VwGH Ra 2019/02/0077

VwGHRa 2019/02/007711.6.2019



Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des F in H, vertreten durch die Hämmerle & Hübner Rechtsanwälte OG in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes

Steiermark vom 20. Februar 2019, Zl. LVwG 30.8-411/2018-21, betreffend Übertretung der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Murtal), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
KFG 1967 §103 Abs2
StVO 1960 §20 Abs2
StVO 1960 §99 Abs2e
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019020077.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murtal vom 2. Jänner 2018 wurde über den Revisionswerber wegen einer Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO gemäß § 99 Abs. 2e StVO eine Geldstrafe von EUR 320,- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage und 8 Stunden) verhängt. Der Revisionswerber habe die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 64 km/h überschritten, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden sei.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Es sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, ein auf die Verwendung von Geschwindigkeitsmessgeräten der Marke TruSpeed eingeschulter Beamter habe mit Hilfe des aufrecht geeichten Lasermessgerätes der Marke TruSpeed mit der Identifikationsnummer 4599 nach Durchführung der Gerätefunktionskontrollen, der Zielerfassungskontrolle und der 0 km/h Messung aus einer Entfernung von 170 m das vom Revisionswerber gelenkte Fahrzeug im Ortsgebiet von Allerheiligen mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h gemessen. Beweiswürdigend setzte sich das Landesverwaltungsgericht mit den Aussagen des Revisionswerbers sowie der von ihm namhaft gemachten Zeugen auseinander und kam zum Ergebnis, dass der an einer Rallye teilnehmende Revisionswerber selbst den PKW gelenkt habe. Das Vorbringen und die vom Revisionswerber gestellten Beweisanträge seien in Summe unsubstantiiert und erschöpften sich in Zweifel und Vermutungen. Da die Verwaltungsübertretung im Ortsgebiet von Allerheiligen begangen worden sei, erübrige sich die vom Revisionswerber beantragte Einholung der Verordnung, mit der das Ortsgebiet der Gemeinde Fohnsdorf festgelegt worden sei. Die begehrte Einholung der Bedienungsanleitung für das verwendete Geschwindigkeitsmessgerät laufe mangels Behauptung bestimmter, gegen das Messergebnis sprechender Tatsachen auf einen Erkundungsbeweis hinaus.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit geltend, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach eine Verletzung der Auskunftspflicht nach § 103 Abs. 2 KFG zu bestrafen sei, etwa auch in Fällen, in denen der Aufgeforderte darauf hinweise, dass er sich nicht mehr erinnern könne (Hinweis auf VwGH 26.5.2000, 2000/02/0115). Es stelle sich die "Rechtsfrage, ob in Fällen einer Lenkerauskunftsverweigerung eine Bestrafung für das Grunddelikt möglich sein soll, wenn wie im konkreten Fall zahlreiche Beweise vorliegen, dass der Zulassungsbesitzer das Fahrzeug zur Tatzeit nicht gelenkt haben kann."

8 Im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Mai 2000 wird nicht darüber abgesprochen, ob eine Bestrafung wegen einer Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG eine Verfolgung wegen der der Anfrage zu Grunde liegenden Verwaltungsübertretung verhindert. Vielmehr schließt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Bestrafung wegen einer unrichtigen Lenkerauskunft nicht aus, dass dem Revisionswerber auch eine Übertretung der StVO zur Last gelegt wird, wenn mit einer für das Strafverfahren hinreichenden Sicherheit als erwiesen angenommen werden kann, dass er selbst - ungeachtet der unrichtigen Lenkerauskunft - zur Tatzeit der Lenker des Fahrzeuges war und die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung verletzt hat (VwGH 22.6.1978, 1361/77).

9 Soweit die Zulassungsbegründung auf zahlreiche gegenteilige Beweiseergebnisse abstellt, ist ihr entgegenzuhalten dass der Verwaltungsgerichtshof - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 4.7.2018, Ra 2017/02/0158, mwN). Dass dem Verwaltungsgericht ein derartiger krasser Fehler bei der Beweiswürdigung unterlaufen wäre, wird nicht aufgezeigt und ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht erkennbar.

10 Weiters bringt die Revision vor, das Landesverwaltungsgericht sei vom hg. Erkenntnis vom 16. April 1997, 96/03/0306, abgewichen, wonach einem mit der Geschwindigkeitsmessung betrauten Beamten bei der Geschwindigkeitsmessung mittels eines Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessers auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten sei. 11 Da dem genannten Erkenntnis die behauptete Aussage nicht entnommen werden kann, liegt die geltend gemachte Abweichung des angefochtenen Erkenntnisses von der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht vor.

12 Schließlich trägt die Revision zu ihrer Zulässigkeit vor, das angefochtene Erkenntnis verstoße gegen tragende Grundsätze des Verfahrensrechts, weil das Landesverwaltungsgericht auf Grund einer vorgefassten Rechtsmeinung den Beweisanträgen nicht nachgekommen sei. Vom Antrag auf Einholung der "Verordnung, mit welcher das Ortsgebiet der Gemeinde Fohnsdorf verordnet und kundgemacht wurde und den Antrag auf Einholung der Amtsbestätigung über die ordnungsgemäße Aufstellung der Hinweiszeichen Ortstafel" sei auch Allerheiligen erfasst, weil es ein Ortsgebiet der Gemeinde Fohnsdorf sei. Eine allenfalls undeutliche Formulierung hätte das Gericht im Rahmen seiner Erörterungs- und Anleitungspflicht zu klären. Aus einer vom Gericht beigeschafften "Bedienungsanleitung des Lasermessgerätes LTI TruSpeed Nr. 4599" hätte sich ergeben, dass die Verwendung des Gerätes lediglich durch ein besondere geschultes Organ zulässig sei und zudem das Gerät entsprechend vor dem Einsatz geeicht und auch regelmäßig kalibriert sein müsse. Mit dem Übergehen der vom Revisionswerber beantragten Beweise sei diesem das Recht auf Parteiengehör entzogen worden.

13 Hier werden der Sache nach Rechtsfragen des Verfahrensrechtes angesprochen, denen grundsätzliche Bedeutung zukommen kann, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen (vgl. VwGH 8.9.2015, Ra 2015/02/0156, mwN). Dies ist hier jedoch hinsichtlich der angesprochenen Verletzung der Manuduktionspflicht schon deshalb nicht der Fall, weil der Revisionswerber bei der Stellung des Beweisantrages in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertreten war und bereits aus diesem Grund eine Verletzung des nach § 17 VwGVG auch im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten anzuwendenden § 13a AVG (vgl. VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0169, mwN) nicht vorliegen kann (vgl. VwGH 26.2.2015, Ra 2015/07/0013). Die darüber hinaus vom Verwaltungsgericht für die nicht aufgenommenen Beweise vorgenommene einzelfallbezogene Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, dass das Beweisthema nicht hinreichend konkretisiert gewesen sei (vgl. VwGH 19.12.2014, Ra 2014/08/0058), erweist sich nicht als unvertretbar. Überdies wurde die Erfüllung der - sich behaupteter Maßen aus der Bedienungsanleitung ergebenden Beweisergebnisse, nämlich der - Anforderungen für eine ordnungsgemäße Geschwindigkeitsmessung im angefochtenen Erkenntnis festgestellt. Schließlich lässt die Zulassungsbegründung der Revision offen, von welchem Ergebnis der Beweisaufnahme (§§ 37 und 45 Abs. 3 AVG) oder von welchen in einer Beschwerde enthaltenen neuen Tatsachen oder Beweisen (§ 10 VwGVG) der Revisionswerber gehindert worden wäre, Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern. 14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. Juni 2019

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