ASG Wien 21Cga203/03f

ASG Wien21Cga203/03f9.9.2004

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Arbeits- und Sozialgericht Wien erkennt durch den Richter Mag. Andreas Freundorfer und die fachkundigen Laienrichter Friedrich MINIHOFER und Eveline HIPPEL in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei F*****, Expeditarbeiter, P*****, vertreten durch Dr. Georg GRIEßER, Dr. Roland GERLACH, Dr. Sieglinde GAHLEITNER, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Köllnerhofgasse 6/1/2, wider die beklagte Partei M***** GmbH Co KG, M*****, vertreten durch KORN FRAUNENBERGER Rechtsanwälte OEG in 1040 Wien, Argentinierstraße 20/1/3, wegen €

9.235,48 s.A., nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:

 

Spruch:

1.) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei € 9.235,48 brutto samt 10,2% Zinsen ab 30.12.2002 zu b e z a h l e n .

2.) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit €

3.930,10 (darin enthalten € 561,18 an USt. und € 563,00 an Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu e r s e t z e n .

Entscheidungsgründe:

Text

Mit der Klage vom 16.10.2003 begehrte der Kläger insgesamt € 9.235,48 brutto samt 10,2% Zinsen ab 30.12.2002 als Abfertigung von der beklagten Partei. Außer Streit gestellt wurde der Beschäftigungszeitraum des Klägers bei der beklagten Partei von 6.8.1992 bis 28.3.2003.

Die Höhe des Klagebegehrens steht gemäß § 267 ZPO außer Streit (vgl. Erörterung AS 85).

Der Kläger brachte vor, seine Beschäftigung sei zeitlich in einer Dichte angeordnet gewesen, dass von einem durchgehenden Arbeitsverhältnis auszugehen sei. Er habe vier bis fünf Tage die Woche gearbeitet. Dies könne man auch der Anmeldung bei der Sozialversicherung entnehmen, bei der er als Arbeitnehmer und nicht als frier Dienstnehmern gemeldet gewesen sei. Der Kläger sei voll in dem Betrieb eingebunden gewesen und habe nach genauen Anweisungen und einer Einschulung die Arbeit zu erledigen gehabt. Die Lohnabrechnung und Zahlung sei monatlich erfolgt. Die Entlohnung habe sich nach dem Kollektivvertrag für Expeditarbeiter und Aushelfer im grafischen Gewerbe gerichtet.

Weiters brachte der Kläger vor, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis auf "Bedarf" gehandelt habe und es bei der beklagten Partei so gehandhabt worden sei, dass ein Arbeitnehmer, der mehrmals unentschuldigt nicht gekommen sei, aus dem Pool von Expeditaushelfern herausgenommen worden sei. Der Arbeitnehmer habe daher mit der Sanktion des Verlustes von Arbeitangeboten zu rechnen, wenn er ohne hinreichende Begründung der Arbeit ferngeblieben sei. er Kläger habe zwar fallweise Dienste getauscht, aber er habe nie einen Dienst abgelehnt, wenn er am Dienstplan eingeteilt gewesen sei. Er sei in den zehn Jahren nur einmal im Krankenstand gewesen, weil er sich den Fuß gebrochen hatte. Ansonsten sei er auch im kranken Zustand in die Arbeit gegangen, da er ja nur bezahlt worden sei, wenn er gearbeitet habe.

Die Auflösung des Dienstverhältnisses sei durch Kündigung erfolgt. Der Kläger habe ein schriftliches Kündigungsschreiben erhalten. Davor sei nicht über die Kündigung gesprochen worden. Weiters sei nicht richtig, dass er zweimal wegen Trunkenheit nicht zum Dienst erschienen sei.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren, beantragte Klagsabweisung und führte dazu aus, dass die Beschäftigung des Klägers bloß tageweise erfolgt sei und sich auf einen freien Dienstvertrag gestützt habe und nicht auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Die Expeditaushelfer hätten die Möglichkeit aus dem provisorischen Dienstplan ihre Arbeitszeiten zu ersehen und diese telefonisch entweder zu bestätigen oder abzusagen. Der Dienstplan sei somit nur provisorischer Natur. Es sei den Arbeitnehmern frei gestanden sich nur zu bestimmten Zeiten oder überhaupt nicht zur Verfügung zu halten, ohne dass dies zu Konsequenzen geführt habe. Es sei sogar auf die Wünsche der Dienstnehmer Rücksicht genommen worden. Es habe die Möglichkeit bestanden jederzeit 3 Monate oder auch länger auf Urlaub zu gehen, ohne dass dies einer Rücksprache bedurft hätte. Es sei auch keine persönliche Dienstpflicht zwischen dem Kläger und der beklagten begründet worden, da der Kläger sich jederzeit hätte vertreten lassen können.

Erst seit 07.01.2003 sei mit dem Kläger ein durchgehendes Teilzeitbeschäftigungsverhältnis vereinbart worden. Der Kläger habe aber wegen Trunkenheit seinen Dienst zweimal nicht antreten können. Deshalb hätte er entlassen werden sollen. Auf Ersuchen des Klägers sei allerdings von einer Entlassung Abstand genommen worden und sei stattdessen eine Kündigung ausgesprochen worden.

Beweise wurden erhoben

durch Parteienvernehmung des Klägers (ON 23 AS 105ff.) sowie durch Vernehmung der Zeugen E***** und W***** (ON 23 AS 97ff.) sowie durch Verlesung der Protokolle der Vernehmung des Zeugen H***** in den Verfahren zu 11 Cga 304/02w (AS 77) und 19 Cga 63/00k (AS 42) des LG Salzburg gemäß § 281a Abs 1 Z 1 ZPO,

durch Einsichtnahme in die vorgelegten Urkunden, und zwar ein Versicherungsdatenauszug der Wiener Gebietskrankenkasse des Klägers (Beilagen ./B), ein Konvolut von Gehaltsabrechnungsbelege des Klägers (Beilage ./C), ein Kündigungsschreiben der Beklagten an den Kläger vom 10.03.2003 (Beilage ./F), eine Erklärung des Klägers zu den Diensteinteilungs- und Arbeitsmodalitäten (Beilage ./1) ein Muster einer Urlaubsmeldung (Beilage ./2), Konvolut von Urlaubs- und Abwesenheitsmitteilungen (Beilage ./3), ein Organigramm des I*****-Systems (Beilage ./4), sowie in die beigeschafften Akten 11 Cga 304/02w des LG Salzburg, 19 Cga 63/00k des LG Salzburg, 35 Cga 120/02s des LG für ZRS Graz, GZ 3 Cga 271/94g des ASG Wien, GZ 30 Cga 224/02h des ASG Wien und GZ 13 Cga 212/97h des ASG Wien.

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

Der Kläger war ausschließlich im Druckzentrum S***** der beklagten Partei M***** GmbH Co KG als Expeditaushilfearbeiter tätig. Seine Aufgabe lag vorwiegend darin, Zeitungsbeilagen in eine Maschine, die die Beilagen den Zeitungen automatisch zuführte, bei Bedarf einzulegen. Die Einschulungszeit an dieser Maschine betrug nicht mehr als 15 Minuten. Manchmal musste er auch Zeitungen auf Paletten schlichten, sie etikettieren und Abtragsarbeiten durchführen (Zeugenvernehmung ON 23, AS 97).

Der Kläger fing am 6.8.1992 bei der beklagten Partei als Expeditaushelfer an. Der Kläger war einer von 150 Mitarbeitern im Expedit. Über die Art des Vertragsverhältnisses zwischen der klagenden und der beklagten Partei wurde nicht gesprochen. Es gab nur ein Blatt mit seinen persönlichen Daten (Zeugenvernehmung ON 23 AS 97f.). Er war durchschnittlich viermal die Woche bei der beklagten Partei beschäftigt. Er arbeitete vorwiegend nachts und war daher für jede Schicht jeweils 2 Tage bei der Sozialversicherung als Arbeiter angemeldet (Beilage ./B). Eine Schicht dauerte sechs Stunden. Manchmal kam es in den letzten Jahren vor, dass die Schicht eine halbe oder eine ganze Stunde l länger gedauert hat, in früheren Jahren dauerten Schichten fallweise bis 04.00 oder 05.00 Uhr früh. (Zeugenvernehmung ON 23, AS 97f.).

Der Expeditleiter hat die Arbeitskräfte zur Schichtarbeit eingeteilt und dazu wöchentlich einen Dienstplan erstellt. Aus diesem Dienstplan konnte der Expeditaushelfer ersehen, an welchen Tagen und zu welcher Uhrzeit er seinen Dienst antreten soll. Wenn der Kläger dann den Dienst angetreten hat, hat der Expeditleiter ihm mitgeteilt auf welcher Position er arbeitet (Zeugenvernehmung ON 23, AS 99 unten). Wollte oder konnte der Kläger an bestimmten Tagen den Dienst nicht antreten, hatte er die Möglichkeit dies dem Expeditleiter vor Erstellung des Dienstplanes mitzuteilen (Parteienvernehmung ON 23 AS 106). Nach Erstellung des Dienstplanes bestand die Möglichkeit den Dienst mit einem Arbeitskollegen aus dem Expeditaushelferpool zu tauschen, allerdings nur nach Absprache mit dem Expeditleiter. Der Kläger konnte auch über das telefonisch abrufbare Computersystem (I*****-System) die Arbeitsschicht annehmen oder ablehnen, allerdings immer nur für den darauf folgenden Tag. Bei jedem Anruf musste jeder Mitarbeiter einen persönlichen Code eingeben und sodann das Arbeitsanbot bestätigen oder ablehnen. Die Dienstnehmer richteten sich in der Regel nach Dienstplan.

Wenn der Arbeitnehmer öfter als andere zur Verfügung stand, dann wurde er auch öfter eingeteilt (Zeugenvernehmung ON 23 AS 99). Hingegen wurde jenen, die zu oft den Dienst abgesagt haben, dann kein Dienst mehr angeboten (Zeugenvernehmung ON 23 AS 102). Der Kläger hatte nie vom Ablehnungsrecht eines Dienstes Gebrauch gemacht, weil er nur, wenn er gearbeitet hat, bezahlt wurde, und da er nur bei der beklagten Partei beschäftigt war, den Lohn zur Bestreitung seines Lebensunterhalts brauchte. Er hat es auch vermieden Dienste abzulehnen, damit er weiterhin so oft zu Diensten eingeteilt wurde. Er hat sich hin und wieder nach Absprache mit dem Expeditleiter von Arbeitskollegen vertreten lassen. die Vertretung musste jedoch ein Expeditaushelfer aus dem Arbeitskräftepool sein (Parteienvernehmung ON 23 AS 106).

Der Kläger musste seine Urlaube, wenn auch nur formlos, dem Expeditleiter schriftlich 14 Tage vorher mitteilen, damit er in der Zeit nicht im Dienstplan berücksichtigt wird (Parteienvernehmung ON 23 AS 106). Ein Grund für das Fernbleiben war nicht anzugeben und auch eine Bestätigung für Krankenstände war nicht zu erbringen. Entlohnt wurde der Kläger nach dem Kollektivvertrag für Expeditarbeiter und -aushelfer im grafischen Gewerbe. Die Lohnabrechnung erfolgte monatlich (Beilage ./C).

Im Dezember 1996 erhielt der Kläger ein Schreiben von der beklagten Partei mit folgendem Inhalt:

Sehr geehrte Mitarbeiterin! Sehr geehrter Mitarbeiter"

Für Ihre Tätigkeit als Expeditaushilfe, bzw. Einleger(in) möchten wir zwecks Klarstellung und verbindlicher Information folgendes festhalten:

Sie haben als nicht ständig beschäftigter Mitarbeiter selbstverständlich das Recht, eine angebotene Tätigkeit abzulehnen. Die täglichen Angebote können Sie über unser spezielles Telephonservice abfragen.

Gleichermaßen steht Ihnen das Recht zu, sich bei Verhinderung von einer geeigneten Person vertreten zu lassen, bzw. der Expeditleitung eine(n) Vertreter(in) zu nominieren. Selbstverständlich kommt dafür nur jemand in Frage, der berechtigt ist, eine Beschäftigung in Österreich aufzunehmen. sollten Sie nicht in der Lage sein, eine Vertretung zu nominieren, so bitten wir Sie, dies zeitgerecht der Expeditleitung bekanntzugeben.

Im Falle der Vertretung steht der Anspruch auf Lohn selbstverständlich der Vertretung zu, die auch anstelle von Ihnen zur Sozialversicherung angemeldet werden muss.

Grundsätzlich haben Sie Anspruch auf tägliche Auszahlung des Lohnes. Organisatorisch einfacher (auch für Sie) ist natürlich die Lohnauszahlung für längere Perioden, da Sie ja bei täglicher Auszahlung viel Zeit verlieren. Diesbezüglich können sie uns - auch schon mit Rücksicht auf die monatliche Abführverpflichtung von Lohnsteuer und SV-Beiträgen - die Ermächtigung erteilen. Als Expeditaushelfer(in) erhalten sie zuzüglich zu dem Ihnen gebührenden Lohn bei Beendigung der jeweiligen Tätigkeit einen kollektivvertraglich geregelten Zuschlag von 35% ausbezahlt (ausgenommen bei Fremdbeilagen), mit dem u.a. der Anspruch auf Urlaub finanziell abgegolten ist, da Sie ja als nicht ständig Beschäftigter diesen in natura nicht konsumieren können. Es erübrigt sich dadurch auch jeweils die komplizierte "Urlaubsvereinbarung", da Sie ja unserer Zustimmung nicht bedürfen, wenn Sie während Ihres Nicht-Einsatzes jene Zeit als Urlaub konsumieren, für die Sie bereits Entgelt erhalten haben (35% Zuschlag).

Wir ersuchen Sie daher, uns mit Ihrer Unterschrift zu bestätigen, dass Sie diese Informationen zustimmend zur Kenntnis genommen haben und vor allem Ihren Lohn sowie bisher in längeren Perioden abgerechnet haben möchten. Des Weiteren bestätigen Sie, dass die Zeiten Ihres Nicht-Einsatzes der Konsumation des bereits erhaltenen Urlaubsentgeltes dienen.

Dieses Schreiben wurde vom Kläger unterzeichnet. Dieses Schreiben wurde aufgrund von Anfragen, insbesondere vom Betriebsrat, und Missverständnissen bezüglich der Ansprüche der Mitarbeiter, verfasst. Es diente zur allgemeinen Information über das Ablehnungsrecht und zur Klarstellung, dass die Bezahlung monatlich erfolgt (Zeugenvernehmung ON 23 AS 100).

Im Zeitraum zwischen Jahreswechsel und der Kündigung, hatte der Kläger einmal einen Dienst mit Zustimmung des Expeditleiters verschoben und ein weiteres Mal ist er nicht zu seiner Schicht erschienen. Nach Beginn der Schicht hat er telefonisch mitgeteilt, dass er verschlafen hat. Über eine Entlassung wurde mit dem Kläger nicht gesprochen. Einige Zeit nach diesem Vorfall wurde am 28.3.2004 das Dienstverhältnis durch den Dienstgeber schriftlich aufgekündigt (Parteienvernehmung ON 23 AS 107f).

Nicht festgestellt werden konnte, dass es im Jänner 2004 zu einer Änderung des Dienstverhältnisses in ein Teilzeitarbeitsverhältnis gekommen ist. Weiters konnte nicht festgestellt werden, dass der Kläger zweimal wegen Trunkenheit nicht zum Dienst erschienen ist.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen beruhen, soweit abgeführt, jeweils auf den in Klammer genannten unbedenklichen Beweismitteln.

Die Feststellungen zum Aufgabenbereich des Klägers und zur Häufigkeit seiner Beschäftigung gründen sich auf die glaubwürdige, lebensnahe und nachvollziehbare Aussage des Klägers. Auch die Feststellungen bezüglich dem Ablehnungs- und Vertretungsrecht der Arbeitnehmer stützen sich auf die Aussage des Klägers. Er schilderte glaubwürdig auch im Einklang mit den übrigen Beweisergebnissen, in welchem Rahmen die Ablehnung eines Dienstes bzw. die Vertretung möglich war. Die Handhabung von Krankenständen und Urlauben werden widerspruchsfrei durch die übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Zeugen E***** begründet. Auch die Feststellungen zum telefonisch abrufbaren Computersystem sind aufgrund der übereinstimmenden Aussagen der klagenden und beklagten Partei widerspruchsfrei gegeben. Auch die Aussage des Zeugen H***** in den Salzburger Parallelverfahren und der Akteninhalt der übrigen verlesenen Akten stimmt mit diesen Beweisergebnissen im Wesentlichen überein. Die Feststellungen bezüglich der Einteilung der Arbeitskräfte und der Erstellung des Dienstplanes stützen sich auf die Angaben des Zeugen. Die Feststellungen bezüglich der Kündigung des Klägers stützen sich auf die Angaben des Klägers, der dem Gericht einen zuverlässigen Eindruck vermittelt.

Rechtlich folgt daraus

Rechtliche Beurteilung

Das Hauptmerkmal eines Arbeitsvertrages ist die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers, die daraus resultiert, dass der Arbeitnehmer in das Ordnungsgefüge des Unternehmens eingebunden ist, insbesondere hinsichtlich der Arbeitszeit, Arbeitsort und Kontrolle. Er ist der funktionelle Autorität des Arbeitgebers unterworfen und ist diesem disziplinär verantwortlich. Der aus der Arbeitsleistung entstehende wirtschaftliche Erfolg kommt seinem Arbeitgeber zu. Ein weiteres wesentliches Kriterium des Arbeitsvertrages ist die persönliche Arbeitspflicht des Arbeitnehmers.

Dem freien Dienstvertrag fehlt diese persönliche Abhängigkeit. Der Arbeitnehmer arbeitet selbständig und ist frei von Beschränkungen und Weisungen. Es steht ihm frei den Ablauf der Arbeit selbst zu regeln und jederzeit zu ändern.

Für das Vorliegen eines Arbeitsvertrages, müssen nicht immer alle genannten Merkmale erfüllt sein. Es zählt das Überwiegen im Sinne eines beweglichen Systems. Die Merkmale können auch unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Auch ist für das Vorliegen eines Arbeitsvertrages nicht auf die Bezeichnung und die Gestaltung des Arbeitsvertrages abzustellen, sondern auf die tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses. die Anmeldung zur Sozialversicherung stellt für das Zustandekommen eines Arbeitsvertrages nur ein Indiz dar. Weiters ist festzuhalten, dass eine regelmäßige, dauernde Dienstleistung das Bestehen eines freien Dienstvertrages nicht ausschließt. Weiters bewirkt eine vereinbarte Vertretungsbefugnis nicht automatisch ein freies Dienstverhältnis.

In Grenzfällen ist zu Gunsten des abhängigen Arbeitsverhältnis zu entscheiden (Günther Löschnigg, Arbeitsrecht, S. 125). Im vorliegenden Fall war der Kläger unzweifelhaft organisatorisch in den Betrieb eingegliedert. Er konnte nur im Betrieb seine Arbeitsleistung erbringen, da es sich um Maschinenarbeit handelte, und auch nur zu bestimmten Zeiten. Sowohl Arbeitsort, als auch Arbeitszeit und die Art und Weise der Verrichtung der Tätigkeit waren vorgegeben. Der Kläger hatte somit nicht die Möglichkeit den Arbeitsablauf selbständig zu regeln oder zu ändern. Er musste sich an die Weisungen der beklagten Partei halten und unterlag ihrer Kontrolle.

Nach gefestigter Rechtsprechung ist ein Arbeitnehmer der jahrelang für eine Vertragspartner tätig war, in dieser Zeit kein anderes Einkommen bezog und nach Stunden entlohn wurde, selbst wenn er nicht alle ihm angebotenen Tätigkeiten angenommen hat, für jene übernommenen Dienste an die konkreten Anweisungen gebunden. Er verpflichtet sich die Tätigkeit in der von der beklagten Partei nach Ort, Zeit und Art festgelegten Weise zu erledigen und erfüllt somit die Merkmale für ein Zustandekommen eines echten Arbeitsvertrages gemäß § 1151 ABGB (8 Ob A 2347/96 x).

Es kann daher auch das Recht, Dienste grundlos abzulehnen, die vorliegenden Merkmale, die für einen echten Arbeitsvertrag sprechen nicht aufwiegen, insbesondere dann nicht, wenn häufiges Ablehnen von Anboten dazu führte, dass der Arbeitnehmer weniger oft vom Expeditleiter zum Dienst eingeteilt würde. Unter Berücksichtigung des existentiellen Interesses des Klägers, da er nur bei der beklagten Partei beschäftigt war, viele Arbeitsanbote zu erhalten, setzte diese Vorgehensweise den Kläger unter Druck so wenig Anbote wie möglich auszuschlagen. Dadurch wurde das Beschäftigungsrisiko auf den Arbeitnehmer überwälzt. Die Gestaltung des Arbeitsverhältnisses orientierte sich somit überwiegend nach dem Bedarf des Arbeitgebers. Die Rechtsprechung besagt auch, dass ein echtes Arbeitsverhältnis gemäß § 1151 ABGB schlüssig zustande kommt, wenn ein Arbeitnehmer, der sich ausschließlich in den Dienst des Vertragspartner stellt und sich nicht darauf beschränkt nur gelegentlich und nebenberuflich für den Vertragspartner zu arbeiten, über Jahre hinweg lückenlos Arbeitsanbote entgegen genommen hat und der Vertragspartner damit rechnen kann, dass ihm der Arbeitnehmer weiterhin kontinuierlich zur Verfügung stehen werde (9 Ob A 48/88).

Eine Vertretungsmöglichkeit war zwar gegeben, aber es musste der Kläger dies durch Absprache mit dem Expeditleiter klären und durfte sich nur von einer Arbeitskraft aus dem Expeditaushelferpool vertreten lassen. Die Möglichkeit Urlaub zu machen so lang und so oft man wollte, kann auch nicht dazu führen, dass das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit zur Gänze vernachlässigt wird. auch die Tatsache, dass der Kläger bei Krankheit nicht verpflichtet war, eine Bestätigung vorzulegen, begründet keinen freien Dienstvertrag. Ein Abwägen der einzelnen Merkmale des Arbeitsverhältnisses muss daher zum Ergebnis führen, das vom Beginn der Tätigkeit des Klägers an ein Arbeitsverhältnis vorgelegen hat.

Das Schreiben der beklagten Partei, welches dem Kläger im Dezember 1996 zur Unterzeichnung vorgelegt wurde, erweckte nicht den Eindruck, dass es sich hierbei um eine Änderung des Vertragsverhältnisses handelt, sondern nur eine Information an die Mitarbeiter darstellt. Es kann also dem Kläger nicht unterstellt werden, dass er mi Unterzeichnung dieses Schreibens eine Änderung bzw. Klarstellung des Arbeitsverhältnisses bewirken wollte.

Die von der beklagten Partei beantragte Vernehmung des Mag. B***** von der Gebietskrankenkasse als Zeugen zum Beweis dafür, dass es zwischen der beklagten Partei und der Gebietskrankenkasse ein Gentlemen Agreement, dazu gegeben hat, dass alle Mitarbeiter als Arbeiter angemeldet werden obwohl sie überhaupt keine Dienstnehmer seien, war durch das Gericht gemäß § 275 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen, da dies für die Qualifizierung des Dienstverhältnisses zwischen klagenden und beklagter Partei unerheblich ist.

Die übrigen von der klagenden Partei beantragten Zeugen mussten nicht vernommen werden, weil die relevanten Prozessbehauptungen der klagenden Partei ohnehin aufgrund der bereits aufgenommenen Beweise im Wesentlichen erwiesen sind. Eine Verwertung der Aussagen dieser Zeugen in den verlesenen Akten gemäß § 281 a ZPO ist nicht zulässig, weil sich die beklagte Partei - im Gegensatz zur Zustimmung zur Verwertung der Aussagen des Zeugen H***** - dagegen erklärt hat. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 ZPO.

Arbeits- und Sozialgericht Wien

1080 Wien, Wickenburggasse 8

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