VwGH Ra 2018/14/0318

VwGHRa 2018/14/031831.1.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Rechtssache des Antrages des X Y, in Z, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2018, W103 2196041-1/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §24 Abs1;
VwGG §24 Abs2;
VwGG §46 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018140318.L00

 

Spruch:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Begründung

1 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erkannte dem Antragsteller den Status des Asylberechtigten ab und stellte fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde ihm nicht zuerkannt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Antragstellers in die Russische Föderation zulässig sei. Unter einem sprach es aus, dass ein Einreiseverbot auf die Dauer von sechs Jahren erlassen werde und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. Die gegen den diesbezüglichen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 5. Juni 2018 als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

2 Der Antragsteller begehrt mit einer nicht durch einen Rechtsanwalt abgefassten und eingebrachten Eingabe vom 3. Dezember 2018, die am selben Tag zur Post gegeben wurde, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrages auf Gewährung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts. Unter einem holte der Antragsteller die versäumte Verfahrenshandlung nach.

3 Begründet wird der Antrag im Wesentlichen damit, dass im anzufechtenden Erkenntnis sowohl der Spruch als auch die Rechtsmittelbelehrung in deutscher und russischer Sprache verfasst seien. Der Antragsteller spreche Tschetschenisch und sei der russischen Sprache nicht ausreichend mächtig. Es liege ein unvorhersehbares Ereignis vor, weil dem Antragsteller ein Erkenntnis in einer nicht verständlichen Sprache zugestellt worden sei. Dem Antragsteller sei von der Rechtsberatung weder das Erkenntnis erklärt worden noch sei er darüber aufgeklärt worden, welche Rechtsmittel dagegen erhoben werden könnten.

4 Gemäß § 24 Abs. 1 zweiter Satz VwGG sind Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen, der gemäß § 61 Abs. 3 leg. cit. über derartige Anträge entscheidet. Mangels diesbezüglicher näherer Vorschriften im VwGG - § 46 Abs. 3 und 4 VwGG enthält Regelungen betreffend die Wiedereinsetzung nach erfolgter Einbringung der Revision bzw. für den Fall der Versäumung der Revisionsfrist - sind auch Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Verfahrenshilfeantrages in derartigen Angelegenheiten beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen, der über diese Anträge zu entscheiden hat (§ 62 Abs. 1 VwGG iVm § 71 Abs. 4 AVG; vgl. VwGH 9.9.2015, Ra 2015/03/0049; VwGH 23.9.2014, Ra 2014/01/0070, mwN).

5 Der Wiedereinsetzungsantrag ist entgegen § 24 Abs. 2 VwGG nicht von einem Rechtsanwalt eingebracht. Ein Auftrag an den Antragsteller, den Wiedereinsetzungsantrag, der entgegen der Bestimmung des § 24 Abs. 2 VwGG nicht durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abgefasst und eingebracht wurde, zu verbessern, erübrigt sich, wenn der Antrag zweifelsfrei erkennen lässt, dass keinerlei Anhaltspunkte für die Stattgabe des Wiedereinsetzungsantrages gegeben sind und somit auch nach Behebung des Formgebrechens die Bewilligung der Wiedereinsetzung ausgeschlossen wäre (vgl. etwa VwGH 29.1.2018, Ra 2017/04/0133, 11.9.2013, 2013/02/0152, mwN).

Davon ist fallbezogen aufgrund folgender Überlegungen auszugehen.

6 Im Wiedereinsetzungsantrag wird zur Begründung vorgebracht, dass der Antragsteller der russischen Sprache nicht ausreichend mächtig sei und damit Spruch und Rechtsmittelbelehrung im anzufechtenden Erkenntnis nicht in einer für ihn verständlichen Sprache ergangen seien.

Der Spruch und die Rechtsmittelbelehrung des Erkenntnisses sind sowohl auf Deutsch als auch auf Russisch verfasst worden. Der Antragsteller, der nach den (insoweit unwidersprochen gebliebenen) Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts zumindest seit zehn Jahren in Österreich lebe, hier die Pflichtschule abgeschlossen habe und über Deutschkenntnisse verfüge, und der zudem im Beschwerdeverfahren selbst angegeben hat, "sehr gut" Deutsch zu sprechen, behauptet im Antrag auf Wiedereinsetzung aber gar nicht, die deutsche Sprache nicht in einem solchen Ausmaß zu verstehen, sodass ihm der wesentliche Inhalt der anzufechtenden Entscheidung nicht in dieser Sprache zur Kenntnis gelangt sei. Vor diesem Hintergrund ist aber dem geltend gemachten Vorbringen der Boden entzogen.

7 Soweit im Antrag ausgeführt wird, dass den Antragsteller jedenfalls kein Verschulden am Versäumnis der Frist trifft, weil erschwerte Umstände durch die Haft und die daraus resultierenden Schwierigkeiten, sich anderweitig Informationen einzuholen oder eine Rechtsberatungsstelle aufzusuchen, vorliegen würden, wird auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach der Aufenthalt eines - auch unvertretenen - Fremden in Haft keinen Grund bildet, der es zuließe, die Unterlassung einer rechtzeitigen Rechtsmitteleinbringung als unverschuldet oder als ein über den minderen Grad des Versehens nicht hinausgehendes Verschulden zu werten. Versuche, mit geeigneten Personen (so etwa einem Rechtsbeistand) Kontakt aufzunehmen, sind grundsätzlich auch während der Haft vorzunehmen (vgl. VwGH 22.9.2011, 2007/18/0848). Dass der Antragsteller in der Haft den Wunsch geäußert hätte, innerhalb der Rechtsmittelfrist mit einem Rechtsvertreter in Kontakt zu treten, und dieser Wunsch abgelehnt oder ignoriert worden wäre, wurde im Wiedereinsetzungsantrag nicht behauptet.

8 Dem Antragsteller ist es somit nicht gelungen, einen Sachverhalt darzustellen, der die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 VwGG erfüllen könnte, weshalb gemäß § 46 Abs. 1 VwGG der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen war.

Wien, am 31. Jänner 2019

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