VwGH Ra 2018/21/0226

VwGHRa 2018/21/022620.12.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des Z D (auch: D), vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. September 2018, G307 2204078- 1/3E, betreffend insbesondere Rückkehrentscheidung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §46;
FrPolG 2005 §52 Abs4 Z1;
FrPolG 2005 §52 Abs9;
NAG 2005 §11 Abs2 Z1;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018210226.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist serbischer Staatsangehöriger und heiratete im Mai 2011 eine österreichische Staatsbürgerin. Im Hinblick auf diese Ehe wurde ihm ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" mit Gültigkeit vom 28. November 2011 bis 28. November 2012 ausgestellt.

2 Im Februar 2013 wurde die Ehe des Revisionswerbers einvernehmlich geschieden. In der Folge erhielt er Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte plus", und zwar zuletzt mit Gültigkeit vom 24. August 2017 bis 24. August 2020.

3 Auf Basis der genannten Aufenthaltstitel befindet sich der Revisionswerber - nach Voraufenthalten im Jahr 2011 - seit 2012 nahezu durchgehend im Bundesgebiet, wo er seither im Wesentlichen ohne Unterbrechung auch als Arbeiter beschäftigt ist.

4 2014 heiratete der Revisionswerber seine nunmehrige Ehefrau, mit der er bereits bis 2011 verheiratet war. Aus dieser Ehe stammen drei erwachsene Kinder, die sich ebenso wie die nunmehrige Ehefrau des Revisionswerbers in Serbien aufhalten. Der Revisionswerber lebt (daher) allein in Wien, besucht aber Ehefrau und Kinder mehrmals jährlich.

5 Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27. Juli 2018 wurde der Revisionswerber wegen der Vergehen der entgeltlichen Beihilfe zum unbefugten Aufenthalt nach § 115 Abs. 1 FPG und der Urkundenfälschung als Bestimmungstäter nach den §§ 12, zweite Alternative, 223 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag im Kern zu Grunde, dass er im Sommer 2015 zwei Personen gegen Bezahlung von EUR 500,-- bzw. EUR 600,-- falsche Sprachdiplome vermittelte und ihnen so den unbefugten Aufenthalt erleichterte und dass er andere Personen dazu bestimmte, diese falschen Sprachdiplome herzustellen.

6 Im Hinblick auf dieses strafrechtliche Fehlverhalten und weil er selbst ein gefälschtes Sprachzeugnis bei der zuständigen Niederlassungsbehörde vorgelegt habe, nach wie vor jedoch nicht über "ein echtes Sprachzeugnis auf dem Niveau A2" verfüge, erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen den Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei und setzte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

7 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 18. September 2018 als unbegründet ab. Es stellte ergänzend fest, dass ein gegen den Revisionswerber geführtes Strafverfahren "wegen einer Urkundentotalfälschung, konkret der Fälschung eines Deutschsprachdiploms für seine aktuelle Frau" diversionell erledigt worden sei. Weiter führte das BVwG aus, es könne nicht festgestellt werden, dass der Revisionswerber einen Deutschkurs besucht, eine Deutschprüfung absolviert oder der deutschen Sprache auf einem bestimmten Niveau mächtig sei. Vor dem Hintergrund seiner Straftaten und den nicht nachgewiesenen Deutschkenntnissen sei (insbesondere) der Rückkehrentscheidungstatbestand des § 52 Abs. 4 Z 1 FPG iVm § 11 Abs. 2 Z 1 NAG "dem Grunde nach" gegeben. Unter dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG sei zu bedenken, dass der Revisionswerber über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich verfüge; diese lägen vielmehr in Serbien. Zwar könne er auf einen langjährigen Aufenthalt in Österreich und Erwerbstätigkeiten zurückblicken, doch habe der Revisionswerber seinen Aufenthalt "durch Straffälligkeiten belastet" und ein Verhalten gesetzt, das geeignet gewesen sei, "einer Verlängerung seines Aufenthaltstitels im Wege zu stehen", was seinen Aufenthalt seit Sommer 2015 weiter relativiere. Da zudem keine sonstigen Integrationsgesichtspunkte, etwa Deutschkenntnisse, vorlägen, sei davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des Revisionswerbers im Bundesgebiet dessen persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich überwiege.

8 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

9 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

11 In dieser Hinsicht wendet sich der Revisionswerber der Sache nach sowohl gegen die Annahme, es gehe von ihm eine maßgebliche Gefährdung im Sinn des einschlägigen § 11 Abs. 4 Z 1 NAG aus (und es sei deshalb der Rückkehrentscheidungstatbestand nach § 52 Abs. 4 Z 1 FPG iVm § 11 Abs. 2 Z 1 NAG erfüllt), als auch gegen die vom BVwG gemäß § 9 BFA-VG vorgenommene Interessenabwägung. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber bereits in seinem Beschluss vom 25. April 2014, Ro 2014/21/0033, zum Ausdruck gebracht, dass die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG sei, was sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Gefährdungsprognose gelte (vgl. aus jüngerer Zeit VwGH 3.7.2018, Ra 2018/21/0050, Rn. 8, mwN.).

12 Dass dem BVwG Verfahrensfehler unterlaufen seien, behauptet der Revisionswerber gar nicht. Zur Gefährdungsprognose führt er dann nur aus, "die Vorlage eines gefälschten Deutschzeugnisses rechtfertigt keinesfalls eine Rückkehrentscheidung."

13 Dieses Vorbringen wird allerdings dem vorliegenden Fall nicht gerecht, ist dieser doch durch die mehrfache Manipulation im Zusammenhang mit "Sprachdiplomen" zwecks Erhalt von Aufenthaltstiteln gekennzeichnet. Auch die Verlängerung seines eigenen Aufenthaltstitels hat der Revisionswerber letztlich erwirkt, ohne die erforderlichen Sprachkenntnisse zu besitzen. Das relativiert dann aber, wie vom BVwG im Ergebnis zum Ausdruck gebracht, die Bedeutung des langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts des Revisionswerbers in Österreich. Von daher gelingt es ihm insgesamt nicht aufzuzeigen, Gefährdungsprognose oder Interessenabwägung seien vom BVwG unvertretbar vorgenommen worden. Im Hinblick darauf war seine Revision mangels Dartuung einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 20. Dezember 2018

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