European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017200494.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 19. Jänner 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz vollinhaltlich ab. Am 24. Jänner 2017 wurde dem Revisionswerber mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
2 Gegen den Bescheid des BFA erhob der Revisionswerber fristgerecht Beschwerde.
3 Am 9. Mai 2017 langten beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) eine Beschwerdeergänzung sowie ein Antrag auf Umbestellung des dem Revisionswerber zur Seite gestellten Rechtsberaters ein.
4 Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25. Oktober 2017 behob das BVwG in Erledigung der Beschwerde den bekämpften Bescheid und verwies die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurück (Spruchpunkt A) 1.). Den Antrag auf Umbestellung des dem Revisionswerber beigegebenen Rechtsberaters wies es gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG als unzulässig zurück (Spruchpunkt A) 2.). Weiters sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei (Spruchpunkt B)).
5 Gegen Spruchpunkt A) 2. dieses Beschlusses erhob der Revisionswerber die gegenständliche außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof. In der Zulässigkeitsbegründung wird im Wesentlichen vorgebracht, dass sich der Verwaltungsgerichtshof noch nicht zur Rechtsfrage geäußert habe, ob es möglich sei, eine Umbestellung eines gemäß § 52 BFA-VG beigegebenen Rechtsberaters zu beantragen. Weiters liege keine Rechtsprechung über die Zuständigkeit zur Entscheidung über einen solchen Antrag vor.
6 Mit Nachreichung zur Vorlage der außerordentlichen Revision vom 11. April 2018 teilte das BVwG dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass der Revisionswerber als Selbstzahler nach Dubai ausreisen werde. Die entsprechende Bestätigung der Grenzkontrolle Flughafen Wien-Schwechat über die Ausreise des Revisionswerbers am 30. März 2018 wurde dem Verwaltungsgerichtshof am 15. Juni 2018 zur Kenntnis gebracht.
7 Der einschreitende Rechtsvertreter begründete auf Nachfrage durch den Verwaltungsgerichtshof das rechtliche Interesse an einer Entscheidung damit, dass der Revisionswerber - wie durch die Äußerung des BFA vom 11. Juni 2018 bestätigt - davon ausgehen müsse, dass ihm im Falle des Ergehens einer neuerlich antragsabweisenden Entscheidung der Behörde in seinem Asylverfahren wiederum dieselbe juristische Person zur Rechtsberatung und Rechtsvertretung beigegeben werde. Auch die mittlerweile erfolgte Ausreise des Revisionswerbers ändere nichts am rechtlichen Interesse an einer Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof, zumal das Verfahren vom BFA am 16. Mai 2018 eingestellt worden sei und dieses gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 innerhalb von zwei Jahren fortgesetzt werden könne bzw. von Amts wegen fortzusetzen sei.
8 § 52 BFA-VG (samt Überschrift) lautet:
"Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht
§ 52. (1) Das Bundesamt hat den Fremden oder Asylwerber bei Erlassung einer Entscheidung, ausgenommen Entscheidungen nach § 53 BFA-VG und §§ 76 bis 78 AVG, oder einer Aktenvorlage gemäß § 16 Abs. 2 VwGVG mittels Verfahrensanordnung darüber zu informieren, dass ihm kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wird. Zugleich hat das Bundesamt den bestellten Rechtsberater oder die betraute juristische Person davon in Kenntnis zu setzen.
(2) Rechtsberater unterstützen und beraten Fremde oder Asylwerber jedenfalls beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren gemäß Abs. 1 vor dem Bundesverwaltungsgericht, sowie bei der Beischaffung eines Dolmetschers. Rechtsberater haben den Beratenen die Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde darzulegen. Auf deren Ersuchen haben sie die betreffenden Fremden oder Asylwerber auch im Verfahren, einschließlich einer mündlichen Verhandlung, zu vertreten.
..."
9 Ein Rechtsberater ist einem Fremden/Asylwerber demnach anlässlich der Erlassung einer Entscheidung durch das BFA zur Seite zu stellen; er hat Fremde/Asylwerber jedenfalls beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG zu unterstützen und zu beraten.
10 Im vorliegenden Fall wurde das Beschwerdeverfahren, im Zuge dessen der Revisionswerber einen Antrag auf Umbestellung des ihm anlässlich der Erlassung der negativen Entscheidung des BFA vom 19. Jänner 2017 zur Seite gestellten Rechtsberaters gestellt hatte, mit dem - nicht mit Revision bekämpften - Spruchpunkt A) 1. des Beschlusses des BVwG vom 25. Oktober 2017 durch Behebung des bekämpften Bescheides und Zurückverweisung des Verfahrens an das BFA beendet. Aufgrund der Beendigung jenes Verfahrens, in dem der bestellte - und nach Wunsch des Revisionswerbers umzubestellende - Rechtsberater unterstützen sollte, ist ein rechtliches Interesse des Revisionswerbers an der Entscheidung der in der Revision genannten Rechtsfragen nicht ersichtlich.
11 Fallbezogen würde eine allfällige Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts nicht dazu führen, dass die begehrte Umbestellung erfolgen könnte. Das Beschwerdeverfahren, in dem der (umzubestellende) Rechtsberater unterstützen sollte, ist nämlich bereits rechtskräftig beendet und es blieb die diesbezügliche Behebung und Zurückverweisung - soweit ersichtlich - unbekämpft. Eine weitere Bestellung anlässlich des vom BFA fortzusetzenden Verfahrens ist nicht erfolgt, zumal dieses Verfahren aufgrund der freiwilligen Ausreise des Revisionswerbers eingestellt wurde. Da eine Umbestellung begrifflich eine erfolgte und aufrechte Bestellung voraussetzt, kommt sie - anders als es dem Revisionswerber vor Augen steht - für bereits beendete Rechtsberatertätigkeiten oder erst in der Zukunft liegende, noch nicht erfolgte Rechtsberaterbestellungen von vornherein nicht in Betracht. Der Rechtsposition des Revisionswerbers könnte auf diesem Weg - selbst bei hier nicht untersuchter Zulässigkeit eines solchen Antrages - nicht zum Durchbruch verholfen werden.
12 Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass, wie sich § 33 Abs. 1 VwGG entnehmen lässt, der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis (Rechtsschutzinteresse) als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese als unzulässig zurückzuweisen. Fällt diese Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl. VwGH 24.4.2018, Ra 2016/05/0112, 0113; 20.2.2018, Ra 2017/17/0314, 3.10.2017, Ro 2017/07/0019; 27.7.2017, Ra 2017/07/0014).
13 Es ist nämlich nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes, in einer Revisionssache zu entscheiden, wenn der Entscheidung nach der Sachlage praktisch überhaupt keine Bedeutung mehr zukommt und letztlich bloß eine Entscheidung über theoretische Rechtsfragen ergehen könnte. Dies gilt auch dann, wenn die einem Revisionsfall zugrunde liegende Rechtsfrage für künftige Verwaltungsverfahren bzw. verwaltungsgerichtliche Verfahren von Interesse ist (vgl. zum Ganzen VwGH 20.5.2015, Ro 2015/10/0021, mwN, und neuerlich 3.10.2017, Ro 2017/07/0019).
14 Einer meritorischen Entscheidung käme im vorliegenden Fall keine praktische Bedeutung mehr zu; zur Klärung theoretischer Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof nach dem Gesagten allerdings nicht berufen.
15 Da somit das Rechtsschutzinteresse bereits bei Einbringung der Revision nicht vorlag, war auf den Umstand der freiwilligen Ausreise des Revisionswerbers und dessen Auswirkung auf das rechtliche Interesse (vgl. zum Nichtvorliegen eines rechtlichen Interesses infolge freiwilliger Ausreise zB VwGH 3.5.2018, Ra 2018/19/0051) nicht mehr einzugehen.
16 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen. Wien, am 6. September 2018
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