VwGH Ra 2019/22/0067

VwGHRa 2019/22/006725.7.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, in der Revisionssache der E V, vertreten durch Mag. Andreas Kleiber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fleischmarkt 14/8, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 3. Jänner 2019, VGW-151/014/14671/2018-1, betreffend Aufenthaltsbewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §37
AVG §45 Abs2
AVG §45 Abs3
VwGVG 2014 §17

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019220067.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 8. August 2018 wies der Landeshauptmann von Wien (belangte Behörde) den Antrag der Revisionswerberin, einer iranischen Staatsangehörigen, vom 13. Dezember 2017 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung "Studierende" nach § 64 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) gestützt auf § 11 Abs. 2 und 5 NAG ab.

2 In der dagegen erhobenen Beschwerde beantragte die Revisionswerberin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung samt Vernehmung der Revisionswerberin und zweier näher bezeichneter Personen zum Beweis für das Vorliegen ausreichender Unterhaltsmittel (§ 11 Abs. 2 Z 4 NAG), einer ortsüblichen Unterkunft (§ 11 Abs. 2 Z 2 NAG) sowie berücksichtigungswürdiger Gründe im Sinn des § 11 Abs. 3 NAG.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 3. Jänner 2019 änderte das Verwaltungsgericht Wien den Spruch des bekämpften Bescheides dahingehend ab, dass die herangezogenen Rechtsvorschriften § 64 Abs. 1 Z 2 NAG in Verbindung mit § 8 Z 8 lit. a Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) zu lauten haben, und wies die Beschwerde im Übrigen als unbegründet ab. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für unzulässig erklärt.

Das Verwaltungsgericht gab die von der Revisionswerberin vorgelegte (näher bezeichnete) Beschwerdevorentscheidung des Rektorates der Universität Wien vom 27. Jänner 2017 wieder und legte - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Relevanz - mit näherer Begründung dar, dass diese Beschwerdevorentscheidung nicht als Aufnahmebestätigung der Universität gemäß § 8 Z 8 lit. a NAG-DV gewertet werden könne, weil die Revisionswerberin damit nicht zum Studium zugelassen, sondern lediglich darüber informiert worden sei, dass eine "tatsächliche Zulassung" zu einem späteren Zeitpunkt unter den genannten Voraussetzungen erfolgen könne. Die besondere Erteilungsvoraussetzung des § 64 Abs. 1 Z 2 NAG liege somit nicht vor.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe - so das Verwaltungsgericht - abgesehen werden können, weil sich der Inhalt der Beschwerdevorentscheidung des Rektorates der Universität Wien aus den unbedenklichen, von der Revisionswerberin selbst vorgelegten Unterlagen ergebe und lediglich Rechtsfragen ohne besondere Komplexität zu klären gewesen wären. 4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Überraschungsverbot abgewichen, weil bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes betreffend die Studienzulassung das Parteiengehör verletzt worden sei. Wenn das Verwaltungsgericht erstmals Feststellungen treffen wolle, die rechtlich zur Abweisung der Beschwerde führen würden, wäre es verpflichtet gewesen, der Revisionswerberin Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erstreckt sich das zum Überraschungsverbot in Beziehung gesetzte Parteiengehör nur auf die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes, nicht aber auf die von der Behörde (bzw. dem Verwaltungsgericht) vorzunehmende rechtliche Beurteilung (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0421, Rn. 16, mwN). Die Würdigung der von der Partei selbst stammenden Beweismittel und die darauf gestützte rechtliche Beurteilung muss dieser Person nicht vor der Erlassung des Erkenntnisses zur Kenntnis gebracht werden (siehe VwGH 9.8.2018, Ra 2018/22/0141, Rn. 6, mwN, ebenfalls zur Frage der Qualifikation eines Schreibens einer Universität als Aufnahmebestätigung im Sinn des § 8 NAG-DV). Ausgehend davon war die Wertung der von der Revisionswerberin vorgelegten Beschwerdevorentscheidung der Universität Wien durch das Verwaltungsgericht dahingehend, dass diese keine Aufnahmebestätigung einer Universität darstelle, nicht dem Parteiengehör zu unterziehen.

8 Zwar wird in der Revision vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe (im Zusammenhang mit der Zulassung zum Studium) erstmals Feststellungen getroffen. Es fehlt allerdings sowohl an einer Konkretisierung dahingehend, welche Feststellungen damit gemeint seien, als auch an einer Darlegung der Relevanz des so behaupteten Verfahrensmangels. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber bereits wiederholt festgehalten, dass auch bei Verfahrensmängeln wie der Verletzung des Parteiengehörs und des Überraschungsverbots in den Zulässigkeitsgründen die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden muss, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels (also etwa auf Grund welchen konkreten Vorbringens) in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können (vgl. etwa VwGH 21.11.2018, Ra 2017/04/0033, Rn. 15, mwN). 9 Soweit die Revisionswerberin auch im Zusammenhang mit der unterbliebenen Durchführung einer mündlichen Verhandlung die nicht erfolgte Erörterung der Frage des Vorliegens der Erteilungsvoraussetzung des § 64 Abs. 1 Z 2 NAG rügt, kann zunächst auf die Ausführungen in Rn. 7 verwiesen werden. 10 Darüber hinaus wird auf Folgendes hingewiesen: Das Verwaltungsgericht kann nach § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Unterlassen einer beantragten Verhandlung wiederholt dann nicht beanstandet, wenn dem ein unstrittiger entscheidungsrelevanter Sachverhalt zugrunde lag und keine komplexen Rechtsfragen zu lösen waren (vgl. VwGH 21.11.2017, Ra 2017/22/0143; 21.3.2017, Ra 2017/22/0013; sowie - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes - 9.8.2018, Ra 2018/22/0160). Inwiefern das Verwaltungsgericht den durch § 24 Abs. 4 VwGVG eingeräumten Ermessensspielraum vorliegend überschritten habe, wird in der Revision nicht aufgezeigt (auf die in der Beschwerde erfolgten Tatsachenrügen betreffend das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 2 NAG kam es im Hinblick auf das vom Verwaltungsgericht angenommene Fehlen der besonderen Erteilungsvoraussetzung des § 64 Abs. 1 Z 2 NAG nicht mehr an).

11 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

13 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 25. Juli 2019

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