VwGH Ra 2020/02/0053

VwGHRa 2020/02/005320.4.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Krems, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 17. Jänner 2020, Zl. LVwG-S-2291/001-2019, betreffend Übertretung des KFG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Krems; mitbeteiligte Partei: F in S), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020020053.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der revisionswerbenden Bezirkshauptmannschaft wurden über den Mitbeteiligten wegen zweier Übertretungen des § 82 Abs. 8 KFG zwei Geldstrafen (sowie zwei Ersatzfreiheitsstrafen) gemäß § 134 KFG verhängt: Der Mitbeteiligte habe als Benutzer eines Fahrzeuges mit einem ausländischen Kennzeichen dieses länger als einen Monat nach der Einbringung des Fahrzeuges nach Österreich an näher bezeichneten Tagen verwendet, obwohl Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet werden bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen seien. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 KFG sei nur während eines Monats ab ihrer Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Überdies habe er es unterlassen, den Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln nach Ablauf eines Monats nach Einbringung des Fahrzeuges nach Österreich der Behörde, in deren Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befinde, abzuliefern.

2 Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) gab der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung Folge, behob das Straferkenntnis und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig.

3 Begründend führte das LVwG aus, das fragliche Fahrzeug sei auf die Schwester des Mitbeteiligten zugelassen. Der Mitbeteiligte benütze es fallweise in Österreich. Es könne jedoch nicht festgestellt werden, dass es der Mitbeteiligte im Zeitraum 23. September 2018 bis 14. Jänner 2019 überwiegend und jemals länger als einen Monat ab seiner Einbringung in das Bundesgebiet, allenfalls mit vorübergehenden Verbringungen aus dem Bundesgebiet, verwendet habe. Das LVwG erläuterte seine Beweiswürdigung, wonach den Ausführungen des Mitbeteiligten Glauben zu schenken sei. Es habe nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden können, dass der Mitbeteiligte das Fahrzeug länger als einen Monat nach erstmaliger Einbringung im Bundesgebiet verwendet habe.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision der belangten Behörde.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Zur Zulässigkeit der Revision wird ohne nähere Erläuterungen lediglich schlagwortartig angeführt: die "Frage der Anwendbarkeit des Grundsatzes 'in dubio pro reo' iSd § 45 Abs. 1 Z 1 VStG, unter Außerachtlassung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sowie der Unterlassung der umfassenden Beweisaufnahme", die Frage der "Unmittelbarkeit des Ermittlungsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht" (das Verwaltungsgericht entspreche nicht der Rechtslage, wenn es ohne nähere Begründung von der Einvernahme von Zeugen Abstand nehme), die Frage der "Zulässigkeit der freien Beweiswürdigung, ohne vollständige Beweisaufnahme, bei Beweislastumkehr im objektiven Tatbild" (das Verwaltungsgericht habe sich mit dem Vorbringen des Mitbeteiligten auseinanderzusetzen und darzulegen, aus welchen Gründen der Gegenbeweis (nicht) erbracht worden sei). Das Verwaltungsgericht weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Dazu werden im Zulässigkeitsvorbringen verschiedene Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes wiedergegeben. Das Verwaltungsgericht habe von der Vernehmung von Zeugen Abstand genommen, die freie Beweiswürdigung dürfe erst nach einer vollständigen Beweisaufnahme einsetzen. Der Hauptwohnsitz des Beschuldigten sei nach näheren Kriterien zu ermitteln. § 60 AVG verlange bei Widersprüchen zwischen den Behauptungen und den Angaben der Verfahrenspartei und sonstigen Ermittlungsergebnissen eine klare und übersichtliche Zusammenfassung der maßgeblichen bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen. Das Verwaltungsgericht müsse sich einen unmittelbaren Eindruck von den Zeugen machen.

9 Die vorliegende Revision erweist sich diesbezüglich bereits deshalb als unzulässig, weil das Zulässigkeitsvorbringen weder eine konkrete Rechtsfrage formuliert noch einen Bezug zum konkreten Sachverhalt herstellt. Fehlt die Verknüpfung zwischen der individualisierten Rechtsfrage, dem von der revisionswerbenden Partei dieser konkret zu Grunde gelegten Sachverhalt und der darauf basierenden rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichts, die den Verwaltungsgerichtshof erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist die Revision unzulässig (vgl. VwGH 10.8.2017, Ra 2016/02/0187; 25.2.2019, Ra 2019/02/0034, jeweils mwN). 10 Soweit ein Abweichen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet wird, ist konkret darzulegen, in welchen tragenden Erwägungen das Verwaltungsgericht sich von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfernt hätte (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/16/0107, mwN). Eine Zulässigkeitsbegründung, die bloß pauschale Behauptungen, jedoch keine konkrete Rechtsfrage enthält, entspricht diesen Anforderungen nicht (vgl. VwGH 30.8.2017, Ra 2017/17/0681-0684, mwN).

11 Soweit die revisionswerbende Partei wiederholt die fehlende Einvernahme nicht näher konkretisierter Zeugen bemängelt sowie die Begründung des LVwG nicht als ausreichend erachtet, macht sie mit diesem Vorbringen einen Verfahrensmangel geltend. Die Zulässigkeit der Revision setzt im Zusammenhang mit einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. VwGH 3.2.2020, Ra 2019/02/0254, mwN). Dazu enthält die vorliegende Zulässigkeitsbegründung jedoch keine Ausführungen, sodass eine Relevanz dieser behaupteten Verfahrensmängel nicht aufgezeigt wird.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 20. April 2020

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte