VwGH Ra 2017/17/0406

VwGHRa 2017/17/040621.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer‑Hinterauer sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des AM in H in der S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 7. April 2017, LVwG‑S‑462/001‑2016, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Baden), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §2 Abs2
GSpG 1989 §2 Abs4
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
VStG §22 Abs2
VStG §44a Z1
VStG §44a Z2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170406.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 28. Jänner 2016 wurde dem Revisionswerber als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft vorgeworfen, er habe sich mit einem bestimmt bezeichneten Glücksspielgerät an verbotenen Ausspielungen mit dem Vorsatz unternehmerisch beteiligt, fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung dieser Ausspielungen zu erzielen. Er wurde der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm §§ 2 Abs. 1 Z 12 und 4 Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 10.000,- (samt Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) der Beschwerde insoweit Folge, als es den Tatzeitraum einschränkte und die Geldstrafe auf EUR 5.000,- (sowie die Ersatzfreiheitsstrafe) reduzierte. Es setzte die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens neu fest und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4 Die vorliegende Revision erweist sich schon im Hinblick auf das Zulässigkeitsvorbringen, es sei dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen, welche konkrete Tathandlung dem Revisionswerber vorgeworfen werde, als zulässig. Die Revision ist auch berechtigt.

5 § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG lautet:

„Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;“

6 Im vorliegenden Fall wurde in der Anzeige der Finanzpolizei ausgeführt, die näher bezeichnete Gesellschaft habe das Glücksspielgerät gegen Entgelt dem Glücksspielveranstalter zur Verfügung gestellt, um fortgesetzt Einnahmen aus den mit den Eingriffsgegenständen veranstalteten Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen zu erzielen.

7 Die belangte Behörde hat im Spruch des Straferkenntnis - wie auch bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung - ausgeführt, die näher bezeichnete Gesellschaft habe sich an verbotenen Ausspielungen mit dem Vorsatz unternehmerisch beteiligt, fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung dieser Ausspielungen zu erzielen. Eine konkrete Tathandlung, wodurch diese unternehmerische Beteiligung erfolgt sein soll, findet sich im Spruch nicht. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Eigenschaft als Eigentümerin und somit die Beteiligung als Unternehmerin im Sinne des „2 Abs. 2 GSpG an den verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG habe aufgrund der Aussagen eines Zeugen festgestellt werden können. Ein schriftlich vorgelegter Eigentumsnachweis würde darüber Klarheit verschaffen. Die belangte Behörde qualifizierte die Tathandlungen als unternehmerisches Beteiligen an verbotenen Ausspielungen und bestrafte den Revisionswerber wegen Übertretung der § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG ohne Angabe des konkreten Tatbildes.

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des LVwG wurde zwar der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses teilweise abgeändert, eine konkrete Tathandlung wurde in den Spruch allerdings nicht aufgenommen. Auch in der Begründung fehlen Feststellungen, die eine Subsumtion unter das Tatbild des Veranstaltens oder des unternehmerisch Beteiligens ermöglichen würden. In rechtlicher Hinsicht ging das LVwG davon aus, die Gesellschaft sei als Eigentümerin des Glücksspielgerätes und Veranstalterin der verbotenen Ausspielungen auch unternehmerisch beteiligt.

9 § 44a VStG regelt, welche Bestandteile der Spruch eines Straferkenntnisses zu enthalten hat. Dazu zählen unter anderem die als erwiesen angenommene Tat (Z 1) und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann. Der Revisionswerber hat zudem ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden. Die Identität der Tat muss unverwechselbar feststehen (vgl. VwGH 19.5.2017, Ra 2016/17/0173, mwN).

10 Durch die Bestrafung wegen des Veranstaltens verbotener Ausspielungen nach § 52 Abs. 1 Z 1 erste Variante GSpG ist das gleichzeitig vom Bestraften verwirklichte Tatbild der unternehmerischen Beteiligung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG konsumiert. Konsumtion liegt vor, wenn die wertabwägende Auslegung der formal (durch eine Handlung oder durch mehrere Handlungen) erfüllten zwei Tatbestände zeigt, dass durch die Unterstellung der Tat(en) unter den einen der deliktische Gesamtunwert des zu beurteilenden Sachverhalts bereits für sich allein abgegolten ist. Voraussetzung ist, dass durch die Bestrafung wegen des einen Delikts tatsächlich der gesamte Unrechtsgehalt des Täterverhaltens erfasst wird. Als Täter, der im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 leg. cit. veranstaltet, kommt in Betracht, wer das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt. Dagegen ist mit dem vierten Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG eine Person gemeint, die nicht Veranstalter ist, sondern sich nur in irgendeiner Weise an der Veranstaltung unternehmerisch im Sinn des § 2 Abs. 2 GSpG beteiligt. Durch die Bestrafung wegen des Veranstaltens verbotener Ausspielungen nach § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG ist das gleichzeitig von derselben Person verwirklichte Tatbild des unternehmerischen Beteiligens gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG konsumiert (vgl. erneut VwGH 19.5.2017, Ra 2016/17/0173, mwN).

11 Dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses ist nicht zu entnehmen, welche konkrete Tathandlung dem Revisionswerber vorgeworfen wurde. Das angefochtene Erkenntnis entspricht somit nicht den Anforderungen gemäß § 44a Z 1VStG. Auf Grund Verkennens der Rechtslage hat das VwG auch keine Feststellungen getroffen, die eine Subsumtion unter eines der Tatbilder des Veranstaltens oder des unternehmerisch Beteiligens im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG ermöglichten.

12 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

13 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 21. September 2018

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