Spruch:
Dem - unrichtigerweise als Revisionsrekurs bezeichneten - Rekurse wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die klagende Partei hat am 28.1.1957 eine Klage gegen den Baumeister Franz B*****, eingebracht, in welcher sie ausführt, sie habe über Auftrag des Beklagten in dem "Objekt Wien II *****" Terrazzoarbeiten durchgeführt, wofür ihr der Beklagte lt. Faktura vom 11.10.1955 den eingeklagten Betrag von 3.619,44 S s.A. schulde.
Bereits am 10.1.1957 - also 18 Tage vor Einbringung der Klage - war über das Vermögen des Beklagten Franz B***** zu S 2/57 des Landesgerichtes f.ZRS Wien der Konkurs eröffnet worden. Das Edikt ist am 10.1.1957 an der Gerichtstafel angeschlagen worden (§ 2 Abs. 1 KO).
Die nicht gegen den Masseverwalter, sondern gegen den Gemeinschuldner Franz B***** persönlich gerichtete Klage samt Ladung zur 1.Tagsatzung wurde gemäß § 77 Abs. 2 KO dem Masseverwalter zugestellt. Bei der für 25.2.1957 anberaumten 1.Tagsatzung hat die klagende Partei die Bezeichnung der beklagten Partei dahin berichtigt, daß es "zu heißen habe: Franz B*****, vertreten durch den Masseverwalter Dr.Harald Tichy".
Da zur ersten Tagsatzung für die beklagte Partei niemand erschienen war, hat die klagende Partei Fällung eines Versäumungsurteiles gemäß § 396 ZPO beantragt. Diesem Antrage hat das Erstgericht stattgegeben. Das Berufungsgericht hat über Berufung der beklagten Partei, vertreten durch den Masseverwalter, das vom Erstrichter erlassene Versäumungsurteil einschließlich des vorausgegangenen Verfahrens als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen. Der dagegen von der klagenden Partei erhobene - fälschlich als Revisionsrekurs bezeichnete - Rekurs ist gemäß § 519 Z 2 ZPO zulässig, er ist aber nicht begründet.
Nach der zwingenden Bestimmung des § 6 Abs. 1 KO - in Verbindung mit §§ 102 ff KO - können Rechtsstreitigkeiten, welche die Geltendmachung oder Sicherstellung von Ansprüchen auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen bezwecken, nach der Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner nicht anhängig gemacht werden.
Dies ist aber geschehen; daß die Zustellung der Klage und der Ladung zur ersten Tagsatzung gemäß § 77 Abs. 2 KO nicht an den Gemeinschuldner persönlich, sondern an den Masseverwalter erfolgt ist, beseitigt nicht die Tatsache, daß die Klage von der klagenden Partei nicht gegen den Masseverwalter, sondern ausdrücklich gegen den Gemeinschuldner persönlich erhoben worden ist.
Da es sich mit Rücksicht auf die zwingende Bestimmung des § 6 Abs. 1 KO um einen Mangel der Verfügungsfähigkeit des Gemeinschuldners und nicht um einen Mangel der Sachlegitimation handelt, ist dieser Mangel der Verfügungsfähigkeit des Gemeinschuldners wie der Mangel der Prozeßfähigkeit von Amtswegen zu beachten (§ 6 ZPO) und gemäß §§ 7, 477 Abs. 1 Z 5 ZPO die Nichtigkeit des Verfahrens auszusprechen (vgl. E. vom 31.3.1937, 1 Ob 345/37, ZBl. 1937 Nr. 329, auch 2 Ob 91/53, 4 Ob 194/54, s. auch Bartsch-Pollak3 I S 69, Anm. 7 zu § 6 KO). Diese durch den Mangel der Verfügungsfähigkeit des Gemeinschuldners bewirkte Nichtigkeit ist ebenso wie der Mangel der Prozeßfähigkeit gemäß § 6 ZPO in jeder Lage des Rechtsstreites von Amtswegen zu berücksichtigen.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen der von der klagenden Partei in ihrem Rekurse gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes vorgetragenen Ansicht handelt es sich hier gar nicht um eine nicht im § 477 ZPO aufgezählte Nichtigkeit, so daß es dahingestellt bleiben kann, ob die Nichtigkeiten im § 477 ZPO taxativ aufgezählt sind, was übrigens von der neueren Judikatur (vgl. insb. 7 Ob 510/56 und die dort zit. zahlreichen Entscheidungen) nicht angenommen wird. Denn der Mangel der Verfügungsfähigkeit des Gemeinschuldners ist dem Mangel der Prozeßfähigkeit im Sinne der §§ 6, 477 Ab. 1 Z 5 ZPO gleichzustellen, wie bereits oben ausgeführt wurde.
Wenn der Rekurs der klagenden Partei aber vorbringt, es könne auf Grund des Vorbringens der Klage noch nicht angenommen werden, daß es sich um die Geltendmachung von Ansprüchen auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen des Baumeisters Franz B***** im Sinne des § 6 Abs. 1 KO handelte, und es könne sich auch um Ansprüche gemäß § 6 Abs. 2 oder 3 KO handeln, so kann auch dies nicht durchschlagen. Denn es wäre - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - Sache der klagenden Partei gewesen, in der Klage zu behaupten, daß Tatbestände im Sinne des § 6 Abs. 2 oder 3 KO vorliegen, was aber nicht geschehen ist. In der Klage wird überhaupt nichts weder in der Richtung vorgebracht, daß es sich um Ansprüche handle, die das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen (§ 6 Abs. 3 KO), noch in der Richtung, daß es sich um Aussonderungs- oder Absonderungsansprüche handle (§ 6 Abs. 2 KO). Auch daraus, daß die klagende Partei bei der 1.Tagsatzung die Bezeichnung der beklagten Partei dahin richtig gestellt hat, daß sie zu lauten habe: "Franz B*****, vertreten durch den Masseverwalter", kann noch keineswegs irgendein tatsächliches Vorbringen über die Art der geltendgemachten Ansprüche entnommen werden.
Übrigens gibt die klagende Partei in ihrem Rekurse selbst zu, daß sie einen der Gründe des § 6 Abs. 2 oder 3 KO nicht behauptet hat, sie vermeint aber zu Unrecht, es wäre Sache des Masseverwalters gewesen, dies vorzubringen. Denn gemäß § 226 ZPO hat der Kläger in der Klage die Tatsachen, auf die sich sein Anspruch gründet, im einzelnen - zwar kurz, aber vollständig - anzugeben und es ist nicht Sache des Beklagten bezw. des Masseverwalters, den Kläger zu veanlassen, daß er die seinen Anspruch allenfalls begründenden besonderen Tatsachen nachträglich doch noch vorbringe.
Es ergibt sich somit, daß das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum das vom Erstgerichte gefällte Versäumungsurteil und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage gemäß § 478 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen hat.
Dem Rekurse der klagenden Partei gegen diesen Beschluß war daher der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.
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