VwGH Ra 2019/18/0384

VwGHRa 2019/18/03843.10.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des V B, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. August 2019, Zl. W103 2211055- 1/6E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §37

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180384.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger Weißrusslands. Er stellte am 8. November 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er im Rahmen der Erstbefragung damit begründete, in seinem Herkunftsstaat aufgrund seiner jüdischen Abstammung von den heimischen Behörden verfolgt zu werden. Bei seiner Befragung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab er an, seitens seines Herkunftsstaats wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden. Zudem führte der Revisionswerber aus, im Jahr 1991 in Deutschland den Status des Asylberechtigten erhalten und sich bis zum Jahr 2010 auch dort aufgehalten zu haben. Als er nach einem Aufenthalt in Weißrussland im Jahr 2011 neuerlich nach Deutschland eingereist sei, hätten ihm die dortigen Behörden mitgeteilt, seine Daten seien gelöscht worden. Er habe aus diesem Grund keinen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland gestellt, sondern sei nach einem weiteren fünfjährigen Aufenthalt in Deutschland im Jahr 2016 nach Österreich weitergereist. 2 Mit Bescheid vom 12. November 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Weißrussland zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

4 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht - zusammengefasst und soweit entscheidungserheblich - aus, es sei dem Revisionswerber nicht gelungen, ein asylrelevantes Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen. Sein Vorbringen, wonach er in Deutschland asylberechtigt sei, erweise sich als nicht glaubhaft. Der Revisionswerber habe dieses Vorbringen nicht belegen können und aus dem Schriftverkehr mit den deutschen Behörden habe sich ergeben, dass eine Person mit den Daten des Revisionswerbers in Deutschland nicht bekannt sei und keine Informationen hinsichtlich einer Asylantragstellung vorliegen würden. Aus der Ausstellung eines deutschen Führerscheins lasse sich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht ableiten. Auch eine Verfolgung aus politischen Gründen habe nicht glaubhaft gemacht werden können, weil der Revisionswerber selbst angegeben habe, nie politisch tätig gewesen zu sein und keiner politischen Gruppierung anzugehören. Eine Verfolgung aufgrund seines jüdischen Glaubens habe der Revisionswerber lediglich im Zuge der Erstbefragung erwähnt. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe der Revisionswerber hingegen explizit verneint, in seiner Heimat von staatlicher Seite aufgrund seines Glaubens verfolgt zu werden. Überdies erscheine es nicht plausibel, dass der Revisionswerber im Falle einer tatsächlichen Bedrohung aufgrund seiner Religionszugehörigkeit freiwillig in den Herkunftsstaat zurückgekehrt wäre. Schließlich ergäben sich auch aus den Länderfeststellungen keine Hinweise auf eine gezielte staatliche Verfolgung Angehöriger des jüdischen Glaubens in Weißrussland.

Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit geltend gemacht wird, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob ein in Deutschland zuerkannter Asylstatus in Österreich anzuerkennen sei, auch wenn die deutschen Behörden über keine Aufzeichnungen über dessen Zuerkennung mehr verfügten. Weiters stelle sich die Frage, ob dem Revisionswerber durch die Vorlage des deutschen Führerscheins und die Verantwortung, ihm sei in Deutschland aufgrund seines jüdischen Glaubens Asyl gewährt worden, hinsichtlich der behaupteten Verfolgung im Herkunftsstaat bereits der "prima-facie-Beweis" gelungen sei und die Behörde demnach eine Beweislastumkehr "treffe".

Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 6 Das Bundesverwaltungsgericht erachtete das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers, soweit es die behauptete Verfolgung aus religiösen Motiven betraf, aus näher dargestellten Gründen als nicht glaubhaft. Ferner sprach das Bundesverwaltungsgericht dem Vorbringen, wonach der Revisionswerber in Deutschland asylberechtigt gewesen sei, die Glaubwürdigkeit ab. 7 Dass die im angefochtenen Erkenntnis vorgenommene Beweiswürdigung eine am Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes aufzugreifende Unschlüssigkeit aufweisen würde, zeigt die Revision nicht auf. Sofern sich der Revisionswerber darauf beruft, die Vorlage eines deutschen Führerscheins liefere in Verbindung mit dem Vorbringen, ihm sei in Deutschland aufgrund seines jüdischen Glaubens Asyl gewährt worden, bereits den "prima-facie-Beweis" für den Umstand, dass er infolge seines jüdischen Glaubens im Herkunftsstaat verfolgt werde, ist auszuführen, dass die Anwendung der Grundsätze des "prima-facie-Beweises" fallbezogen nicht in Betracht zu ziehen war.

8 Eine Verschiebung der Beweislast im Sinne des "prima-facie-Beweises" setzt voraus, dass ein allgemein, also für jedermann in gleicher Weise bestehender Beweisnotstand gegeben ist und dass objektiv typische, also auf allgemein gültigen Erfahrungssätzen beruhende Geschehensabläufe für den Anspruchswerber sprechen (vgl. VwGH 18.12.2006, 2005/09/0133). Es ist dabei von typisch formelhaften Geschehensabläufen zu sprechen. Zum Wesen des "primafacie-Beweises" gehört es, dass der Beweisbelastete nur bestimmte Tatsachen beweisen muss, aus denen sich nach der Lebenserfahrung mit erheblicher Wahrscheinlichkeit auf andere Tatsachen schließen lässt (VwGH 29.6.2011, 2010/12/0051). Fallbezogen ist aber schon nicht ersichtlich, dass die Ausstellung eines Führerscheins in Deutschland geradezu typischerweise mit der Gewährung des Status des Asylberechtigten in Zusammenhang stünde.

9 Wenn die Revision daher zu ihrer Zulässigkeit weiters die Frage aufwirft, ob Österreich einen in Deutschland zuerkannten Asylstatus anzuerkennen hätte, entfernt sie sich von dem im angefochtenen Erkenntnis festgestellten Sachverhalt, wonach dem Revisionswerber in Deutschland der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt worden sei. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht zuständig (vgl. etwa VwGH 12.1.2018, Ra 2017/18/0298, mwN).

10 Im Übrigen ist, wenn sich der Revisionswerber gegen die Feststellung wendet, es sei ihm in Deutschland Asyl nicht zuerkannt worden, darauf hinzuweisen, dass gemäß § 4a Asylgesetz 2005 ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen ist, wenn einem Fremden in einem anderen EWR-Staat der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. Oktober 2019

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