Normen
B-VG Art133 Abs4
COVID-19 BH Zell am See 2020/03/13
EpidemieG 1950 §32 Abs1
GewO 1994 §111 Abs1 Z1
MRKZP 01te Art1
StGG Art5
StGG Art6
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030297.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Landesverwaltungsgericht Salzburg ‑ durch Abweisung der Beschwerde der Revisionswerberin gegen einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See ‑ den Antrag der Revisionswerberin auf Zuerkennung einer Vergütung für den Verdienstentgang gemäß § 32 Abs. 1 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) aufgrund der von ihr behaupteten Schließung ihres Beherbergungsbetriebes durch die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 13. März 2020, Zl. 3065‑508/1962/4/20-2020, für die Zeiträume vom 16. März 2020 bis zum 1. April 2020 und vom 2. April 2020 bis zum 13. April 2020 abgewiesen und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof als nicht zulässig erklärt.
2 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass die Revisionswerberin „eine Frühstückspension mit nicht mehr als zehn Fremdenbetten in Form einer Ferienwohnung“ an einem näher bezeichneten Standort im politischen Bezirk Zell am See betreibe. Die Revisionswerberin wohne im selben Gebäude. Sie verfüge über keine Gewerbeberechtigung für den Betrieb dieses Unternehmens.
Die Bezirkshauptmannschaft Zell am See habe mit Verordnung vom 13. März 2020 die Schließung aller Beherbergungsbetriebe im Sinne des § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 verfügt. Zudem sei mit Verordnung vom 27. März 2020, kundgemacht am selben Tag, vom Landeshauptmann für Salzburg ein Betretungsverbot betreffend Beherbergungsbetriebe für Touristen bei einschließlich 13. April 2020 verhängt worden. Am 30. März 2020, angeschlagen an der Amtstafel des Gemeindeamtes (am Standort der Revisionswerberin) am 1. April 2020, habe die Bezirkshauptmannschaft Zell am See die Verordnung vom 13. März 2020 aufgehoben.
Die Revisionswerberin habe auf Grund der dazu ergangenen medialen Berichterstattung veranlasst, dass ihre Gäste bis längstens 20 Uhr am 16. März 2020 abgereist sind. Sie habe ihren Betrieb zumindest bis einschließlich 1. April 2020 geschlossen gehalten.
3 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 13. März 2020, Zl. 3065‑508/1962/4/20‑2020, wonach „Beherbergungsbetriebe (§ 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994)“ zu schließen waren, im Wesentlichen aus, dass entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht darauf abzustellen sei, ob eine Gewerbeberechtigung vorliege, sondern ob ein Beherbergungsbetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 der genannten Verordnung vorliege, widrigenfalls der Betrieb der Revisionswerberin nicht von dieser behördlichen Verfügung im Sinne des § 20 EpiG erfasst gewesen sei. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt betreibe die Revisionswerberin „eine Frühstückspension mit nicht mehr als zehn Fremdenbetten in Form einer Ferienwohnung“, wobei sie im selben Gebäude ihren Wohnsitz habe. Eine Gewerbeberechtigung liege nicht vor, da die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 Z 9 GewO 1994 zum Tragen komme.
Aus dem Text der Verordnung gehe deutlich hervor, dass nicht sämtliche Beherbergungsbetriebe zu schließen gewesen seien, sondern ausschließlich jene im Sinne des § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994, zumal sich ansonsten der ausdrückliche Verweis auf § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 als völlig unerheblich herausstellen würde und der Gebrauch überflüssiger Worte nicht unterstellt werden dürfe. Betriebe, für die aufgrund § 2 Abs. 1 Z 9 GewO 1994 keine Gewerbeberechtigung benötigt werde, unterlägen nicht dem Regelungsgegenstand der GewO 1994, sodass diese auch nicht unter den Begriff „Beherbergungsbetrieb“ im Sinne des § 111 Abs. 1 Z 1 GewO fallen könnten.
Der Betrieb der Revisionswerberin sei daher nicht von der durch die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zell am See verfügte Betriebsschließung erfasst gewesen. Daher bestehe auch kein Vergütungsanspruch nach § 32 EpiG. Da die Revisionswerberin von der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zell am See nicht betroffen gewesen sei, sei auch die von ihr behauptete Gesetz‑ und Verfassungswidrigkeit der Aufhebung dieser Verordnung durch die Verordnung vom 30. März 2020 nicht näher zu prüfen gewesen.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung der Revision macht im Wesentlichen geltend, dass zur Auslegung der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 13. März 2020 noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege. Im politischen Bezirk Zell am See gebe es eine Vielzahl an potentiell betroffenen Frühstückspensionen, sodass es um die Klärung einer Rechtsfrage gehe, die eine Vielzahl von Rechtsunterworfenen betreffe. Schließlich sei die Auslegung auch beim Landesverwaltungsgericht Salzburg nicht einheitlich; so habe das Landesverwaltungsgericht Salzburg in einem anderen Erkenntnis ausgesprochen, dass ein Beherbergungsbetrieb, für dessen Betrieb eine Gewerbeberechtigung erforderlich gewesen wäre, aber nicht vorgelegen sei, von der auch hier gegenständlichen Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 13. März 2020 erfasst gewesen sei.
8 Mit diesem Vorbingen legt die Revisionswerberin nicht dar, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte.
9 Das von der Revisionswerberin geltend gemachte Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer bestimmten Norm führt nicht unbedingt zur Zulässigkeit der Revision. Das ist etwa dann nicht der Fall, wenn die Rechtslage eindeutig ist und daher trotz fehlender Rechtsprechung keiner Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof bedarf (VwGH 16.12.2015, Ra 2014/04/0053). Dies ist hier der Fall:
10 Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 13. März 2020 ordnete an, dass „Beherbergungsbetriebe (§ 111 Abs. 1 Z 1 Gewo 1994)“ zu schließen waren. Der Wortlaut der Verordnung bietet damit keinen Anhaltspunkt, dass von der angeordneten Betriebsschließung auch eine (nach dem Vorbringen der Revisionswerberin) als häusliche Nebenbeschäftigung ausgeübte Vermietung einer Ferienwohnung erfasst sein sollte, da es sich dabei um keinen Beherbergungsbetrieb im Sinne des § 111 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 handelt. In Anbetracht des mit einer solchen Betriebsschließung verbundenen Eingriffs in die Grundrechte auf Schutz des Eigentums und auf Erwerbsfreiheit (vgl. Art. 1 1. ZPEMRK sowie Art. 5 und 6 StGG) kommt eine ausdehnende Auslegung der verfügten Betriebsschließung nicht in Betracht. Die Revisionswerberin war daher nicht verpflichtet, die Vermietung ihrer Ferienwohnung aufgrund der mit der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 13. März 2020 verfügten Betriebsschließung einzustellen.
11 Soweit im angefochtenen Erkenntnis wie auch in der Revision mehrfach der Begriff der „Frühstückspension“ verwendet wird, ist allerdings klarzustellen, dass es sich bei „kleinen Frühstückspensionen“ im Sinne des § 111 Abs. 2 Z 4 GewO 1994 um Beherbergungsbetriebe im Sinne des § 111 Abs. 1 Z 1 GewO handelt (für die eine Gewerbeberechtigung, allerdings kein Befähigungsnachweis erforderlich ist). Im Revisionsfall ist aber unstrittig, dass für die Vermietung der Ferienwohnung keine Gewerbeberechtigung, insbesondere auch nicht für eine „kleine Frühstückspension“ im Sinne des § 111 Abs. 2 Z 4 GewO 1994, erforderlich war (wobei hier dahinstehen kann, ob dies, wie vom Verwaltungsgericht angenommen und von der Revisionswerberin vorgebracht, aufgrund des Vorliegens einer häuslichen Nebenbeschäftigung oder einer bloßen Wohnraumvermietung ‑ siehe dazu VwGH 3.3.2020, Ro 2019/04/0019, mwN ‑ der Fall war).
12 Schließlich ist zum Vorbringen betreffend ein angeblich abweichendes Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg darauf hinzuweisen, dass sich das Zitieren von Rechtsprechung eines Verwaltungsgerichtes von Vornherein nicht zur Darlegung eines Abweichens des hier angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eignet (vgl. etwa VwGH 7.5.2018, Ra 2018/18/0003). Im Übrigen ist anzumerken, dass die von der Revisionswerberin zitierte Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg gerade nicht einen Betrieb betrifft, für den ‑ wie dies im Fall der Revisionswerberin nach dem angefochtenen Erkenntnis unstrittig feststeht ‑ keine Gewerbeberechtigung erforderlich ist. Diese von der Revisionswerberin zitierte Entscheidung betraf vielmehr einen Beherbergungsbetrieb, der rechtswidrigerweise über keine Gewerbeberechtigung verfügte und dem aus diesem Grund auch keine Vergütung für Verdienstentgang nach § 32 EpiG zugesprochen wurde.
13 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 28. Dezember 2021
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