VwGH Ra 2018/03/0090

VwGHRa 2018/03/00904.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des J P in R, vertreten durch Mag. Michael Raffaseder, Rechtsanwalt in 4240 Freistadt, Hauptplatz 22, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 23. Mai 2018, Zl. LVwG-750513/9/MZ, betreffend die Verhängung eines Waffenverbots (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Urfahr Umgebung), den Beschluss gefasst:

Normen

WaffG 1996 §12 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030090.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Mandatsbescheid vom 6. Juni 2017 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung über den Revisionswerber gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) ein Waffenverbot, das mit Vorstellungsbescheid der Behörde vom 5. Februar 2018 bestätigt wurde.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision erklärte das LVwG für nicht zulässig.

3 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird geltend gemacht, das LVwG sei von einer näher zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach die Verhängung des Waffenverbots ein mangelfreies Ermittlungsverfahren und eine vollständige Beweiserhebung voraussetze. Dazu wäre es nach Auffassung des Revisionswerbers notwendig gewesen, einen von ihm beantragten Zeugen zu vernehmen und/oder ein Gutachten eines Sachverständigen aus dem Bereich der Psychologie und Psychiatrie einzuholen, um sich ein genaues Bild von der Persönlichkeit des Revisionswerbers zu machen. Da dies unterblieben sei, seien tragende Verfahrensgrundsätze nicht beachtet worden. Überdies hafte dem "Bescheid" (gemeint: Erkenntnis) ein erheblicher Begründungsmangel an.

4 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

5 Im vorliegenden Fall hat das LVwG das Waffenverbot zusammengefasst damit begründet, dass der Revisionswerber seine frühere Lebensgefährtin massiv (auch mit dem Umbringen) bedroht habe. Sein Verhalten deute darauf hin, dass er bei Problemen impulsiv handle, was erwarten lasse, dass der Revisionswerber in einer ihn stark belastenden Konfliktsituation durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen gefährden werde.

6 In der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG hatte der Rechtsvertreter des Revisionswerbers die Einvernahme eines Zeugen (Hausarzt des Revisionswerbers) zum Beweis dafür beantragt, dass beim Revisionswerber keine die Persönlichkeit betreffende Gefährlichkeit vorliege bzw. dass der Revisionswerber auch kein Alkoholproblem habe. Diesem Beweisantrag kam das LVwG nicht nach und führte dazu in der angefochtenen Entscheidung aus, die Erstellung der Gefährdungsprognose sei eine Rechtsfrage, die nicht vom Zeugen bzw. von einem Sachverständigen zu beurteilen sei. Ein Alkoholproblem werde vom Gericht nicht angenommen. Deshalb sei von der Einvernahme des Zeugen kein weiteres relevantes Beweisergebnis zu erwarten.

7 Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass die Verhängung eines Waffenverbots nach § 12 Abs. 1 WaffG eine Prognose voraussetzt, ob aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, der Betroffene könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden. Hierbei ist nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Schusswaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen.

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner gefestigten Rechtsprechung zu Situationen familiärer Gewalt überdies festgehalten, dass nach den Umständen des Einzelfalls auch schon ein einmaliger Vorfall (Gewaltexzess) ungeachtet eines untadeligen Vorlebens die Verhängung eines Waffenverbots gemäß § 12 Abs. 1 WaffG rechtfertigen kann (vgl. etwa VwGH 17.5.2017, Ra 2017/03/0028, mwN).

9 In der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wurde überdies ausgesprochen, dass die Rechtsfrage, ob Tatsachen im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG vorliegen, nicht von einem Sachverständigen zu beantworten ist. Der Sachverständige könne - allenfalls - bei der Ermittlung dieser Tatsachen behilflich sein. Ob diese vorliegen und unter die genannte Bestimmung zu subsumieren sind, oder deren Voraussetzungen erfüllen, ist eine im Rahmen der rechtlichen Beurteilung von der Behörde bzw. dem Gericht vorzunehmende Wertungsfrage (vgl. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0153, und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa VwGH 12.8.2016, Ra 2016/03/0075).

10 Ausgehend davon gelingt es der Revision nicht darzulegen, dass das LVwG mit seiner Entscheidung von den höchstgerichtlichen Leitlinien zu den Voraussetzungen betreffend die Verhängung eines Waffenverbots nach § 12 Abs. 1 WaffG abgewichen wäre oder sein Verfahren mit einem Verstoß gegen tragende Grundsätze des Verfahrensrechts belastet hätte, der eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zuließe.

11 Ein förmlicher Beweisantrag auf Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen zur Klärung der Gefährlichkeit des Revisionswerbers wurde vom Revisionswerber - entgegen dem insoweit das Gegenteil suggerierenden Revisionsvorbringen - nicht gestellt; die amtswegige Beiziehung eines derartigen Sachverständigen war nach der zitierten Rechtsprechung nicht jedenfalls geboten (vgl. VwGH 22.2.2018, Ra 2018/03/0016). Das Unterbleiben der Einvernahme des beantragten Zeugen hat das LVwG - wie oben dargelegt - nachvollziehbar begründet.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 4. September 2018

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