VwGH Ra 2020/15/0023

VwGHRa 2020/15/002310.5.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des D K in D, vertreten durch die fh‑wirtschaftstreuhand GmbH Steuerberatungsgesellschaft in 3100 St. Pölten, Rennbahnstraße 43, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 5. Dezember 2019, Zl. RV/5101969/2015, betreffend Einkommensteuer 2008 bis 2013, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs1 Z5
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020150023.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheiden jeweils vom 1. Juni 2015 wurde gegenüber dem Revisionswerber seitens des Finanzamts Einkommensteuer für die Jahre 2008 bis 2013 festgesetzt. Begründend wurde ausgeführt, im Rahmen des abgabenrechtlichen Ermittlungsverfahrens seien für den Zeitraum 2008 bis 2013 insgesamt Provisionseinnahmen iHv. 3.628.767 € festgestellt worden, wobei die Auszahlung von inländischen Gesellschaften auf inländische Konten des Revisionswerbers erfolgt sei. Der Revisionswerber habe durchgehend von 17. Mai 2001 bis 10. April 2012 melderechtlich einen Hauptwohnsitz in Österreich gehabt und sei sozialversicherungsrechtlich seit 14. Februar 1990 bis laufend fast durchgehend mit nichtselbständiger Beschäftigung angemeldet gewesen. In Österreich bestehe an mehreren Liegenschaften grundbücherliches Eigentum, darunter an einer Liegenschaft gemeinsam mit der Ehegattin, auf der sich ein Wohngebäude befinde, in welchem die Gattin und Kind(er) seit 23. Juli 2010 mit Hauptwohnsitz gemeldet seien. Auch der Revisionswerber sei vom 23. Juli 2010 bis zur Abmeldung am 10. April 2012 dort mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen. Angesichts des Sachverhalts, dass eine aufrechte Ehe bestehe und das Kind den örtlichen Kindergarten besuche und somit der inländische Wohnsitz auch weiterhin zur Verfügung stehe, liege darüber hinaus ein Inlandswohnsitz und unbeschränkte Steuerpflicht vor. Steuererklärungen seien trotz mehrmaliger Aufforderung nicht eingereicht worden. Im Vorhalteverfahren seien eine Aufstellung zur Aufteilung der Einnahmen in den Streitjahren auf Österreich (insgesamt 497.740 €) und Tschechien (insgesamt 3.222.564 €) sowie tschechische Steuererklärungen vorgelegt worden. Dieser Aufteilung könne die Behörde insoweit folgen, als im gleichen Zeitraum nach den vorgelegten Steuererklärungen (nach Berücksichtigung von Umrechnungsdifferenzen) in etwa der vom Revisionswerber Tschechien zugeteilte Betrag auch in Tschechien steuerlich erklärt worden sei. Daraus ergebe sich der Schluss, dass die vom Revisionswerber Österreich zugeteilten Einnahmen bisher in keinem Land erklärt worden seien und inländische Einkünfte darstellten. Der tschechische Provisionsanteil werde gemäß Art. 22 Abs. 1 DBA Tschechien iVm Art. 7 und Art. 5 Abs. 1 in Österreich von der Besteuerung ausgenommen und bei der Festsetzung der Steuer für das übrige (inländische) Einkommen einbezogen (Progressionsvorbehalt).

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht (BFG) ‑ nach Durchführung eines Erörterungstermins und einer mündlichen Verhandlung ‑ eine dagegen erhobene Beschwerde ab. Begründend führte das BFG aus, die in der Beschwerde angeführten Ausführungen hinsichtlich mehrerer Wohnstätten mögen stimmen, jedoch bestimme sich gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. b DBA Tschechien die Ansässigkeit einer Person nach dem Mittelpunkt der Lebensinteressen, welcher sich zweifelsfrei dort befinde, wo der Familienwohnsitz sei, wobei das BFG dessen Annahme in Österreich mit zahlreichen Indizien untermauerte. Die Aufteilung der Einnahmen zwischen Österreich und Tschechien sei vom Revisionswerber selbst vorgenommen worden, wobei das BFG ‑ wiederum unter Anführung zahlreicher Indizien ‑ vom Vorliegen einer Betriebsstätte in Österreich ausging. Selbst wenn man der Version des Revisionswerbers folgen sollte, es handle es sich um reine Provisionen, bei denen kein Bezug zu einer Betriebsstätte hergestellt werden könne, handle es sich bei den Provisionen jedoch um Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die bei einer inländischen Ansässigkeit in Österreich zu versteuern seien. Eine ordentliche Revision erklärte das BFG für unzulässig.

3 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit Folgendes vorbringt:

„Die Zulassung der Revision ist zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit erforderlich.

Das Bundesfinanzgericht weicht in seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des VwGH zur erhöhten Mitwirkungspflicht bei Möglichkeiten behördlicher Ermittlungen im Ausland (z. B. in Tschechien in Form von EU‑Amtshilfemöglichkeiten), zum Parteiengehör und zur freien Beweiswürdigung ab.

Überdies unterlaufen ihm grobe Verfahrensmängel im Bereich des Zustellgesetzes, der einer Korrektur durch den VwGH bedarf. Da selbst das Bundesfinanzgericht in seiner Entscheidung vielfach ausgeführt hat, dass die Befragung des Bf. unabdingbar für die Erkenntniserlassung gewesen wäre, ist eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 6 B‑VG zulässig, zumal anzunehmen ist, dass das Verwaltungsgericht bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschriften zu einem anderen Erkenntnis hätte kommen können.“

4 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt demnach anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (VwGH 18.12.2019, Ra 2019/15/0154).

9 In den „gesonderten“ Gründen zur Zulässigkeit der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG ist daher konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 2.11.2016, Ra 2014/06/0010, mwN). Ein Verweis auf die weitere Revisionsbegründung oder die Revisionspunkte reicht für die Begründung der Zulässigkeit der Revision nicht aus (vgl. etwa VwGH 25.11.2015, Ra 2015/16/0086; 19.3.2015, Ra 2015/16/0016, mwN).

10 Die vorliegende Zulässigkeitsbegründung erfüllt diese Anforderungen nicht.

11 Weder wird die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs konkret genannt, von welcher das BFG nach Ansicht des Revisionswerbers abgewichen sein soll, noch werden die angeblichen Verfahrensfehler in der Zulassungsbegründung näher umrissen.

12 Werden wie hier Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss zudem auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass ‑ auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentlichste zusammengefasst ‑ jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 4.12.2019, Ra 2019/16/0190, mwN).

13 Eine im Rahmen der gesonderten Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision nicht weiter substantiierte Behauptung von Verfahrensmängeln reicht demnach nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen (vgl. VwGH 22.3.2018, Ra 2016/15/0033, mwN).

14 Schließlich werden auch die im Zulassungsvorbringen lediglich allgemein in den Raum gestellten „groben Verfahrensmängel im Bereich des Zustellgesetzes“ den Anforderungen an eine abgesonderte Zulässigkeitsbegründung nicht gerecht.

15 In der Revision wurden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 10. Mai 2021

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