European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021140064.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein philippinischer Staatsangehöriger, stellte am 10. Oktober 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005. Ihm drohe ‑ so sein Vorbringen ‑ als politischer Aktivist bei „Migrante International“ Verfolgung von der philippinischen Regierung.
2 Mit Bescheid vom 30. Juli 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in die Republik der Philippinen zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, das BVwG habe bei der Frage, ob der Revisionswerber bei einer Rückkehr eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten habe, keine hinreichend aktuellen Länderberichte herangezogen, sich nicht mit den vom Revisionswerber eingebrachten Berichten auseinandergesetzt und die vom philippinischen Parlament beschlossenene „Anti‑Terror‑Bill“ unberücksichtigt gelassen. Überdies sei der Revisionswerber in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, weil das BVwG zur Covid‑19‑Pandemie ergänzende Länderberichte eingeholt habe, ohne dem Revisionswerber die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme einzuräumen. Er habe sich daher nicht zu seiner gesundheitlichen Situation in Bezug auf die Covid‑19‑Pandemie äußern können. Der Revisionswerber sei 47 Jahre alt und leide an einer arteriellen Hypertonie. Des Weiteren wendet sich die Revision mit ihren Zulässigkeitsausführungen gegen die vom BVwG durchgeführte Beweiswürdigung zu den Gründen der Flucht. Das BVwG habe sich bei der Begründung der Unglaubwürdigkeit lediglich auf Unplausibilitäten betreffend Nebensächlichkeiten und auf veraltete Länderberichte gestützt und die auf eine systematische Verfolgung von regierungskritischen Personen hinweisenden Berichte nicht gewürdigt.
8 Werden in einer Revision Verfahrensmängel ‑ wie hier insbesondere das Unterbleiben der Heranziehung weiterer Länderberichte und demnach unzureichende Feststellungen ‑ als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für die Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden (vgl. VwGH 13.1.2021, Ra 2020/14/0072‑0075, mwN).
9 Mit dem bloß pauschalen Hinweis auf einen Bericht des UN Human Rights Office vom 4. Juni 2020 und der „Anti‑Terror Bill“ wird in der Zulässigkeitsbegründung die Relevanz des Verfahrensfehlers nicht dargelegt.
10 Soweit die Revision vorbringt, es sei das Recht des Revisionswerbers auf Parteiengehör im Zusammenhang mit Feststellungen zur Covid‑19‑Pandemie verletzt worden, ist darauf hinzuweisen, dass auch eine Verletzung des Parteiengehörs nur dann einen wesentlichen Mangel bewirkt, wenn das Verwaltungsgericht bei dessen Vermeidung zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können. Der Revisionswerber muss deshalb die entscheidenden Tatsachen behaupten, die dem Verwaltungsgericht wegen des Verfahrensmangels unbekannt geblieben sind. Er darf sich nicht darauf beschränken, den Mangel bloß zu rügen, sondern muss konkret darlegen, welches Vorbringen er im Fall der Einräumung des vermissten Parteiengehörs erstattet hätte und inwiefern das Verwaltungsgericht dadurch zu einer anderen (für ihn günstigeren) Entscheidung hätte gelangen können (VwGH 5.3.2020, Ra 2019/19/0071, mwN).
11 Der Revision gelingt es nicht, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen. Das BVwG hat die in der Revision angesprochene arterielle Hypertonie berücksichtigt, jedoch mit einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Begründung ausgeführt, dass der Revisionswerber nicht unter die „Risikogruppe“ im Hinblick auf eine Erkrankung an Covid‑19 falle. Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, dass fallbezogen exzeptionelle Umstände vorlägen, welche zu einer für den Verfahrensausgang relevanten drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK führten.
12 Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts richtet, ist der Revisionswerber darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof ‑ als Rechtsinstanz ‑ zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist damit nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges (nicht aber die konkrete Richtigkeit) handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 18.12.2020, Ra 2020/20/0384, mwN).
13 Das BVwG setzte sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es auch einen Zeugen befragte, mit dem Vorbringen des Revisionswerbers zu seinen Aktivitäten auf den Philippinen sowie seinem exilpolitischen Engagement auseinander und kam auf Basis nachvollziehbarer Überlegungen zum Ergebnis, dass im Fall der Rückkehr des Revisionswerbers keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende asylrelevante Verfolgung zu erwarten sei. Dabei stützte es sich ‑ entgegen dem Revisionsvorbringen ‑ nicht auf Nebensächlichkeiten, sondern auf näher dargelegte, nicht unwesentliche Details betreffende Widersprüche und Unplausibilitäten in den Angaben des Revisionswerbers sowie auf den in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck. Es gelingt der Revision nicht aufzuzeigen, dass die Beweiswürdigung und die Beurteilung des BVwG fallbezogen unvertretbar wären.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 12. März 2021
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