Normen
B-VG Art133 Abs6 Z2;
GSpG 1989 §56a Abs6;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170928.L00
Spruch:
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Kostenzuspruch findet nicht statt.
Begründung
1 Mit Bescheid der nunmehrigen Revisionswerberin vom 3. Februar 2017, BHBL-III-2101-5/2017, wurde gegenüber einer näher bezeichneten Gesellschaft gemäß § 56a Glücksspielgesetz (GSpG) die Schließung eines näher bezeichneten Lokales mit Wirkung mit 2. Februar 2017 angeordnet. Der Bescheid wurde am 21. Februar 2017 zu Handen des Rechtsvertreters dieser Gesellschaft zugestellt.
2 In das dagegen von dieser Gesellschaft am 21. März 2017 mit näherer Begründung erhobene Beschwerdeverfahren trat mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2017 die nunmehr mitbeteiligte Partei ein. Der Beschwerde wurde daraufhin mit Erkenntnis des LVwG - mit Ausnahme der Schließung eines Nebenraumes, in welchem die Glücksspielgeräte aufgestellt waren, - Folge gegeben und die Betriebsschließung mit Ausnahme dieses Nebenraumes aufgehoben.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde. Die Revisionswerberin bringt vor, dass die entscheidende Richterin aus näheren Gründen befangen gewesen sei; überdies sei die Parteistellung der in das Verfahren eingetretenen Gesellschaft aus näheren Gründen strittig.
4 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte Kostenersatz.
5 Gemäß § 56a Abs. 6 GSpG treten Bescheide nach Abs. 3 leg. cit., wenn sie nicht kürzer befristet sind, mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit. Demnach wäre selbst bei rückwirkender Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses die von der Revisionswerberin ausgesprochene Betriebsschließung während des (wieder offenen) Beschwerdeverfahrens mit Ablauf des 21. Februar 2018 außer Wirksamkeit getreten.
6 Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes, inwieweit sich die Revisionswerberin durch das angefochtene Erkenntnis nach Ablauf der Frist gemäß § 56a Abs. 6 GSpG noch beschwert erachte, teilte diese mit, das rechtliche Interesse sei weiterhin aufrecht, weil die Richterin absolut befangen gewesen sei sowie wegen des "Eintrittes" der näher genannten Gesellschaft. Es könne in Verfahren nach § 56a GSpG aufgrund der Dauer des Instanzenzuges faktisch zu keiner anderen Entscheidung als "Gegenstandslosigkeit gem § 33 VwGG" durch den Verwaltungsgerichtshof kommen.
7 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Revision nach Anhörung des Revisionswerbers in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.
8 Wie der Verwaltungsgerichtshof auch zur Rechtslage nach dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33, bereits ausgesprochen hat, ist § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. etwa VwGH 20.2.2018, Ra 2017/17/0314, mwN).
9 Ein beim Verwaltungsgerichtshof anhängiges Revisionsverfahren ist auch im Falle einer Amtsrevision bei Wegfall des rechtlichen Interesses an einer meritorischen Entscheidung in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen (vgl. etwa VwGH 21.6.2017, Ra 2016/17/0259, mwN).
10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lässt sich aus § 33 Abs. 1 VwGG entnehmen, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese unzulässig, fällt die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl. wiederum VwGH 20.2.2018, Ra 2017/17/0314, mwN).
11 Nach Einbringung der Amtsrevision gegen die teilweise Stattgabe der Beschwerde bezüglich der angeordneten Betriebsschließung durch das Verwaltungsgericht ist nunmehr der Zeitraum, für den der Bescheid über die Betriebsschließung gemäß § 56a Abs. 6 GSpG wirksam war, bereits abgelaufen. Da sich somit auch bei Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses die Rechtsstellung der revisionswerbenden Partei nicht verbessern würde (weil die wieder offene Beschwerde bereits wegen Wirkungslosigkeit des Betriebsschließungsbescheides durch Zeitablauf zurückzuweisen wäre), ist die Revision wegen des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses gegenstandslos geworden (vgl. dazu wiederum VwGH 21.6.2017, Ra 2016/17/0259, mwN).
12 Daher war das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG nach Anhörung mit Beschluss einzustellen.
13 Mangels formeller Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 55 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG zur Anwendung. Im Hinblick darauf, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht ohne nähere Prüfung zu lösen ist und daher die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Gerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Kostenersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG). Wien, am 9. April 2018
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