VwGH Ra 2019/20/0550

VwGHRa 2019/20/055011.12.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des S S in S, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2019, W104 2148953-1/20E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200550.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der aus Afghanistan stammende Revisionswerber stellte am 14. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2 Mit Bescheid vom 9. Februar 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 17. Juni 2019 nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Der Revisionswerber brachte gegen dieses Erkenntnis eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ein, der deren Behandlung mit Beschluss vom 24. September 2019, E 2627/2019-8, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge wurde die gegenständliche Revision erhoben.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, dass anhand der Berichtslage zur Situation in Afghanistan klargestellt sei, dass Geschäftsleute "mit beträchtlichem Einkommen und Vermögen bevorzugtes Ziel terroristischer Organisationen für die Erpressung von Schutzgeldern bzw. Unterstützungszahlungen terroristischer Aktivitäten" seien. Der Revisionswerber sei in Afghanistan unternehmerisch tätig gewesen. Es bedürfe einer Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof, wie mit einem solchen Geschäftsmann asylrechtlich zu verfahren sei.

9 Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit dem auf die bisherige Tätigkeit des Revisionswerbers im Heimatland bezogenen Vorbringen und im Besonderen mit der behaupteten daraus resultierenden Verfolgung auseinandergesetzt. Die Revision zeigt nicht auf, dass das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner den Einzelfall betreffenden Erwägungen bei der Beurteilung der Frage, ob dem Revisionswerber der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen sei, die in der Rechtsprechung dazu aufgestellten Leitlinien nicht beachtet oder diese in unvertretbarer Weise zur Anwendung gebracht hätte.

10 Weiters wird in der Revision hinsichtlich der im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung nach § 9 BFA-Verfahrensgesetz vorzunehmenden Interessenabwägung auf die Integrationsbemühungen des Revisionswerbers hingewiesen. Zwar macht der Revisionswerber auch zu diesem Thema ein Fehlen von Rechtsprechung geltend. Jedoch greift er der Sache nach auch hier - wie schon im Zusammenhang mit der Frage der Asylgewährung - die im Einzelfall vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Beurteilung an.

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 17.9.2019, Ra 2019/14/0397, mwN). Dass das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall die Interessenabwägung, bei der auch die Erwerbstätigkeit des Revisionswerbers ausreichend berücksichtigt wurde, unvertretbar vorgenommen hätte, vermag die Revision nicht darzutun.

12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 11. Dezember 2019

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