VwGH Ra 2020/15/0067

VwGHRa 2020/15/00677.12.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der M GmbH in S, vertreten durch die SWS Scheed Wöss Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Jaxstraße 2‑4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 30. März 2020, Zl. RV/5101018/2017, betreffend Umsatzsteuer 2015, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §297
ABGB §434
EStG 1988 §2 Abs3
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita
EStG 1988 §28
KStG 1988 §8 Abs2
UStG 1994 §10
UStG 1994 §12 Abs10
UStG 1994 §12 Abs2 Z2 lita
UStG 1994 §2 Abs1
UStG 1994 §4 Abs9
32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art117 Abs2
32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art168a Abs1
61994CJ0230 Renate Enkler VORAB

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020150067.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Eheleute MS und HS sind Gesellschafter der Revisionswerberin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, und Hälfteeigentümer eines Grundstücks. Mit Bescheid der Baubehörde vom 22. September 2008 wurde MS und HS die Baubewilligung für die Revitalisierung eines auf dem Grundstück befindlichen Objekts erteilt. Zur tatsächlichen Revitalisierung kam es damals nicht.

2 Mit Bescheid vom 18. Mai 2015 erteilte die Baubehörde der Revisionswerberin die Baubewilligung für die Planänderung betreffend „Revitalisierung sowie Um- und Zubau beim bestehenden Objekt“. Mit „Mietvertrag/Superädifikat“ vom 3. August 2015 räumten MS und HS der Revisionswerberin das Bestandrecht an einer Teilfläche ihres Grundstücks (ca. 770 m2) um einen monatlichen Bestandzins von 385 € ein. Das Bestandverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und war unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist jeweils zum Quartalsende eines jeden Jahres aufkündbar, wobei die Bestandgeber bis zum 31. Dezember 2050 auf das Kündigungsrecht verzichtet haben. Im Vertrag ist u.a. angeführt, die Revisionswerberin solle auf der Bestandfläche ein Superädifikat errichten, und zwar ein zweigeschossiges Wohngebäude samt Garage mit einer Nutzfläche von ca. 270 m2.

3 Nach Errichtung des Wohngebäudes vermietete die Revisionswerberin dieses an die Grundstückseigentümer MS und HS als Einfamilienhaus zu Wohnzwecken um die Monatsmiete von 2.882 €. Das Mietverhältnis begann am 1. August 2016 und wurde auf die Dauer von zehn Jahren geschlossen.

4 Im Umsatzsteuerbescheid 2015 anerkannte das Finanzamt die Vorsteuern aus der Errichtung des Wohngebäudes nicht.

5 Eine gegen den Umsatzsteuerbescheid 2015 erhobene Beschwerde wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung ab, woraufhin die Revisionswerberin deren Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragte.

6 Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und wies in der Beschwerdevorlage darauf hin, dass das Grundstück der Familie S ein Ausmaß von 6.163 m² aufweise und als Grünland gewidmet sei. Ein Teil davon im Ausmaß von ca. 770 m² sei der Revisionswerberin in Bestand gegeben worden.

7 Der mit 12. Dezember 2015 datierte Einreichplan für das errichtete Wohngebäude und der Polierplan seien vor der Vermietung des Grundstückes durch die Grundstückseigentümer MS und HS an die Revisionswerberin erstellt worden; auch die kommissionelle Begutachtung liege vor der Vermietung der Grundstücksfläche an die Revisionswerberin. Der Plan weise die Bezeichnung „Wohnhaus [S, also Familienname der Gesellschafter]“ aus, was ein Indiz für die ausschließliche Absicht der Befriedigung der privaten Wohnbedürfnisse der Gesellschafter darstelle. Für das Finanzamt stehe fest, dass die Familie S die Bauplanung schon lange vor der Vermietung an die Revisionswerberin ernsthaft in Angriff genommen habe und die spätere Einschaltung der Revisionswerberin ausschließlich zur steuerschonenden Verwirklichung dieses Vorhabens erfolgt sei. Die Mietverträge seien schließlich so abgeschlossen, dass eine Nettomiete von 2.620 € vereinbart sei. Dieser Mieterlös liege ‑ auch ohne Berücksichtigung des von der Revisionswerberin für die Bodennutzung zu entrichtenden Entgelts ‑ erheblich unter den Werten, die in vergleichbarer Lage für weitaus weniger luxuriös ausgestattete Objekte bezahlt würden.

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis ‑ in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde ‑ wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, die 2003 gegründete Revisionswerberin habe zur Finanzierung des in Rede stehenden Wohngebäudes Fremdmittel im Ausmaß von 900.000 € bei der Bank aufgenommen, was in etwa den Baukosten ohne Umsatzsteuer entspreche. Die Eheleute S hafteten für diesen Betrag, der auf ihrer Liegenschaft hypothekarisch sichergestellt sei. Die Revisionswerberin habe von den Herstellungskosten des Wohngebäudes, das in den Jahren 2015 und 2016 errichtet worden sei, die Vorsteuern geltend gemacht. Nach dem Beginn einer „USO‑Prüfung“ (Prüfungsauftrag vom 17. März 2016) sei der auf zehn Jahre befristete Mietvertrag vom 29. Juli 2016 abgeschlossen worden, mit welchem die Revisionswerberin das Wohngebäude den Eheleuten S um eine Monatsmiete von 2.882 € zu Wohnzwecken vermietet habe.

9 Das Bundesfinanzgericht gelange zur Überzeugung, dass das Wohnobjekt ausschließlich für Gesellschafterzwecke errichtet worden sei. Die Tätigkeit der Revisionswerberin beschränke sich bislang, somit auch noch lange nach Errichtung des Wohnobjektes, auf die Vermietung des Wohnhauses. Weitere wirtschaftliche Tätigkeiten gebe es nicht. Auf der von der Revisionswerberin in Bestand genommenen Grundfläche habe sich ein altes landwirtschaftliches Objekt befunden. Ohne diesen Altbestand wäre die Errichtung eines Neubaus aufgrund der Widmung rechtlich gar nicht möglich gewesen. Durch die Lage im Grünland sei es zudem ausgeschlossen, dass die Revitalisierung des vorhandenen landwirtschaftlichen Gebäudes durch die Revisionswerberin als Grundstückseigentümerin hätte erfolgen können, weil das Raumordnungsrecht regle, dass zeitgemäßer Wohnraum nur für die Eigentümer geschaffen werden dürfe. Dem vorliegenden Einreichplan vom 12. Februar 2015 zufolge sei noch vor der Anmietung des Grundstückes mit der konkreten Betreibung des Bauvorhabens begonnen worden. Der Plan weise die Bezeichnung „Wohnhaus [S]“ aus, was zum Ausdruck bringe, dass auf die persönlichen Wohnbedürfnisse der Gesellschafter abgestellt worden sei. Dass offiziell die Revisionswerberin als Bauführerin auftrete, sei dem Umstand geschuldet, dass der Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden sollte. Das Wohnobjekt sei vor Abschluss des nunmehrigen Mietvertrages nicht am Markt angeboten worden. Auch die Umstände der Fremdfinanzierung sprächen gegen die Zuordnung zur Unternehmenssphäre. Von der Bank seien Kredite im Ausmaß von 900.000 € aufgenommen worden, für welche die Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen hafteten. Dies sei ein Indiz dafür, dass die Befriedigung ihrer privaten Wohnbedürfnisse im Vordergrund stehe und eine anderweitige Vermietung nie geplant gewesen sei. Aus diesen Umständen sei für das Bundesfinanzgericht erkennbar, dass die Gründung der Revisionswerberin ausschließlich auf die Errichtung und Nutzung eines Wohnhauses für die Gesellschafter ausgerichtet gewesen sei. Die Frage, weshalb die Familie S nicht selbst das Wohnobjekt errichtet habe, sei im Übrigen unbeantwortet geblieben. Letztlich komme aber der Bauausführung entscheidende Bedeutung zu. Diese sei so gewählt, dass eine zielgerichtete Nutzung für private Wohnbedürfnisse der Gesellschafter erkennbar sei. So sei ein Teil des ehemaligen landwirtschaftlichen Objektes in den Neubau integriert worden. Der mit dieser Maßnahme einhergehende erhöhte Bauaufwand durch die Integrierung in den Neubau mit seinen technischen Erschwernissen könne sich weder in einem späteren Verkaufspreis niederschlagen noch könne er zu höheren Mieterträgen führen. Genauso wenig werde der Einbau einer aufwendigen Terrassenüberdachung, eines Außenpools, eines Wellnessbereiches mit Sauna, einer elektrischen Heizung für die Zufahrt oder der Kücheneinrichtung künftighin werthaltig sein. Alle diese Ausstattungskriterien deuteten nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts auf eine beabsichtigte ausschließliche Privatnutzung des Gebäudes hin, nicht aber auf eine ernsthaft geplante spätere Fremdvermietung oder eine gewinnbringende Verwertung.

10 Immobilien der gegebenen Preisklasse hätten bekanntermaßen einen sehr eingeschränkten Käufer- bzw. Mieterkreis. Eine Fremdvermietung nach Ablauf des vorliegenden befristeten Mietvertrages mit den Gesellschaftern zu einem kostendeckenden Mietpreis sei auszuschließen. Ebenso werde ein Käufer für ein solches Objekt keinen Mehrpreis für diese Investitionen zahlen, zumal sie kaum seinen eigenen gehobenen Vorstellungen entsprächen. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Immobilie nach zehn Jahren der Nutzung durch die Gesellschafter wegen des sehr eingeschränkten Käuferkreises erheblich gegenüber den Herstellungskosten an Wert verloren habe. Auch dieser zeitlichen Schranke komme eine besondere Bedeutung zu. Dass ein anderer Mieter nach diesen zehn Jahren kaum in Frage komme, sei unbestritten und ein Indiz dafür, dass das Wohnobjekt ausschließlich für die privaten Wohnbedürfnisse der Gesellschafter errichtet worden sei.

11 Damit stehe für das Bundesfinanzgericht fest, dass das Objekt nicht für unternehmerische Zwecke errichtet worden sei. Das Finanzamt stütze die Versagung des Vorsteuerabzuges darauf, dass die gewählte Vorgangsweise durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei und von einer missbräuchlichen Verwendung auszugehen und somit der Vorsteuerabzug zu versagen sei.

12 Es könne außer Streit gestellt werden, dass für das gegenständliche Objekt kein funktionierender Mietenmarkt vorliege. Daher habe der steuerliche Vertreter der Revisionswerberin eine Renditemiete von 2,795 % ermittelt. Der Verwaltungsgerichtshof vertrete dazu die Ansicht, dass im Allgemeinen ein Renditezinssatz von 3 % bis 5 % erzielbar sein müsse. Kranewitter erachte für Einfamilienhäuser eine Rendite von 2,5 % (Bandbreite 2,5 bis 3,5 %) als angemessen. Bienert (in Bienert/Funk, Immobilienbewertung Österreich, Stand Juli 2007, 361) gebe für Einfamilienhäuser keine Rendite an und begründe dies damit, dass diese Gebäude ‑ verbunden mit geringem Risiko ‑ die geringste Verzinsung aufwiesen; sie stellten keine Zinsobjekte im herkömmlichen Sinn dar, sondern würden in erster Linie zu dem Zweck errichtet, einer Familie als selbst genutztes Objekt zu dienen. Daraus ergebe sich, dass Einfamilienhäuser üblicherweise überhaupt keine Renditeobjekte seien, in die fremde Investoren investierten. Die ermittelte Rendite biete im gegenständlichen Fall daher grundsätzlich keinen Grund, das Mietverhältnis nicht anzuerkennen. Allerdings habe die Renditemiete in den Hintergrund zu treten, wenn berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt vorlägen, weil davon auszugehen sei, dass die Miete so gestaltet sei, dass sie den wirtschaftlichen Anforderungen entspreche.

13 Das Bundesfinanzgericht sei der Ansicht, dass die vorliegende Konstruktion vor allem dazu diene, den Vorsteuerabzug für den privaten Wohnraum der Gesellschafter zu sichern, nach deren Bedürfnissen er errichtet worden sei.

14 Nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien sei von Bedeutung, ob ein Gebäude schon seiner Erscheinung nach, etwa weil es ein besonders repräsentatives oder speziell auf die Wohnbedürfnisse des Gesellschafters abgestelltes Gebäude sei, für die private Nutzung durch den Gesellschafter bestimmt sei. Das Erscheinungsbild des Hauses sei mit den Wohnbedürfnissen einer gut situierten Familie in Einklang zu bringen. Eine gehobene Ausstattung und Bauweise passe zur beruflichen und sozialen Stellung der Gesellschafter, weshalb auch insoweit ein auf die Wohnbedürfnisse des Gesellschafters abgestelltes Gebäude festzustellen sei. Das Wohnobjekt könne auf Grund der Baukosten als luxuriös bezeichnet werden.

15 Der Mietvertrag sei zeitlich befristet. Gerade die zeitliche Befristung und die Nichtklärung der Frage, was mit dem Objekt nach Ablauf des Vertrages zu geschehen habe, deuteten darauf hin, dass das Objekt bei den Mietern bleiben solle.

16 Besondere Bedeutung komme in diesem Zusammenhang aber der Tatsache zu, dass das Gebäude zunächst nur für zehn Jahre an die Gesellschafter vermietet werden sollte (zeitliche Schranke). Das Finanzamt habe auf diese zeitliche Schranke hingewiesen und entsprechende Überlegungen angestellt. So sei es von einem Ertragswert der Liegenschaft mit 1. September 2026 von 563.000 € ausgegangen (Tag der Beendigung des Mietverhältnisses). Den Buchwert zu diesem Zeitpunkt habe es mit 800.000 € angenommen. Der beträchtliche Buchverlust und der kaum realisierbare Gewinn sprächen gegen eine unternehmerische Tätigkeit. Auch führe eine überschlägige Kalkulation des Mietverhältnisses über die vereinbarten zehn Jahre zu einem negativen Ergebnis. Wenn das Finanzamt zudem zu dem Ergebnis gelange, dass die Liegenschaft exakt auf die Bedürfnisse der Gesellschafter ausgerichtet sei und eine Verwirklichung des Bauvorhabens im Grünland nur durch deren Eigenschaft als Grundeigentümer zu bewerkstelligen gewesen sei, so werde man diesen Überlegungen nicht mit Erfolg entgegentreten können.

17 Der Steuervorteil bestehe im sofortigen Steuerabzug für den Bau eines Wohngebäudes, welcher den Gesellschaftern bei eigener Bautätigkeit nicht zustünde. Demgegenüber stehe eine Steuerbelastung von bloß 10 % auf die Mietentgelte. Bis die geltend gemachte Vorsteuer durch die Besteuerung der Mietentgelte zurückgezahlt würde, könne es Jahrzehnte dauern; bei Vorsteuern von ca. 179.000 € rund 57 Jahre. Dabei komme im gegenständlichen Fall wieder die zeitliche Schranke von zehn Jahren hinzu und die Ungewissheit, wie hoch die Miete künftig sein werde.

18 Das Finanzamt habe zu Recht auf die zeitliche Schranke von zehn Jahren hingewiesen. Entweder müsste sich die Investition der GmbH von rund 1,350.000 € Euro innerhalb der zeitlichen Schranke rechnen bzw. müssten sich die Mieter verpflichten, die Miete weiter zu bezahlen, bis die Investition wirtschaftlich gerechtfertigt wäre. Dafür fehlten aber jegliche Anhaltspunkte im Mietvertrag. Lägen diese nicht vor, so hätte die GmbH das Haus nicht für wirtschaftliche Zwecke, sondern nur societatis causa errichtet.

19 Dass das Haus in der Absicht errichtet worden wäre, es einem der Revisionswerberin fremd Gegenüberstehenden zu vermieten, sei nicht einmal ansatzweise behauptet worden. Die Errichtung und Überlassung des auf die Bedürfnisse der Gesellschafter zugeschnittenen Einfamilienhauses durch die GmbH und nicht durch die Gesellschafter selbst, um die Vorsteuer zu lukrieren, sei nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts der einzig erkennbare Zweck. Diese Vorgangsweise sei im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg, für die Gesellschafter ein Heim zu schaffen, ungewöhnlich und unangemessen. Um diesen Erfolg zu erreichen, hätte es nicht der Zwischenschaltung einer GmbH bedurft. Der gewöhnliche und angemessene Weg wäre es gewesen, die Errichtung des Einfamilienhauses direkt, durch Kreditaufnahme und Belastung der Liegenschaft, und nicht im Umweg über eine mitunter dafür gegründete GmbH, vorzunehmen.

20 Die gegen dieses Erkenntnis gerichtete außerordentliche Revision trägt zu ihrer Zulässigkeit vor, der Verwaltungsgerichtshof orientiere sich bei Beurteilung von Vermietungen durch juristische Personen an deren Gesellschafter in zuletzt ständiger Rechtsprechung durchwegs an der Frage der Fremdüblichkeit der Vermietung. Sei diese gegeben, stehe der Vorsteuerabzug, abgesehen von krassen Ausnahmefällen, in welchen die Immobilie bzw. deren Vermietung in den außerbetrieblichen Bereich falle (so etwa wenn die GmbH die Immobilie gar nicht zur Einkünfteerzielung verwenden wolle und eine bloße Gebrauchsüberlassung vorliege), auf jeden Fall zu. Das Bundesfinanzgericht habe sich nicht an dieses vom Verwaltungsgerichtshof entwickelte Prüfungsschema gehalten. Das angefochtene Erkenntnis weiche daher von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

21 Das Finanzamt hat ‑ nach Einleitung des Vorverfahrens ‑ eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

22 Die Revision ist zulässig und begründet.

23 A. Die dem persönlichen Wohnbedürfnis eines Steuerpflichtigen dienende eigene Wohnung gehört zum Kernbereich der persönlichen Lebensführung (vgl. VwGH 27.1.2011, 2010/15/0197). Die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnimmobilie zur Befriedigung des eigenen Wohnbedarfs erfüllt weder einen Einkunftstatbestand iSd EStG 1988 noch stellt sie eine unternehmerische Tätigkeit iSd UStG 1994 dar. Eine Person kann ihren Wohnbedarf auch dadurch befriedigen, dass sie die Wohnimmobilie durch eine in ihrem Einflussbereich stehende Körperschaft (GmbH, Privatstiftung etc.) anschaffen oder herstellen und sich sodann von dieser Körperschaft das Recht auf Nutzung der Wohnimmobilie einräumen lässt. In einem solchen Fall ist zu prüfen, ob die Körperschaft mit der Nutzungsüberlassung als Unternehmerin zur Erzielung von Einnahmen tätig wird oder ob die Nutzungsüberlassung erfolgt, um der nahestehenden Person (Gesellschafter, Stifter etc.) causa societatis Vorteile zuzuwenden. Dabei kann das causa societatis veranlasste Verhalten der Körperschaft auch im Kleide einer unternehmerischen Tätigkeit auftreten, weil die Geltendmachung der aus der Anschaffung bzw. Herstellung resultierenden Vorsteuern (durch Nutzungsüberlassung für den sich aus § 12 Abs. 10 UStG 1994 ergebenden Zeitraum zu der gemäß § 10 Abs. 2 UStG 1994 ‑ auf Basis der Ermächtigung nach Art. 117 Abs. 2 MwSt‑RL 2006/112/EG  ‑ ermäßigten Umsatzsteuer aus den Wohnungsmieten) angestrebt wird.

24 B.1. Die Einräumung der laufenden Nutzung an einer Wohnimmobilie durch eine Körperschaft an ihr nahestehende Personen kann zunächst eine bloße Gebrauchsüberlassung darstellen, die keine unternehmerische Betätigung iSd UStG 1994 begründet (vgl. VwGH 24.6.1999, 96/15/0098; und 10.2.2016, 2013/15/0284). Erfolgt die Überlassung der Nutzung einer Wohnimmobilie an die nahestehende Person nicht deshalb, um Einnahmen zu erzielen, sondern um ihr einen Vorteil zuzuwenden (Zuwendung an den Gesellschafter bzw. aus der Stiftung), so fehlt es an einer wirtschaftlichen Tätigkeit (vgl. VwGH 16.5.2007, 2005/14/0083). Anhaltspunkte für die erforderliche Abgrenzung zwischen wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten finden sich im Urteil des EuGH vom 26. September 1996, Enkler, C‑230/94, Rn 24 ff, insbesondere Rn 28. Demnach kommt es unter Bedachtnahme auf alle Besonderheiten des Einzelfalles entscheidend darauf an, ob die Nutzungsüberlassung unter Umständen erfolgt, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit für gewöhnlich ausgeübt wird (vgl. VwGH 7.7.2011, 2007/15/0255).

25 B.2. Liegt das Bild einer wirtschaftlichen (unternehmerischen) Tätigkeit (und keine bloße Gebrauchsüberlassung) der Körperschaft vor, ist im Bereich der Überlassung von Wohnimmobilien durch eine Körperschaft an nahestehende Personen gesondert zu prüfen, ob der Vorgang eine verdeckte Ausschüttung darstellt (§ 8 Abs. 2 KStG 1988), was gegebenenfalls zum Ausschluss des Vorsteuerabzuges nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 führen kann (vgl. VwGH 23.2.2010, 2007/15/0003; vgl. zur gleichen Rechtslage bereits im UStG 1972 Kranich/Siegl/Waba, Kommentar zur MwSt [Stand März 1978], § 12 Anm. 106b; Doralt/Ruppe, Steuerrecht I5 [1994], 415). Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 gelten „Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne der [...] §§ 8 Abs. 2 und 12 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 sind“, nämlich nicht als für das Unternehmen ausgeführt. Das entscheidende Merkmal einer verdeckten Ausschüttung iSd § 8 Abs. 2 KStG 1988 ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverwendung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben, was an Hand eines Fremdvergleiches zu ermitteln ist (vgl. VwGH 31.1.2018, Ra 2015/15/0006), wobei auch darauf Bedacht zu nehmen ist, wie ein gewissenhafter, nur auf die Interessen der Körperschaft Bedacht nehmender Geschäftsleiter gehandelt hätte. Die Annahme einer verdeckten Ausschüttung ist allerdings ausgeschlossen, wenn die Errichtung des Gebäudes mit anschließender Nutzungsüberlassung einem Fremdvergleich standhält.

26 C.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in den Erkenntnissen vom 19. März 2013, 2009/15/0215, und vom 27. Juni 2018, Ra 2017/15/0019, ausgeführt hat, ist bei von der Körperschaft nicht fremdüblich den Gesellschaftern (Stiftern) zur Nutzung überlassenen Wohnimmobilien im Rahmen der verdeckten Ausschüttung zu unterscheiden zwischen jederzeit im betrieblichen Geschehen (z.B. durch Vermietung an fremde Personen) einsetzbaren Gebäuden („klassische“ verdeckte Ausschüttung) und solchen Wohngebäuden, die schon ihrer Erscheinung nach (etwa besonders repräsentative Wohngebäude) bloß für die private Nutzung durch den Gesellschafter bestimmt sind (verdeckte Ausschüttung „an der Wurzel“). In Bezug auf den zweitgenannten Fall ist entscheidend, dass Wirtschaftsgüter einer Körperschaft, deren Anschaffung oder Herstellung rein causa societatis veranlasst ist, von vorneherein nicht zum steuerlichen Betriebsvermögen der Körperschaft zählen (vgl. ausführlich VwGH 26.3.2007, 2005/14/0091; sowie 16.5.2007, 2005/14/0083). Solche Wirtschaftsgüter einer Körperschaft, deren Anschaffung allein gesellschaftsrechtlich veranlasst ist und die ein sorgfältiger, nur auf die wirtschaftlichen Interessen der Körperschaft bedachter Geschäftsleiter gar nicht angeschafft hätte, bilden (hinsichtlich der laufenden Besteuerung) steuerneutrales Vermögen der Körperschaft (vgl. Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG, Wien 1996, S 134; VwGH 24.6.2004, 2001/15/0002). Erreicht die tatsächliche Miete bei der Überlassung solcher nicht dem steuerlichen Betriebsvermögen zuzuordnender Gebäude nicht eine (nahezu) fremdübliche Höhe (die Hälfte einer fremdüblichen Miete wäre hier nicht ausreichend), wird eine mit der Vermietung in Zusammenhang stehende Vorleistung vom Vermieter zur Gänze für verdeckte Ausschüttungen iSd § 8 Abs. 2 KStG 1988 bezogen und tritt damit im Bereich der Umsatzsteuer der Vorsteuerausschluss des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 ein (vgl. VwGH 20.6.2000, 98/15/0169, mit Bezugnahme auf Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG, § 8 Tz 66). Zur Darlegung der unionsrechtlichen Deckung dieses Vorsteuerausschlusses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. März 2007, 2005/14/0091, verwiesen. Ergänzend ist allerdings zu bemerken, dass seit Inkrafttreten von Art. 168a Abs. 1 MwSt‑RL 2006/112/EG zusätzlich auch diese Richtlinienbestimmung eine unionsrechtliche Deckung und Verpflichtung für den Vorsteuerausschluss beinhaltet, zumal der Bereich der verdeckten Ausschüttung umsatzsteuerlich als Verwendung für unternehmensfremde Zwecke gilt (vgl. hierzu Korn, ÖStZ 2009, 262 [263], und VwGH 24.6.2009, 2007/15/0192). Nach dieser Richtlinienbestimmung darf sogar bei einem Grundstück, das sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für unternehmensfremde Zwecke verwendet wird, höchstens der Teil der Mehrwertsteuer als Vorsteuer abgezogen werden, der auf die Verwendung des Grundstücks für unternehmerische Zwecke des Steuerpflichtigen entfällt.

27 C.2. Für den Fall der „klassischen“ verdeckten Ausschüttung durch Nutzungsüberlassung gilt: Wird ein (jederzeit im betrieblichen Geschehen einsetzbares) Wohngebäude zwar dem Gesellschafter vermietet, aber erfolgt dies zu einem unangemessen niedrigen Mietzins, spricht dies nicht gegen dessen Zugehörigkeit zum steuerlichen Betriebsvermögen, sondern führt ‑ bei Vorliegen der weiteren Voraussetzung einer verdeckten Ausschüttung ‑ körperschaftsteuerlich zum Ansatz fremdüblicher Betriebseinnahmen (Mieterträge) der Kapitalgesellschaft. Beträgt die tatsächliche Miete weniger als die Hälfte der fremdüblichen Miete, wird eine mit der Vermietung in Zusammenhang stehende Vorleistung vom Vermieter „überwiegend“ für verdeckte Ausschüttungen bezogen und tritt damit der Vorsteuerausschluss des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 ein (vgl. VwGH 23.2.2010, 2007/15/0003; VwGH 27.6.2018, Ra 2017/15/0019; Ruppe/Achatz, UStG5 § 12 Rz 175).

28 Entscheidend für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug bei einer „klassischen“ verdeckten Ausschüttung ist somit, in welchem Ausmaß (überwiegend oder nicht überwiegend) die vereinbarte Miete von der als angemessen erachteten Miete abweicht.

29 D.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 23. Februar 2010, 2007/15/0003, ausgesprochen, dass die Höhe der angemessenen Miete daraus abzuleiten ist, „was unter einander fremd gegenüberstehenden Personen vereinbart worden wäre, und damit insbesondere auch daraus, was ein Investor als Rendite aus der Investition der konkret aufgewendeten Geldsumme erwartet“. Im Erkenntnis vom 10. Februar 2016, 2013/15/0284, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf das Erkenntnis 2007/15/0003 klargestellt, dass mit der Renditeerwartung eines „marktüblich agierenden Immobilieninvestors“ jene Rendite gemeint ist, „die üblicherweise aus dem eingesetzten Kapital durch Vermietung erzielt wird“. Maßgeblich ist demnach jener Renditesatz der sich bei Veranlagung des Gesamtbetrages der Anschaffungs- und Herstellungskosten in gut rentierliche Immobilien (also in Immobilien von jener Art, die eine hohe Rendite erwarten lassen) ergibt, wobei nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen ein Renditesatz in der Bandbreite von 3 bis 5 % (hier gemeint als Verhältnis von Jahresmieterlösen zum Betrag des investierten Kapitals) zu erzielen sein müsste (vgl. auch VwGH 15.9.2016, 2013/15/0256). Im Folgenden wird der solcherart ermittelte Betrag als Renditemiete bezeichnet.

30 D.2. Eine solche abstrakte Renditeberechnung (in Form von Jahresmieteinnahmen in Höhe von 3 bis 5 % der Anschaffungs- und Herstellungskosten der gesamten vom Gesellschafter für Wohnzwecke benutzten Immobilie) wäre allerdings nach der Rechtsprechung dann nicht geboten, wenn es für das von der Körperschaft errichtete Mietobjekt in der gegebenen Bauart und Ausstattung einen funktionierenden Mietenmarkt gäbe. Ein funktionierender Mietenmarkt in diesem Sinne ist, wie der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom 15. September 2016, 2013/15/0256, zu Recht erkannt hat, allerdings nur dann als gegeben anzunehmen, wenn ein wirtschaftlich agierender und nur am Mietertrag interessierter Investor Objekte vergleichbarer Gediegenheit und Exklusivität (mit vergleichbaren Kosten) errichten und am Markt gewinnbringend vermieten würde (was vom Steuerpflichtigen nachzuweisen ist, vgl. etwa VwGH 22.3.2018, Ra 2017/15/0047).

31 Mit der Renditeerwartung eines „wirtschaftlich agierenden Immobilieninvestors“ wird somit auf jene Mieteinnahmen abgestellt, die ein gewissenhafter, auf die Interessen der Körperschaft bedachter Geschäftsleiter aus dem eingesetzten Kapital durch Vermietung ‑ im Wege des Investments in gut rentierliche Immobilien ‑ erzielen kann (vgl. VwGH 10.2.2016, 2013/15/0284). Dadurch ist ein Maßstab gefunden, um prüfen zu können, ob das Immobilieninvestment der Körperschaft primär den ihr nahestehenden Personen (Gesellschaftern, Stiftern) dienen soll oder auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Erzielung von Mieteinnahmen ausgerichtet ist. Die Vorgangsweise kann dann als durch die Erzielung von Mieteinnahmen veranlasst angesehen werden, wenn die von der Körperschaft tatsächlich erzielten Mieten jene Höhe erreichen, die sich im Falle der Investition des vorgegebenen Kapitals in Immobilien jener Art, die erfahrungsgemäß gute Renditen erwarten lassen (z.B. kleinere Wohnungen im urbanen Bereich), ergeben würden. Ein funktionierender Mietenmarkt im Sinne der Rechtsprechung wird also im Ergebnis nur vorliegen, wenn der Nachweis erbracht ist, dass das konkrete Wohnobjekt der Körperschaft Mietrenditen erbringen kann, wie sie bei solchen, gut rentierlichen Objekten erzielbar sind.

32 E. Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich somit, dass es im Zusammenhang mit der Nutzungsüberlassung an eine der Körperschaft nahestehende Person in drei Fällen zu einer Versagung des Vorsteuerabzuges kommen kann. Beim ersten Fall handelt es sich um die bloße Gebrauchsüberlassung, bei der keine unternehmerische Betätigung vorliegt. Der zweite Fall erfasst die (nicht fremdübliche) Nutzungsüberlassung an besonders repräsentativen Wohngebäuden, welche schon ihrer Erscheinung nach bloß für die private Nutzung durch den Gesellschafter bestimmt sind. Der dritte Fall betrifft die Vermietung von im betrieblichen Geschehen einsetzbaren Gebäuden um weniger als 50 % der Renditemiete. In den letzten beiden Fällen ordnet § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 den Vorsteuerausschluss an.

33 F. Für die „klassische“ verdeckte Ausschüttung und auch für jene an der Wurzel gilt im Übrigen: Kommt es zum Vorsteuerausschluss gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994, unterliegt die Vermietungstätigkeit nicht der Umsatzsteuer (vgl. VwGH 27.6.2018, Ra 2017/15/0019), sodass auch die Anwendung der Normalwertregelung des § 4 Abs. 9 UStG 1994 in der ab 2016 geltenden Fassung des Steuerreformgesetzes 2015/16, BGBl I Nr. 118/2015, ausscheidet. Soweit die Wohnimmobilie im Rahmen einer „klassischen verdeckten Ausschüttung“ nicht dem Vorsteuerausschluss nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 unterliegt, ist (ab 2016) die zu niedrige Miete auf die Renditemiete als Normalwert anzuheben. Da ein sorgfältiger Geschäftsleiter bei Verwendung eines bestimmten Kapitalbetrages zur Erzielung von Mieteinnahmen in gut rentierliche Immobilien investieren würde, muss ein (in Fällen der hier gegenständlichen Art der Gesellschaft nahestehender) Mietinteressent bereit sein, die Renditemiete zu zahlen, damit sich die Gesellschaft zu einem solchen (für sie ansonsten nachteiligen) Investment bereit erklärt.

34 G. Im gegenständlichen Fall hat die revisionswerbende GmbH ein Wohnhaus errichtet, das dem Wohnbedürfnis ihrer Gesellschafter, also der Eheleute MS und HS dient. Die Revisionswerberin hat mit den Eheleuten MS und HS als Grundstückseigentümer am 3. August 2015 eine als Mietvertrag/Superädifikat bezeichnete Vereinbarung geschlossen, mit der sie 770 m2 eines Grundstücks in Bestand nimmt, und zwar zum Zweck der Errichtung eines Wohngebäudes, das im Vertrag als „zweigeschossiges Wohngebäude üblicher Bauart [...] mit ca. 270 m2 Nutzfläche“ beschrieben wird. Mit Mietvertrag vom 29. Juli 2016, der im Übrigen nach Beginn einer abgabenbehördlichen Prüfung abgeschlossen wurde, hat sie das Wohngebäude den Eheleuten MS und HS als Grundstückseigentümer auf den Zeitraum von 10 Jahren vermietet und ihnen ein Vorkaufsrecht für das Gebäude eingeräumt.

35 Superädifikate iSd § 434 ABGB sind Bauwerke, die auf fremdem Grund in der Absicht ausgeführt sind, dass sie nicht stets darauf bleiben sollen. Bei Superädifikaten schlägt für den Fall der fehlenden Belassungsabsicht der Grundsatz des § 297 ABGB (das Gebäude gehört zur Liegenschaft) nicht durch; das Fehlen der Belassungsabsicht muss dabei ein Mindestmaß an Publizität aufweisen. Sind Bauwerke bereits mit ihrer Errichtung Bestandteil des Grundstücks geworden, ist es allerdings nicht möglich, sie später zu Superädifikaten zu wandeln; maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei der Beginn der Arbeiten am Bauwerk (vgl. Kisslinger in Klang, ABGB3, § 298 Rn 7 f und 14). Im Revisionsfall ist daher fraglich, ob das von der Revisionswerberin errichtete Wohnhaus tatsächlich ein Superädifikat darstellt, zumal es in Adaptierung eines bereits bestehenden Gebäudes errichtet wurde (den Ausführungen des Bundesfinanzgerichts im angefochtenen Erkenntnis zufolge wäre die Errichtung eines neuen Gebäudes raumordnungsrechtlich gar nicht möglich gewesen). Auch Feststellungen dazu, dass mit der Bauausführung erst nach dem Mietvertragsabschluss begonnen worden sei und woraus sich die fehlende Belassungsabsicht ergebe, wurden nicht getroffen.

36 Allerdings könnte auch die Errichtung eines Gebäudes durch den Grundstücksmieter (im Eigentum des Grundstückseigentümers) zum Zweck der (langfristigen) Vermietung durch den Grundstücksmieter eine unternehmerische Tätigkeit darstellen. Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus der Vereinbarung über die Grundstücksmiete vom 3. August 2015, dass die Grundeigentümer bei Vertragsende wählen können, zur „Ablöse“ des Gebäudes einen ‑ falls keine einvernehmliche Einigung getroffen wird, durch einen Sachverständigen festzulegenden ‑ Preis zu leisten oder die Beseitigung der Baulichkeit zu verlangen.

37 H.1. Das Bundesfinanzgericht stellte im angefochtenen Erkenntnis fest, dass ein Mietvertrag über die Wohnhausvermietung existiert und die monatliche Nettomiete von 2.620 € keinen Grund biete, das Mietverhältnis nicht anzuerkennen. Das Bundesfinanzgericht traf die Annahme, dass das Wohngebäude auch nach Ablauf des Mietvertrages vom 29. Juli 2016 an die Gesellschafter (Grundstückseigentümer) weitervermietet werde. Von einer bloßen Gebrauchsüberlassung ist die belangte Behörde bei dieser Sachlage nicht ausgegangen.

38 Für die Frage, ob eine bloße Gebrauchsüberlassung an den Gesellschafter (causa societis) oder eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Umsatzsteuer vorliegt, muss ein Vergleich zwischen den Umständen, unter denen das Wohngebäude im gegenständlichen Fall den Gesellschaftern überlassen wurde, und den Umständen, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit für gewöhnlich ausgeübt wird, vorgenommen werden (vgl. VwGH 7.7.2011, 2007/15/0255). Es fehlt an einer wirtschaftlichen Tätigkeit, wenn sich aus dem Gesamtbild der Umstände ergibt, dass die Überlassung der Nutzung eines Wohnhauses an die Gesellschafter nicht deshalb erfolgt, um Einnahmen zu erzielen, sondern um ihnen einen Vorteil zuzuwenden. Dabei hat eine Berücksichtigung aller Gegebenheiten, die für einen Einzelfall charakteristisch sind, zu erfolgen (vgl. VwGH 10.2.2016, 2013/15/0284).

39 Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes sind im gegenständlichen Fall auch folgende Umstände, die im angefochtenen Erkenntnis angeführt werden, nicht zu vernachlässigen: Die Eheleute MS und HS sind Eigentümer eines ca. 6.000 m² großen (landwirtschaftlichen) Grundstücks, auf dem sich ein altes Gebäude befunden hatte. Sie haben der Revisionswerberin aus diesem Grundstück eine Fläche von 770 m² mitsamt dem genannten Gebäude vermietet, wobei im Mietvertrag die Errichtung eines Wohnhauses mit 250 m² Wohnfläche festgehalten ist. Die Revisionswerberin hat dieses alte Objekt in einen entsprechenden Neubau umgewandelt. Das Bundesfinanzgericht ging dabei davon aus, dass ohne den Altbau der Neubau eines Wohnhauses im Grünland rechtlich nicht möglich gewesen wäre. Noch vor der Anmietung der Grundfläche durch die Revisionswerberin sei mit der Betreibung des Bauvorhabens begonnen worden, wobei der Bauplan bereits die Bezeichnung „Wohnhaus [S]“, also Wohnhaus der Familie MS und HS, aufgewiesen habe. Für die Baukosten von 900.000 € habe die Revisionswerberin Fremdmittel aufgenommen, für welche von den Eheleuten MS und HS ‑ neben der persönlichen Haftung ‑ eine Hypothek an ihrem ca. 6.000 m² großen Grundstück eingeräumt worden sei. Die Revisionswerberin habe die angemietete Fläche von 770 m² mit der Baulichkeit an die Grundstückseigentümer MS und HS (zurück)vermietet. Nach Ablauf der zehnjährigen Mietdauer werde das Gebäude noch einen Buchwert von 800.000 € aufweisen, sein Ertragswert aber bei lediglich 563.000 € liegen. Die überschlagsmäßige Kalkulation der Vermietung für diese zehn Jahre führe zu einem negativen Ergebnis.

40 Für die Prüfung der Frage, ob die gegenständliche Gestaltung als bloße Gebrauchsüberlassung zu werten ist, hat sich das Bundesfinanzgericht ein Gesamtbild der Verhältnisse zu verschaffen, bei welchem auch die vorgenannten Umstände einzubeziehen sind, und sodann einen Vergleich mit den Umständen anzustellen, unter denen eine entsprechende Vermietungsbetätigung für gewöhnlich ausgeübt wird. Erst auf der Basis eines solchen, auf Sachverhaltsfeststellungen gegründeten Gesamtbildes kann beurteilt werden, ob die Betätigung der GmbH eine unternehmerische iSd UStG 1994 ist, oder ob bloß Gebrauchsüberlassung vorliegt.

41 H.2. Bei den von der Revisionswerberin vorgenommenen Baumaßnahmen kann es sich auch um eine verdeckte Ausschüttung „an der Wurzel“ handeln, welche ein Abweichen der tatsächlichen Miete von der Renditemiete voraussetzt, die allerdings nicht 50 % übersteigen muss. Die Ausschüttung an der Wurzel verlangt jedoch ein Gebäude, das schon seiner Erscheinung nach für den privaten Bedarf der Gesellschafter bestimmt ist. Dem angefochtenen Erkenntnis sind keine konkreten und nachvollziehbaren Feststellungen dahingehend zu entnehmen, dass es sich beim gegenständlichen Wohngebäude um ein besonders repräsentatives Objekt handelt, bei welchem eine verdeckte Ausschüttung „an der Wurzel“ in Betracht kommt. Die nicht näher konkretisierten Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis, wonach das Haus eine gehobene Ausstattung aufweise und als luxuriös bezeichnet werden könne, reichen hierfür nicht aus, zumal auch die Höhe der Baukosten von 900.000 € für einen im Jahr 2015 getätigten Umbau noch keine zwingenden Schlüsse zulässt. Darauf hingewiesen sei, dass bei einer Gesamtbetrachtung der Umstände ‑ im fortzusetzenden Verfahren ‑ auch auf die besondere Lage des Objektes mitten im Grünland Bedacht genommen werden kann.

42 H.3. Eine Gestaltung, wie sie im Revisionsfall vorliegt, kann auch eine „klassische“ verdeckte Ausschüttung darstellen. Liegt eine „klassische“ verdeckte Ausschüttung vor, kommt es für die umsatzsteuerlichen Folgen entscheidend darauf an, ob die tatsächlich vereinbarte und gezahlte Miete überwiegend oder nicht überwiegend von der als angemessen zu erachtenden Miete abweicht. Ein Anwendungsfall des Vorsteuerausschlusses nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 liegt bei einer solchen Konstellation nur vor, wenn die tatsächlich vereinbarte Miete weniger als 50 % des als angemessen anzusehenden Mietentgelts beträgt. Dafür hätte das Bundesfinanzgericht aber ‑ nach den oben in Rn 30 ff dargestellten Grundsätzen ‑ für den Zeitraum der Errichtung des Objektes und der erstmaligen Vermietung die konkrete Höhe der Renditemiete bestimmen müssen.

43 Die Ausführungen des Finanzamtes sprechen dafür, dass für Wohngebäude der gegenständlichen Art kein funktionierender Mietenmarkt im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung besteht, weil nicht nachvollziehbar ist, dass ein wirtschaftlich denkender Investor das für das gegenständliche Gebäude aufgewendete Kapital im Interesse der Revisionswerberin nicht in besser rentierliche Objekte investiert hätte, um dadurch für die Revisionswerberin höhere Immobilienrenditen zu erzielen.

44 Diesfalls würde sich das angemessene Nutzungsentgelt an der Rendite von 3 bis 5 % bemessen, wobei für die genaue Ausmessung von Bedeutung ist, welche Rendite im Jahr der Investition des im gegenständlichen Fall aufgewendeten Betrages in gut rentierliche Immobilienobjekte hätte erzielt werden können. Überlegungen zur Renditemiete hat das Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis nicht angestellt.

45 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

46 Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

47 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 7. Dezember 2020

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