VwGH Ro 2022/15/0011

VwGHRo 2022/15/001129.9.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der D R, vertreten durch die Gstöttner & Partner Steuerberatung GmbH & Co KG in 4320 Perg, Linzer Straße 10, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 11. Jänner 2022, Zl. RV/5100865/2018, betreffend Einkommensteuer 2011 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich, Dienststelle Amstetten Melk Scheibbs), zu Recht erkannt:

Normen

AbgÄG 2012
AbgÄG 2015
BAO §115 Abs1
BAO §188
BAO §192
BAO §20
BAO §279
BAO §303 Abs1 litb
BAO §303 Abs2 litb
BAO §81
BAO §83 Abs1
EStG 1988 §124b Z225
EStG 1988 §124b Z225 idF 2012/I/112
EStG 1988 §124b Z225 idF 2015/I/163
EStG 1988 §28
EStG 1988 §28 Abs7
EStG 1988 §4 Abs2
EStG 1988 §4 Abs2 idF 2012/I/112
EStG 1988 §4 Abs2 Z2
EStG 1988 §4 Abs3
EStG 1988 §6 Z1
EStG 1988 §7
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RO2022150011.J00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin war ‑ nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) ‑ gemeinsam mit einer weiteren Person zu jeweils 50% an einer Vermietungsgemeinschaft beteiligt. Sie hatte ihre Miteigentümerstellung im Jahre 2005 erworben. Die Vermietungsgemeinschaft hatte 1998 zwei Wohngebäude errichtet, deren Errichtungskosten 506.719,91 € betragen haben. Diese Herstellungskosten waren von der damaligen steuerlichen Vertretung sowie einer selbständigen Buchhalterin nicht in das „Anlagenverzeichnis“ aufgenommen worden. Es wurde ab Beginn der Vermietung dieser Gebäude im Jahr 1999 auch keine AfA iSd § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988, die 7.600,80 € pa betragen hat (1,5% der Herstellungskosten), in den Feststellungserklärungen ab 1999 (betreffend die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) geltend gemacht.

2 Nachdem der nunmehrigen steuerlichen Vertretung dieser Fehler im Zuge einer im Jahr 2016 erfolgten Schenkung des Miteigentumsanteils der zweiten Beteiligten aufgefallen war, wurden betreffend Feststellungs- sowie Einkommensteuerverfahren der Revisionswerberin mit Schreiben vom 15. September 2017 Wiederaufnahmeanträge gestellt. Mit diesen Wiederaufnahmeanträgen wurde für die Jahre 2011 bis 2015 der Ansatz einer zusätzlichen AfA von 7.600,80 € begehrt.

3 Zusätzlich wurde ein Antrag gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 für den Veranlagungszeitraum 2011 gestellt, mit dem der Ansatz eines Abschlags zur steuerlichen Berücksichtigung der bisher unterlassenen AfA seit dem Veranlagungszeitraum 2003 bis zum Veranlagungszeitraum 2010 (in Höhe von 22.802,40 € betreffend die Revisionswerberin) begehrt wurde, da die steuerlichen Auswirkungen von Fehlern ab dem Veranlagungszeitraum 2003 gemäß § 124b Z 225 EStG 1988 im ersten noch nicht verjährten Jahr berücksichtigt werden könnten.

4 Das Finanzamt nahm daraufhin am 22. Jänner 2018 das mit Bescheid vom 1. Oktober 2013 abgeschlossene Feststellungsverfahren nach § 188 BAO für das (hier streitgegenständliche) Jahr 2011 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder auf und berücksichtigte im geänderten Feststellungsbescheid die auf das Jahr 2011 zusätzlich entfallende AfA von 7.600,80 €. Eine Berücksichtigung des begehrten Abschlages gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 erfolgte im Feststellungsverfahren hingegen nicht.

5 Im Einkommensteuerverfahren der Revisionswerberin erfolgte keine Wiederaufnahme des Verfahrens, sondern es wurde am 24. Jänner 2018 gemäß § 295 Abs. 1 BAO ein geänderter Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 erlassen, in dem ebenfalls keine Berücksichtigung des begehrten Abschlages gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 erfolgte, wogegen die Revisionswerberin Beschwerde erhob.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BFG die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 ab. Begründend führte es aus, nach Auffassung der Revisionswerberin stelle die seit dem Veranlagungszeitraum 2005 unterlassene jährliche AfA einen vom Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 iVm § 124b Z 225 EStG 1988 umfassten „Fehler“ dar, welcher durch einen entsprechenden Abschlag im ersten noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum 2011 Berücksichtigung finden müsse. Das BFG teile hingegen die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung, dass der „Fehler“ in der Nichtaktivierung der Herstellungskosten aus dem Jahr 1998 und nicht in der unterlassenen AfA der Jahre 2005 bis 2010 zu erblicken sei.

7 § 124b Z 225 EStG 1988 idF AbgÄG 2015 stelle auf Fehler ab, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen. Aus der Diktion „Veranlagungszeiträume ab 2003“ folge, dass Fehler, die vor der Veranlagung 2003 aufgetreten seien, nach dem klaren Gesetzeswortlaut durch Zu- bzw. Abschläge iSd § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2012 nicht berücksichtigt werden dürften. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin sei der Fehler iSd § 124b Z 225 EStG 1988 jener, der an sich durch die Bilanzberichtigung an der Wurzel zu korrigieren sei, denn auch § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 spreche im zweiten Satz von einem Fehler, der nur aufgrund der bereits eingetretenen Verjährung nicht mehr steuerwirksam berichtigt werden könne. Der zweite Satz des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 beziehe sich auf die Regelung im ersten Satz, dh dass an sich eine Berichtigung des Fehlers an der Wurzel notwendig sei. Daraus folge, dass die jeweils nicht angesetzte AfA entgegen den Ausführungen der Revisionswerberin nicht der Fehler sei, auf den § 4 Abs. 2 Z 2 Satz 2 EStG 1988 sowie § 124b Z 225 EStG 1988 Bezug nähmen. Der Fehler sei die Nichtaktivierung der im Wurzeljahr 1998 angefallenen Herstellungskosten.

8 Es sei auch unrichtig, dass die unterlassenen Absetzungen für Abnutzungen ab 2005 in dem letzten noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum (2011) steuerliche Auswirkungen haben könnten, weil sich die AfA nach dem Prinzip der periodengerechten Besteuerung im jeweiligen Jahr, in dem die betriebsgewöhnliche Abnutzung eingetreten sei, steuerlich auszuwirken habe (Nachholverbot). Es sei daher nicht zulässig, den Nichtansatz zB der auf das Jahr 2005 entfallenden AfA als steuerliche Auswirkung für das Jahr 2011 anzusehen.

9 Entgegen der Ansicht im Vorlageantrag sollte durch die Regelung des § 124b Z 225 EStG 1988 erreicht werden, dass Fehler, die vor der Veranlagung 2003 in der Bilanzierung/Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gemacht worden seien, steuerlich weder durch Zu- noch durch Abschläge berücksichtigt werden könnten. Eine andere gesetzliche Regelung hätte gleichheitsrechtliche Bedenken ausgelöst. Zudem sei auch die gesetzliche Aufbewahrungspflicht des § 132 Abs. 1 BAO zu berücksichtigen. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 stelle im Übrigen generell auf die Regelungen der Festsetzungsverjährung ab, dh insbesondere auch auf § 207 BAO.

10 Zusammenfassend sei das BFG der Ansicht, dass der Fehler die Nichtaktivierung der Herstellungskosten im Jahr 1998 betreffe. Der Ansatz einer unterlassenen AfA sei lediglich eine Konsequenz des Fehlers. Aufgrund des Inkrafttretens für das Veranlagungsjahr 2003 sei die in den Jahren 2005 ‑ 2010 unterlassene AfA nicht mehr steuerwirksam durch Abschläge nach § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2012 zu einem späteren Zeitpunkt korrigierbar.

11 Die Revision ließ das BFG mit der Begründung zu, dass zur Streitfrage, ob auch eine unterlassene jährliche AfA einen vom Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 iVm § 124b Z 225 EStG 1988 (idF AbgÄG 2015) umfassten Fehler darstelle, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe.

12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die ordentliche Revision der Revisionswerberin. Darin brachte sie vor, die Bestimmung des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 sei vom Gedanken der richtigen Totalgewinnbesteuerung getragen und solle Sachverhalten begegnen, bei denen es sonst letztlich zu einer Doppel- bzw. Nichterfassung von Aufwendungen oder Erträgen komme.

13 Im Revisionsfall liege kein singulärer Fehler im Wurzeljahr mit „Folgefehlern“ vor, sondern vielmehr jedes Jahr ein eigener Fehler, denn jedes Jahr sei im Rahmen der Bilanzierung das Anlagenverzeichnis zu erstellen bzw. zu überprüfen. Es sei unbestritten u.a. jährlich zu kontrollieren, ob Anlagenzugänge oder Anlagenabgänge vorlägen bzw. ob die zum Ansatz gebrachten Nutzungsdauern korrekt seien. Wenn diese Prüfungshandlungen im Rahmen der Aufstellung der Bilanz (die Ausführungen gälten auch für Überschussrechnungen, vgl. § 28 Abs. 7 EStG 1988), wie im vorliegenden Fall, nicht korrekt erfolgten, werde jedes Jahr ein neuer Fehler begangen, der vor dem Hintergrund der periodengerechten Gewinnermittlung auch nicht mehr sanierbar sei.

14 Dafür, dass der Fehler in jedem Jahr entstanden und kein bloßer „Folgefehler“ sei, spreche auch, dass der steuerliche Fehler im ersten Jahr 1998 entgegen der Ausführung des BFG nicht in der Nichtaktivierung des Gebäudes liege. Die Aktivierung per se habe keinerlei steuerliche Auswirkung. Der Fehler bestehe vielmehr auch im ersten Jahr in der Nicht-Abschreibung der Gebäude. Warum ein Fehler gleicher Qualität (Unterlassung der AfA) im ersten Jahr als Wurzelfehler und dann als „Folgefehler“ gelten solle, sei nicht nachvollziehbar. Vielmehr liege aufgrund mangelnder Sorgfalt bei der Bilanzerstellung jedes Jahr ein Fehler in der Unterlassung der AfA. Es sei zu bedenken, dass im Revisionsfall die AfA von zwei der sechs Gebäude, sohin ca. 1/3 der jährlichen Gebäude-AfA nicht angesetzt worden sei. Außer den sechs Gebäuden samt Grund und Boden bestehe das Anlagenverzeichnis der Vermietungsgemeinschaft nur (und das in sehr untergeordnetem Ausmaß) aus Betriebs‑/Geschäftsausstattung. Damit könne im Rahmen der Erstellung der jährlichen Überschussrechnung keine ausreichende Sorgfalt bzw. keine subjektive Richtigkeit attestiert werden, denn jedes Jahr seien mit der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers die notwendigen Prüfungshandlungen im Rahmen der Bilanzerstellung vorzunehmen.

15 Ein „Fehler“ sei immer dann gegeben, wenn eine Bilanz subjektiv nicht richtig sei. Derartige Fehler könnten im Anwendungsbereich von § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, wie im vorliegenden Fall, wenn ca. 1/3 der gesamten jährlichen AfA nicht abgeschrieben werde, auch jährlich auftreten. Dafür spreche auch, dass sonst der erste Fehler gleicher Qualität höher „qualifiziert“ wäre als die weiteren Fehler, was nicht sachgerecht wäre.

16 Nach Auffassung der Revisionswerberin habe der Gesetzgeber mit der Inkrafttretensbestimmung (§ 124b Z 225 EStG 1988 idF AbgÄG 2015) schließlich keine Auswirkungen aus Jahren vor 2003 (rückwirkend) steuerhängig machen wollen. Es sei nicht intendiert gewesen, dass Sachverhalte (Ursachen), die ab 2003 noch entsprechende steuerliche Auswirkungen haben könnten, per se steuerlich irrelevant würden, wie zB eine unterlassene AfA ab dem Jahr 2003 aufgrund einer unterlassenen (ergebnisneutralen) Aktivierung vor dem Jahr 2003.

17 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

18 Die Revision ist zulässig; sie ist auch berechtigt.

19 § 28 EStG 1988 lautet auszugsweise:

„Vermietung und Verpachtung

(1) Folgende Einkünfte sind, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 5 gehören, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung:

1. Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen und von Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen. [...]

(7) § 4 Abs. 2 Z 2 gilt in Bezug auf die Fehlerberichtigung durch Ansatz von Zu- und Abschlägen sinngemäß.“

20 § 4 Abs. 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, lautet:

„Die Vermögensübersicht (Jahresabschluss, Bilanz) ist nach den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu erstellen. Nach Einreichung der Vermögensübersicht beim Finanzamt gilt Folgendes:

1. Eine Änderung der Vermögensübersicht ist nur mit Zustimmung des Finanzamts zulässig (Bilanzänderung). Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Änderung wirtschaftlich begründet ist.

2. Entspricht die Vermögensübersicht nicht den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung oder den zwingenden Vorschriften dieses Bundesgesetzes, ist sie zu berichtigen (Bilanzberichtigung). Kann ein Fehler nur auf Grund der bereits eingetretenen Verjährung nicht mehr steuerwirksam berichtigt werden, gilt Folgendes:

- Zur Erreichung des richtigen Totalgewinnes kann von Amts wegen oder auf Antrag eine Fehlerberichtigung durch Ansatz von Zu- oder Abschlägen vorgenommen werden.

- Die Fehlerberichtigung ist im ersten zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum insoweit vorzunehmen, als der Fehler noch steuerliche Auswirkungen haben kann.

- Die Nichtberücksichtigung von Zu- oder Abschlägen gilt als offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des § 293b der Bundesabgabenordnung.“

21 Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des AbgÄG 2012, mit dem § 4 Abs. 2 EStG 1988 neu ausgerichtet und § 28 Abs. 7 EStG 1988 eingeführt worden ist, halten dazu fest (1960 Blg 24. GP S 7 und 18 ff):

„Die Verpflichtung zur Bilanzberichtigung soll um eine Bestimmung erweitert werden, die im Interesse der Besteuerung des richtigen Totalgewinnes eine steuerwirksame Korrektur periodenübergreifender Fehler aus verjährten Zeiträumen ermöglicht. Dies soll für die Gewinnermittlung durch Einnahmen‑Ausgaben‑Rechnung und für die Ermittlung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entsprechend gelten.“

„In § 4 Abs. 2 sollen die Grundsätze für die Bilanzberichtung und Bilanzänderung klarer dargestellt werden. Darüber hinaus soll er um eine Bestimmung erweitert werden, die dem Grundsatz der Besteuerung des richtigen Totalgewinnes in besonderem Maße Rechnung trägt: Es soll eine steuerwirksame Korrektur von Fehlern möglich werden, die ihre Wurzel in verjährten Zeiträumen haben, und deren Folgewirkungen noch in nicht verjährte Veranlagungszeiträume hineinreichen. Damit soll eine steuerwirksam[e] Berichtigung von Fehlern, die sich in mehreren Besteuerungsperioden auswirken, auch dann möglich sein, wenn ihrer Steuerwirksamkeit ausschließlich die eingetretene Verjährung entgegen steht.

Die Neufassung des § 4 Abs. 2 ändert zunächst nichts daran, dass unrichtige Bilanzansätze wie bisher bis zur Wurzel zurückverfolgt und korrigiert werden müssen. [...]

Der neue § 4 Abs. 2 EStG 1988 greift in den formellen Bilanzzusammenhang nicht ein, ergänzt die Korrektur an der Wurzel samt einer allfällig erforderlichen Fortentwicklung allerdings durch ein Zu- und Abschlagssystem, das sich bereits beim Wechsel der Gewinnermittlung langjährig bewährt hat. Im Ergebnis wird damit ebenfalls ein richtiger Totalgewinn sichergestellt. [...]“

22 Mit der Einführung des neuen Zu- und Abschlagssystems durch das AbgÄG 2012 wurde im Bereich des Einkommensteuerrechts sohin eine spezifische Korrekturmöglichkeit geschaffen, mit der im Interesse einer periodenübergreifenden „Totalgewinnbetrachtung“ bestimmte Arten von Fehlern im Rechnungswesen verjährter Jahre in einem späteren Abgabenjahr berichtigt werden können.

23 Gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 ist ein Zu- oder Abschlag jedoch nur „insoweit vorzunehmen, als der Fehler noch steuerliche Auswirkungen haben kann“. Kein Zu- oder Abschlag erfolgt bei Fehlern, die keine Auswirkung auf ein noch nicht verjährtes Veranlagungsjahr haben. Es muss also die Möglichkeit gegeben sein, dass der Bilanzierungsfehler (Abweichung von der korrekten Bilanzierung einer bestimmten Position) noch Auswirkungen auf den steuerlichen Gewinn eines noch nicht verjährten Jahres hat (VwGH 22.9.2021, Ro 2020/15/0026, mwN aus dem Schrifttum).

24 Das Bundesfinanzgericht verneinte im gegenständlichen Fall die steuerliche Auswirkung der unterlassenen AfA auf den steuerlichen Gewinn eines noch nicht verjährten Jahres und damit die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 (vgl. auch Doralt et.al., EStG17 § 4 Rz 165). Auch der deutsche Bundesfinanzhof lehnt die Möglichkeit einer Nachholung unterlassener AfA ab, wenn ein Wirtschaftsgut des notwendigen Betriebsvermögens in Vorjahren zu Unrecht nicht bilanziert worden ist (vgl. BFH 24.10.2001, X R 153/97, sowie etwa BFH 29.7.2015, X R 37/13).

25 Die ErlRV zum AbgÄG 2012 sprechen allerdings dafür, diese Voraussetzung des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 („insoweit vorzunehmen, als der Fehler noch steuerliche Auswirkungen haben“) dahingehend zu interpretieren, dass sie bei ‑ auf die in der Vergangenheit rechtswidrig unterbliebene Bilanzierung eines Wirtschaftsgutes zurückzuführende ‑unterlassener AfA erfüllt ist, wenn bei rechtmäßiger Bilanzierung dem Wirtschaftsgut in der Eröffnungsbilanz des ältesten nicht verjährten Jahres noch ein Buchwert beizumessen ist, welcher zumindest für dieses Jahr noch einer AfA zugänglich ist. So führen die ErlRV als Beispiel 1, das die unterlassene Aktivierung von Herstellungsaufwand thematisiert, an (1960 BlgNR 24. GP  19):

„Im verjährten Jahr -02 wurde Herstellungsaufwand von 300.000 € sofort abgesetzt. Die Bilanzberichtigung erfordert jedenfalls eine Aktivierung des Herstellungsaufwands in -02 und eine Fortentwicklung des Buchwerts unter Berücksichtigung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von z.B. 10 Jahren. Im ersten noch nicht verjährten Jahr 01 beträgt der Restbuchwert in der Eröffnungsbilanz daher 210.000 €, die AfA 01 30.000 € und der Restbuchwert in der Schlussbilanz 180.000 €. Zusätzlich ist im Jahr 01 ein Gewinnzuschlag von 210.000 € (300.000 - 3 x 30.000) anzusetzen, sodass nach der Veranlagung des Jahres 01 in Summe 120.000 € aufwandswirksam berücksichtigt worden sind.“

26 Ähnliches ergibt sich auch aus dem in den ErlRV angeführten Beispiel 4. Zudem verweisen die ErlRV (Seite 20) für den außerbetrieblichen Bereich explizit auf AfA‑Fehler als Anwendungsfälle der Zu- und Abschläge („Diese Grundsätze sollen für Fehlerberichtigungen im Fall der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder der Ermittlung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entsprechend gelten. Insbesondere Fehler in Bezug auf die Höhe der AfA-Bemessungsgrundlage sollen daher in gleicher Weise durch Zu- und Abschläge korrigierbar sein.“).

27 Aus dem Erkenntnis vom 27. April 2017, Ra 2015/15/0062, ist ableitbar, dass der Verwaltungsgerichtshof für den Fall der unrechtmäßig zu hoch geltend gemachten AfA die Anwendung eines Zuschlags nach § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 für möglich hält.

28 Die in § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 normierte Voraussetzung „insoweit [...], als der Fehler noch steuerliche Auswirkungen haben kann“ ist sohin dahingehend zu interpretieren, dass sie auch dann erfüllt ist, wenn bei korrektem Ausweis des Wirtschaftsgutes in der Steuerbilanz (zumindest) im ältesten noch nicht verjährten Jahr ein (restliches) AfA‑Potential vorläge, das Wirtschaftsgut also nicht zur Gänze abgeschrieben wäre. Für die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung sowie - wie im gegenständlichen Fall - für die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gilt dies entsprechend.

29 Im Revisionsfall hat das BFG die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2012 aber auch wegen dessen Inkrafttretensregelung in § 124b Z 225 EStG 1988 verneint. Es hat die Ansicht vertreten, dass der Fehler die Nichtaktivierung der Herstellungskosten der Gebäude im Jahr 1998 betreffe. Der Ansatz einer in den Folgejahren nach 1998 unterlassenen AfA sei lediglich eine Konsequenz dieses Fehlers. Demgegenüber argumentiert die Revision, dass im Revisionsfall kein singulärer Fehler im (ersten) Wurzeljahr, sondern vielmehr jedes Jahr ein (eigener) Fehler vorliege, denn jedes Jahr sei im Rahmen der Bilanzierung das Anlagenverzeichnis neu zu erstellen bzw. zu überprüfen.

30 Gemäß § 124b Z 225 EStG 1988 idF AbgÄG 2012 trat § 4 Abs. 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2012 mit 1. Jänner 2013 in Kraft und war erstmals auf Fehler anzuwenden, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 27. April 2017, Ra 2016/15/0026 (Rn 27), aussprach, hatte die Formulierung dieser Inkrafttretensbestimmung Fragen aufgeworfen. Durch die Neufassung des § 124b EStG 1988 mit dem AbgÄG 2015, BGBl. I Nr. 163/2015, legte der Gesetzgeber fest, dass die Erhöhung bzw. Verminderung der Einkünfte durch die Zu- und Abschläge des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2012 nicht erst bei der Veranlagung 2013, sondern bereits für Veranlagungsjahre, die vor dem 1. Jänner 2013 liegen, Anwendung finden kann, indem er normierte, dass § 4 Abs. 2 und 3 sowie § 28 Abs. 7, jeweils in der Fassung des AbgÄG 2012, die mit 1. Jänner 2013 in Kraft traten, (rückwirkend) erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2004 anzuwenden sind. Was allerdings die zu korrigierenden ‑ verjährte Jahre betreffenden ‑ Unrichtigkeiten anlangt, stellen sowohl die ursprüngliche Fassung des § 124b Z 225 EStG 1988 wie auch die novellierte Fassung auf Fehler ab, „die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen“.

31 Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses betreffend Einkommensteuer 2011 war das AbgÄG 2015 bereits in Geltung, sodass das BFG bei der gegenständlichen Entscheidung über Einkommensteuer 2011 § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2012 anzuwenden hatte (vgl. nochmals VwGH 27.4. 2017, Ra 2016/15/0026, Rn 28).

32 Hinsichtlich der in § 124b Z 225 EStG 1988 angesprochenen Fehler, „die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen“, teilt der Verwaltungsgerichtshof (im Bereich der AfA) die einschränkende Sicht des BFG nicht. § 6 Z 1 EStG 1988 ordnet an, dass abnutzbares Anlagevermögen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten vermindert um die Absetzung für Abnutzung nach den §§ 7 und 8 EStG 1988, anzusetzen ist. Ist ein Wirtschaftsgut des notwendigen Betriebsvermögens rechtswidrig nicht in den Bilanzen enthalten, bedeutet die Berichtigung an der Wurzel, dass zu jedem in der Vergangenheit liegenden Bilanzstichtag das Wirtschaftsgut mit dem sich jeweils zu diesem Stichtag aus § 6 Z 1 EStG 1988 ergebenden Wert auszuweisen ist. Jede der Bilanzen, in denen die Vorschrift des § 6 Z 1 EStG 1988 nicht beachtet ist, widerspricht den zwingenden einkommensteuerlichen Vorschriften und ist gemäß § 4 Abs. 2 EStG 1988 an der Wurzel zu berichtigen. In Bezug auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gilt dies gemäß § 28 Abs. 7 EStG 1988 sinngemäß.

33 Die revisionsgegenständlichen unterlassenen „Bilanzierungen“ und die daraus resultierende unterlassene AfA der Veranlagungszeiträume ab 2003 für zwei Mietgebäude bilden sohin grundsätzlich tatbildmäßige „Fehler“ iSd § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988.

34 Der Zu- und Abschlagsmechanismus nach § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 setzt allerdings zusätzlich voraus, dass „ein Fehler nur auf Grund der bereits eingetretenen Verjährung nicht mehr steuerwirksam berichtigt werden“ darf. Dies erfordert ‑ bei grundsätzlicher Bejahung einer Berichtigungsfähigkeit eines Fehlers im Rechenwerk ‑ daher weitere Überlegungen des BFG dahingehend, ob unter Ausblendung der Verjährungsfrage überhaupt ein Verfahrenstitel für die Fehlerkorrektur zur Verfügung gestanden wäre.

35 Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage umschreiben dies folgendermaßen (1960 BlgNR 24. GP  19):

„Die Fehlerkorrektur soll im Rahmen einer Bescheidberichtigung nach § 293b BAO erfolgen können. Das Unterbleiben der Fehlerkorrektur wird daher als offensichtliche Unrichtigkeit iSd § 293b BAO fingiert. Eine darauf gestützte Bescheidberichtigung hat allerdings zur Voraussetzung, dass der Steuerwirksamkeit der Korrektur ausschließlich die eingetretene Verjährung entgegensteht. Dies bedeutet, dass eine auf § 4 Abs. 2 iVm § 293b BAO gestützte Änderung eines rechtskräftigen Bescheides nur dann in Betracht kommt, wenn ein Verfahrenstitel vorliegt, der es ermöglichen würde, den fehlerhaften Bescheid in Durchbrechung der Rechtskraft zu korrigieren und der Einsatz dieses Verfahrenstitels bloß deswegen nicht möglich ist, weil dem die eingetretene Verjährung entgegensteht. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass für eine Fehlerberichtigung in Bezug auf verjährte Zeiträume dieselben verfahrensrechtlichen Anforderungen für die Durchbrechung der Rechtskraft gelten wie sie für eine derartige Maßnahme in Bezug auf nicht verjährte Zeiträume besteht.“

36 Zu- und Abschläge iSd § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 haben somit zur Voraussetzung, dass für die Wurzeljahre an sich ein Verfahrenstitel vorliegt, der es ermöglichen würde, den fehlerhaften Bescheid für das jeweilige Wurzeljahr in Durchbrechung der Rechtskraft zu korrigieren, und dass der Einsatz dieses Verfahrenstitels und die Richtigstellung der Steuervorschreibung für die Wurzeljahre nur deswegen nicht möglich sind, weil dem der Eintritt der Bemessungsverjährung für das betreffende Abgabenjahr entgegensteht (Doralt et.al., EStG17 § 4 Rz 154).

37 Wie die zitierten Erläuterungen zur Regierungsvorlage betonen, soll durch diese Verfahrenstitelprüfung gewährleistet werden, „dass für eine Fehlerberichtigung in Bezug auf verjährte Zeiträume dieselben verfahrensrechtlichen Anforderungen für die Durchbrechung der Rechtskraft gelten wie sie für eine derartige Maßnahme in Bezug auf nicht verjährte Zeiträume besteht“.

38 Im gegenständlichen Fall wäre ‑ bei dem Gesetz entsprechender Vorgangsweise ‑ (auch) die auf die Revisionswerberin entfallende AfA bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Jahre 2005 bis 2010 für die Vermietungsgemeinschaft anzusetzen und sodann in den Feststellungsbescheiden nach § 188 BAO für die Jahre 2005 bis 2010 zu berücksichtigen gewesen. Die Höhe der im Feststellungsbescheid ausgewiesenen Einkünfte ist gemäß § 192 BAO für das Einkommensteuerverfahren verbindlich. Von allfälligen Zu- und Abschlägen nach § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 abgesehen, dürfen im Einkommensteuerbescheid die Einkünfte nicht in einer vom für die betreffende Einkunftsquelle ergangenen Feststellungsbescheid abweichenden Höhe angesetzt werden.

39 Geht es also bei Anwendung des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 um den Verfahrenstitel, der es grundsätzlich ermöglichen würde, den fehlerhaften Bescheid in Durchbrechung der Rechtskraft zu korrigieren, der aber nur wegen der eingetretenen Bemessungsverjährung nicht zur Berichtigung der ursprünglichen Steuervorschreibung führen kann, so ist für den gegenständlichen Fall zu beachten, dass die Verjährung zwar in Bezug auf die Einkommensteuer(verfahren) der Revisionswerberin ‑ jeweils für die Jahre 2005 bis 2010 ‑ zu prüfen ist, der in Rede stehende Verfahrenstitel aber in Bezug auf das Verfahren betreffend die Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 188 BAO.

40 Für den revisionsgegenständlichen Fall eines aus mangelnder Sorgfalt unterlassenen Ansatzes eines Anlagegutes im Anlageverzeichnisses und der damit einhergehenden unterlassenen Geltendmachung der AfA ist allerdings zu beachten, dass dieser Umstand für die Revisionswerberin grundsätzlich keinen Wiederaufnahmeanspruch bedeutet.

41 Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, hat ein Antrag auf Wiederaufnahme ‑ bei Geltendmachung des Wiederaufnahmetatbestandes der neu hervorgekommenen Tatsachen ‑ nämlich insbesondere die Behauptung zu enthalten, dass Tatsachen oder Beweismittel für den Steuerpflichtigen „neu hervorgekommen sind“. Aus dem insoweit klaren Wortlaut des § 303 Abs. 1 lit. b iVm Abs. 2 lit. b BAO ist somit abzuleiten, dass bei einem derartigen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens das Neuhervorkommen von Tatsachen aus der Sicht der antragstellenden Person zu beurteilen ist (vgl. VwGH 23.3.2022, Ra 2021/15/0100, mwN). Tatsachen, die der Revisionswerberin schon immer bekannt gewesen sind (wie hier das Vorhandensein weiterer Gebäude), deren steuerliche Berücksichtigung sie aber unterlassen hat, eröffnen ihr daher keinen Antrag auf Wiederaufnahme. Die Kenntnis eines Rechtsvertreters ist dabei der antragstellenden Person zuzurechnen. Geht es um den Wiederaufnahmeantrag einer Personenvereinigung (Vermietungsgemeinschaft) betreffend das Feststellungsverfahren ist auch der Kenntnisstand des Vertreters der Personenvereinigung einzubeziehen.

42 Schließlich liegt die iZm einer Bilanzberichtigung erfolgende Vornahme von Zu- oder Abschlägen zur Erreichung des richtigen Totalgewinnes im Ermessen der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts („Zur Erreichung des richtigen Totalgewinnes kann ...“; siehe bereits VwGH 24.10.2019, Ra 2018/15/0072).

43 Vor diesem Hintergrund erinnert der Verwaltungsgerichtshof daran, dass vom BFG daher in einem Berichtigungsfall auch umfassende Ermessensüberlegungen für und gegen die Vornahme von Zu- oder Abschlägen anzustellen sind. Das BFG muss dabei zu den diesbezüglichen Ermessensparametern erforderlichenfalls ergänzende Ermittlungen und Feststellungen treffen und auf dieser Grundlage im Sinne des § 279 BAO entscheiden, ob Zu- oder Abschläge vorzunehmen sind (vgl. zur vollen Kognition des BFG in Ermessensfragen VwGH 26.1.2017, Ra 2015/15/0063, mwN).

44 Dabei fällt im Revisionsfall auf, dass schon nach dem eigenen Vorbringen der Revisionswerberin das Unterlassen der jährlichen AfA auf ein besonderes Maß an mangelnder Sorgfalt bei überschaubarem Rechenwerk zurück zu führen sei. Es sei zu bedenken, dass in diesem Fall die AfA von zwei der sechs Gebäude, sohin ca. 1/3 der jährlichen Gebäude‑AfA nicht angesetzt worden sei. Die Revisionswerberin bringt dazu weiters vor, im Rahmen der Erstellung der jährlichen Überschussrechnung könne keine ausreichende Sorgfalt attestiert werden, weil außer den sechs Gebäuden samt Grund und Boden, von denen zwei nicht erfasst worden seien, das Anlagenverzeichnis der Vermietungsgemeinschaft nur, und das in sehr untergeordnetem Ausmaß, aus Betriebs-/Geschäftsausstattung bestehe.

45 Es ist aber nicht Aufgabe des Zu- und Abschlagsmechanismus nach § 4 Abs. 2 EStG 1988, für jedwede Form der Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt bei Erstellung des Rechenwerks Abhilfe zu schaffen.

46 Bei der Ermessensübung sind auch Sorgfaltsverletzungen der Vertreter der Revisionswerberin zu berücksichtigen. Zudem kann auch darauf Bedacht genommen werden, ob im Jahr 1998 die nicht „aktivierten“ Herstellungskosten unmittelbar einkünftemindernd berücksichtigt worden sind.

47 Darauf hinzuweisen ist, dass das angefochtene Erkenntnis nicht klar darlegt, ob die Revisionswerberin im Jahr 2005 ihre Miteigentumsanteile durch einen unentgeltlichen oder einen entgeltlichen Vorgang erworben hat; das BFG unterstellt aber offensichtlich einen unentgeltlichen Erwerb. Für den Fall eines entgeltlichen Erwerbes wäre zu prüfen, ob das von der Revisionswerberin aufgewendete Entgelt allenfalls den anderen bebauten Grundstücken der Vermietungsgemeinschaft zugeordnet worden ist.

48 Im Fall eines entgeltlichen Erwerbes wäre im Übrigen in Bezug auf die Revisionswerberin die älteste unrichtige „Bilanzierung“ ohnedies erst für das Jahr 2005 erfolgt, indem 2005 das Entgelt der Revisionswerberin unrichtig (oder ein Teil ihres Entgelts gar nicht) den Wirtschaftsgütern der Vermietungsgemeinschaft zugeordnet worden ist.

49 Das BFG wird sich daher im fortgesetzten Verfahren den angesprochenen Fragen widmen müssen.

50 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich sohin nach dem Gesagten als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

51 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

52 Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 29. September 2022

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