Normen
ApG 1907 §10 Abs2 Z3
AVG §56
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021100074.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis erteilte das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) in Abweisung der u.a. von der Revisionswerberin erhobenen Beschwerde der Mitbeteiligten die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke unter Festlegung eines bestimmten Standorts in der Gemeinde S. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
2 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung die auf ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer gestützte Feststellung zugrunde, dass der öffentlichen Apotheke der Revisionswerberin auch nach Aufnahme des Betriebs der neu bewilligten Apotheke weiterhin ein Versorgungspotential von 5.786 Personen, bestehend aus 4.091 ständigen Einwohnern aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern und 1.695 zusätzlich zu versorgenden Personen, verblieben. Das Gutachten der Apothekerkammer sei im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht hinsichtlich der Daten zu Hauptwohnsitzen, Nebenwohnsitzen, beschäftigten Personen und Gebäudekoordinaten zum Stichtag 30. November 2020 aktualisiert worden. Hinsichtlich der Jahresnächtigungszahlen seien die hochgerechneten Daten für 2019 erhoben worden; das Jahr 2020 sei im Hinblick auf die Covid‑bedingten Einschränkungen nicht als repräsentativ anzusehen. Der Einwand, dass in die Nächtigungszahlen die Nächtigungen des in B befindlichen Reha‑Zentrums nicht eingerechnet werden dürften bzw. diese anders gewertet werden müssten, könne nicht nachvollzogen werden. Nicht nur Reha‑Patienten, sondern auch sonstige Touristen würden regelmäßig benötigte Medikamente mit sich führen. Außerdem sei es nicht zutreffend, dass Patienten die Anlage nicht verlassen dürften. Es sei daher kein Grund erkennbar, die Nächtigungszahlen des Reha‑Zentrums nicht in die Berechnung einzubeziehen.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Die Revision wendet sich im Zulässigkeitsvorbringen gegen die Heranziehung der Nächtigungszahlen des Jahres 2019, obwohl durch einfache Anfrage bei der Gemeinde B die Nächtigungszahlen des Jahres 2020 zu ermitteln seien. Das Verwaltungsgericht weiche insoweit von den Vorgaben der ständigen Rechtsprechung ab, wonach es sich an der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage zu orientieren habe (Hinweis auf VwGH 22.1.2021, Ra 2019/03/0081, mwN). Auch fehle zur Frage, ob die Nächtigungszahlen des Jahres 2020 wegen der Corona‑Pandemie nicht repräsentativ seien, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
7 Gemäß § 10 Abs. 2 Z 3 Apothekengesetz besteht ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke nicht, wenn die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5.500 betragen wird.
8 Die nach dieser Bestimmung vorzunehmende Bedarfsprüfung hat sich nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf eine ‑ auf entsprechende Ermittlungsergebnisse gestützte ‑ prognostische Zuordnung konkreter Kundenpotenziale zu den beteiligten Apotheken zu gründen (vgl. etwa VwGH 27.9.2018, Ra 2017/10/0069; 28.6.2016, Ra 2016/10/0056 bis 0060, jeweils mwN).
9 Bei der von der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht dabei anzustellenden Prognose sind auch konkret absehbare, in naher Zukunft zu erwartende Umstände zu berücksichtigen (vgl. etwa VwGH 31.5.2021, Ra 2021/10/0054 bis 0055, mwN).
10 Im vorliegenden Fall ist das Verwaltungsgericht bei der Berechnung der aus dem Tourismus abgeleiteten Einwohnergleichwerte davon ausgegangen, dass das Jahr 2020 im Hinblick auf die Covid‑bedingten Einschränkungen nicht als repräsentativ anzusehen sei und hat daher auf die Nächtigungszahlen aus dem Jahr 2019 zurückgegriffen. Damit hat das Verwaltungsgericht bei seiner Bedarfsprüfung zum Ausdruck gebracht, dass die Verminderung der Nächtigungszahlen aus dem Tourismus infolge der Covid‑Pandemie nur vorübergehender Natur sei und das Kundenpotenzial der Apotheke der Revisionswerberin in naher Zukunft nach dem Ende der geltenden Schutzmaßnahmen wieder etwa den Stand von 2019 erreichen werde.
11 Mit dem zur Zugrundelegung der Nächtigungszahlen aus 2019 erstatteten Vorbringen zeigt die Revisionswerberin keine Abweichung von der oben zitierten, allein maßgeblichen Rechtsprechung zur prognostischen Zuordnung konkreter Kundenpotenziale zu den beteiligten Apotheken auf. Insbesondere wird damit nicht dargelegt, dass die Heranziehung der sich auf die Zeit vor dem Ausbruch der Pandemie beziehenden Zahlen zu einer unvertretbaren Prognose führten.
12 Weiters bringt die Revision vor, es fehle Rechtsprechung zu der Frage, wie die Nächtigungszahlen in einem Reha‑Zentrum zu bewerten und zu gewichten seien.
13 Mit diesen Ausführungen wird allerdings nicht konkret dargelegt, welche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG, von deren Lösung das Schicksal der vorliegenden Revision abhängt, vom Verwaltungsgerichtshof erstmals zu lösen wäre. Ein pauschales oder nur ganz allgemein gehaltenes Vorbringen ohne Herstellung eines Fallbezuges und ohne jede fallbezogene Verknüpfung mit der angefochtenen Entscheidung reicht nicht aus, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen (vgl. VwGH 12.10.2020, Ra 2020/10/0131, mwN). In der Revision muss nämlich gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. etwa VwGH 18.12.2020, Ra 2019/10/0087, mwN).
14 Schließlich wird vorgebracht, der Standort der beantragten Apotheke sei nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend festgelegt worden. Der Standort müsse bei der Erteilung der Konzession genau präzisiert und in der Regel auch durch bestimmte Straßen- und Gassenbezeichnungen genau abgegrenzt werden (Hinweis auf VwGH 14.5.2002, 2001/10/0124). Der Standort sei zwar gegenständlich durch Straßenzüge definiert worden, sei aber „immer noch zu weit gefasst“, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen. Auch insoweit bedürfe es einer klarstellenden Aussage des Verwaltungsgerichtshofes.
15 Zu diesem Vorbringen ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach Inhaber bestehender Apotheken im Verfahren zur Erteilung der Konzession für eine neue öffentliche Apotheke ein Mitspracherecht ausschließlich zur Bedarfsfrage haben. Dabei können die Inhaber geltend machen, die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte ihrer öffentlichen Apotheke betrage weniger als 500 m oder die Zahl der von ihrer bestehenden öffentlichen Apotheke aus weiterhin zu versorgenden Personen werde sich infolge der Neuerrichtung verringern und und weniger als 5.500 betragen. In anderen Fragen kommt den Inhabern bestehender öffentlicher Apotheken hingegen kein Mitspracherecht zu (vgl. etwa VwGH 3.9.2020, Ra 2020/10/0109, mwN).
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 17. Juni 2021
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