OGH 6Ob261/60

OGH6Ob261/601.2.1961

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Deutsch als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lenk, Dr. Meyer-Jodas, Dr. Hammer und Dr. Lassmann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Frank T*****, als Ausgleichsverwalter im Ausgleiche über das Vermögen des Ausgleichsschuldners Ing. Johann G*****, wider die beklagte Partei Stadtgemeinde Köflach, Steiermark, vertreten durch Dr. Herbert Tax, Rechtsanwalt in Köflach, wegen 9.163,93 S sA infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 20. Mai 1960, GZ 1 R 257/59-17, womit die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 30. September 1959, GZ 11 Cg 348/58-13, verworfen wurde folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und diesem Gerichtes die neuerliche Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei aufgetragen.

Die Rekurskosten sind gleich weiteren Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Aus dem Akteninhalt ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 13. 10. 1958, Sa 32/58-2, wurde über das Vermögen des Ausgleichsschuldners Ing. Johann G***** das Ausgleichsverfahren eröffnet und der Rechtsanwalt Dr. Frank T***** zum Ausgleichsverwalter bestellt.

Mit der am 12. 12. 1958 eingebrachten Klage verlangte der Kläger in seiner Eigenschaft „als Ausgleichsverwalter im Ausgleich über das Vermögen des Ausgleichsschuldners Ing. Johann G*****" unter Berufung auf § 8 Abs 2 letzter Satz AO die Verurteilung der beklagten Partei zur Bezahlung eines Betrages von insgesamt S 9.163,93 sA. Die beklagte Partei bestritt in der am 13. 2. 1959 erstatteten Klagebeantwortung das Klagsvorbringen, beantragte Klagsabweisung und wendete ua auch ein, dass dem Kläger die aktive Klagslegitimation fehle.

Nachdem mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 21. 1. 1959, Sa 32/58-41, das Ausgleichsverfahren gemäß § 56 Abs 1 Z 1 AO eingestellt worden war, wurde mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 20. 2. 1959, S 8/59-2, über das Vermögen des Gemeinschuldners Ing. Johann G***** der Anschlusskonkurs eröffnet und der bisherige Ausgleichsverwalter Dr. Frank T***** zum Masseverwalter bestellt.

Mit Beschluss vom 23. 2. 1959, ON 6, stellte das Erstgericht fest, dass infolge Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Gemeinschuldners Ing. Johann G***** das Streitverfahren unterbrochen sei.

Am 18. 3. 1959 trat ein Wechsel in der Person des Masseverwalters ein. Der Rechtsanwalt Dr. Frank T***** wurde gemäß § 87 Abs 1 KO mit diesem Tage enthoben und der Rechtsanwalt Dr. Gottfried H***** zum Masseverwalter bestellt.

Mit Schriftsatz vom 10. 9. 1959, ON 7, beantragte die beklagte Partei die Fortsetzung des Streitverfahrens. Diesen Antrag erledigte das Erstgericht in der Weise, dass es für den 30. 9. 1959 eine mündliche Streitverhandlung anordnete, zu der Dr. Frank T***** und der Vertreter der beklagten Partei, Dr. Herbert T*****, geladen wurden. Mit Schriftsatz vom 29. 9. 1959, ON 10, teilte Rechtsanwalt Dr. Frank T***** dem Erstgericht mit, dass er zu einem Einschreiten in dieser Rechtssache nicht mehr legitimiert sei; er habe die Klage als Ausgleichsverwalter zwar eingebracht, indessen sei aber das Ausgleichsverfahren eingestellt und das Konkursverfahren eröffnet worden, weshalb nunmehr der Masseverwalter Dr. Gottfried H***** zur Abgabe einer Erklärung im Sinne des § 8 KO zu verhalten wäre. Zur mündlichen Streitverhandlung am 30. 9. 1959, ON 12, erschien nur die beklagte Partei bzw deren Vertreter, über dessen Antrag das Erstgericht ohne weitere Erhebungen mit der Urteilsfällung nach § 399 ZPO vorging und das Klagebegehren lt. ON 13 mit der Begründung abwies; dass der seinerzeitige Ausgleichsverwalter und Kläger Dr. Frank T***** nicht als Prozesspartei legitimiert sei, der Ausgleichsverwalter könne weder als Kläger noch als Beklagter für den Ausgleichsschuldner bei Gericht einschreiten, da letzterer vollständig handlungs- und verfügungsfähig bleibe, somit auch partei- und prozessfähig, woran auch die vom Kläger aufgestellte Behauptung nichts ändern könne, dass er die Erklärung nach § 8 Abs 2 AO abgegeben habe, laut welcher sämtliche Zahlungen für den Ausgleichsschuldner zu seinen Handen zu leisten seien. Gleichzeitig wurde der Kläger Dr. Frank T***** als Ausgleichsverwalter schuldig erkannt, der beklagten Partei die mit 1.102,03 S bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen. Dieses Urteil wurde dem Kläger Dr. Frank T*****, dem Beklagtenvertreter Dr. T***** und überdies auch dem Masseverwalter Dr. H***** zugestellt. Die vom Kläger „Dr. Frank T***** als Ausgleichsverwalter im Ausgleich über das Vermögen des Ausgleichsschuldners Ing. Johann G*****" rechtzeitig eingebrachte Berufung wurde vom Berufungsgericht gemäß §§ 473 Abs 1, 471 Z 1 - richtig wohl Z 2 -, 472 Abs 1, 474 Abs 2 ZPO als unzulässig verworfen, nachdem der Masseverwalter Dr. H***** am 17. 12. 1959 (ON 19) erklärt hatte, in den gegenständlichen Rechtsstreit nicht einzutreten.

Rechtliche Beurteilung

Dem dagegen von der klagenden Partei „Dr. Frank T*****, als Ausgleichsverwalter im Ausgleiche über das Vermögen des Ausgleichsschuldners Ing. Johann G*****" eingebrachten Rekurse kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Zutreffend führt der Rekurswerber aus, dass deshalb, weil der Masseverwalter gemäß § 8 Abs 1 KO den Eintritt in den Rechtsstreit abgelehnt hatte (siehe ON 19), die streitgegenständliche Forderung aus der Konkursmasse ausgeschieden und zu ihrer Geltendmachung - gemäß § 8 Abs 3 KO - nur mehr der Gemeinschuldner berechtigt sei. Deshalb, weil derzeit nur mehr der Gemeinschuldner zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderung berechtigt ist, kann allerdings Dr. T***** jetzt weder im eigenen Namen noch als „Ausgleichsverwalter im Ausgleich über das Vermögen des Ing. Johann G*****" - des derzeitigen Gemeinschuldners - irgendwelche prozessualen Schritte in dieser Rechtssache unternehmen. Im eigenen Namen hat er nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichtes wohl mangels irgendeines persönlichen Rechtsschutzinteresses nie geklagt und als Ausgleichsverwalter konnte er jedenfalls jetzt - nachdem der Ausgleich bereits am 21. 1. 1959 (s. ONr. 11, S 21) gemäß § 56 Abs 1 Z 1 AO eingestellt und am 20. 2. 1951 über das Vermögen des Ing. Johann G***** der Anschlusskonkurs eröffnet worden war (siehe gleichfalls ONr. 11, S 21) - keinesfalls mehr einschreiten, wobei es im derzeitigen Stadium des Verfahrens nicht entscheidungswesentlich ist, ob er jemals als Ausgleichsverwalter ohne Vollmacht des Ausgleichsschuldners zur Einbringung der Klage überhaupt legitimiert war.

Nun hat sich aber Dr. T***** bereits im Punkt 5 der am 12. 12. 1958 eingebrachten Klage (S 3) auf das Einverständnis des damaligen Ausgleichsschuldners Ing. Johann G***** zur Klagesführung berufen und er hat jetzt auch eine vom 9. 12. 1958 datierte - also noch vor der Einbringung der Klage ausgestellte - Vollmacht vorgelegt. Deshalb ist jedenfalls seine Legitimation zur Einbringung des vorliegenden Rekurses - die zunächst zu erörtern ist (SZ XXIII 7) - zu bejahen; denn da er vom heutigen Gemeinschuldner Ing. G*****, der derzeit allein zur Geltendmachung der aus der Konkursmasse ausgeschiedenen Forderung berechtigt ist, bevollmächtigt ist, im eigenen Namen aber - wie bereits oben ausgeführt - in dieser Sache niemals tätig geworden ist, liegt darin, dass er den Rekurs in seinem Namen „als Ausgleichsverwalter über das Vermögen des Ing. Johann G***** eingebracht hat, wohl nur eine unrichtige Parteibezeichnung, die jederzeit berichtigt werden kann (EvBl 1953 Nr. 93, EvBl 1957, Nr. 82, SZ XXIII 7, SZ XXIII 27, SZ XXVII 241 ua), derentwegen ihm aber die Legitimation zur Einbringung von Rechtsmitteln nicht abgesprochen werden kann.

Deshalb war aber auch der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichtes, das die Berufung der klagenden Partei mangels einer Legitimation zur Anfechtung der erstinstanzlichen Entscheidung von vornherein verworfen hatte, aufzuheben und dem Berufungsgerichte die neuerliche Entscheidung über die Berufung aufzutragen, wobei es diesem Gerichte überlassen bleibt, zunächst auf die endgültige Klarstellung der Parteibezeichnung hinzuwirken (SZ XXIII 7). Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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