European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020140401.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Somalias, stellte am 5. Mai 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, sein Lehrer sei Mitglied der Al‑Shabaab gewesen und habe versucht, Schüler zu rekrutieren. Sein Vater habe den Lehrer aus diesem Grund angezeigt, woraufhin dieser verhaftet worden sei. Angehörige des Lehrers hätten seinen Vater in der Folge angegriffen und Mitglieder der Al‑Shabaab hätten ihn verhaftet und mitgenommen. Schließlich sei auch der Revisionswerber von Mitgliedern der Al‑Shabaab entführt und gezwungen worden, sich ihnen anzuschließen. Bei einem Angriff auf deren Lager habe er fliehen können.
2 Mit Bescheid vom 26. Mai 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG habe nicht ausreichend begründet, weshalb es zwar die Angaben des Revisionswerbers über seine Herkunftsregion und Clanzugehörigkeit, nicht jedoch seine Angaben zu den Gründen seiner Flucht für glaubwürdig erachtet habe. Zudem gehöre der Revisionswerber als Sheikal entgegen den Ausführungen des BVwG nicht zum Mehrheitsclan der Hawiye, sondern sei dem (Sub)Clan der Aw Gudub (Aw Qutb) zuzuordnen. Da der Revisionswerber nicht Teil der Hawiye sei, könne er bei einer Rückkehr nach Qoryooley oder Mogadischu weder Schutz noch „Überlebenshilfe“ finden. Außerdem wäre das BVwG verpflichtet gewesen, aufgrund des zeitlichen Abstandes zwischen der mündlichen Verhandlung und der Erlassung des Erkenntnisses eine weitere Verhandlung durchzuführen.
8 Werden in einer Revision Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für die Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden (vgl. VwGH 11.8.2020, Ra 2020/14/0278, mwN).
9 Das BVwG setzte sich ‑ nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ‑ mit dem Vorbringen des Revisionswerbers zu den Gründen seiner Flucht auseinander und gelangte im Rahmen einer schlüssigen Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, dass der vorgebrachten Verfolgung aufgrund zahlreicher, näher dargelegter Widersprüche und Ungereimtheiten der Angaben des Revisionswerbers die Glaubwürdigkeit zu versagen sei. Der Revision gelingt es nicht, einen relevanten Begründungsmangel darzulegen.
10 Ebenso vermag es die Revision mit dem bloß pauschalen Hinweis auf eine vom BVwG falsch angenommene Zugehörigkeit des Revisionswerbers zu einem Subclan und dem Verweis auf den ACCORD‑Bericht vom 29. Mai 2019, wonach für eine Person ohne Clan‑Identität gesellschaftlicher Schutz nicht vorhanden sei, nicht, einen relevanten Begründungsmangel betreffend die vom BVwG angenommene Möglichkeit der Rückkehr des Revisionswerbers in seine Heimatstadt und die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative aufzuzeigen.
11 Gleiches gilt auch für die Rüge, das BVwG sei verpflichtet gewesen, aufgrund des zeitlichen Abstandes zwischen der mündlichen Verhandlung und der Erlassung des Erkenntnisses eine weitere Verhandlung durchzuführen. Die Revision zeigt mit ihrem dazu ebenfalls lediglich pauschal gehaltenen Vorbringen nicht auf, welche aktuelleren Länderberichte vom BVwG konkret heranzuziehen gewesen wären und inwiefern deren Berücksichtigung sowie die Beweisaufnahme in einer weiteren Tagsatzung zu einem anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Verfahrensergebnis hätte führen können.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 11. November 2020
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