sägewerk, Mühle und Schmiede führe, immer fremder Arbeitseinsatz und die Verwendung von Maschinen als Kosten berücksichtigt werden müssen. Bei der Ermittlung des Entschädigungsbetrags für diese Grundstücke sei lediglich die landwirtschaftliche Verwendungsmöglichkeit im Zeitpunkt der Enteignung und nicht eine unbestimmte Zukunftshoffnung, dass diese Grundflächen in nicht absehbarer Zeit als Bauland verwendet werden können, maßgebend. Bei der Prüfung der Berechtigung der Qualifikation der übrigen Gründe als Bauerwartungsland sei der Sachverständige davon ausgegangen, dass diese Grundstücke im Umkreis bis zu 200 m vom Dorf L***** liegen, zur Aufschließung geeignet seien und dass im Zeitpunkte der Enteignung für Gründe in annähernd gleicher Lage Verkaufspreise erzielt wurden, wie sie der Sachverständige für die Grundstücke 157, 155 und 149 mit 50 S pro Quadratmeter und für die Grundstücke 151/1, 151/3, 86, 89, 91/1 und 532 mit 60 S pro Quadratmeter bewertet habe. Das Gutachten werde durch den Verkauf eines Grundstücks (146/2 KG L*****) an die R***** um 250 S pro Quadratmeter nicht widerlegt, weil es sich bei diesem Grundstück nach den vorliegenden Plänen um das ortsnächste gehandelt habe und die R***** vom Standpunkte ihrer Rentabilität auszugehen habe. Bei der Ermittlung einer Enteignungsentschädigung könne nur von Durchschnittsverkehrswerten und nicht von einem ausgesprochenen Glücksfall einer Veräußerung ausgegangen werden, dem ein spezielles Interesse des Erwerbers zugrundegelegen sei. Die Angaben der vom Antragsteller geführten Zeugen Georg A*****, Matthias K*****, Johann W***** hätten das Schätzungsgutachten geradezu bestätigt, weil diese Zeugen ein Jahr nach der Enteignung für Grundstücke einen Quadratmeterpreis von 70 S erhalten bzw bezahlt hätten. Auch die Angaben der Landwirte Josef M***** und Leonhard G*****, aus denen die Verkaufsbereitschaft der beiden Zeugen nicht unter einem Kaufpreis von 70 S bei straßennahen Grundstücken hervorgehe, lägen auf dieser Linie.

Das Rekursgericht übernahm aus diesen Gründen die vom Erstgericht festgesetzten Entschädigungsbeträge. Es führte bezüglich der vom Erstgericht zuerkannten und von ihm abgewiesenen Entschädigung von 54.750 S für wirtschaftliche Erschwernisse aus, dass nach § 13 des Salzburger LandesstraßenG 1955, LGBl Nr 62/1955, in Verbindung mit § 15 Abs 1 dieses Gesetzes und § 6 EEntG zwar im Allgemeinen wirtschaftliche Erschwernisse und Wertverminderungen bei der Ermittlung der Enteignungsentschädigung zu berücksichtigen seien, dass jedoch ein Zuschlag für wirtschaftliche Erschwernisse und Wertverminderungen zum Grundstückspreis dann nicht zugesprochen werden könne, wenn der Ermittlung des Grundstückspreises selbst nicht die konkrete Verwendung für landwirtschaftliche Zwecke oder als Lagerplatz für Schnittholz im Zeitpunkte der Enteignung zugrunde gelegt sei, sondern im Sinne des Antragstellers angenommen worden sei, dass er die ganzen etwa 5.500 m² als Bauerwartungsland qualifizierten Gründe als noch nicht aufgeschlossenes Bauland verkaufen könne. Der Antragsteller könne nicht gleichzeitig eine Entschädigung für wirtschaftliche Erschwernisse und Wertverminderung aufgrund der bisherigen tatsächlichen Verwendungsart der ortsnahen Grundstücke verlangen (ebenso die E. d. OGH v. 3. 11. 1961, 6 Ob 377/61). Eine gleiche Rechtslage bestehe bei der vom Antragsteller verlangten Entschädigung für die Wertminderung des Schnittholzlagerplatzes. Hiezu gehe aus dem Gutachten des Sachverständigen und aus dem vom Erstgericht vorgenommenen Lokalaugenschein außerdem hervor, dass dieser Bretterplatz bisher sehr ungünstig gelegen sei, weil er durch die alte Straße 60 - 80 m westlich vom Sägewerk entfernt gewesen sei. Er sei nicht befestigt, und auf einem nichtentwässerten Grundstück errichtet gewesen. Außerdem ergebe sich aus dem Gutachten des Sachverständigen, dass die im Punkt XIII des Enteignungsbescheides dem Lande Salzburg vorgeschriebene Errichtung eines befestigten Lagerplatzes auf dem Grundstück 149 für den Antragsteller eine ausreichende Abgeltung darstelle. Diese Abgeltung in Form einer technischen Vorschreibung sei in dem Enteignungsbescheid ergangen; sie sei rechtskräftig und daher zu beachten.

Schließlich führte das Rekursgericht aus, dass das Verfahren wegen der Nichtbeiziehung eines zweiten Sachverständigen auch nicht mangelhaft gewesen sei. Der in B***** ansässige SV Dipl.-Ing. W***** sei mit den örtlichen Verhältnissen vertraut und aufgrund seiner Vorbildung in der Lage gewesen, auch betriebswirtschaftliche Fragen bei der Grundschätzung zu klären und den Wert des Schnittholzlagerplatzes zu ermitteln.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers insoweit, als damit sein Mehrbegehren abgewiesen wurde.

Der Revisionsrekurs ist nach den Grundsätzen des im Sinne der ständigen Judikatur auch im Verfahren außer Streitsachen anzuwendenden Judikats 56 neu = EvBl 1952, Nr 49 = SZ XXIV 335, über die uneingeschränkte Anfechtbarkeit bloß teilweise bestätigender Entscheidungen zulässig. Die Entscheidung des Rekursgerichts ist bezüglich der Erstantragsgegnerin, Land Salzburg, durch die Abweisung eines Mehrbegehrens von 54.750 S und bezüglich beider Antragsgegnerinnen wegen der Abänderung der Leistungsart von Zahlung an den Antragsteller auf Gerichtserlag teilweise abändernden Inhalts. Der Antragsteller ist daher in Ansehung der Abweisung seines Mehrbegehrens durch das Rekursgericht gegen beide Antragsgegnerinnen nicht auf die im § 16 AußStrG zugelassenen Beschwerdegründe beschränkt, sondern es steht ihm die uneingeschränkte Anfechtung des sein Begehren abweisenden Entscheidungsteils nach § 14 AußStrG zu.

Rechtliche Beurteilung

In der Sache selbst ist der Revisionsrekurs teilweise begründet.

Dem Antragsteller kann insofern nicht gefolgt werden, als er mit seinem Revisionsrekurs eine mangelhafte und unrichtige Ermittlung der Entschädigungsbeträge bezüglich der Grundstücke 355/1 und 355/2 geltend macht. Diesbezüglich tritt der Oberste Gerichtshof der Beurteilung des Rekursgerichts, dass die Eignung dieser Grundstücke als Bauerwartungsland verneinte und einen Quadratmeterpreis von 8 S für angemessen erachtete, sowie zum Ausgleich für wirtschaftliche Erschwernisse einen Entschädigungsbetrag von weiteren 7.562,50 S festsetzte, bei. Es besteht kein Zweifel, dass in Anbetracht der Lage dieser landwirtschaftlich genutzten Grundflächen, die in einer Entfernung von etwa 1 km vom Ort L***** liegen, mangels entgegenstehender Verfahrensergebnisse von einem Bauerwartungsland nicht gesprochen werden kann. Es ist auch unzweifelhaft, dass die vom Sachverständigen Dipl.-Ing. W***** unter Bedachtnahme sowohl auf den Verkehrswert als auch auf den Ertragswert geschätzte Entschädigung von 8 S pro m² der Sachlage entspricht. Die Grundlagen hiefür sind im Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. W*****, der als Direktor der Landwirtschaftsschule in B***** nicht nur über die entsprechenden Fachkenntnisse, sondern auch über eine hinreichende Kenntnis der örtlichen Verhältnisse verfügt, überzeugend und schlüssig dargetan worden. Entgegenstehende Zeugenaussagen liegen nicht vor. Die untergerichtlichen Beschlüsse waren daher bezüglich des Ausspruchs über die Entschädigungssummen für die enteigneten Grundflächen der Grundstücke 355/1 und 355/2 einschließlich des Betrags für wirtschaftliche Erschwernisse zu bestätigen.

Anders verhält es sich mit der Festsetzung des Werts der übrigen im Bereiche bis zu 200 m vom Dorf L***** liegenden Grundstücke, von denen der Antragsteller behauptet, dass er bei einem Verkauf wesentlich höhere Preise hätte erzielen können, als sie von den Unterinstanzen festgesetzt worden sind. Dem Antragsteller muss hier zugegeben werden, dass sich weder der Sachverständige Dipl.-Ing. W***** noch die Unterinstanzen ausreichend mit den einschlägigen Zeugenaussagen auseinandersetzten und das Erfordernis der Bestellung eines zweiten Sachverständigen im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse des Falls (§ 24 Abs 1 EEntG) nicht von der Hand zu weisen ist.

Es kann nicht als ausreichend angesehen werden, dass der von der R***** bezahlte Quadratmeterpreis von 250 S bei der Bewertung der enteigneten Grundflächen nur deswegen ganz außer Betracht gelassen wurde, weil das von der R***** erworbene Grundstück das ortsnächste gewesen sei, die R***** vom Standpunkt ihrer Rentabilität auszugehen habe und es sich um einen ausgesprochenen Glücksfall einer Veräußerung gehandelt habe. Es muss vielmehr berücksichtigt werden, dass auch die von der Enteignung betroffenen Grundstücke des Antragstellers, die im Spruch unter Pkt 2.) angeführt wurden, verhältnismäßig ortsnahe liegen und sowohl der Zeuge Ing. Walter A***** als auch der Zeuge Dominikus S***** Preise, die sie für von der Enteignung betroffene Grundflächen bei einer Verkaufsbereitschaft des Antragstellers zu zahlen bereit gewesen wären, nannten, die weit über den von den Untergerichten festgesetzten Entschädigungssummen liegen. Ing. A***** sagte aus, dass er dem Antragsteller schon etwa im Juli 1960 einen Quadratmeterpreis von 150 S bis 200 S für den Ankauf einer Grundfläche auf den Grundstücken „151, 157 oder 1957“ angeboten habe und er nach wie vor bereit wäre, eine Grundfläche im Höchstausmaße von 300 m² zu diesem Preise zu kaufen (S 23 f). S***** sagte aus, dass er im Jahre 1961 dem Antragsteller 150 S pro m² Grundfläche der Grundstücke 151/3 oder allenfalls 151/1 geboten habe (S 28). Beide Zeugen waren an dem Erwerb der Grundflächen als Baugründe interessiert. Keine der beiden Unterinstanzen hat zu diesen Aussagen Stellung genommen. Auch der Sachverständige ist in seinem Gutachten nicht darauf eingegangen. Bei ihrer Berücksichtigung und der verhältnismäßigen Ortsnähe der von der Enteignung betroffenen Grundstücke kann auch bezüglich des von der R***** bezahlten Quadratmeterpreises im Zusammenhang mit diesen Aussagen nicht ohne weiteres gesagt werden, es handle sich hier zur Gänze - der Preis der R***** beträgt mehr als das Vierfache der von den Unterinstanzen festgesetzten Entschädigung - um einen Liebhaberpreis, der nicht als Maßstab für den Wert der enteigneten Grundflächen herangezogen werden könne.

Im Hinblick auf diese vom vernommenen Sachverständigen und von den Untergerichten nicht berücksichtigten Verfahrensergebnisse ist es nicht nur erforderlich, dass der Sachverständige Dipl.-Ing. W***** ergänzend über den Verkehrswert der enteigneten Grundflächen als Bauerwartungslandes vernommen wird, sondern dass auch ein zweiter ortskundiger Sachverständiger beigezogen wird (§ 24 Abs 1 EEntG), damit mangelfrei festgestellt werden kann, ob der Antragsteller Anspruch auf eine höhere Entschädigung als 50 S bzw 60 S pro m² der enteigneten Grundflächen hat. Die Sachverständigen werden, entsprechend den diesbezüglichen Einwendungen der Antragsgegner, ihre Gutachten allerdings auch in der Richtung erstatten müssen, ob die gesamte Fläche der von der Enteignung teilweise betroffenen Grundstücke oder gerade die enteigneten Grundflächen als solche, abgestellt auf den Zeitpunkt der Enteignung, als Bauland (Bauerwartungsland) auf dem Markt gefragt waren oder in absehbarer Zeit gefragt worden wären und ob für sie eine konkrete Absatzmöglichkeit zu einem höheren Preise als 50 S bzw 60 S pro m² bestand (ebenso 1 Ob 93/63).

Damit erweist sich der Revisionsrekurs als berechtigt, soweit er die Abweisung des Mehrbegehrens bei Zugrundelegung von Bauerwartungslandwerten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt. Er ist - im Ergebnis - aber auch wegen der Nichtberücksichtigung einer allfälligen Wertminderung oder wirtschaftlicher Erschwernisse bei der Zugrundelegung der derzeitigen Verwendungsart der Grundstücke begründet.

Der Antragsteller wendet sich in Ausführung des Revisionsrekurses auch gegen die vom Rekursgericht vertretene Rechtsansicht, dass ein Zuschlag für wirtschaftliche Erschwernisse und Wertminderungen zur Entschädigungssumme nicht habe zugesprochen werden können, weil der Ermittlung des Grundstückspreises nicht die konkrete Verwendung der Grundstücke für landwirtschaftliche Zwecke oder des Lagerplatzes für Schnittholz im Zeitpunkte der Enteignung zugrunde gelegt wurde. Er meint, er habe gar nicht die Absicht, weitere Grundverkäufe zu tätigen. Damit verkennt er aber den Sinn der vom Rekursgericht in Übereinstimmung mit der zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 6 Ob 377/61 zutreffend angenommenen Unvereinbarkeit des begehrten Zuschlags für Wertminderung und wirtschaftliche Erschwernisse aufgrund der derzeitigen Verwendung der Grundstücke mit der vom Antragsteller verlangten und von den Untergerichten festgesetzten Entschädigung für die Grundstücke aufgrund ihrer Qualifikation als künftigen Baulandes. Nach der Rechtsprechung (ZVR 1958 Nr 249 S 231, 6 Ob 309/60, 1 Ob 93/63 uam) kann es bei der Ermittlung des Entschädigungsbetrags nicht darauf ankommen, in welcher Verwendung ein enteignetes Grundstück zur Zeit der Enteignung gerade steht, sondern muss berücksichtigt werden, welche Verwendungsmöglichkeit das Grundstück in diesem Zeitpunkt schon bietet. Der Antragsteller konnte daher in seinem Entschädigungsantrag mit Recht geltend machen, dass er, da die enteigneten Grundflächen zu Gründen gehörten, die jederzeit als Baugründe verkauft werden könnten, die Entschädigung nach jenen Werten begehre, die im Falle eines Verkaufs als Baugründe erzielt werden können. Er kann aber, wenn er die Wertfestsetzung nach der Verwendungsmöglichkeit und nicht nach der tatsächlichen Verwendung der von der Enteignung betroffenen Grundstücke begehrt, nicht gleichzeitig verlangen, dass ihm auch der Wertverlust oder die wirtschaftlichen Erschwernisse vergütet werden, die er dadurch erleide, dass sich die Enteignung auf die Weiterverwendung der Grundstücke in der bisherigen Art nachteilig auswirkt. Denn wenn der Ermittlung des Verkehrswerts und damit der Enteignungsentschädigung nicht die konkrete Verwendung der Grundstücke zur Zeit der Enteignung, sondern eine damals schon gegebene andere Weiterverwendungsmöglichkeit zugrunde gelegt wird, wenn also fingiert wird, der Antragsteller hätte die ganze Liegenschaft als Bauland verkaufen können, kann nicht gleichzeitig fingiert werden, ein Verkauf werde nicht vorgenommen, es bleibe bei der bisherigen Verwendungsart und es könnten daraus Ansprüche auf den Ersatz einer Wertminderung oder von wirtschaftlichen Erschwernissen der dem Eigentümer verbleibenden Restflächen abgeleitet werden. Nachteile, die sich für den Eigentümer der Liegenschaft aus einer geänderten Verwendung derselben ergeben, muss er in Kauf nehmen, wenn er die Berücksichtigung der sich aus einer geänderten Verwendung ergebenden Vorteile begehrt (ebenso 6 Ob 377/61).

Nun hat sich der Antragsteller in seinem Entschädigungsantrag und im Laufe des Verfahrens nicht nur auf die Behauptung gestützt, dass es sich bei den enteigneten Grundstücksteilen um Bauland handle, er hat auch geltend gemacht, dass ihm für die Wertminderung des Sägewerkslagerplatzes eine Entschädigung von 100.000 S und für wirtschaftliche Erschwernisse bei Benützung der Wirtschaftsgebäude eine Entschädigung von 60.000 S gebühre. Er kann die letzteren Entschädigungsbeträge, wie sich aus den vorhergehenden Ausführungen ergibt, zwar nicht gleichzeitig mit einer Entschädigung nach Baulands- oder Bauerwartungslandswerten verlangen - beide Begehren sind miteinander unvereinbar -, er hat aber, wie aus der Bestimmung des § 5 EEntG folgt, Anspruch auf den Ersatz des jeweiligen Höchstwerts. Dies gilt im Verhältnis zwischen dem Wert bei Zugrundelegung der wirtschaftlichen Verwendungsmöglichkeit und der Weiterverwendung in der bisherigen Art ebenso wie im Verhältnis zwischen Verkehrswert und Ertragswert (1 Ob 52/61). Wenn die Rechtsprechung die Bewertung nach bestehenden wirtschaftlichen Möglichkeiten für zulässig erklärt, so soll daraus dem zu entschädigenden Eigentümer kein Nachteil für den Fall erwachsen, als die tatsächliche Weiterverwendung der von der Enteignung betroffenen Grundstücke in der bisherigen Art durch die Berücksichtigung hiefür eingetretener Wertminderung oder wirtschaftlicher Erschwernisse eine höhere Entschädigungssumme ergibt, als die Berücksichtigung etwa schon bestehender anderer Verwendungsmöglichkeiten. In vielen Fällen mag dies nicht von praktischer Bedeutung sein, weil die Berücksichtigung anderweitiger Verwendungsmöglichkeiten unzweideutig zu einem für den Enteigneten günstigeren Ergebnis führt als die Ermittlung der Entschädigung unter Zugrundelegung der bisherigen Nutzungsart. Im vorliegenden Fall ist die Situation aber nicht so eindeutig, dass dieses Problem übergangen werden könnte. Es muss dem Antragsteller, der auch im Revisionsrekurs erklärt, gar nicht die Absicht zu haben, Grundstücksverkäufe zu Baulands- oder Bauerwartungslandspreisen vorzunehmen, das Recht gewahrt bleiben, wahlweise eine Entschädigung auch nach der derzeitigen Verwendung der von der Enteignung betroffenen Grundstücke zu begehren. Dies hat er insofern getan, als er die angeführten Entschädigungsbeträge für Wertminderung und wirtschaftliche Erschwernisse bei Aufrechterhaltung der konkreten gewerblichen und landwirtschaftlichen Verwendung begehrt hat.

Das Verfahren ist unter diesem Gesichtspunkt also auch deshalb wesentlich mangelhaft geblieben, weil ein Gutachten über die Grundstückswerte bei Aufrechterhaltung der bisherigen Verwendungsart nicht eingeholt wurde. Das Gutachten, soweit es bisher über die geltend gemachte Wertminderung und wirtschaftliche Erschwernisse von einem Sachverständigen erstattet wurde, kann nicht als ausreichend angesehen werden, weil nach Lage der besonderen Verhältnisse des Falls (Vielfältigkeit des wirtschaftlichen und gewerblichen Betriebs des Antragstellers, mit dem die von Enteignung betroffenen Grundstücke in unmittelbarer örtlicher Verbindung stehen) - dies insbesondere in Ansehung der geltend gemachten Wertminderung des Sägewerkslagerplatzes - die Bestellung eines zweiten Sachverständigen erforderlich ist (§ 24 Abs 1 EEntG). Beide Sachverständige werden sohin ein Gutachten auch über die angemessenen Entschädigungsbeträge bei Aufrechterhaltung der derzeitigen konkreten Verwendungsart der betroffenen Grundstücke sowohl in Ansehung des Wertes der enteigneten Grundflächen als auch des Umfangs der Wertminderung und der wirtschaftlichen Erschwernisse des zurückbleibenden Teils des Grundbesitzes des Antragstellers zu erstatten haben (§§ 6 und 25 EEntG). Bei der Untersuchung der behaupteten Wertminderung des Sägewerkslagerplatzes wird aber auch noch darauf Bedacht zu nehmen sein, dass das Land Salzburg, Landesstraßenverwaltung, laut Punkt XIII des Enteignungsbescheides verpflichtet wurde, auf dem Grundstück 149 einen Lagerplatz bestimmter Art und Größe auf seine Kosten zu errichten, woraus sich für den Antragsteller Vor- und Nachteile ergeben können. Es werden zur Feststellung allfälliger Nachteile für die Zeit bis zur Verlegung des Lagerplatzes vielleicht auch die Bestimmungen des § 9 EEntG berücksichtigt werden müssen. Erst nach einer solchen Verfahrensergänzung wird mit Sicherheit eine Feststellung darüber möglich sein, nach welcher Bewertungsart dem Antragsteller die (höhere) Entschädigungssumme auszumessen ist und ob er die bereits rechtskräftig festgestellten Entschädigungsbeträge hinaus noch einen Schadloshaltungsanspruch hat. Sollten sich im Zuge des ergänzenden Verfahrens Umstände ergeben oder geltend gemacht werden, nach denen nur ein Teil der von der Enteignung betroffenen Grundstücke für die Bewertung nach den bestehenden Verwendungsmöglichkeiten (Bauerwartungsland), ein Teil dieser Grundstücke aber für die Bewertung nach der bisherigen konkreten Verwendung (gewerblich und landwirtschaftlich genutztes Land) in Frage kommt, dann wird, unter strenger Abgrenzung und Bezeichnung der hievon betroffenen Grundstücke, bzw Grundstücksteile, allerdings auch eine Anwendung beider Bewertungsmethoden in Betracht zu ziehen sein.

Dem Revisionsrekurs war aus den angeführten Gründen teilweise stattzugeben.

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