VwGH Ra 2020/02/0279

VwGHRa 2020/02/02795.1.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des R A in S, vertreten durch Dr. Wolfgang Zankl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 58, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 2. November 2020, 405‑4/3468/1/4‑2020, betreffend Übertretungen der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Salzburg), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs6 Z1
StVO 1960 §4 Abs1 lita
StVO 1960 §4 Abs5
StVO 1960 §99 Abs3 litb
VwGG §25a Abs4
VwGG §25a Abs4 Z1
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020020279.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 15. Juli 2020 wurde der Revisionswerber im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall wegen näher konkretisierter Übertretungen 1. des § 4 Abs. 1 lit. a StVO, 2. des § 4 Abs. 5 StVO sowie 3. des § 4 Abs. 1 lit. c StVO bestraft. Über ihn wurden zu 1. gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO, zu 2. gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO sowie zu 3. gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO Geld- sowie Ersatzfreiheitsstrafen verhängt und ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens festgesetzt.

2 Der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Spruchpunkt I. zu Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses Folge, behob das Straferkenntnis in diesem Spruchpunkt und stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein. Im Übrigen wies es die Beschwerde als unbegründet ab. Mit Spruchpunkt II. setzte es einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens fest und mit Spruchpunkt III. sprach das LVwG aus, dass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei (hinsichtlich der Spruchpunkte 1. und 3.). Eine ordentliche Revision des Revisionswerbers sei gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ausgeschlossen.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit den Anträgen, der Verwaltungsgerichtshof möge eine mündliche Verhandlung durchführen, in eventu das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben und der Revision die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

4 Die Revision erweist sich als unzulässig:

5 Das vom Revisionswerber angefochtene Straferkenntnis der belangten Behörde enthielt den Vorwurf, drei verschiedene Verwaltungsübertretungen begangen zu haben, mithin drei voneinander unabhängige Spruchpunkte. Auch das LVwG hat mithin hinsichtlich der drei angelasteten Verwaltungsübertretungen getrennte Absprüche getroffen (vgl. VwGH 15.10.2019, Ra 2019/02/0109).

6 Liegen ‑ wie hier ‑ trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. z.B. VwGH 22.10.2019, Ra 2019/02/0022).

7 Soweit sich die Revision gegen das angefochtene Erkenntnis betreffend Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses richtet ist auszuführen:

8 Gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B‑VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu € 750,‑ ‑ und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu € 400,‑ ‑ verhängt wurde.

9 Diese Voraussetzungen treffen für den Abspruch des LVwG zu Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses zu. Über den Revisionswerber wurde wegen Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO eine Geldstrafe von € 250,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage 19 Stunden) verhängt, wobei der Strafrahmen der anzuwendenden Strafnorm € 726,‑ ‑ beträgt.

10 Bei der im Sinne des § 25a Abs. 4 Z 1 VwGG in der Strafdrohung vorgesehenen „Freiheitsstrafe“ muss es sich um eine primäre Freiheitsstrafe handeln (vgl. etwa VwGH 9.9.2020, Ra 2020/02/0177). Eine solche ist hinsichtlich der vorgenannten Übertretung der StVO jedoch nicht vorgesehen.

11 Die Revision erweist sich daher, soweit das LVwG über Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses entschied, gemäß § 25a Abs. 4 VwGG als absolut unzulässig.

12 Soweit sich die Revision gegen das angefochtene Erkenntnis betreffend die Spruchpunkte 1. und 3. des Straferkenntnisses richtet ist auszuführen:

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 Die vorliegende Revision bekämpft das angefochtene Erkenntnis in seinem gesamten Umfang, enthält aber hinsichtlich der Aufhebung des Spruchpunktes 3. des Straferkenntnisses der belangten Behörde und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens durch das LVwG kein Vorbringen. Da diesbezüglich kein Vorbringen erstattet und somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird, war die Revision ‑ hinsichtlich des Spruchpunktes 3. des genannten Straferkenntnisses ‑ als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass es eines Mängelbehebungsauftrages bedurft hätte (vgl. VwGH 21.2.2018, Ra 2018/17/0012, mwN).

17 Zur Zulässigkeit der Revision hinsichtlich des Spruchpunktes 1. des Straferkenntnisses wird ausgeführt, die Entscheidung gehe „vom Grundsatz des Verwaltungsgerichtshofes insoferne“ ab, als ausgesprochen werde, dass der Revisionswerber sein Fahrzeug nicht angehalten habe, obwohl er ursächlich im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall gestanden sei; dies obwohl er vom Unfall nicht Kenntnis erlangt habe.

18 Damit behauptet der Revisionswerber bloß allgemein, das LVwG sei von der hg. Rechtsprechung abgewichen, ohne konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher hg. Rechtsprechung seiner Ansicht nach das LVwG in welchen Punkten abgewichen sein soll. Insofern wird den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer Revision gestellten Anforderungen nicht entsprochen (VwGH 20.9.2019, Ra 2019/02/0161, mwN).

19 Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Tatbestand des § 4 Abs. 1 lit. a StVO schon dann erfüllt, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (vgl. VwGH 15.4.2019, Ra 2019/02/0070, mwN).

20 Inwiefern das LVwG, das in seinem Erkenntnis u.a. von „Aufmerksamkeitsdefiziten“ des Revisionswerbers ausgegangen ist, von dieser Rechtsprechung abgewichen ist, wird mit dem nicht näher substantiierten Zulässigkeitsvorbringen nicht dargetan. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt sich daher nicht.

21 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

22 Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 5. Jänner 2021

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