OGH 1Ob321/54

OGH1Ob321/546.5.1954

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie die Räte des Obersten Gerichtshof Dr. Kralik und Dr. Fellner und die Räte des Oberlandesgerichts Dr. Stanzl und Dr. Zierer als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Karoline A*****, infolge Revisionsrekurses des Erben Matthias A*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 6. März 1954, AZ 3 R 241/54, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Leibnitz vom 23. Februar 1954, GZ A 638/53-15, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der Beschluss des Rekursgerichts dahin abgeändert, dass der öffentliche Notar Dr. Hermann S***** unter Setzung einer Frist von sechs Wochen nur mit der Errichtung eines Inventars und der Schätzung des Nachlasses beauftragt wird und dass dem Vertreter des eingesetzten Erben zur Abgabe der Erbserklärung und zur Stellung der Schlussanträge vom Erstgericht angemessene Fristen zu setzen sind.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Erblasserin hat in ihrem Testament ihren Gatten zum Alleinerben eingesetzt und ihren Sohn Clemens K***** auf den Pflichtteil gesetzt. Der eingesetzte Erbe hat Dr. Leo K***** Vollmacht erteilt und in einer als Antrag auf Zuweisung des Verlassenschaftsakts zur Durchführung der schriftlichen Verlassenschaftsabhandlung an Dr. Leo K***** bezeichneten Eingabe den Antrag gestellt, ihm zur Abgabe der Erbserklärung und zur Vorlage der schriftlichen Verlassenschaftsabhandlung eine Frist zu bewilligen. Für den verschollenen Clemens K***** wurde ein Abwesenheitspfleger bestellt, der die Inventierung und Schätzung des Nachlasses beantragte.

Das Erstgericht hat den Antrag, den Verlassenschaftsakt dem Vertreter des Erben zur Durchführung der schriftlichen Abhandlung zuzuweisen, abgewiesen und den Akt dem Notar zur Abhandlungspflege zugewiesen. Der eingesetzte Erbe hat in seinem Rekurs beantragt, den Beschluss des Erstgerichts dahin abzuändern, dass dem Notar lediglich die Inventur und Schätzung des Nachlasses, sodann aber die Wiedervorlage des Aktes an das Verlassenschaftsgericht aufgetragen werde, welches zur Vorlage der Erbserklärung und der schriftlichen Verlassenschaftsabhandlung dem Erbenmachthaber eine Frist zu setzen haben wird.

Dem Rekurs wurde nicht Folge gegeben. Das Rekursgericht ist der Meinung, dass eine schriftliche Abhandlungspflege nur möglich ist, wenn alle am Abhandlungsverfahren Beteiligten, im gegebenen Falle auch der Vertreter des Noterben, einen diesbezüglichen Antrag stellen. In seinem Revisionsrekurs beantragt der Erbe die Entscheidung des Erstgerichts in dem in seinem Rekurs beantragten Sinne abzuändern.

Die Entscheidungen der Untergerichte sind im Sinne des § 16 AußStrG offenbar gesetzwidrig. Das Recht eines Erben, seine Erbserklärung und die sonstigen von ihm zu stellenden Anträge und Nachweisungen nach § 117 AußStrG schriftlich zu erbringen, wird nicht dadurch berührt, dass andere an der Abhandlung beteiligte Personen nicht ebenfalls bereit sind, ihre Anträge schriftlich zu stellen. Es wäre also selbst, wenn der Noterbe im gleichen Sinne wie der eingesetzte Erbe als am Verlassenschaftsverfahren beteiligt anzusehen wäre, dem eingesetzten Erben eine Frist zur Abgabe der Erbserklärung und zur Erbringung der ihm sonst obliegenden Anträge und Nachweisungen (Schlussanträge) zu setzen gewesen. Erst wenn die Eingaben im Sinne des § 3 Abs 2 Satz 2 RGBl Nr 120/1860 als ungeeignet befunden würden, könnte der Notar mit der Aufnahme der Anträge und Nachweisungen betraut werden.

Dem Notar war also zunächst nur die Vornahme der Inventur und Schätzung aufzutragen. Ob nach Vorlage der Schlussanträge noch weitere abhandlungsbehördliche Schritte notwendig sein werden, an denen der Noterbe allenfalls unter Heranziehung eines Notars als Gerichtskommissär zu beteiligen ist, kann derzeit noch nicht beurteilt werden. Wenn der vom Erben erbrachte Pflichtteilsausweis derart ist, dass das Gericht keine Bedenken gegen denselben hegt, und wenn der Erbe die Zustimmung des Vertreters des Noterben zum Ausweis und zur Art der Sicherstellung des Pflichtteils nachweist, werden sich wohl weitere abhandlungsbehördliche Schritte erübrigen, die einem Gerichtskommissär übertragen werden könnten.

Dem Revisionsrekurs war also Folge zu geben und wie aus dem Spruch ersichtlich zu beschließen.

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