VwGH Ra 2019/21/0020

VwGHRa 2019/21/002026.6.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Galesic, über die Revision des I K in S, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichte s vom 17. Dezember 2018, I403 2115798-2/2E, betreffend Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005, Erlassung einer Rückkehrentscheidung und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §55 Abs1
BFA-VG 2014 §9 Abs2 Z8
B-VG Art133 Abs4
FrPolG 2005 §46 Abs2
FrPolG 2005 §52 Abs3
FrPolG 2005 §52 Abs9
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210020.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der 1984 geborene Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Republik Benin, stellte in Österreich am 12. Juni 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 24. September 2015 zur Gänze abgewiesen wurde. Unter einem ergingen gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 29. November 2016 als unbegründet ab. Einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Revision gegen dieses Erkenntnis wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 23. Jänner 2017, Ra 2017/18/0011-2, wegen Aussichtslosigkeit ab. In der Folge wurde dann auch keine Revision eingebracht. 2 Der Revisionswerber verblieb in Österreich und stellte einen mit 6. Juni 2018 datierten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ("aus Gründen des Art. 8 EMRK"). Diesen Antrag wies das BFA mit Bescheid vom 31. Oktober 2018 ab. Unter einem erging (neuerlich) eine Rückkehrentscheidung, nunmehr gestützt auf § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 3 FPG, und es wurde (wiederum) gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Benin zulässig sei.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das BVwG mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 17. Dezember 2018 als unbegründet ab. Es sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

6 In dieser Hinsicht rekurriert die Revision in Bezug auf die für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 gleichermaßen wie für die Erlassung der Rückkehrentscheidung maßgebliche (zum diesbezüglichen inhaltlichen Gleichklang vgl. etwa VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271, Rn. 8, mwN) Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG auf mehrere für die Integration des Revisionswerbers sprechende Umstände. So wird (mehrfach wiederholend) auf die Unbescholtenheit des Revisionswerbers, auf seine Tätigkeit beim Roten Kreuz in der Altenpflege, auf die Bestreitung seines Lebensunterhalts durch Nachhilfe in Französisch, auf das Bestehen einer Krankenversicherung, auf sehr gute Deutschkenntnisse (Niveau B 1) und auf die Absicht, in Zukunft den Mangelberuf Informatiker ausüben zu wollen, sowie letztlich noch auf die Unterstützung durch ein österreichisches Ehepaar, zu dem eine sehr enge Beziehung bestehe, verwiesen. 7 Damit beruft sich die Revision allerdings nur auf vom BVwG im Wesentlichen ohnehin festgestellte und in seine Interessenabwägung als "durchaus beachtenswerte Integrationsschritte" einbezogene Umstände, ohne nachvollziehbar aufzuzeigen, dass das BVwG davon ausgehend zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen. Vielmehr lässt die Revision außer Acht, dass der Revisionswerber durch seinen unrechtmäßigen Verbleib nach rechtskräftiger Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz und in Missachtung des in Form der damit verbundenen Rückkehrentscheidung erlassenen Ausreisebefehls versucht, in Bezug auf seinen Aufenthalt vollendete Tatsachen zu schaffen (siehe zu diesem Gesichtspunkt VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0205 bis 0210, Rn. 11, mwN). Das widerspricht dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, dem - wie das BVwG der Sache nach annahm - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa nur VwGH 31.1.2013, 2011/23/0476). In diesem Zusammenhang meint der Revisionswerber zwar, es bestehe für ihn mangels Verfügbarkeit über die notwendigen Dokumente keine legale Ausreisemöglichkeit, weshalb sein Aufenthalt iSd § 46a FPG geduldet sei. Das überzeugt aber schon deshalb nicht, weil der Revisionswerber nicht darlegt, aus eigenem diesbezügliche konkrete Schritte unternommen zu haben (siehe zu dieser Verpflichtung § 46 Abs. 2 FPG) und auch die Erlangung eines Ersatzreisedokumentes angesichts der Existenz eines (abgelaufenen) Personalausweises nicht aussichtslos erscheint.

8 Zu Recht ging das BVwG daher in Bezug auf die vor allem im Zeitraum seit Ende November 2016 erlangte zusätzliche Integration im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 FPG von einer entscheidenden Minderung ihres Gewichts bei der Interessenabwägung aus. Demnach durfte das BVwG auch angesichts des erst relativ kurzen Inlandsaufenthalts (bis zur Erlassung der angefochtenen Entscheidung) von dreieinhalb Jahren im Fall des ledigen Revisionswerbers in vertretbarer Weise sogar von einem eindeutigen Fall ausgehen, der es ihm - entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht - ausnahmsweise erlaubte, von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung zur Verschaffung eines persönlichen Eindrucks vom Revisionswerber abzusehen (vgl. dazu etwa zuletzt VwGH 7.3.2019, Ra 2019/21/0017, Rn. 15, mwN).

9 Soweit in der Revision noch ins Treffen geführt wird, der Revisionswerber fühle sich in Benin von einer Geisterwelt ("Voodoo") bedroht, wird nicht dargetan, dass sich die diesbezügliche Situation seit rechtskräftiger Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz und der daraus folgenden Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Benin sowie Erlassung der Rückkehrentscheidung Ende November 2016 geändert hätte. Das BVwG durfte daher zu Recht auf diese rechtskräftigen Entscheidungen verweisen, bei denen diese dort schon geltend gemachten Umstände bereits berücksichtigt worden waren. Demzufolge musste das BVwG - entgegen der Meinung in der Revision - nicht davon ausgehen, eine Rückkehr des Revisionswerbers in seinen Heimatstaat, wo sich im Übrigen seine Eltern und Geschwister aufhalten, sei ihm insgesamt unzumutbar.

10 Der Revision gelingt es somit nicht, eine für die Lösung des vorliegenden Falles wesentliche grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war.

Wien, am 26. Juni 2019

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