VwGH Ro 2020/22/0004

VwGHRo 2020/22/00048.7.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrätin Mag.a Merl und die Hofräte Dr. Mayr, Dr. Schwarz und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, über die Revision des M Y, vertreten durch Mag.a Irene Oberschlick, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Weyrgasse 8/6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 22. August 2019, VGW‑151/082/9945/2019‑1, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), zu Recht erkannt:

Normen

ARB1/80 Art6 Abs1
ARB1/80 Art6 Abs2
EURallg
NAG 2005 §2 Abs2
NAG 2005 §2 Abs3
NAG 2005 §45 Abs1
NAG 2005 §45 Abs2
VwGG §42 Abs1
VwRallg
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL Art3 Abs2 lite
32004L0038 Unionsbürger-RL Art3 Abs2 lite
61990CJ0370 Singh VORAB

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020220004.J00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein türkischer Staatsangehöriger, verfügt seit 30. März 2011 durchgehend über immer wieder ‑ zuletzt mit Gültigkeitsdauer bis 8. August 2019 ‑ verlängerte Aufenthaltstitel als Student. Am 4. April 2019 stellte er einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt ‑ EU“ gemäß § 45 Niederlassungs‑ und Aufenthaltsgesetz (NAG).

2 Der Revisionswerber ist seit 2. Jänner 2015 durchgehend bei einem näher genannten Unternehmen zuerst in Teilzeit, seit Anfang 2019 in Vollzeit beschäftigt; ihm wurde ein Befreiungsschein gemäß § 4c Abs. 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) mit Gültigkeit von 7. Februar 2019 bis 6. Februar 2024 ausgestellt.

3 Der Landeshauptmann von Wien (Behörde) wies mit Bescheid vom 4. April 2019 den Zweckänderungsantrag des Revisionswerbers ab.

4 Das Verwaltungsgericht Wien (VwG) wies die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision für zulässig.

Begründend führte das VwG aus, der Revisionswerber sei als Student nicht als niedergelassen anzusehen. Er erfülle seit 2. Jänner 2019 Art. 6 Abs. 1 dritter Spiegelstrich des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80). Damit stehe ihm implizit ein aus dem ARB 1/80 direkt ableitbares Aufenthaltsrecht zu (Hinweis auf VwGH 17.6.2019, Ro 2019/22/0001, Rn. 9). Das Beschäftigungs‑ und Aufenthaltsrecht des Revisionswerbers aus Art. 6 ARB 1/80 sei ohne Einfluss auf seine Rechtsposition im Hinblick auf § 45 NAG. Die Aufenthaltsbewilligung zu Studienzwecken stehe somit der beantragten Zweckänderung entgegen, weil der Revisionswerber insoweit bisher nicht als niedergelassen im Sinn des § 45 Abs. 1 erster Halbsatz NAG angesehen werden könne; ihm sei auch kein konstitutiver Aufenthaltstitel zur Niederlassung nach dem NAG erteilt worden, sodass auch § 45 Abs. 1 zweiter Halbsatz NAG nicht erfüllt sei. Die Erteilungsvoraussetzung der fünfjährigen Niederlassung sei somit nicht erfüllt.

Eine ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil Rechtsprechung zur Zweckänderung von türkischen Staatsangehörigen, die sich im Inland zu Studienzwecken aufhielten, aber zwischenzeitlich auch Rechte aus Art. 6 ARB 1/80 ableiten könnten und zuletzt freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung erlangt hätten, auf den unbefristeten Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt ‑ EU“ gemäß § 45 Abs. 1 NAG fehle.

5 Dagegen richtet sich die vorliegende ordentliche Revision mit dem Antrag, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst zu entscheiden und dem Revisionswerber den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt ‑ EU“ zu erteilen oder das Erkenntnis des VwG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

6 Der Bundesminister für Inneres schloss sich in seiner Revisionsbeantwortung der Rechtsansicht des VwG an.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Die Revision ist angesichts der vom VwG formulierten Zulässigkeitsbegründung, der sich der Revisionswerber anschloss, zulässig.

8 Art. 6 des Beschlusses des ‑ durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten ‑ Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80, über die Entwicklung der Assoziation (ARB) lautet:

Artikel 6

(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat

- nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;

- nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung ‑ vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs ‑ das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;

- nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn‑ oder Gehaltsverhältnis.

(2) Der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit werden den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt. Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche.

(3) Die Einzelheiten der Durchführung der Absätze 1 und 2 werden durch einzelstaatliche Vorschriften festgelegt.“

Die maßgeblichen Bestimmungen des NAG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten auszugsweise:

Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ...

12. Zweckänderungsantrag: der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit anderem Zweckumfang während der Geltung eines Aufenthaltstitels (§ 26);

...

(2) Niederlassung ist der tatsächliche oder zukünftig beabsichtigte Aufenthalt im Bundesgebiet zum Zweck

1. der Begründung eines Wohnsitzes, der länger als sechs Monate im Jahr tatsächlich besteht;

2. der Begründung eines Mittelpunktes der Lebensinteressen oder

3. der Aufnahme einer nicht bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit.

(3) Der rechtmäßige Aufenthalt eines Fremden auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 Abs. 1 Z 12) gilt nicht als Niederlassung im Sinne des Abs. 2.

(4) ...

 

Arten und Form der Aufenthaltstitel

§ 8. (1) Aufenthaltstitel werden erteilt als:

...

7. Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt ‑ EU' für die Dokumentation des unbefristeten Niederlassungsrechts, unbeschadet der Gültigkeitsdauer des Dokuments;

...

12. 'Aufenthaltsbewilligung' für einen vorübergehenden befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck (§§ 58 bis 69).

...

 

Zweckänderungsverfahren

§ 26. Wenn der Fremde den Aufenthaltszweck während seines Aufenthalts in Österreich ändern will, hat er dies der Behörde im Inland unverzüglich bekannt zu geben. Eine Zweckänderung ist nur zulässig, wenn der Fremde die Voraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel erfüllt und ein gegebenenfalls erforderlicher Quotenplatz zur Verfügung steht. Sind alle Voraussetzungen gegeben, hat der Fremde einen Rechtsanspruch auf Erteilung dieses Aufenthaltstitels. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist der Antrag abzuweisen; die Abweisung hat keine Auswirkung auf das bestehende Aufenthaltsrecht.

 

Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - EU'

§ 45. (1) Drittstaatsangehörigen, die in den letzten fünf Jahren ununterbrochen tatsächlich niedergelassen waren, kann ein Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt ‑ EU' erteilt werden, wenn sie

1. die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

2. das Modul 2 der Integrationsvereinbarung (§ 10 IntG) erfüllt haben.

(2) Zur Niederlassung berechtigten Drittstaatsangehörigen ist die Zeit eines unmittelbar vorangehenden rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 Abs. 1 Z 12) oder eines Aufenthaltstitels 'Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' (§ 57 AsylG 2005) zur Hälfte auf die Fünfjahresfrist gemäß Abs. 1 anzurechnen. Zur Niederlassung berechtigten Drittstaatsangehörigen ist die Zeit eines unmittelbar vorangehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet aufgrund einer 'Aufenthaltsberechtigung plus' (§ 54 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005) oder einer 'Aufenthaltsberechtigung' (§ 54 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005) zur Gänze auf die Fünfjahresfrist anzurechnen.

(3) ...

 

Studenten

§ 64. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende ausgestellt werden, wenn sie

1. die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

2. ein ordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, öffentlichen oder privaten Pädagogischen Hochschule gemäß dem Hochschulgesetz 2005, BGBl. I Nr. 30/2006, absolvieren,

3. ...

(4) Drittstaatsangehörigen, die ein Studium oder eine Ausbildung gemäß Abs. 1 Z 2, 3, 5 oder 7 erfolgreich abgeschlossen haben und die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 41, 42 oder 43c anstreben, kann die Aufenthaltsbewilligung als Student im Rahmen eines Verfahrens nach § 24 Abs. 1 einmalig zum Zweck der Arbeitssuche oder der Unternehmensgründung für die Dauer von zwölf Monaten (§ 20 Abs. 1) verlängert werden, sofern die Voraussetzungen des 1. Teiles mit Ausnahme des § 11 Abs. 2 Z 2 weiter vorliegen.

(5) ...“

Art. 3 der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen, idF 2011/51/EU , lautet auszugsweise:

„Artikel 3

Anwendungsbereich

(1) Diese Richtlinie findet auf Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten.

(2) Diese Richtlinie findet keine Anwendung auf Drittstaatsangehörige,

a) die sich zwecks Studiums oder Berufsausbildung aufhalten;

b) ...

e) die sich ausschließlich vorübergehend wie etwa als Au-pair oder Saisonarbeitnehmer, als von einem Dienstleistungserbringer im Rahmen der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen entsendete Arbeitnehmer oder als Erbringer grenzüberschreitender Dienstleistungen aufhalten oder deren Aufenthaltsgenehmigung förmlich begrenzt wurde;

f) ...“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

           

9 Das VwG ging zutreffend davon aus, dass der Revisionswerber aufgrund der ihm erteilten Aufenthaltsbewilligung „Student“ nicht als niedergelassen anzusehen ist (vgl. etwa VwGH 23.1.2020, Ro 2019/22/0009, Rn. 10, mwN).

10 Der Verwaltungsgerichtshof setzte sich im soeben zitierten Erkenntnis auch mit der Frage auseinander, ob ein aus Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 abgeleitetes Aufenthaltsrecht als „förmlich begrenzt“ im Sinn von Art. 3 Abs. 2 lit. e der Richtlinie 2003/109 anzusehen ist, und kam zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass ein türkischer Staatsangehöriger aufgrund des aus Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 abgeleiteten Aufenthaltsrechts wegen dessen eingeschränkten Berechtigungsumfanges (Bindung an den gleichen Arbeitgeber) die Voraussetzung des § 45 Abs. 1 NAG zur Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt ‑ EU“ nicht erfülle. Auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. In seinem Beschluss vom 22. Mai 2020, Ro 2020/22/0001, übertrug der Verwaltungsgerichtshof diese Aussagen auf Fälle nach Art. 6 Abs. 1 zweiter Spiegelstrich ARB 1/80.

11 Im vorliegenden Fall verfügt der Revisionswerber jedoch bereits über ein uneingeschränktes Recht auf freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung gemäß dem dritten Spiegelstrich des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80, sodass das Argument der Bindung an den gleichen Arbeitgeber auf ihn nicht zutrifft.

12 Dem Urteil des EuGH vom 18.10.2012, C‑502/10, Singh, zufolge hat das nationale Gericht bei Auslegung des Art. 3 Abs. 2 lit. e Richtlinie 2003/109 zu prüfen, ob es „die förmliche Begrenzung einer Aufenthaltsgenehmigung im Sinne des nationalen Rechts zulasse, dass der Inhaber dieser Genehmigung in dem betreffenden Mitgliedstaat langfristig ansässig“ sei, wobei die Tatsache, dass eine Aufenthaltsgenehmigung ‑ auch über eine Dauer von fünf Jahren hinaus und insbesondere unbegrenzt ‑ immer wieder verlängert werden könne, ein wichtiges Indiz dafür darstelle, dass die förmliche Begrenzung den Drittstaatsangehörigen nicht daran hindere, in dem betreffenden Mitgliedstaat langfristig ansässig zu sein (vgl. Rn. 51 ff des genannten Urteils).

Der Bundesminister für Inneres bringt dazu in seiner Revisionsbeantwortung vor, das Aufenthaltsrecht eines türkischen Staatsangehörigen gehe auch nach dem dritten Spiegelstrich des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 verloren, wenn er nicht mehr dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe (Hinweis auf EuGH 6.6.1995,C-434/93 , Bozkurt, Rz. 35-37; 10.2.2000, C-340/97 , Nazli, Rz. 37 und 39). Aufgrund seiner Bindung an den Arbeitsmarkt bzw. seiner Abhängigkeit von der beschäftigungsrechtlichen Situation sei auch das Aufenthaltsrecht gemäß Art. 6 Abs. 1 dritter Spiegelstrich ARB 1/80 weder zeitlich noch inhaltlich unbeschränkt.

Dem ist zu entgegnen, dass auch für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erteilte nationale Aufenthaltstitel bzw. deren Verlängerung von der Vorlage einer Arbeitgebererklärung und somit einer Beschäftigung abhängen können, sie aber dennoch zur befristeten Niederlassung berechtigen und es dem Inhaber ‑ im Sinn des zitierten Urteils des EuGH C‑502/10 ‑ im Allgemeinen erlauben, langfristig in Österreich ansässig zu sein. Umgekehrt berühren etwa ordnungsgemäß festgestellte Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit nach Art. 6 Abs. 2 ARB 1/80 nicht das zuvor gemäß Art. 6 Abs. 1 dritter Spiegelstrich ARB 1/80 erworbene Recht auf freien Zugang zu jeder Beschäftigung.

13 Angesichts des uneingeschränkten Rechts auf freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung und des davon abgeleiteten Aufenthaltsrechts ist auch der Revisionswerber nicht daran gehindert, langfristig in Österreich ansässig zu sein. Er ist ‑ im Unterschied zu einem aus Art. 6 Abs. 1 erster oder zweiter Spiegelstrich ARB 1/80 abgeleiteten Aufenthaltsrecht ‑ nicht an denselben Arbeitgeber oder den gleichen Beruf gebunden. Daraus ergibt sich, dass der Revisionswerber mit Erfüllen der Voraussetzungen des dritten Spiegelstrichs des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 als niedergelassen im Sinn des § 2 Abs. 2 NAG anzusehen ist.

14 Der Revisionswerber erfüllt seit 2. Jänner 2019 die Voraussetzungen des dritten Spiegelstrichs des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des VwG (Zustellung am 28. August 2019) war er somit ‑ ungeachtet dessen, dass der Befreiungsschein erst mit Gültigkeit ab 7. Februar 2019 ausgestellt wurde ‑ weniger als acht Monate als niedergelassen anzusehen. Gemäß § 45 Abs. 2 erster Satz NAG ist die Dauer seines Aufenthaltes vor dem 2. Jänner 2019 als Student vom 30. März 2011 bis 1. Jänner 2019 ‑ also von etwa sieben Jahren und neun Monaten ‑ zur Hälfte anzurechnen. Zu der aus Art. 6 Abs. 1 dritter Spiegelstrich ARB 1/80 ableitbaren Zeit der Niederlassung von etwa acht Monaten sind somit etwa drei Jahre und zehneinhalb Monate von seinem Aufenthalt als Student hinzuzurechnen; dies ergibt eine Gesamtdauer von etwas mehr als viereinhalb Jahren, die gemäß § 45 Abs. 1 erster Satz NAG zu berücksichtigen ist. Diese zu berücksichtigende Gesamtaufenthaltsdauer erfüllt jedoch nicht die Erteilungsvoraussetzung einer fünfjährigen ununterbrochenen Niederlassung. Das VwG versagte somit im Ergebnis zutreffend die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt ‑ EU“ an den Revisionswerber.

15 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

16 Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.

Wien, am 8. Juli 2020

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