OGH 2Ob261/57

OGH2Ob261/5723.5.1957

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Ullrich als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bistritschan, Dr. Lenk und Dr. Köhler sowie den Rat des Oberlandesgerichtes Dr. Hammer als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Firma Franz R*****, 2.) Karl J*****, beide vertreten durch Dr. Alois Dallamaßl, Rechtsanwalt in Gmunden, wider die beklagte Partei Ing. Lothar J*****, vertreten durch Dr. Hermann Eiselsberg, Rechtsanwalt in Wels, wegen zu 1.) 22.071 S und zu 2.) 17.200 S samt Nebengebühren infolge Revision der erstklagenden und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 4. Jänner 1957, GZ 1 R 828/56, 1 R 833/56-16, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 19. März 1957-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Kreisgerichtes Wels vom 31. Juli 1956, GZ 2 Cg 121/56-11, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Partei gegen den über das Klagebegehren des Zweitklägers absprechenden Teil des Zwischen- und Teilurteiles des Berufungsgerichtes wird als unzulässig zurückgewiesen. Im Übrigen wird der Revision der beklagten Partei Folge gegeben und der die Ansprüche der erstklagenden Partei betreffende Teil des Zwischen- und Teilurteiles des Berufungsgerichtes dahin geändert, dass es zu lauten hat:

„Der Klagsanspruch der erstklagenden Partei besteht dem Grunde nach zu ¾ zu Recht, zu ¼ nicht zu Recht.

Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der erstklagenden Partei den Betrag von 5.517,75 S samt 10 % Zinsen seit 1. 2. 1955 zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die Gegenforderung der beklagten Partei besteht dem Grunde nach zu ¼ zu Recht.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten."

Die Revision der erstklagenden Partei wird auf diese Entscheidung verwiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und die Kosten des Revisionsverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte fuhr am 3. Dezember 1954 um zirka 11 Uhr mit seinem Pkw Steyr 220, *****, in Gmunden in der Linzerstraße. Er wollte dort die Salzkammergut-Bundesstraße überqueren und geradeaus weiter bergauf in die Dr. Wolfsgruberstraße fahren. Zu gleicher Zeit kam auf der Salzkammergut-Bundesstraße aus der Richtung Laakirchen der vom Zweitkläger gelenkte, der erstklagenden Partei gehörige, Lieferwagen Ford M 12 heran. Es kam zum Zusammenstoß zwischen beiden Fahrzeugen, wobei der Pkw des Beklagten gegen den Gartenzaun des Hauses Dr. Wolfsgruberstraße 2 geschleudert wurde und sich dann überschlug. Die Salzkammergut-Bundesstraße ist Vorrangstraße und als solche durch eine 7 m vor der Einmündung der Linzerstraße befindliche Vorrangstafel gekennzeichnet. Auf der Salzkammergut-Bundesstraße befindet sich zirka 300 m vor der Unfallstelle - in der Fahrtrichtung des klägerischen Fahrzeuges gesehen - eine Hinweistafel mit der Ortsbezeichnung Gmunden mit Hinweis auf die „Kurzone" darunter das blaue Rechteckschild mit weißer Beschriftung 145, das Zeichen der Bundesstraße mit Vorrang.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Gmunden vom 29. August 1955, U 1040/54-18, wurde der Beklagte wegen Übertretung gegen die körperliche Sicherheit nach § 431 StG rechtskräftig schuldig gesprochen, weil er am 3. 12. 1954 im Stadtgebiet Gmunden die nötige Vorsicht als Kraftwagenlenker dadurch außer Acht gelassen habe, dass er eine Vorrangstraße befuhr, ohne die Vorbeifahrt des vom Zweitkläger gelenkten Kraftfahrzeuges abzuwarten. Der Zweitkläger wurde freigesprochen.

Die erstklagende Partei begehrt wegen dieses Verkehrsunfalles Zuspruch eines Betrages von 22.071 S samt 10 % Zinsen seit 1. Februar 1955, und zwar an Sachschaden einen Betrag von 12.071 S und an „Verdienstentgang" einen Teilbetrag von 10.000 S, den sie dadurch erlitten habe, dass der bei ihr als Reisender angestellt gewesene Zweitkläger ihr für die Dauer seiner durch den Unfall bedingten Erkrankung nicht zur Verfügung gestanden sei, wodurch sich ihr Umsatz und damit die Gewinnspanne verringert habe. Dabei hat die erstklagende Partei auch darauf hingewiesen, dass ihr eine Zeitlang kein Kraftfahrzeug zur Verfügung gestanden sei.

Die zweitklagende Partei begehrt Zuspruch eines Betrages von 17.200 S samt 4 % Zinsen, und zwar Schmerzensgeld, Verdienstentgang und Ersatz für Sachschaden.

Die beklagte Partei hat eine Gegenforderung in der Höhe von insgesamt 18.780 S eingewendet (Totalschaden des Pkw der beklagten Partei und Auslagen für die Zaunreparatur).

Das Erstgericht hat das Verfahren auf den Grund des Anspruches eingeschränkt und mit Zwischenurteil ON 11 ausgesprochen, dass der Klagsanspruch der klagenden Parteien dem Grunde nach mit ¾ und die Gegenforderung der beklagten Partei dem Grunde nach mit ¼ zu Recht bestehe, und hat die Kostenentscheidung dem Endurteil vorbehalten. Am Ende der Begründung seines Urteils hat das Erstgericht bemerkt, es sei nicht darauf einzugehen gewesen, ob der Teilanspruch der erstklagenden Partei auf Verdienstentgang zu Recht bestehe. Sämtliche Ansprüche der Kläger würden mit der Unfallsverursachung begründet, stellten daher einen einheitlichen Anspruch aus dem gleichem Rechtsgrund dar. Da die rechtserzeugende Tatsache, aus der die Ansprüche abgeleitet werden, also die Verursachung des Unfalles bejaht werde, sei die Frage, in welcher Höhe die einzelnen Ansprüche bestünden, dem Endurteil vorzubehalten.

Die beklagte Partei hat das erstinstanzliche Zwischenurteil mit Berufung insoweit bekämpft, als das Erstgericht den Klagsanspruch der klagenden Parteien mit mehr als der Hälfte und die Gegenforderung der beklagten Partei mit weniger als der Hälfte zu Recht bestehend erklärt hat.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge und änderte das Zwischenurteil im Umfang der Anfechtung dahin ab, dass es aussprach, dass der Klagsanspruch der erstklagenden Partei hinsichtlich des Sachschadens zu ¾ und des Verdienstentganges dem Grunde nach zur Hälfte zu Recht bestehe. Gleichzeitig wies das Berufungsgericht mit Teilurteil den Anspruch der erstklagenden Partei hinsichtlich des geltend gemachten Sachschadens zu ¼ und hinsichtlich des geltend gemachten Verdienstentganges zur Hälfte ab, desgleichen den Anspruch der zweitklagenden Partei zu ¼.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes mit einer Ausnahme. Das Erstgericht hatte nämlich angenommen, dass der Beklagte die Geschwindigkeit des vom Zweitkläger gelenkten Lieferwagens nicht richtig eingeschätzt habe. Das Berufungsgericht hat diese Feststellung als mit den für das Erstgericht verbindlichen Feststellungen des Strafurteiles unvereinbarlich beseitigt. „Da der Beklagte den herankommenden klägerischen Kraftwagen erst mitten auf der Kreuzung bemerkte, konnte er nicht vorher mit irgendeiner Geschwindigkeit dieses Kraftwagens gerechnet haben." Das Berufungsgericht erachtete die vom Erstgericht vorgenommene Aufteilung des Verschuldens im Verhältnis von 1:3 für gerechtfertigt, da sich der Beklagte durch die Außerachtlassung des Vorrangs einen ungleich schwereren Verstoß gegen die Verkehrsvorschriften habe zuschulden kommen lassen als der Zweitkläger, dem nur eine Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit um ungefähr 15 km/h zur Last fällt.

Das Berufungsgericht beschäftigte sich bei Prüfung des Berufungsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung auch mit der eben wiedergegebenen Ansicht des Erstgerichtes, dass es sich bei allen von den Klägern geltend gemachten Ansprüchen um einen einheitlichen Anspruch handle. Das Berufungsgericht teilte diese Ansicht nicht, sondern nahm mehrere selbständige Ansprüche an und sprach die Ansicht aus, dass für die Fällung eines Zwischenurteils erforderlich wäre, dass hinsichtlich jedes Teilanspruches ein, wenn auch nur geringer, Schaden entstanden sei. Da aber dies die Fällung eines Teilurteils zur Voraussetzung habe, habe das Ersturteil „obwohl es dies nicht wollte, im Urteil ausgesprochen, dass hinsichtlich jedes Teilanspruches ein wenn auch geringer Schaden entstanden sei". Dadurch, dass der Berufungswerber das Urteil nur insofern angefochten habe, als der Klagsanspruch mit mehr als der Hälfte zu Recht bestehend erkannt wurde, stehe rechtskräftig fest, dass der Klagsanspruch dem Grunde nach zur Hälfte begründet sei und dass die Kläger die von ihnen geltend gemachten Schäden (offenbar zur Hälfte) wirklich erlitten haben. Dies gelte auch für den Anspruch der erstklagenden Partei auf Verdienstentgang, obwohl es sich dabei um das Begehren eines Ersatzes für mittelbaren Schaden handle, der nur dort begehrt werden könne, wo ihm das Gesetz ausdrücklich zulasse. Daraus ergebe sich, dass der Erstkläger den behaupteten Schaden infolge Verdienstentganges nicht geltend machen könne; da aber der Beklagte den gesamten Klagsanspruch und damit auch diesen Teilanspruch hinsichtlich des Zurechtbestehens zur Hälfte nicht angefochten habe, sei in diesem Umfang Rechtskraft eingetreten und könne das Berufungsgericht über diesen Teilanspruch nur im Umfang der Anfechtung erkennen.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird von der beklagten Partei insoweit angefochten, als der Klagsanspruch mit mehr als der Hälfte, die Gegenforderung der beklagten Partei aber mit weniger als der Hälfte zu Recht bestehend erkannt und im Urteil eine Aufteilung des Schadens der erstklagenden Partei in Sachschaden und Verdienstentgang gemacht werde. Als Revisionsgründe macht die beklagte Partei Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Sie beantragt, das angefochtene Berufungsurteil dahin zu ändern, dass der Klagsanspruch nur mit der Hälfte, ihre Gegenforderungen aber ebenfalls mit der Hälfte zu Recht bestehend erkannt werden und dass eine Aufteilung des Schadens der erstklagenden Partei unterbliebe. Für den Fall der Nichtstattgebung dieses Antrages beantragt die beklagte Partei, das Urteil des Berufungsgerichtes aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht oder das Gericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung unter Zugrundelegung der tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Erstgerichtes zurückzuverweisen. Auch die erstklagende Partei erhebt Revision unter Geltendmachung der Revisionsgründe der Aktenwidrigkeit, der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Unrichtigkeit der rechtlichen Beurteilung, und zwar insoweit, als der Klagsanspruch der erstklagenden Partei auf Ersatz für Verdienstentgang mit weniger als ¾ dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannt und demnach vom Klagebegehren der erstklagenden Partei mehr als 5.517,75 S abgewiesen worden sei. Die erstklagende Partei beantragt Abänderung des Berufungsurteiles in diesem Sinne. In ihrer Revisionsbeantwortung haben die klagenden Parteien die Zulässigkeit der Revision der beklagten Partei bestritten.

Rechtliche Beurteilung

A. Zulässigkeit der Revision der beklagten Partei:

Die Revision der beklagten Partei gegen den über das Klagebegehren des Zweitklägers absprechenden Teil des Zwischenurteils des Berufungsgerichtes ist unzulässig. Die beklagte Partei hat das über den Klagsanspruch in der Höhe von 17.200 S ergangene erstinstanzliche Zwischenurteil mit Berufung nur insoweit angefochten, als die Klagsforderung mit mehr als der Hälfte und die von der beklagten Partei aufrechnungsweise geltend gemachte Gegenforderung mit weniger als der Hälfte zu Recht bestehend erkannt worden ist. Der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht zu entscheiden hatte, betrug daher nur mehr ¼ des erhobenen Anspruches, lag daher unter der Revisionsgrenze. Es liegen auch gleichförmige Entscheidungen vor; denn der Umstand, dass das Berufungsgericht sich nicht darauf beschränkte, das ein Viertel des Anspruches des Zweitklägers dem Grunde nach als nicht zu Recht bestehend zu erklären, sondern dieses Viertel des Anspruches sogleich mit Teilurteil abwies, bedeutet gegenüber dem Zwischenurteil der ersten Instanz keine sachliche Änderung, sondern nur eine Änderung der Formulierung. Die Auffassung der beklagten Partei, dass für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision die Ansprüche der beiden klagenden Parteien zusammenzurechnen seien, trifft nicht zu, weil zwischen den Klägern nicht eine Streitgenossenschaft nach § 11 Abs 1 ZPO besteht (vgl Judikat 56 neu und JBl 1955 S 541). Im Übrigen ist aber die Revision der beklagten Partei im Blick auf § 502 Abs 3 ZPO zulässig. Die Auffassung der Kläger über die Unzulässigkeit der Revision der beklagten Partei, soweit sich diese gegen die Teilung der Ansprüche des Erstklägers in dem Zwischenurteil des Berufungsgerichtes wehrt, trifft nicht zu, weil, worüber noch später zu sprechen sein wird, die Änderung des erstgerichtlichen Zwischenurteiles durch das Berufungsgericht in dem Sinne, dass der Anspruch der erstklagenden Partei auf „Verdienstentgang" mit bloß der Hälfte als zu Recht bestehend erkannt wurde, gegenüber dem erstinstanzlichen Zwischenurteil nur optisch eine Änderung zugunsten der beklagten Partei, in Wahrheit aber eine Änderung zuungunsten der beklagten Partei bedeutet.

B. Zur Frage der Begründetheit der Revision der beklagten Partei:

Die beklagte Partei wendet sich, was aus ihrer Anfechtungserklärung mit voller Deutlichkeit hervorgeht, einerseits dagegen, dass nicht ein gleichteiliges Mitverschulden des Zweitklägers angenommen wurde, sowie dagegen, dass das Berufungsgericht entgegen dem Erstgericht, das über die Frage der Gebührlichkeit eines Ersatzes für den von der erstklagenden Partei behaupteten Verdienstentgang erst im Nachverfahren über die Höhe des Anspruches entscheiden wollte, über den grundsätzlichen Bestand dieses Anspruches bereits in dem Urteil über den Grund, und zwar in der Art erkannt habe, dass auch dieser Anspruch, allerdings nur zur Hälfte, zu Recht bestünde. Soweit die Revision der beklagten Partei das Berufungsurteil in dieser Hinsicht bekämpft, ist sie begründet; soweit sie gegen die Beurteilung des Schadenersatzanspruches nach § 1304 ABGB, also die Verschuldensteilung im Verhältnis von 1:3 zu Ungunsten des Beklagten gerichtet ist, muss ihr Berechtigung abgesprochen werden. Wie bereits erwähnt, ist das Erstgericht bei Fällung seines Zwischenurteils davon ausgegangen, dass nicht geprüft zu werden brauchte, ob der Anspruch der erstklagenden Partei auf Ersatz von „Verdienstentgang", (den das Berufungsgericht als Anspruch auf Ersatz mittelbaren Schadens gewertet hat), überhaupt zu Recht bestehe, weil die Ansprüche der klagenden Parteien aus demselben Unfall abgeleitet werden und daher ein einheitlicher Anspruch aus einem Rechtsgrund vorliege. Das Berufungsgericht hat nun mit der Begründung, dass es, woferne die rechtliche Beurteilung bekämpft werde, das erstinstanzliche Urteil rechtlich nach allen Richtungen zu überprüfen habe und daher auch die Beurteilung der klägerischen Ansprüche als eines einheitlichen Anspruches seiner Kontrolle unterliege, in Abweichung vom Ersturteil angenommen, dass mehrere selbständige Ansprüche geltend gemacht würden. Das Berufungsgericht war ferner der Ansicht, dass über mehrere selbständige Ansprüche nur dann ein stattgebendes Zwischenurteil gefällt werden dürfe, wenn für jeden Anspruch feststünde, dass er, wenn auch nur zum Teil, ein Schadenersatzbegehren rechtfertige. Dabei hat das Berufungsgericht aber übersehen, dass die Frage, was in das Verfahren über den Grund des Anspruches und was in das Nachverfahren über seine Höhe gehört, nicht das materielle Recht, sondern die Anwendung von Verfahrensvorschriften betrifft. Verfahrensrechtliche Verstöße dürfen aber vom Rechtsmittelgericht nur wahrgenommen werden, wenn der Verstoß in der Berufung gerügt worden ist. Die in der Entscheidung JBl 1956 S 314 ausgesprochenen Grundsätze, auf die das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Frage der Bindung des Zivilgerichtes an ein Strafurteil nach § 268 ZPO verweist, gelten auch hier, wo es sich um die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Zwischenurteils nach § 393 ZPO handelt. Das Berufungsgericht war daher nicht berechtigt, diese Frage, die nicht zur rechtlichen Beurteilung gehört, von Amts wegen aufzugreifen. Noch weniger konnte das Berufungsgericht, was aber nur nebenbei bemerkt sei, das Ersturteil in einem mit den sich aus den Gründen ergebenden Absichten des Erstrichters schlechthin widersprechenden Sinn, nämlich dahin auslegen, dass der Erstrichter auch den Bestand der Forderung der erstklagenden Partei auf Ersatz von „Verdienstentgang" festgestellt habe. Die Revision der beklagten Partei, die die gesonderte Behandlung dieses Anspruches unter dem Gesichtspunkt der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit und der rechtlichen Beurteilung bekämpft, ist daher im Sinn des ersten Anfechtungsgrundes berechtigt. Die Frage, ob es sich bei den von der erstklagenden Partei erhobene Ansprüchen um eine einheitlichen Anspruch oder mehrere selbständige Ansprüche handelt, muss bei dieser Sachlage ebenso auf sich beruhen wie die weitere Frage, ob der Anspruch auf Ersatz für den von der erstklagenden Partei so genannten Verdienstentgang, weil nur aus der gesundheitlichen Schädigung des Zweitklägers abgeleitet, den Ersatz mittelbaren Schadens zum Inhalt hat oder ob, was von beiden Parteien behauptet wird, unter diesem Gesichtspunkt auch Ersatz für das Nichtzurverfügungstehen des Lieferwagens von der erstklagenden Partei begehrt werden wollte. Wenn dem Erstgericht, wie das Berufungsgericht vermeint, ein Fehler in der Richtung unterlaufen ist, dass eine den Grund des Anspruches betreffende Frage im Verfahren über den Grund nicht behandelt worden ist, so kann und muss diese Frage natürlich im Nachverfahren behandelt und entschieden werden (vgl Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozessrechts6, S 234, Warmeyer, Rechtsprechung 1910/499, 1915/36).

Die vom Berufungsgerichte in Übereinstimmung mit dem Erstgericht vorgenommene Verschuldensteilung im Verhältnis von 1:3 zuungunsten des Beklagten bekämpft dieser unter Heranziehung der Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit und der Unrichtigkeit der rechtlichen Beurteilung; es liegt aber in Bezug auf die Verschuldensteilung keiner dieser Revisionsgründe vor. Die Revision findet eine Mangelhaftigkeit darin, dass das Berufungsgericht ohne Beweiswiederholung von der Feststellung abgegangen sei, es habe der Beklagte das Tempo des auf der Salzkammergut-Bundesstraße von links auf ihn zukommenden Lieferwagen der erstklagenden Partei nicht richtig abgeschätzt und dass das Berufungsgericht seinerseits festgestellt habe, dass der Beklagte die Vorrangstraße überhaupt nicht beachtet habe. Da sich aber, was bereits zutreffend im Berufungsurteil ausgeführt wurde, das Erstgericht mit seiner Feststellung im Widerspruch mit dem die Schuld des Beklagten betreffenden, für das Zivilgericht bindenden Feststellungen des Strafgerichtes in Widerspruch gesetzt hatte, war das Berufungsgericht berechtigt, die Annahmen des Erstgerichtes in Einklang mit den Feststellungen des Strafurteiles zu bringen; eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit des Verfahrens ist dem Berufungsgericht hiebei nicht unterlaufen, weil die Beweiswürdigung von vornherein durch die Vorschrift des § 268 ZPO begrenzt war. Das Strafgericht hatte aber, und diese Feststellung war für das Zivilgericht verbindlich, festgestellt, dass der Beklagte den vom Zweitkläger gelenkten Lieferwagen der erstklagenden Partei erst bemerkte, als er, der Beklagte, der das Vorrangszeichen offenbar übersehen hatte, sich mitten auf der Kreuzung befunden hat. Die Rüge der Aktenwidrigkeit wird von der Revision des Beklagten damit begründet, dass das Berufungsgericht angenommen habe, es hätte der Beklagte die Vorrangstraße überhaupt nicht beobachtet, während in dem Strafurteil nur festgestellt werde, dass der Beklagte eine Beobachtung nach links, also in der Richtung, aus der der Zweitkläger kam, unterlassen habe. Wie aber von der Revisionsbeantwortung der Kläger ausgeführt wird, ist dieser Umstand für die rechtliche Beurteilung ganz ohne Bedeutung, denn es kommt nur darauf an, ob dem Beklagten Unterlassungen angelastet werden können, die für den Unfall ursächlich waren. Es ist daher ohne Belang, ob der Beklagte die Vorrangstraße nach rechts beobachtet hat, wenn er einen Zusammenstoß mit einem von links kommenden Verkehrsteilnehmer zu verantworten hat. Auch mit der Rechtsrüge kann der Beklagte nicht gehört werden. Der Oberste Gerichtshof folgt der Auffassung der Vorinstanzen, dass die Nichtbeachtung des Vorrangs des Zweitklägers durch den Beklagten ungleich schwerer wiegt als die Überschreitung der für verbautes Gebiet vorgesehenen Geschwindigkeitsbeschränkung, die sich der Zweitkläger hat zuschulden kommen lassen. Der Oberste Gerichtshof folgt dem Berufungsgericht in der Annahme, dass im Dezember, also zu einer Zeit, da der Kurbetrieb in Gmunden lahmliegt, eine Herabminderung der Geschwindigkeit nach § 91 Abs 6 KFV 1947 nicht geboten war. Wenn die beklagte Partei das Vorliegen besonderer Verhältnisse im Sinne der erwähnten Bestimmung hätte behaupten wollen, so hätte sie ihre Behauptungen in den Vorinstanzen aufstellen müssen. In der Revision ist dies nicht mehr möglich. Es trifft auch die Rechtsansicht der beklagten Partei nicht zu, dass sich der Zweitkläger eines fahrtechnischen Fehlers dadurch schuldig gemacht hätte, dass er im Moment des Zusammenstoßes versuchte, nach links auszuweichen. Das Erstgericht hat dem Gutachten des Sachverständigen folgend festgestellt, dass die Reaktionshandlungen des Zweitklägers, der sobald er den Beklagten auf der Kreuzung erblickte, scharf bremste und nach links abbog, durchaus richtig waren, weil es an einem Gegenverkehr fehlte und der Zweitkläger damit rechnen konnte, es werde der Beklagte am Ende doch den Vorrang beachten und stehen bleiben.

Die Vorschrift des § 17 Abs 1 Satz 2 des KfzVerkG kommt für die rechtliche Beurteilung nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes im vorliegenden Fall überhaupt nicht in Betracht, weil, was schon aus der Höhe des Begehrens der Erstklägerin auf Ersatz von Sachschaden und der unter dem gleichen Titel eingewendeten Gegenforderung des Beklagten hervorgeht, die beiderseitigen Ansprüche nicht auf das KfzVerkG, sondern auf das Schadenersatzrecht des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gestützt werden. Die Bestimmungen des § 17 Abs 1 des KfzVerkG stimmen mit den Grundsätzen des § 254 BGB überein, die auch für den Bereich des deutschen bürgerlichen Rechtes die Schadensteilung bei eigenem Verschulden des Beschuldigten auf die Verursachung abstellen. Es kann daher die Rechtsprechung deutscher Gerichte über die Anwendbarkeit des § 17 Abs 1 Satz 2 des KfzVerkG bei schuldhaft herbeigeführten Verkehrsunfällen für die nach österreichischem Recht zu beurteilenden Fälle nicht herangezogen werden. Denn das ABGB stellt in § 1304 nicht auf die Verursachung sondern auf das Verschulden ab.

C. Zur Revision der erstklagenden Partei:

Wie der Oberste Gerichtshof bereits zu B. ausgeführt hat, ist die Frage, ob die erstklagende Partei unter dem Gesichtspunkt eines Verdienstentganges überhaupt Ersatz begehren kann, oder ob es sich vielmehr hiebei um das unzulässige Begehren nach Ersatz von mittelbarem Schaden handelt, im Nachverfahren zu prüfen. Es ist daher auch der den Verdienstentgang der erstklagenden Partei betreffende Teil des Grundurteils des Erstgerichtes nicht, wie das Berufungsgericht angenommen hat, bezüglich der Hälfte des Verdienstentganges in Rechtskraft erwachsen. Es war daher auch aus Anlass der Revision der erstklagenden Partei der den Verdienstentgang der erstklagenden Partei heraushebende Teil des Berufungsurteils im Sinne der erstinstanzlichen Entscheidung zu ändern, womit allerdings ein sachlicher Erfolg für die erstklagende Partei nicht verbunden ist.

Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 393 Abs 4 ZPO und § 52 Abs 2 ZPO.

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