VwGH Ra 2021/13/0096

VwGHRa 2021/13/009614.8.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Dkfm. B in W, vertreten durch Dr. Peter‑Leo Kirste, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Platzl 5, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 23. März 2021, Zl. RV/7105669/2016, betreffend Umsatzsteuerfestsetzung 10‑12/2015 und 1‑3/2016, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §115 Abs1
BAO §166
UStG 1994 §12 Abs1
62014CJ0516 Barlis 06 VORAB
62020CJ0154 Kemwater ProChemie VORAB
62020CJ0281 Ferimet VORAB

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021130096.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber erzielte im Revisionszeitraum Einkünfte aus der Vermietung einer Liegenschaft in R. Vor Vermietungsbeginn wurden Sanierungsarbeiten an dem Gebäude durchgeführt.

2 Im Zuge einer Außenprüfung wurde der Vorsteuerabzug für zwei Rechnungen der L GmbH und zwei Rechnungen der D GmbH verweigert, weil die Rechnungen bloße Sammelbegriffe enthielten, die UID‑Nummer des Empfängers fehle und auf den Rechnungen der D GmbH auch die UID des leistenden Unternehmers fehle. Das Finanzamt erließ daraufhin entsprechende Umsatzsteuerbescheide.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesfinanzgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Es traf zunächst nähere Feststellungen zu den auf den Rechnungen angeführten Daten. Den Rechnungen sei ein Nachweis über die Gültigkeit der UID‑Nummer beigelegt worden. Den Rechnungen der D GmbH sei außerdem ein Ausdruck einer am 25. Februar 2016 durchgeführten Abfrage in der Gesamtliste der haftungsfreistellenden Unternehmen (HFU‑Gesamtliste) hinzugefügt worden. Über das Vermögen der L GmbH sei mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien aus April 2016 das Konkursverfahren eröffnet worden; der Konkurs sei 2017 nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben und die L GmbH gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht worden. Mit Bescheid des BMF vom 10. März 2016 sei festgestellt worden, dass es sich bei der L GmbH um ein Scheinunternehmen handle. Über das Vermögen der D GmbH sei mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien im Februar 2016 das Konkursverfahren eröffnet worden; der Konkurs sei im Jahr 2017 nach Schlussverteilung aufgehoben und die Firma gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht worden. Die Rechnungen der D GmbH vom 12. Februar 2016 und vom 4. März 2016 seien nach der Konkurseröffnung ausgestellt worden. Sie enthielten keine Unterschrift des ehemaligen Masseverwalters und seien diesem auch nicht bekannt gewesen. Weder seien vom Masseverwalter selbst noch mit seiner Zustimmung Rechnungen der D GmbH ausgestellt worden. Der Ansprechpartner für den Revisionswerber sei hinsichtlich beider Gesellschaften ein gewisser Herr DR gewesen, der von der Maklerin empfohlen worden sei. Von DR sei dem Revisionswerber ein Kostenvoranschlag über den Pauschalpreis von 144.500 € übermittelt worden. Die den strittigen Rechnungen zu Grunde liegenden Leistungen seien erbracht worden. Wer tatsächlich die Arbeiten ausgeführt habe, könne nicht festgestellt werden. Die in den Rechnungen ausgewiesenen Beträge seien vom Revisionswerber bar an DR bezahlt worden. Die in den Rechnungen angeführten Fremdleister seien nicht die tatsächlichen ausführenden Unternehmer oder Empfänger der Beträge gewesen.

4 In der Beweiswürdigung führte das Bundesfinanzgericht aus, der Revisionswerber habe im Zusammenhang mit der gegenständlichen Auftragsvergabe ausschließlich Kontakt zu einer den gegenständlichen Gesellschaften nicht zuordenbaren Person, nämlich DR, gehabt. Weder zum damaligen Gesellschafter‑Geschäftsführer der L GmbH noch zum Gesellschafter‑Geschäftsführer der D GmbH habe ein Kontakt bestanden. DR habe dem Revisionswerber gegenüber den Anschein erweckt, als Bauleiter oder Koordinator, der die nötigen Baufirmen besorgte und beaufsichtigte, zu fungieren. In welcher Eigenschaft DR für die Unternehmen tatsächlich aufgetreten sein solle, habe der Revisionswerber offensichtlich nicht hinterfragt, obwohl DR dem Revisionswerber den Kostenvoranschlag hinsichtlich der zu erbringenden Arbeiten übermittelt habe und auch Empfänger der Barzahlungen für die erbrachten Leistungen gewesen sei. Barzahlungen in der gegenständlichen Größenordnung ‑ zwischen 18.000 € und 84.120 € ‑ seien jedenfalls bereits an sich ungewöhnlich, umso weniger seien solche Zahlungen an eine Person nachvollziehbar, von der der Revisionswerber nicht einmal gewusst habe, ob diese überhaupt bzw. in welcher Funktion sie mit den angegebenen Leistungserbringern in einen Zusammenhang zu bringen gewesen sei. Es sei weder eine Vollmacht noch eine Inkassoberechtigung vorgelegt bzw. behauptet worden. Unverständlich sei auch, dass der Revisionswerber trotz der in den Rechnungen der L GmbH angegebenen Bankverbindung eine Barzahlung, noch dazu in einer durchaus beträchtlichen Größenordnung akzeptiert habe, zumal eine solche Vorgangsweise zweifellos nicht den üblichen geschäftlichen Gepflogenheiten entspreche. Auf dem Kostenvoranschlag seien keinerlei Hinweise darauf enthalten, welchem Unternehmen er zuzurechnen sei; er lasse nicht einmal erkennen, ob er überhaupt von einem Unternehmer erstellt worden sei, zumal das Schreiben weder ein Firmenlogo noch eine Unternehmensbezeichnung aufweise. Anzumerken sei auch, dass die vorgelegten vier Rechnungen der genannten „Fremdleister“, obwohl sie von zwei verschiedenen Unternehmen stammten, die gleichen Schreibfehler aufwiesen. Weiters falle auf, dass beide Rechnungen der L GmbH, sowohl jene vom 6. November 2015 als auch jene vom 23. November 2015, als „1.TeilrechnungsNr.: 0518/2015“ bezeichnet worden seien. Fest stehe, dass der Revisionswerber keinerlei Überprüfungsmaßnahmen hinsichtlich der angeblichen leistungserbringenden Unternehmen, wie etwa Firmenbuchabfrage, persönliche Kontaktaufnahme mit den Geschäftsführern oder Aufsuchen der Geschäftsadresse etc., gesetzt habe. Was die ‑ offensichtlich über Urgenz des Revisionswerbers ‑ von den Unternehmen den Rechnungen beigelegten UID‑Nummernabfragen und den die D GmbH betreffenden Auszug aus der HFU‑Liste betreffe, sei festzuhalten, dass diese Unterlagen keinen Beweis für eine ordnungsgemäße Geschäftstätigkeit bzw. für eine Leistungserbringung durch die rechnungsausstellenden Unternehmen liefern würden. Der Revisionswerber habe nicht angeben können, wer tatsächlich die Bauarbeiten durchgeführt habe. Der Revisionswerber habe die mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom 9. Februar 2021 an ihn gerichteten Fragen nicht beantwortet. Auf Grund der dargelegten Umstände gehe das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die rechnungsausstellenden Unternehmen weder die in den Rechnungen angeführten Leistungen erbracht hätten noch die tatsächlichen Empfänger der Zahlungen gewesen seien. Für eine Nichtzurechnung der mit den angesprochenen Rechnungen fakturierten Leistungen an die genannten Gesellschaften sprächen nicht zuletzt auch die Umstände, dass es sich bei der L GmbH laut Bescheid des BMF vom 10. März 2016 um ein Scheinunternehmen iSd Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes gehandelt habe und dass der ehemalige Masseverwalter der D GmbH von den nach der Konkurseröffnung ausgestellten Rechnungen keine Kenntnis gehabt habe.

5 Rechtlich führte das Bundesfinanzgericht aus, strittig sei, ob dem Revisionswerber der Vorsteuerabzug aus den vier Rechnungen zustehe. Eine Rechnung habe bestimmte Rechnungsmerkmale zu enthalten. Die Rechnungen enthielten großteils bloße Sammelbegriffe. Die gegenüber dem Revisionswerber erbrachten Leistungen seien in den Rechnungen nicht in einer so konkreten Weise umschrieben, dass in Zusammenhang mit den übrigen Verfahrensergebnissen die Überprüfung der Berechtigung des Vorsteuerabzugs sichergestellt sei. Auch fehle in sämtlichen streitgegenständlichen Rechnungen die UID‑Nummer des Empfängers und darüber hinaus in den Rechnungen der D GmbH zusätzlich die UID‑Nummer des Leistungserbringenden. Der EuGH habe in seinen Urteilen zur Bedeutung der Rechnung für den Vorsteuerabzug dieser lediglich eine Dokumentationsfunktion beigemessen, die nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht dazu führen könne, den Vorsteuerabzug nur deshalb zu verweigern, weil die Rechnung nicht die vorgeschriebenen Angaben enthalte; vielmehr könnten die von der Mehrwertsteuerrichtlinie geforderten Angaben auch anders als durch die Rechnung nachgewiesen werden. Entscheidend sei das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen, nämlich wer wann an wen was geleistet habe und zu welchem Entgelt. Dazu habe die Behörde alle ihr vorliegenden Informationen zu berücksichtigen, wobei es dem Steuerpflichtigen obliege, das Vorliegen der für den Vorsteuerabzug erforderlichen materiellen Voraussetzungen nachzuweisen. Gegenständlich sei als erwiesen anzunehmen, dass die L GmbH und die D GmbH die in den strittigen Rechnungen abgerechneten Leistungen nicht erbracht hätten. Wer tatsächlich die Arbeiten durchgeführt habe, könne nicht festgestellt werden. Formelle Unzulänglichkeiten bei der Rechnungslegung führten dann zu keiner Versagung des daraus resultierenden Vorsteuerabzuges, soweit seitens des Steuerpflichtigen das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für die Geltendmachung der Vorsteuern nachgewiesen werden könne. Im vorliegenden Fall sei es dem Revisionswerber jedoch nicht gelungen, das Vorliegen der für einen Vorsteuerabzug erforderlichen materiellen Voraussetzungen nachzuweisen. Seitens des Revisionswerbers seien trotz Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht keine diesbezüglichen Nachweise erbracht bzw. bezughabende Unterlagen vorgelegt worden, die darauf schließen hätten lassen, dass die rechnungsausstellenden Gesellschaften tatsächlich die leistenden Unternehmen der in den strittigen Rechnungen abgerechneten Leistungen gewesen seien. Den vorgelegten Unterlagen (Bestätigungen von UID‑Nummern, Auszug aus der HFU‑Liste) komme lediglich Indizwirkung zu, aus deren Vorhandensein aber noch keinesfalls eindeutig geschlossen werden könne, dass die abgefragten Unternehmen die Leistungen auch tatsächlich erbracht hätten. Welches andere Unternehmen bzw. ob überhaupt ein Unternehmer die Arbeiten an der gegenständlichen Liegenschaft durchgeführt habe, habe nicht festgestellt werden können. Fest stehe jedenfalls, dass der Revisionswerber als Rechnungsadressat von den Ausstellern der Rechnungen keine Leistungen erhalten habe. Da die in den streitgegenständlichen Fakturen abgerechneten Leistungen nicht den angegebenen Unternehmen hätten zugerechnet werden können, lägen die materiellen Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug im gegenständlichen Fall nicht vor.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Bundesfinanzgericht gehe vom Vorliegen von Falschrechnungen aus. Diese Behauptung werde damit begründet, dass der Rechnungsempfänger keinen Nachweis für das Nicht‑Vorliegen der Falschrechnungen erbracht hätte. Das Bundesfinanzgericht habe diesbezüglich selbst keine Ermittlungen durchgeführt und sich auf die Position zurückgezogen, dass der tatsächliche Leistungserbringer nicht feststellbar sei. Schließlich werde der Gutglaubensschutz des Rechnungsempfängers beim Vorsteuerabzug vollständig ignoriert. Das Bundesfinanzgericht vertrete den unhaltbaren Rechtsstandpunkt, dass selbst ein gutgläubiger Rechnungsempfänger, dem es nicht gelingt, die bloße Behauptung von Falschrechnungen zu widerlegen, kein Recht auf Vorsteuerabzug genieße. Dies stehe in eklatantem Widerspruch zur Rechtsprechung von Verwaltungsgerichtshof und EuGH und zu den tragenden Rechtsgrundsätzen zum Vorsteuerabzug und zur amtswegigen Ermittlungspflicht. Fraglich sei im ursprünglichen Beschwerdeverfahren ausschließlich gewesen, ob vier Rechnungen formgerecht ausgestellt worden seien und welche Rechtsfolgen (zusätzliche Nachweispflichten des Rechnungsempfängers, Vorsteuerabzug) daran geknüpft seien. Das Bundesfinanzgericht gehe von diesem Beschwerdegegenstand ab, indem es (für alle Beteiligten überraschend) von Falschrechnungen ausgehe. Das Bundesfinanzgericht habe seine Ermittlungspflicht verletzt und die Rechtsprechung des EuGH zum Gutglaubensschutz nicht beachtet.

6 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Zunächst ist darauf zu verweisen, dass entgegen dem Revisionsvorbringen das Bundesfinanzgerichts den Vorsteuerabzug nicht versagt hat, weil „Falschrechnungen“ vorlägen, sondern weil die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug mangels Leistungserbringung durch die auf den Rechnungen angeführten Gesellschaften nicht gegeben gewesen seien.

11 Das Bundesfinanzgericht ist davon ausgegangen, dass die D GmbH und die L GmbH die revisionsgegenständlichen Leistungen nicht erbracht hätten. Es hat sich dabei darauf gestützt, dass die Rechnungen der D GmbH nach Konkurseröffnung ohne Wissen und Zustimmung (und auch ohne Unterschrift) des Masseverwalters ausgestellt worden seien. Es habe ausschließlich Kontakt zu einer den gegenständlichen Gesellschaften nicht zuordenbaren Person, DR, gegeben. Weder zum damaligen Gesellschafter‑Geschäftsführer der L GmbH noch zum Gesellschafter‑Geschäftsführer der D GmbH habe ein Kontakt bestanden. Es sei von DR keine Vollmacht oder Inkassoberechtigung der beiden Gesellschaften vorgelegt worden. Auch auf dem Kostenvoranschlag hätten sich keine Angaben zum leistenden Unternehmen befunden, das Schreiben weise weder ein Firmenlogo noch eine Unternehmensbezeichnung auf. Barzahlungen in der hier vorliegenden Größenordnung, trotz teilweiser Angabe einer Bankverbindung auf den Rechnungen, seien ungewöhnlich und würden den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs nicht entsprechen. Ein Indiz sei auch der Umstand, dass es sich bei der L GmbH um ein Scheinunternehmen gehandelt habe.

12 Das Bundesfinanzgericht hat dem Revisionswerber mittels Vorhalt das Schreiben des Insolvenzverwalters übermittelt, wonach dieser keine Kenntnis von den ausgestellten Rechnungen der D GmbH gehabt habe. Gleichzeitig hat das Bundesfinanzgericht dem Revisionswerber aufgetragen, Fragen zu beantworten, die mit der tatsächlichen Leistungserbringung der genannten Gesellschaften in Zusammenhang standen. Diese Fragen wurden nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts nicht beantwortet.

13 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung grundsätzlich nicht berufen. Die Beweiswürdigung ist nur dahingehend der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt in Zusammenhang mit der Beweiswürdigung lediglich dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 10.5.2022, Ra 2022/15/0033, mwN).

14 Dem Revisionswerber gelingt es nicht, eine Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts aufzuzeigen. Das Zulässigkeitsvorbringen beschränkt sich im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung darauf, dem Bundesfinanzgericht fehlende Ermittlungstätigkeiten vorzuwerfen, ohne auf die Ausführungen des Bundesfinanzgerichts einzugehen. Dass das Bundesfinanzgericht überhaupt keine Ermittlungen durchgeführt hätte, ist unzutreffend. Wenn die Revision moniert, dass DR nicht einvernommen worden sei, ist darauf zu verweisen, dass sich aus den Verwaltungsakten ergibt, dass der Revisionswerber selbst keine näheren Angaben zu DR machen konnte (Adresse, Telefonnummer, etc.).

15 Gemäß § 166 BAO gilt der Grundsatz der Unbeschränktheit und Gleichwertigkeit der Beweismittel. Es ist Sache der Abgabenbehörden, die Ermittlungsschritte zu setzen, die sie für erforderlich erachten, um einen bestimmten Nachweis erbringen zu können (vgl. VwGH 24.2.2005, 2004/16/0232). Zudem ist auf die Rechtsprechung des EuGH zu verweisen, wonach der das Recht auf Vorsteuerabzug ausübende Steuerpflichtige grundsätzlich nachzuweisen hat, dass der Erbringer der Dienstleistungen, für die dieses Recht ausgeübt wird, Steuerpflichtiger war (vgl. EuGH 15.9.2016, Barlis 06 ‑ Investimentos Imobiliários e Turísticos, C‑516/14 , Rn 46). Das Bundesfinanzgericht hat den Revisionswerber dazu aufgefordert, nähere Angaben zu machen und Unterlagen vorzulegen, die die Leistungserbringung der beiden Gesellschaften belegen könnten. Dieser Vorhalt des Bundesfinanzgerichts blieb vom Revisionswerber unbeantwortet.

16 Auch dass das Bundesfinanzgericht für alle Beteiligten völlig überraschend die Leistungserbringung durch die L GmbH und die D GmbH verneint habe, obwohl es im Beschwerdeverfahren nur um die formale Ordnungsmäßigkeit der Rechnung ging, ist unrichtig, weil schon aus dem ‑ nicht beantworteten ‑ Vorhalt an den Revisionswerber ersichtlich war, dass das Bundesfinanzgericht Zweifel an der Leistungserbringung durch die genannten Gesellschaften hegte.

17 Wenn die Revision Ermittlungstätigkeiten zum guten Glauben des Revisionswerbers vermisst und hier einen Verstoß gegen die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes moniert, ist dem entgegenzuhalten, dass das Bundesfinanzgericht den Vorsteuerabzug deshalb versagt hat, weil die materiellen Voraussetzungen nicht erfüllt waren, und nicht, weil ein Umsatzsteuerbetrug vorgelegen hat. Das Bundesfinanzgericht hat festgestellt, dass die Leistungserbringung nicht durch die in der Rechnung ausgewiesenen Unternehmen erfolgt ist und der tatsächlich Leistende nicht festgestellt werden könne. Somit kann aber auch nicht festgestellt werden, ob der tatsächliche Leistungserbringer Steuerpflichtiger war oder nicht.

18 Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn der wahre Lieferer der betreffenden Gegenstände oder der wahre Erbringer der betreffenden Dienstleistungen nicht namhaft gemacht worden ist, sofern unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände und trotz der von dem Steuerpflichtigen vorgelegten Informationen die für die Prüfung, ob dieser Lieferer bzw. Leistungserbringer Steuerpflichtiger war, erforderlichen Angaben fehlen (vgl. EuGH 9.12.2021, C‑154/20 , Kemwater ProChemie s. r. o., Rn 41; 11.11.2021, Ferimet, C‑281/20 , Rn 44, 55). Damit kommt es aber auf einen allfälligen guten Glauben des Revisionswerbers nicht mehr an (vgl. nochmals EuGH 9.12.2021, C‑154/20 , Kemwater ProChemie s. r. o., Rn 42).

19 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

20 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 14. August 2023

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