VwGH Ra 2018/01/0057

VwGHRa 2018/01/005727.2.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wech, über die Revision des S M M E in H, vertreten durch die Eiselsberg Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Lothringerstraße 16, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 4. Dezember 2017, Zl. LVwG-750471/3/BP/SA, betreffend Identitätsausweis gemäß § 35a SPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf), den Beschluss gefasst:

Normen

62009CJ0208 Ilonka Sayn-Wittgenstein VORAB;
AdelsaufhG 1919 §1;
AdelsaufhG 1919 §2;
AdelsaufhV 1919 §1;
AdelsaufhV 1919 §2;
SPG 1991 §35a;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018010057.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 19. September 2017 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Ausstellung eines Identitätsausweises gemäß § 35a Sicherheitspolizeigesetz (SPG) auf den Namen "S M M Baron von E" abgewiesen.

2 Begründend führte die Behörde zusammengefasst aus, der Revisionswerber sei in B geboren und habe zusätzlich zur deutschen Staatsbürgerschaft am 7. Juli 1950 die österreichische Staatsbürgerschaft erworben. Das Adelsaufhebungsgesetz schließe für österreichische Staatsbürger sowohl den Erwerb von Namensbestandteilen oder -zusätzen aus, welche im Sinne des genannten Gesetzes und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung Adelsbezeichnungen darstellen, als auch, dass eine Person, für die eine solche Adelsbezeichnung nach anderem als österreichischem Recht Bestandteil ihres Namens sei, diese nach Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft weiterführe. Der Familienname des Revisionswerbers nach österreichischem Recht laute daher "E".

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision gegen dieses Erkenntnis unzulässig sei.

4 Rechtlich führte das LVwG aus, vorliegend sei alleine die Frage problematisiert, unter welchem Namen der Revisionswerber die Ausstellung des beantragten Identitätsausweises erlangen könne, insbesondere, ob sein eingetragener Name inklusive "Baron von" zu lauten habe. Aus der Aktenlage sowie der Mitteilung durch die Wohnsitzgemeinde habe sich ergeben, dass von den Personenstandsbehörden, die für eine allfällige Namensberichtigung nach dem Personenstandsgesetz 2013 (PStG 2013) zuständig wären, bislang kein diesbezügliches Verwaltungsverfahren eingeleitet worden sei. Eine Aussetzung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 38 AVG bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung der zur Klärung der Vorfrage der Namensberichtigung zuständigen Behörden komme daher nicht in Betracht; das LVwG habe die in Rede stehende Vorfrage nach eigener Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung seinem Erkenntnis zugrunde zu legen.

5 Laut unbestrittenem Sachverhalt besitze der Revisionswerber sowohl die deutsche als auch die österreichische Staatsbürgerschaft. Sein Name nach der deutschen Geburtsurkunde laute auf "S M M Baron von E"; dieser Name sei auf den Vater des Revisionswerbers zurückzuführen. Die dem Revisionswerber von den österreichischen Behörden ausgestellte Staatsbürgerschaftsurkunde sei am 23. April 1974 antragsgemäß auf den letztgenannten Namen berichtigt worden.

6 Bei der Namensbeifügung "Baron von" handle es sich um eine Adelsbezeichnung nach dem österreichischen Adelsaufhebungsgesetz, welches auf österreichische Staatsbürger, wie daher auch den Revisionswerber, anzuwenden sei; aus diesem Grund finde auch die einschlägige Judikatur der Höchstgerichte Anwendung. Mit § 42 Abs. 1 PStG 2013 sehe der Gesetzgeber bewusst einen Eingriff in gewisse Personenrechte vor, um die Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustandes zu gewährleisten. Demnach sei eine Eintragung zu berichtigten, wenn sie bereits zum Zeitpunkt der Eintragung unrichtig gewesen sei; dies liege im gegenständlichen Fall vor. Nach der vom LVwG vorgenommenen Beurteilung der in Rede stehenden Vorfrage sei daher der Entfall des Adelsprädikates "Baron von" als rechtlich geboten anzusehen.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die gegenständliche Revision mit den Anträgen, das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 1 VwGG dahingehend abzuändern, dass dem Antrag des Revisionswerbers auf Ausstellung eines Identitätsausweises gemäß § 35a Abs. 1 SPG auf den Namen "S M M Baron von E" stattgegeben werde, in eventu das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und dem Revisionswerber jedenfalls Kostenersatz zuzusprechen.

8 Zur Zulässigkeit wird in der Revision zusammengefasst vorgebracht, das LVwG sei von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es den Rechtsanspruch des Revisionswerbers "auf Beachtung der eingetretenen Rechtskraft der Namensberichtigung bzw Namensänderung" missachte. Weiters liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des einer Berichtigung nach dem Personenstandsgesetz entgegenstehenden Vertrauensschutzes vor; darüber hinaus bestehe keine Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) und des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob der Eingriff in einen Namen eines Doppelstaatsbürgers zweier Mitgliedstaaten der Europäischen Union gegen die Europäischen Grundfreiheiten verstoße.

9 Die Revision ist unzulässig.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision zunächst eine Abweichung des angefochtenen Erkenntnisses von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor; sein Rechtsanspruch "auf Beachtung der eingetretenen Rechtskraft der Namensberichtigung bzw Namensänderung" sei missachtet worden.

14 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für den vorliegenden Fall nicht aufgezeigt:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung, diesbezüglich an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes anknüpfend, klargestellt, dass das in Österreich im Verfassungsrang stehende Adelsaufhebungsgesetz für österreichische Staatsbürger sowohl den Erwerb von Namensbestandteilen oder - zusätzen, die im Sinne des Adelsaufhebungsgesetzes und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung Adelsbezeichnungen darstellen, ausschließt, als auch, dass eine Person, für die eine solche Adelsbezeichnung nach anderem als nach österreichischem Recht Bestandteil ihres Namens ist, diese nach Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft weiterführt (zuletzt VwGH 30.1.2018, Ra 2018/01/0003, 0004, mwN).

15 Gemäß § 35a SPG hat ein nach dieser Gesetzesbestimmung auszustellender Identitätsausweis ua. den Namen des Antragstellers zu enthalten. Nach dem Gesagten ist eine Adelsbezeichnung (vorliegend "Baron von") nicht Bestandteil des Namens österreichischer Staatsbürger, weshalb die Ausstellung eines dementsprechenden, diesen Namenszusatz enthaltenden Identitätsausweises schon nach der in Rede stehenden Bestimmung nicht in Betracht kommt.

16 Zur Frage der fehlenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich des einer Berichtigung nach dem Personenstandsgesetz entgegenstehenden Vertrauensschutzes ist der Revisionswerber darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach Berichtigungen nach § 42 PStG 2013 (vor dem 1. November 2013: nach § 15 PStG) von nach Inkrafttreten des Adelsaufhebungsgesetzes auch bereits jahrebzw. jahrzehntelang eingetragenen Adelsbezeichnungen als zulässig erachtet hat (etwa VwGH 28.2.2011, 2010/17/0278, VwGH 20.12.2016, Ra 2016/01/0233, oder auch VwGH 30.1.2018, Ra 2018/01/0003, 0004). Ein Fehlen diesbezüglicher Rechtsprechung liegt daher entgegen der Behauptung des Revisionswerbers nicht vor.

17 Dem Vorbringen, der Revisionswerber trage seinen Namen als Doppelstaatsbürger seit seiner Geburt rechtmäßig in Deutschland und seit über vier Jahrzehnten gutgläubig in Österreich, weshalb die vorliegende Rechtssache mit der durch Urteil des EuGH vom 22.12.2010, Rs C-208/09 , (Sayn-Wittgenstein) beurteilten Rechtssache nicht vergleichbar sei, ist zu entgegnen, dass der EuGH im genannten Urteil die Untersagung der Führung einer Adelsbezeichnung durch die österreichischen Personenstandsbehörden im Hinblick auf das in Österreich im Verfassungsrang stehende Adelsaufhebungsgesetz als verhältnismäßig und somit nicht dem Unionsrecht widersprechend erkannt hat. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers sind dieselben Überlegungen für den vorliegenden Fall anwendbar: Mit dem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft wurde für den Revisionswerber das im Adelsaufhebungsgesetz und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung festgelegte Verbot, die Adelsbezeichnung "Baron von" nach österreichischem Recht im Namen zu führen, wirksam; dabei kommt es nicht darauf an, ob der Revisionswerber als Staatsbürger eines weiteren Mitgliedsstaates der Europäischen Union in jenem Staat zur Führung eines diese Adelsbezeichnung enthaltenden Namens berechtigt ist (zum Führen von Adelsbezeichnungen durch Doppelbzw. Mehrfachstaatsbürger der Europäischen Union in Österreich vgl. etwa VwGH 15.9.2011, 2009/17/0067, oder auch zuletzt VwGH 30.1.2018, Ra 2018/01/0003, 0004).

18 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. Februar 2018

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