Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 795,69 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Zwangsfolgen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Zahlung einer monatlichen Rente von 500 S mit der Behauptung, der Beklagte habe sich verpflichtet, dafür, dass ihn ihr verstorbener Gatte in dessen Kundenkreis einführt, diese Rente an die Klägerin zu bezahlen. Der Beklagte bestreitet, eine solche Verpflichtung eingegangen zu sein.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil nach Beweiswiederholung. Es stellte fest, dass zwischen Rudolf W***** und dem Beklagten ein Leibrentenvertrag in der Form giltig abgeschlossen wurde, dass der Beklagte den Kundenstock des W***** übernimmt und dafür der Klägerin eine monatliche Leibrente von 500 S auf Lebensdauer bezahlt. Rudolf W***** habe den Beklagten bei seinen Kunden persönlich eingeführt. Der Beklagte habe sich auch als Nachfolger Rudolf W*****s vorgestellt. Dadurch sei der Beklagte bei den verschiedenen Kunden W*****s, die hauptsächlich staatliche Institute waren, als Mitarbeiter W*****s, der einen guten Ruf hatte, bekannt und diesen Kunden als vertrauenswürdiger Arbeiter empfohlen worden. Rudolf W***** habe seine Verpflichtung aus dem Leibrentenvertrag erfüllt, weshalb auch der Beklagte zur Einhaltung des Vertrags verpflichtet sei. Für die Giltigkeit des Vertrages sei es ohne Belang, ob der Beklagte selbständiger Meister ist, ob er selbst finanziellen Vorteil aus der Übernahme der Kunden zieht, ob er ihn jemandem anderen zukommen ließ oder ob er in dieser Erwartung enttäuscht wurde. Ebenso bedeutungslos sei es, dass die Klägerin nach dem Tode ihres Gatten das Geschäft einige Zeit als Witwenbetrieb fortführte und dann den Gewerbeschein zurücklegte. Da der Beklagte die Meisterprüfung nicht ablegte und seine Verpflichtungen nicht erfüllte, sei ihr nichts anderes übrig geblieben. Der Beklagte sei der Verpflichtung zur Zahlung der Rente an die Klägerin in Kenntnis des Umstandes, dass er keine Meisterprüfung hat und dass er auf eigene Rechnung und im eigenen Namen das Geschäft W*****s nicht führen kann, eingegangen. Er habe sich über das Risiko der Übernahme eines Kundenstockes allein im Klaren sein müssen und könne den Umstand, dass von den S*****-Werken ein eigener Kundendienst eingeführt wurde, für eine Abwanderung der Kunden und eine Nichtübernahme des Kundenstockes nicht ins Treffen führen. Gegen dieses Urteil erhebt der Beklagte Revision, macht als Revisionsgründe § 503 Z 2, 3, 4 ZPO geltend und beantragt, das Klagebegehren abzuweisen oder das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an die erste Instanz zurückzuverweisen.
Rechtliche Beurteilung
Als Mangel des Verfahrens wird gerügt, dass als Verpflichtung des Rudolf W*****s die Übergabe des Kundenstockes festgestellt wurde, als Erfüllung aber die Einführung in den Kundenkreis. Zwischen beiden bestehe ein Unterschied. Dieser sei nicht gründlich genug erörtert worden. Selbst wenn man in diesen Ausführungen eine Mängelrüge erblicken wollte, liegt eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht vor. Es ist klar, dass ein Kunde nicht wie eine körperliche Sache übergeben werden kann. Es kann aber auch der Kunde nicht gezwungen werden, die Arbeit des Nachfolgers in Anspruch zu nehmen. All dies musste den Vertragsteilen bei Vertragsabschluss bekannt sein und damit auch das Risiko, dass der Beklagte nicht alle Kunden des Rudolf W***** werde übernehmen können. Auch beim Erwerb eines Unternehmens wird der Kundenstock miterworben und beim Kaufpreis mitveranschlagt, ohne dass mit Sicherheit damit gerechnet werden könnte, dass tatsächlich alle Kunden dem Unternehmen treu bleiben werden. Die Verpflichtung der Übergabe des Kundenstockes ist daher erfüllt, wenn der Verpflichtete alles getan hat, was ihm möglich war, um die Kunden dem Übernehmer zu erhalten. Gerade das aber wurde hier festgestellt. Rudolf W***** hatte einen sehr guten Ruf. Wenn er nun den Beklagten bei seinen Kunden als seinen Mitarbeiter einführt, gibt er den Kunden die Gewähr dafür, dass der Beklagte die Arbeiten in gleicher Weise ausführen werde wie er selbst. Er überträgt damit schon seinen guten Ruf auf den Beklagten. Haben die Kunden die Gewissheit, dass der Beklagte ein ebenso guter Arbeiter ist wie W***** selbst, so werden diese Kunden dem Beklagten voraussichtlich auch für spätere Arbeiten heranziehen. Diese Art der Einführung ist wahrscheinlich wertvoller als ein Rundschreiben, weil sich ja die Kunden durch diese Art der Einführung noch bei Lebzeiten des Rudolf W***** von der Qualität des Beklagten überzeugen konnten. Es ist dem Berufungsgericht daher beizupflichten, dass Rudolf W***** die ihm obliegenden Pflichten zur Übergabe des Kundenstocks erfüllt hat.
Als aktenwidrig wird die Feststellung gerügt, dass der Beklagte bei einer großen Zahl von bedeutenden Kunden des Rudolf W***** arbeite, die offensichtlich seine Arbeitsverrichtung deshalb zulassen, weil er ihnen als Mitarbeiter des Rudolf W***** bekannt sei. Eine Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Dass der Beklagte bei einer großen Anzahl von Kunden des Rudolf W***** arbeitet, hat er in seiner Parteiaussage selbst angegeben. Dass diese Kunden die Arbeiten offensichtlich deshalb zulassen, weil er ein Mitarbeiter des Rudolf W***** war, ist eine Schlussfolgerung des Berufungsgerichtes, die auf Grund der sonstigen Feststellungen durchaus zutreffend ist. Mit der Rechtsrüge wird ausgeführt, dass der Gegenleistung des Rudolf W***** überhaupt kein oder doch ein wesentlich geringerer wirtschaftlicher Wert zukommt, als gedacht worden war. Es greife daher auch im vorliegenden Fall die Bestimmung des § 934 ABGB betreffend Verkürzung über die Hälfte Platz. Es müsse ja angenommen werden, dass der Beklagte ein unentgeltliches Geschäft nicht schließen wollte. Es sei möglich, dass er im Zeitpunkt der Einführung dieser einen gewissen Wert beigemessen habe. Es müsse aber von den objektiven Verhältnissen ausgegangen werden. Ein Kundenstock allein stelle überhaupt keinen Wert dar. Er erhöhe wohl den Wert eines Unternehmens, für sich allein sei er nicht bewertungsfähig. Es liegen auch keine Feststellungen darüber vor, ob der Beklagte den Kundenstock tatsächlich habe. Die Vereinbarung sei für den Beklagten geradezu ruinös, weil er keinen wirtschaftlichen Gewinn daraus ziehen könne. Es sei an die Übernahme des Unternehmens gedacht gewesen. Diese Ausführungen sind völlig unbeachtlich. Der Beklagte übersieht, dass festgestellt wurde, er habe einen Leibrentenvertrag abgeschlossen. Leibrentenverträge sind Glücksverträge. Bei ihnen findet die Einrede der Verletzung über die Hälfte gemäß § 1268 ABGB nicht statt.
Der Beklagte führt weiter aus, es seien die Geschäftsgrundlagen weggefallen. Es sei von beiden Teilen stillschweigend vorausgesetzt worden, dass der Beklagte das ganze Unternehmen als selbständiger Meister übernehmen werde. Davon könne aber keine Rede sein. Die Klägerin habe den Betrieb noch 1 1/2 Jahre als Witwenfortbetrieb weitergeführt, sie, nicht der Beklagte, habe den Kundenkreis gehabt. Die Ausführungen des Beklagten, dass seinerzeit gedacht war, dass er das ganze Unternehmen übernimmt und hiefür eine Rentenleistung erbringt, hat sicherlich viel Wahrscheinlichkeit für sich. Allein die Untergerichte haben keine bezüglichen Tatsachenfeststellungen getroffen, sondern im Gegenteil sie haben festgestellt, dass Gegenstand der Vereinbarung lediglich die Übergabe des Kundenkreises gewesen ist. Es kann daher nicht davon gesprochen werden, dass deshalb, weil der Beklagte nicht das Unternehmen übernommen hat, die Geschäftsgrundlagen weggefallen wären. Dass die Witwe den Betrieb eine Zeitlang als Witwenbetrieb geführt hat, ist tatsächlich bedeutungslos, wie das Berufungsgericht bereits ausgeführt hat, weil ja hervorgekommen ist, dass die Witwe nicht selbständig Arbeiten verrichtete, sondern diese Arbeiten durch den Beklagten verrichten ließ. Dieser Umstand musste erst recht den Übergang des Kundenkreises auf den Beklagten bewirken. Es ist daher bei Zugrundelegung der Feststellungen der Untergerichte, an die der Oberste Gerichtshof gebunden ist, auch die Rechtsrüge nicht begründet.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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