Normen
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021130035.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 In der Körperschaftsteuererklärung 2012 machte die Revisionswerberin (eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung) u.a. „Provisionen an Dritte“ in Höhe von 100.000 € als Betriebsausgaben geltend.
2 Im Bericht über das Ergebnis einer Außenprüfung vom 26. November 2014 wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach Aussage des Geschäftsführers der Revisionswerberin sei es im Zuge der Geschäftsanbahnung betreffend Planung eines Hotelumbaus in Kroatien zu einem betrügerischen Vorfall gekommen. Es sei eine Provision in Höhe von 100.000 € geleistet worden; es sei jedoch nie zu dem erhofften Auftrag gekommen. Die Revisionswerberin sei der Aufforderung der Abgabenbehörde, die konkreten Empfänger der im Ausmaß von 100.000 € abgesetzten Beträge zu bezeichnen, nicht nachgekommen. Diese Beträge seien gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Weiters sei ein Zuschlag zur Körperschaftsteuer gemäß § 22 Abs. 3 KStG 1988 zu entrichten.
3 Mit Bescheid vom 27. November 2014 setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer für das Jahr 2012 fest. Die Provisionen in Höhe von 100.000 € wurden nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt; weiters erfolgte ein Zuschlag gemäß § 22 Abs. 3 KStG 1988 in Höhe von 25.000 €. In der Begründung führte das Finanzamt aus, die Veranlagung erfolge unter Zugrundelegung der Ergebnisse des Vorhalteverfahrens.
4 Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde.
5 Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 11. August 2016 als unbegründet ab.
6 Die Revisionswerberin beantragte die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
8 Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, Anfang Mai 2012 habe sich im Sekretariat der Revisionswerberin Herr G telefonisch gemeldet und mitgeteilt, er suche zur Umsetzung von Projekten einen Architekten. In einem Telefonat mit dem Geschäftsführer der Revisionswerberin (C) habe Herr G erklärt, ein Investor namens H möchte mehrere Projekte, zunächst ein Hotel in Kroatien, umsetzen. Am 13. Mai 2012 sei es zu einem Treffen zwischen C und H in Mailand gekommen. Dabei seien Planungsleistungen für einen Hotelumbau (Investitionsvolumen ca. 4 Mio. €) besprochen worden. H habe bei diesem Gespräch erklärt, er vermittle das Projekt für eine andere Gesellschaft, er verlange eine Provision in Höhe von ca. 80.000 € bis 100.000 €. Im Gegenzug solle die Revisionswerberin vorweg für ihre zu erbringenden Leistungen 200.000 € erhalten. H habe seine Visitenkarte mit E‑Mail‑Adresse und Telefonnummer übergeben; er sei in der Folge für C auch erreichbar gewesen.
9 Am 14. Mai 2012 habe Frau R via E‑Mail im Namen von H der Revisionswerberin Pläne für den Hotelumbau sowie für ein weiteres Projekt übersandt. Am 15. Mai 2012 habe die Revisionswerberin ein Honorarangebot an H übersandt. Dieses Honorarangebot sei an die GI Ltd zu Handen des H an dessen auf der Visitenkarte angeführten Adresse in Liechtenstein ergangen. Am selben Tag sei bei der Revisionswerberin eine E‑Mail von H eingegangen. Damit sei eine Passkopie von Z übermittelt worden; es sei erklärt worden, dass dieser ab jetzt Vertragspartner der Revisionswerberin sei. Die Rechnung der Revisionswerberin möge nicht an die GI Ltd (mit Sitz in Singapur), sondern an die R SA (Liechtenstein) gerichtet werden. Die Revisionswerberin habe daraufhin am 17. Mai 2020 der R SA ein Honorarangebot übermittelt.
10 Der Geschäftsführer der Revisionswerberin habe dem steuerlichen Vertreter mit Mail vom 29. Mai 2012 eine kurze Darstellung des Geschäftsfalls mit der Frage übermittelt, ob er die erwartete Barzahlung ohne Probleme auf das Firmenkonto überweisen könne. Er habe Zweifel hinsichtlich der vereinbarten Vorgangsweise geäußert. Als Beilagen habe er Internet‑Recherchen betreffend H sowie Z gesandt; diese schienen als Funktionsträger in mehreren Kapitalgesellschaften auf.
11 Nach mehrmaligen Verschiebungen sei ein Treffen für den 6. Juni 2012 in Udine vereinbart worden. Zu diesem Treffen sei zwar H, nicht aber Z erschienen. Dem Geschäftsführer der Revisionswerberin sei der Eindruck vermittelt worden, dass H ein Telefonat mit Z führe und dieser die Überweisung der vereinbarten Anzahlung in Höhe von 200.000 € auf das Bankkonto der Revisionswerberin veranlasse. C habe daraufhin an H die Vermittlungsgebühr in Höhe von 100.000 € bar übergeben. Hierüber sei eine Zahlungsbestätigung der GI Ltd (im Briefkopf mit Adresse in Liechtenstein), unterfertigt von H (für die GI Ltd mit Adresse in Singapur) für die Vermittlungstätigkeit zwischen der R SA und der Revisionswerberin ausgestellt worden. Es sei auch das von der Revisionswerberin an die R SA gerichtete Honoraranbot von beiden Parteien (vom Geschäftsführer der Revisionswerberin sowie von H für die R SA) unterfertigt worden.
12 Nachdem die Revisionswerberin die von ihr erwartete Anzahlung über 200.000 € nicht erhalten habe, habe sie mit E‑Mails vom 15. Juni und 21. Juni 2012 bei H urgiert. Im Herbst 2012 habe der Geschäftsführer der Revisionswerberin mit einem Rechtsanwalt Kontakt aufgenommen; mangels Erfolgsaussichten sei eine Anzeige damals nicht erstattet worden. Erst nach Beginn der Außenprüfung habe der Geschäftsführer der Revisionswerberin dazu mit der Polizei Kontakt aufgenommen.
13 Es wäre denkbar, dass der Geschäftsführer der Revisionswerberin selbst in die Malversationen involviert gewesen sei und ein Großteil der bar übergebenen Gelder den Besitzer entweder nie gewechselt habe oder an ihn zurückgeflossen sei. Angesichts der Vielzahl der vorgelegten Unterlagen gehe das Bundesfinanzgericht aber ohne die beantragte Einsichtnahme in Aktenmaterial der Staatsanwaltschaft davon aus, dass die Revisionswerberin wie von ihr dargestellt Opfer einer mutmaßlichen Betrugshandlung geworden sei.
14 Bei dem Geschäftsfall hätten sich die persönlichen Kontakte auf zwei Treffen zwischen dem Geschäftsführer der Revisionswerberin und H (in Mailand und Udine) beschränkt; alle übrigen Personen agierten telefonisch oder via E‑Mail. Eine Kontaktaufnahme mit der GI Ltd in Singapur sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Die Überprüfung der Identität des Empfängers der Barzahlung (des vorgeblichen H) sei unterblieben. Die von H übergebene Visitenkarte, die auf eine Beschäftigung für die GI Ltd hindeute und eine Adresse in Liechtenstein aufweise, sei als Nachweis für die wahre Identität des Geschäftspartners denkbar ungeeignet, könne eine solche doch in jedem beliebigen Druckshop oder mit geringen Computerkenntnissen selbst erstellt werden. Es sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es sich bei der als H auftretenden Person um eine gefälschte Identität handle.
15 Zur Identitätsfeststellung der übrigen Beteiligten liege lediglich eine der Revisionswerberin übermittelte Passkopie von Z vor, der von H als für die R SA vertretungsbefugte Person benannt worden sei, aber nie persönlich in Erscheinung getreten sei. Wie der vorgebliche H in den Besitz der Kopie des Reisepasses von Z gekommen sei, sei nicht bekannt. Die Ehefrau des Geschäftsführers der Revisionswerberin (und Mitarbeiterin der Revisionswerberin) habe eine Internetrecherche zu Z durchgeführt; eine Verbindung der Person zur R SA fehle aber. Eine Recherche zur R SA hätte nach Darstellung der Außenprüfung ergeben, dass an der Anschrift der R SA eine Vielzahl weiterer Unternehmen situiert sei, was zum Verdacht des Vorliegens einer Briefkastengesellschaft geführt hätte. Es sei davon auszugehen, dass Z als vorgeblicher Vertreter der R SA das Rechtsgeschäft mit der Revisionswerberin nicht eingegangen sei. Eine Kontaktaufnahme der Revisionswerberin mit Z sei unterblieben; ein Nachweis, welche Funktion dieser in der Gesellschaft ausgeübt habe, sei weder vom vorgeblichen Vermittler gefordert worden, noch seien dazu von der Revisionswerberin Ermittlungshandlungen gesetzt worden.
16 Es sei davon auszugehen, dass die beiden weiteren bei dem Geschäftsvorfall „auftretenden“ Personen (R und G) in die betrügerischen Handlungen involviert gewesen seien.
17 Bei der GI Ltd in Singapur handle es sich ‑ nach einer Internetabfrage ‑ um ein tätiges Unternehmen. In dem mit E‑Mail vom 15. Mai 2012 übermittelten Brief dieser Gesellschaft werde die Adresse in Singapur korrekt ausgewiesen. Die im Layout gleich gestaltete Zahlungsbestätigung der Gesellschaft vom 6. Juni 2012 weise hingegen eine Anschrift in Liechtenstein aus. Die genauen Gesellschafts‑ und Vertretungsrechte, insbesondere des für sie auftretenden H, seien nicht dargelegt worden. Es sei davon auszugehen, dass H keine Funktion in der Gesellschaft innegehabt habe, sie vielmehr vorgeschoben habe und sich ihres Namens bedient habe. Unterlagen zur R SA bzw. des hinter ihr stehenden Personenkreises seien nicht vorgelegt worden. Es sei unklar, ob der real existierende Z für diese Gesellschaft als dessen Vertreter hätte tätig werden dürfen; es sei von einem von H geschaffenen Konstrukt auszugehen.
18 Höchst unüblich sei, dass H nicht nur für die GI Ltd, sondern auch für die R SA Unterlagen, darunter den Architektenwerkvertrag habe zeichnen können, ohne dass dessen entsprechende Berechtigung von der Revisionswerberin hinterfragt worden sei.
19 Wenn die Behörde festgehalten habe, dass der Empfänger des Geldbetrages nicht benannt worden sei, so sei dieser Feststellung zu folgen. Weder habe die GI Ltd (Singapur) eine Vermittlungsleistung erbracht, noch sei H für diese Gesellschaft tätig geworden. Wer die als H auftretende Person tatsächlich gewesen sei, sei nicht eruierbar. Auch von der Revisionswerberin seien die vertraglich vereinbarten Leistungen nicht erbracht worden.
20 Das Finanzamt habe im Prüfungsbericht u.a. ausgeführt, der Abgabenbehörde sei bekannt, dass der Abgabepflichtige die verlangten Angaben aus unabwendbaren Gründen nicht machen könne, doch sei dem die Beweisvorsorgepflicht entgegenzuhalten. Sollte die Behörde damit von einem unerfüllbaren Verlangen nach Bekanntgabe des Empfängers der Zahlungen ausgegangen sein, so sei ihr darin nicht zuzustimmen. Es liege kein unerfüllbares Verlangen vor.
21 Von zentraler Bedeutung für das Gelingen der betrügerischen Handlungen sei gewesen, dass sich der langjährige Gesellschafter‑Geschäftsführer der Revisionswerberin nicht der Identität des auftretenden Vermittlers vergewissert habe. Die Revisionswerberin habe im gesamten Prüfungszeitraum (2011 und 2012) kein anderes Geschäft mit einer vorangehenden Provisionszahlung abgewickelt. Bei dem erwarteten Auftrag habe es sich um die erstmalige Geschäftsbeziehung zu einem bisher unbekannten Auftraggeber und einem gleichfalls unbekannten Vermittler gehandelt. Die Zahlungen in beträchtlicher Höhe sollten ‑ für einen derartigen Geschäftsabschluss unüblich ‑ in bar erfolgen. Dem langjährig in der Branche tätigen Geschäftsführer der Revisionswerberin wäre es schon aus diesem Grund zumutbar gewesen, bei der Abwicklung des Geschäfts mit besonderer Sorgfalt vorzugehen. Hätte sich die Revisionswerberin näher über die als Vermittler auftretende Gesellschaft informiert, wäre sie möglicherweise zu dem Schluss gekommen, dass ein international agierender Konzern bei Geschäften keine mangelhaften Schreiben mit holprigem und fehlerhaftem Deutsch verfassen lasse. Hätte sie nähere Erkundigungen über den vorgeblichen Auftraggeber (die R SA) eingeholt, wäre ihr möglicherweise aufgefallen, dass an der Firmenadresse eine Vielzahl weiterer Unternehmen ihren Sitz habe und es sich um eine Briefkastenfirma handeln könne. Dem Geschäftsführer der Revisionswerberin müsse angesichts laufender medialer Berichterstattung bewusst sein, dass es sich bei Liechtenstein um eine Steueroase handle.
22 Besonders das weitere Agieren des Geschäftsführers der Revisionswerberin im Zuge des Treffens mit H in Udine lasse die Annahme eines unverschuldeten Verhaltens nicht zu. Die Frage, warum sich C mit dem von H als Vermittlungsprovision geforderten Betrag in Höhe von 100.000 € in bar in Udine eingefunden habe, wenn er gleichzeitig eine Anzahlung in Höhe von 200.000 € in bar vom Vertreter der GI Ltd erwartet habe, sei unbeantwortet geblieben. Es sei unerklärlich, dass die Unterfertigung des Honoraranbots und des Architektenwerkvertrags für den Auftraggeber durch H akzeptiert worden sei. Dass der Geschäftsführer der Revisionswerberin keinen Nachweis (Vollmacht) verlangt habe, woraus hervorgehe, dass H berechtigt sei, nicht nur zu vermitteln, sondern in einer Doppelfunktion auch für den Auftraggeber Verträge zu unterzeichnen, sei im Geschäftsverkehr völlig unüblich. Dass H das Anbot bzw. den Vertrag mit einem Stempel der R SA habe versehen können, runde des Gesamtbild einer völlig außer Acht gelassenen Sorgfalt der Revisionswerberin ab.
23 Schließlich sei eine Visitenkarte (auf der H und die GI Ltd sowie eine Postfachadresse in Liechtenstein aufschienen) als einziger Identitätsnachweis akzeptiert worden. Auch die Argumentation, dass das Verlangen eines Identitätsnachweises in Form eines Ausweises unhöflich gewesen wäre, sei angesichts einer Übergabe von 100.000 € in bar nicht nachvollziehbar.
24 Insgesamt sei dem Steuerpflichtigen die Bezeichnung des Empfängers des Geldbetrages auf Grund des keineswegs unverschuldeten Verhaltens des Geschäftsführers unmöglich geworden. Bei Sachverhaltselementen, die ihre Wurzeln im Ausland hätten, liege zudem eine erhöhte Mitwirkungspflicht in Form einer Beweismittelbeschaffungs‑ und einer Vorsorgepflicht vor.
25 Der Hinweis auf die von H übergebene Visitenkarte mit Bezug auf die Gesellschaft in Singapur, dessen fachkundiges Auftreten sowie die erhaltenen E‑Mails seien für einen Identitätsnachweis zumal in der Baubranche als betrugsaffinem Geschäftsbereich unzureichend.
26 Wenn die Revisionswerberin vorbringe, auf eine Empfängerbenennung könne verzichtet werden, wenn der wirkliche Empfänger der Zahlungen im Inland nicht steuerpflichtig sei, so gehe dies völlig an den vorliegenden Umständen vorbei. Mangels bekannter Identität des Empfängers des Barbetrages sei keineswegs sichergestellt, dass dieser im Inland nicht steuerpflichtig sei.
27 Neben der Aberkennung der geleisteten Beträge als Betriebsausgaben sei ein Zuschlag gemäß § 22 Abs. 3 KStG 1988 zur Anwendung gelangt.
28 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision. Zur Zulässigkeit wird geltend gemacht, das Bundesfinanzgericht habe in unvertretbarer Weise das Verlangen nach Empfängerbenennung gemäß § 162 BAO als zulässig beurteilt. Es gehe nicht an, dass eine Empfängerbenennung nach § 162 BAO in Folge eines Betruges des Leistungsempfängers an der Revisionswerberin zum Tragen komme. Das Gericht hätte von einer unverschuldeten tatsächlichen Unmöglichkeit ausgehen müssen. Die Rechtsfrage, ob und wenn ja nach welchen Maßstäben die Empfängerbenennung nach § 162 BAO bei Betrugshandlungen des Empfängers an den Steuerpflichtigen zur Anwendung gelange, sei vom Verwaltungsgerichtshof noch nicht behandelt worden. Sei die Revisionswerberin selbst über die Person des Gläubigers oder Empfängers getäuscht worden und habe sie diese Täuschung nicht bemerken können, sei das Benennungsverlangen nach deutscher Rechtsprechung ermessensfehlerhaft. Das Bundesfinanzgericht unterlasse auch Feststellungen zu den geschäftlichen Gepflogenheiten und damit zur üblicherweise zu erwartenden Sorgfalt. Schließlich hege das Bundesfinanzgericht offen Zweifel am Vorbringen der Revisionswerberin in Bezug auf die Betrugshandlung, es habe jedoch nicht weitere Erkundungen bei der Polizei eingeholt, obwohl sämtliche Umstände von der Revisionswerberin offen gelegt worden seien. Zwar gehe das Bundesfinanzgericht letztlich von einer Betrugshandlung aus. Aus den geäußerten Zweifeln sei aber erkennbar, dass das Gesamtbild der Revisionswerberin in Bezug auf ihre Glaubwürdigkeit durch das unterlassene Beweismittel geschmälert sei. Auch dies werfe eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
29 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
30 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
31 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
32 Die Revision ist nicht zulässig.
33 Gemäß § 162 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass Schulden, andere Lasten und Aufwendungen abgesetzt werden, verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet. Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen nach § 162 Abs. 2 BAO nicht anzuerkennen.
34 § 162 BAO beruht auf dem Grundsatz, dass das, was bei dem einen Abgabepflichtigen abzusetzen ist, bei dem anderen versteuert werden muss, wenn nicht steuerpflichtige Einnahmen unversteuert bleiben sollen. Es kann daher die Absetzung von Betriebsausgaben trotz feststehender sachlicher Berechtigung abgelehnt werden, solange nicht die Möglichkeit, die entsprechenden Einnahmen beim Empfänger zu besteuern, dadurch sichergestellt ist, dass der Steuerpflichtige den Empfänger konkret genannt hat. Es dürfen allerdings dem Steuerpflichtigen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis der Empfänger erteilt werden. „Offenbar unerfüllbar“ sind derartige Aufträge aber nur dann, wenn eine unverschuldete, tatsächliche Unmöglichkeit, die Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben namhaft zu machen, vorliegt. Es darf nicht in der Macht des Steuerpflichtigen gestanden haben, die tatsächlichen Umstände, die ihn an der Bezeichnung der Empfänger hindern, abzuwenden (vgl. VwGH 20.12.2017, Ra 2016/13/0041, mwN).
35 Einer Aufforderung nach § 162 Abs. 1 BAO ist dann nicht entsprochen, wenn ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften die Feststellung getroffen wird, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der abgesetzten Beträge sind (vgl. 9.6.2020, Ra 2020/13/0001, mwN).
36 Die Revisionswerberin macht geltend, es sei von einer unverschuldeten tatsächlichen Unmöglichkeit auszugehen. Soweit sie sich dazu auf Rechtsprechung des deutschen Bundesfinanzhofes ‑ zur vergleichbaren Bestimmung des § 160 deutsche Abgabenordnung ‑ beruft, ist zu bemerken, dass nach dieser Rechtsprechung die Aufforderung zur Empfängerbenennung ermessensfehlerhaft sein kann, wenn ein Steuerpflichtiger selbst Opfer einer nicht durchschaubaren Täuschung geworden ist (vgl. z.B. BFH 24.6.1997, VIII R 9/96, BStBl. 1998 II S 51). Dazu sei auch der Frage nachzugehen, ob sich für den Abgabepflichtigen aus vorgelegten Urkunden Zweifel hinsichtlich der Eigenschaft des Zahlungsempfängers hätten aufdrängen müssen, was eine „unvermeidbare Täuschung“ ausschlösse (vgl. BFG 13.12.2016, X B 23/16). Auch nach dieser von der Revisionswerberin zur Stützung ihres Standpunktes herangezogenen Rechtsprechung kommt es demnach entscheidend darauf an, ob die Unfähigkeit, den wahren Zahlungsempfänger bekannt zu geben, verschuldet war.
37 Der Beurteilung des Bundesfinanzgerichts, dass diese Unfähigkeit der Revisionswerberin nicht unverschuldet ist, ist vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Revision nicht entgegenzutreten. Entscheidend sind hiezu vor dem Hintergrund des § 162 BAO im Wesentlichen die Umstände betreffend die als Empfänger der Zahlung bezeichnete Person.
38 Unabhängig davon, ob es sich ‑ wie vom Bundesfinanzgericht angenommen und in der Revision bestritten ‑ um eine „betrugsaffine“ Branche handelt, entspricht es ohne jeden Zweifel der nach den Umständen gebotenen und auch zumutbaren Sorgfalt, bei einer Barzahlung (überdies außerhalb Österreichs) in Höhe von 100.000 € zu prüfen, wer jene Person ist, die diese Zahlung entgegennimmt. Eine derartige Prüfung ist ‑ wie auch der vorliegende Fall zeigt ‑ schon allein im Interesse des Zahlenden selbst geboten, um allenfalls eine Rückforderung geltend machen (und durchsetzen) zu können. Im Hinblick auf § 162 BAO ist diese Prüfung geboten, um die aus diesen Einnahmen erzielten Einkünfte beim Empfänger (allenfalls) der Besteuerung unterwerfen zu können.
39 Eine bloße Visitenkarte ist zweifellos (ohne dass hiezu Feststellungen zu Gepflogenheiten in der jeweiligen Branche erforderlich wären) für diese Prüfung kein geeignetes Mittel. Geboten gewesen wäre - bei zueinander fremden Personen - zumindest die Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises. Die Unterlassung alleine dieser gebotenen und auch naheliegenden Handlung bewirkte schon, dass nicht feststellbar war, an welche Person tatsächlich die Zahlung geleistet wurde.
40 Hinzu kommt, dass auch der Rechtsträger, für den die die Zahlung entgegen nehmende Person (angeblich) handelte (wobei auch ‑ wiederum entgegen gebotener Sorgfalt ‑ die Vertretungsbefugnis von der Revisionswerberin nicht geprüft wurde, was bei unterstellter Wirksamkeit der Vermittlungsvereinbarung mit der GI Ltd für die Revisionswerberin die Gefahr der Nichtwirksamkeit der Zahlung zur Folge hätte haben können), nach den vorgelegten Urkunden unklar ist. Wie das Bundesfinanzgericht darlegt, wird für diesen Rechtsträger ‑ aus von der Revisionswerberin nicht dargelegten Gründen ‑ zum einen eine Anschrift in Liechtenstein, zum anderen eine Anschrift in Singapur angegeben. Wie aus den vorgelegten Urkunden weiters ersichtlich ist, wird selbst der Name dieses Rechtsträgers, der auch an sich wenig Unterscheidungskraft aufweist, unterschiedlich angegeben: In den per E‑Mail vorgelegten Schreiben wird dieser Rechtsträger als G „Investments“ Ltd bezeichnet; dies auch mit entsprechender Angabe zur Internetadresse („...investments...“); in der Visitenkarte hingegen mit G „Investment“ Ltd; dies ebenfalls samt entsprechender Angabe zur Internetadresse („...investment...“). Die von den für diesen Rechtsträger angeblich handelnden Personen (H und R) verwendeten E‑Mail‑Adressen haben ‑ anders als die vom Geschäftsführer der Revisionswerberin verwendete E‑Mail‑Adresse ‑ keinerlei Bezug zu dieser (unterschiedlich bezeichneten) Internetadresse; es handelt sich vielmehr um frei beschaffbare E‑Mail‑Adressen („...@ymail.com “).
41 Auf aus der Begründung des Bundesfinanzgerichts hervorgehende Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Revisionswerberin kommt es für die Beurteilung, ob die nach den (unstrittigen) Umständen gebotene Sorgfalt eingehalten wurde, nicht an, sodass auch ein relevanter Verfahrensmangel nicht erkennbar ist.
42 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 7. Juni 2021
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