VwGH Ra 2021/10/0007

VwGHRa 2021/10/000718.2.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision der A GmbH in R, vertreten durch Mag. Helmut Kröpfl, Rechtsanwalt in 8380 Jennersdorf, Eisenstädter Straße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 12. November 2020, Zl. LVwG‑2019/15/2069‑29, betreffend Versagung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Tirol), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8
AWG 2002 §37 Abs1
AWG 2002 §42 Abs1 Z8
B-VG Art133 Abs4
NatSchG Tir 2005 §36 Abs8
VwGG §34 Abs1
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021100007.L00

 

Spruch:

Die Revision wird ‑ soweit sie sich gegen die Versagung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung richtet ‑ zurückgewiesen.

Begründung

1 1.1. Mit Bescheid der belangten Behörde wurde der Revisionswerberin für die Errichtung und den Betrieb einer Bodenaushubdeponie auf einem bestimmten Grundstück im Bereich des F mit einer Gesamtkapazität von 412.000 m3 auf einer Gesamtfläche von 39.710 m2 für einen Zeitraum von 20 Jahren unter Vorschreibung diverser Nebenbestimmungen unter Spruchpunkt A) die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung nach § 37 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 ‑ AWG 2002 sowie unter Spruchpunkt B) die naturschutzrechtliche Bewilligung gemäß § 38 Abs. 1 AWG 2002 iVm §§ 7 Abs. 2 lit. b Z 1 und 2, 29 Abs. 2 lit. a Z 2 und Abs. 5 sowie 44 Abs. 4 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 ‑ TNSchG 2005 erteilt.

2 1.2. Einer dagegen erhobenen Beschwerde des Landesumweltanwaltes von Tirol gab das Landesverwaltungsgericht Tirol mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 12. November 2020 insoweit Folge, als es den Antrag der Revisionswerberin auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung abwies; dabei ließ das Verwaltungsgericht die Revision nicht zu.

3 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung (im Wesentlichen) zugrunde, der Standort der beantragten Deponie liege (mit einer Entfernung von 380 m) innerhalb des 500 m‑Bereiches des 280.000 m2 großen Bsees. Geplant sei, eine talförmige Mulde südlich der B mit Bodenaushubmaterial zu verfüllen; die Zufahrt zur Deponie solle über einen neu zu errichtenden Linksabbiegestreifen direkt von der B erfolgen.

4 Der Schüttbetrieb sei auf einen Zeitraum von 20 Jahren angesetzt; der Deponiebetrieb solle an Werktagen von 6.00 bis 19.00 Uhr, an Samstagen von 6.00 bis 13.00 Uhr stattfinden.

5 Der betroffene Bereich des F sei durch Waldflächen mit darüber aufragenden mit Latschen und Magerrasen bewachsenen und/oder kahlen Kalkfelsbereichen bestimmt und sei somit ‑ anders als andere Pässe in Tirol ‑ von dichtem höherstämmigem (näher beschriebenem) Wald dominiert. Einzusehen sei das geplante Aufschüttungsgelände von der direkt vorbeiführenden B sowie aus größerer Entfernung von bestimmten Bergflanken und Gipfeln um den F.

6 Das derzeit von hochmontanem Fichtenwald geprägte Landschaftsbild würde mit der Errichtung und dem Betrieb der Deponie für den Deponiezeitraum und mehrere Jahrzehnte darüber hinaus stark beeinträchtigt; durch die damit verbundene Rodung von Waldflächen und Schaffung künstlicher Flächen würde das Landschaftsbild über Jahrzehnte von unbegrünten Schotterflächen, der Abbiegespur, einer Manipulationsfläche sowie Baugeräten bestimmt und wäre „nicht mehr mit der ansonsten relativ unberührten Naturlandschaft in Einklang zu bringen“.

7 Der Südwestbereich der beantragten Deponie liege im unmittelbaren Einflussbereich zweier näher beschriebener, markierter Wanderwege sowie einer Radroute; während der Zeit der Schüttung würde der Erholungswert in diesem Gebiet durch Staub und Lärm stark beeinträchtigt. Auch könne von den genannten Wegen direkt auf die geplante Deponiefläche eingesehen werden. Vom Nordostende der Deponie führe ein weiterer Weg in alpine Bereiche; hier sei mit mittelmäßigen Beeinträchtigungen durch Staub und Lärm zu rechnen.

8 Was die Beeinträchtigung des Artenreichtums anlange, so könnten während der Dauer der Aufschüttung sowie während eines darauf folgenden Zeitraumes von ca. 15 Jahren (bis zum Bestehen eines höherstämmigen Waldes) bestimmte nach der Tiroler Naturschutzverordnung 2006 (TNSchVO 2006) gänzlich bzw. teilweise geschützte Pflanzenarten nicht mehr in der derzeitigen Ausprägung anwachsen.

9 Den im Deponiebereich vorkommenden Vogelarten würde für die Dauer der Schüttung der Lebensraum entzogen; dies betreffe vor allem die Vogelarten Buchfink, Tannenmeise, Mönchsgrasmücke und Rotkehlchen. Erst wenn der derzeitige höherstämmige Fichtenwald mit Kiefern wiederhergestellt wäre (womit erst im Verlauf von mehreren Jahren oder sogar Jahrzehnten zu rechnen sei) stünde der Lebensraum wieder zur Verfügung. Auch im Fall von Rodungen (nur) außerhalb der Brutsaison könnten derartige Beeinträchtigungen nur reduziert, nicht aber auf ein geringes Maß abgesenkt werden. Auch Waldameise und Kleinsäuger (wie Eichhörnchen) würden auf näher beschriebene Weise beeinträchtigt.

10 Im Fall der Errichtung der Deponie würden die von der Straße ausgehenden Störungen durch Lärm und Unruhe ‑ und damit eine Störung des Naturhaushaltes ‑ sich auch auf bisher nicht beeinträchtigte Waldflächen erstrecken, und zwar zumindest bis zum Zeitpunkt des Aufkommens des rekultivierten Waldes (20 Jahre Deponiedauer plus ca. weitere 100 Jahre).

11 Mit Blick auf von der Revisionswerberin vorgebrachte öffentliche Interessen an der Realisierung des beantragten Vorhabens stellte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen fest, bei Errichtung der Deponie würden im Unternehmen der Revisionswerberin ‑ welche (Stand Herbst 2019) 47 Mitarbeiter beschäftige ‑ für die Dauer von 20 Jahren vier zusätzliche Vollarbeitsplätze geschaffen. Derzeit verfüge die Revisionswerberin über keine eigene Deponierungsmöglichkeit; die Entgegennahme von Bodenaushub durch andere Deponiebetreiber sei möglich und koste derzeit pro Tonne (je nach Qualität des abzulagernden Materials) zwischen € 5,90 und € 15,70. Dass das Unternehmen der Revisionswerberin im Fall der Versagung der beantragten Deponiegenehmigung in seinem Fortbestand gefährdet wäre, könne nicht festgestellt werden.

12 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht ‑ soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Belang ‑ aus, die Argumentation der Revisionswerberin, dem Landesumweltanwalt komme vorliegend gar keine Beschwerdelegitimation zu, weil es sich bei dem vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheid um einen Bescheid des Landeshauptmannes und nicht um einen Bescheid einer Bezirksverwaltungsbehörde handle, gehe ins Leere: § 42 Abs. 1 Z 8 AWG 2002 sei nämlich gegenüber § 36 Abs. 8 TNSchG 2005 als lex specialis heranzuziehen. Intention des Gesetzgebers sei eindeutig gewesen, dem Landesumweltanwalt in sämtlichen Genehmigungsverfahren nach § 37 Abs. 1 AWG 2002 umfassende Parteistellung zu gewähren, zumal der Landeshauptmann im Regelfall als zuständige Behörde für Genehmigungsverfahren iSd § 37 Abs. 1 AWG 2002 fungiere.

13 Das beantragte Projekt erfülle den Bewilligungstatbestand des § 7 Abs. 2 lit. b TNSchG 2005.

14 Anders als die belangte Behörde vertrat das Verwaltungsgericht im Weiteren (ausführlich begründet) die Auffassung, durch das Vorhaben würden zudem die Verbotstatbestände des § 2 Abs. 2 lit. a und § 2 Abs. 4 TNSchVO 2006 (betreffend gänzlich geschützte Pflanzenarten der Anlage 2 bzw. teilweise geschützte Pflanzenarten der Anlage 3 der TNSchVO 2006) verwirklicht.

15 Zufolge der festgestellten Beeinträchtigungen der Naturschutzgüter im Sinn des § 1 Abs. 1 TNSchG 2005 könne eine naturschutzrechtliche Bewilligung für das beantragte Vorhaben gemäß § 29 Abs. 2 lit. a Z 2 TNSchG 2005 nur erteilt werden, wenn „andere langfristige öffentliche Interessen“ an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 TNSchG 2005 überwögen.

16 Anders als die belangte Behörde in dem vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheid vermeine, bestünden langfristige öffentliche Interessen an der Verwirklichung des Vorhabens nicht:

17 So liege zwar die Schaffung von Arbeitsplätzen generell im öffentlichen Interesse, welches vorliegend allerdings (insbesondere mit Blick auf den geplanten Deponiezeitraum und die Dauer der Beeinträchtigungen der Schutzgüter des TNSchG 2005) nicht dem Kriterium der Langfristigkeit entspreche. Eine Glaubhaftmachung einer Gefährdung der Existenz ihres Unternehmens im Fall der Versagung der Bewilligung sei der Revisionswerberin nicht gelungen, insbesondere weil eine dazu vorgelegte Stellungnahme von Wirtschaftsprüfern bloß allgemein gehaltene Behauptungen bzw. eine Bestätigung von Angaben der Revisionswerberin selbst als „plausibel und nachvollziehbar“ enthalten habe. Der nicht von der Hand zu weisende Vorteil für ein (u.a.) Erdbauunternehmen, wenn es über eine eigene Deponie verfüge, sei ein „privates Wirtschaftsinteresse“ der Revisionswerberin, nicht aber ein öffentliches Interesse.

18 Mangels „langfristiger öffentlicher Interessen“ an der Errichtung der gegenständlichen Deponie könne eine Interessenabwägung entfallen; der Antrag der Revisionswerberin sei mangels Vorliegens der Voraussetzungen „gemäß § 29 Abs. 2 lit. a Z 2 TNSchG 2005 und des § 23 Abs. 5 lit. c TNSchG 2005“ abzuweisen.

19 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

20 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

21 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

22 3.1.1. In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zunächst die Legitimation des Landesumweltanwaltes zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 6. September 2019 in Zweifel gezogen:

23 § 42 Abs. 1 Z 8 AWG 2002 verweise auf die naturschutzrechtlichen Vorschriften der Länder und verschaffe dem Landesumweltanwalt „lediglich in jenem Umfang“ die Beschwerdelegitimation; § 36 Abs. 8 TNSchG 2005 sei hinsichtlich der Beschwerdelegitimation gegenüber § 42 Abs. 1 Z 8 AWG 2002 lex specialis. § 36 Abs. 8 TNSchG 2005 sehe aber explizit keine Beschwerdelegitimation des Landesumweltanwaltes gegen Bescheide des Landeshauptmannes vor. Zum Verhältnis der beiden Normen zueinander bestehe keine höchstgerichtliche Rechtsprechung.

24 3.1.2. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass mit dem vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheid des Landeshauptmannes ‑ unstrittig ‑ die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer ortsfesten Behandlungsanlage gemäß § 37 Abs. 1 AWG 2002 erteilt wurde.

25 Gemäß § 42 Abs. 1 Z 8 AWG 2002 kommt „in einem Genehmigungsverfahren gemäß § 37 Abs. 1“ AWG 2002 dem Umweltanwalt Parteistellung zu; dieser „kann die Einhaltung von naturschutzrechtlichen Vorschriften im Verfahren geltend machen“. Dem Umweltanwalt wird „das Recht eingeräumt, Rechtsmittel zu ergreifen, einschließlich Beschwerde an das Verwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben“.

26 Anders als die Revisionswerberin wiederholt behauptet, verweist § 42 Abs. 1 Z 8 AWG 2002 nicht etwa zur Rechtsmittellegitimation auf naturschutzrechtliche Vorschriften, sondern begründet für Genehmigungsverfahren nach § 37 Abs. 1 AWG 2002 (u.a.) eine Rechtsmittelbefugnis des Umweltanwaltes, damit dieser die „Einhaltung von naturschutzrechtlichen Vorschriften geltend machen“ kann. Dem Umweltanwalt wird ‑ wie der Gerichtshof bereits ausgesprochen hat ‑ in dem die Parteistellung in einem Genehmigungsverfahren gemäß § 37 Abs. 1 AWG 2002 regelnden § 42 Abs. 1 Z 8 AWG 2002 von vornherein ein Beschwerderecht an das Verwaltungsgericht eingeräumt (vgl. VwGH 25.6.2015, Ro 2015/07/0009 = VwSlg. 19.152 A).

27 Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat das Verwaltungsgericht zutreffend die „alle naturschutzrechtlichen Verfahren“ betreffende Bestimmung des § 36 Abs. 8 TNSchG 2005 als lex generalis betrachtet und ihr gegenüber § 42 Abs. 1 Z 8 AWG 2002 als lex specialis (nur für Genehmigungsverfahren nach § 37 Abs. 1 AWG 2002) Vorrang eingeräumt.

28 3.2.1. Im Weiteren behauptet die Revisionswerberin Umstände, die als geeignet erschienen, die völlige Unbefangenheit des zuständigen Verwaltungsrichters in Zweifel zu ziehen:

29 Dieser sei nämlich in den Jahren 2014, 2016 und 2018 als Vortragender im Rahmen von Rechtsfortbildungstagen der Landesumweltanwaltschaft Tirol tätig gewesen; so seien etwa „Tipps zum Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht“ Inhalt von Vorträgen laut Vortragsprogramm aus 2016 gewesen. Außerdem habe der Verwaltungsrichter im Zusammenhang mit den getroffenen Feststellungen zu Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes durch von der Straße ausgehende, durch das beantragte Vorhaben verstärkte Störungen (vgl. oben Rz 10) in seiner Beweiswürdigung bestimmte Verfahrensergebnisse nicht behandelt.

30 3.2.2.Nach der hg. Rechtsprechung begründet der Einwand der Befangenheit der entscheidenden Richter nur dann die Zulässigkeit der Revision, wenn vor dem Hintergrund des konkret vorgelegenen Sachverhaltes die Teilnahme eines oder mehrerer Mitglieder des Verwaltungsgerichtes an der Verhandlung und Entscheidung tragende Rechtsgrundsätze des Verfahrensrechtes verletzt hätte bzw. in unvertretbarer Weise erfolgt wäre (vgl. etwa VwGH 18.3.2019, Ra 2019/01/0068, mwN).

31 Derartiges legt das wiedergegebene Vorbringen der Revisionswerberin jedenfalls nicht nahe.

32 3.3.1. Als „Verstoß gegen den Grundsatz der amtswegigen Wahrheitsforschung und Stoffsammlung“ rügt die Revisionswerberin in ihren Zulässigkeitsausführungen, dass das Verwaltungsgericht zu dem zur Existenzsicherung ihres Unternehmens erstatteten Vorbringen weder ein Sachverständigengutachten eingeholt noch der Revisionswerberin die Vorlage einer Bilanz aufgetragen habe.

33 3.3.2. Mit diesem Vorbringen macht die Revision Verfahrensmängel geltend.

34 Nach gefestigter hg. Rechtsprechung muss bereits in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung gemäß § 28 Abs. 3 VwGG die Relevanz von Verfahrensmängeln, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass ‑ auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst ‑ jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 25.6.2020, Ra 2018/07/0442, mwN).

35 Die wiedergegebene Verfahrensrüge lässt jedoch eine derartige konkrete Relevanzdarstellung vermissen.

36 3.4.1. In einer umfangreich begründeten Rechtsrüge wendet sich die Revisionswerberin schließlich gegen die im angefochtenen Erkenntnis vertretene Auffassung, durch das gegenständliche Vorhaben würden die Verbotstatbestände des § 2 Abs. 2 lit. a und § 2 Abs. 4 TNSchVO 2006 verwirklicht, weshalb das Verwaltungsgericht die Versagung der beantragten Bewilligung (auch) auf § 23 Abs. 5 lit. c TNSchG 2005 stützte.

37 3.4.2. Zu diesem Vorbringen ist darauf hinzuweisen, dass eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nur dann vorliegt, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. etwa VwGH 25.3.2020, Ra 2020/10/0015, mwN).

38 Von der Rechtsfrage, ob das gegenständliche Vorhaben ‑ wie das Verwaltungsgericht annimmt ‑ die Verbotstatbestände des § 2 Abs. 2 lit. a und § 2 Abs. 4 TNSchVO 2006 verwirklicht, hängt das Schicksal der Revision allerdings nicht ab:

39 Auch ohne diese Annahme verblieben nach dem Gesagten verschiedene Beeinträchtigungen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 TNSchG 2005 durch das beantragte Vorhaben, denen kein langfristiges öffentliches Interesse an der Erteilung der Bewilligung gegenüber steht. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Versagung der beantragten naturschutzrechtlichen Bewilligung kann sich somit jedenfalls auf die ‑ im angefochtenen Erkenntnis auch zur Anwendung gebrachte ‑ Bestimmung des § 29 Abs. 2 lit. a Z 2 TNSchG 2005 stützen.

40 4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

41 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 18. Februar 2021

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