European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170368.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 9. September 2014 wurde der Revisionswerber als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) mit drei näher beschriebenen Glücksspielgeräten in einem näher bezeichneten Tatzeitraum für schuldig erkannt; es wurden über ihn drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 10.000,-- (sowie drei Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 56 Stunden) verhängt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) der Beschwerde insofern Folge, als es die festgesetzten Geldstrafen jeweils auf einen Betrag von EUR 3.000,-- sowie die Ersatzfreiheitsstrafen jeweils auf 24 Stunden herabsetzte, die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens entsprechend mit EUR 900,-- neu festsetzte (Spruchpunkt 1.) und aussprach, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt 3.).
3 Das LVwG stellte - soweit wesentlich - fest, dass der Revisionswerber unbestritten "Management body" einer näher bezeichneten s.r.o. mit Sitz in Bratislava sei, "welche die Ausspielungen an den aufgestellten Geräten" in einem näher genannten Lokal "veranstaltet" habe. Die gegenständlichen näher bezeichneten Geräte, auf denen näher beschriebene virtuelle Walzenspiele angeboten worden seien, seien in diesem Lokal aufgestellt und in betriebsbereiten Zustand sowie für jeden potentiellen Spieler zugänglich gewesen. Schließlich traf LVwG nachfolgende zusammenfassende Feststellung: "Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer das zur Vertretung nach außen berufene Organ der C G EU s.r.o., mit Sitz in Bratislava, ist. Ebenso unbestritten ist, dass die C G EU s.r.o. die Veranstalterin der angebotenen Ausspielungen ist." Rechtlich folgerte das LVwG, dass
"nach den Sachverhaltsfeststellungen ... der objektive Tatbestand,
nämlich das Veranstalten von verbotenen Ausspielungen erfüllt" sei. So habe "der Beschwerdeführer die drei Geräte in dem Lokal aufstellen lassen und die verbotenen Ausspielungen veranstaltet".
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde erstattete im vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung und beantragte, die Revision kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 Die vorliegende Revision erweist sich in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zur - entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG im Hinblick auf die angenommene Tathandlung des "Veranstaltens" - mangelhaften Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat sowie zur Anwendung des zweiten Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG als zulässig und berechtigt.
6 § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 GSpG in der im Revisionsfall
maßgeblichen Fassung BGBl I Nr. 13/2014 lautet:
"Verwaltungsstrafbestimmungen
§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,
1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen
im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;
...
(2) Bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei
Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden
Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6 000 Euro bis zu 60 000 Euro zu verhängen."
7 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits erkannt hat, kommt als Täter, der im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 leg cit veranstaltet, in Betracht, wer das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt (vgl. VwGH 14.7.2017, Ra 2016/17/0264; 26.3.2015, Ra 2014/17/0033, sowie 1.2.2018, Ra 2017/17/0854).
8 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird § 44a Z 1 VStG dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Straferkenntnisses die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um den Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden und gleichzeitig der Verwaltungsgerichtshof in die Lage versetzt wird, eine rechtliche Prüfung vorzunehmen. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem einzelnen Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat § 44a Z 1 VStG genügt oder nicht, mithin ob die erfolgte Umschreibung der Tat im konkreten Fall im Straferkenntnis als rechtmäßig oder als unrechtmäßig zu qualifizieren ist. Das an die Umschreibung der Tat zu stellende Genauigkeitserfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wieder gegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein (vgl. VwGH 18.5.2016, Ra 2015/17/0029, mwN).
9 Im vorliegenden Fall erfolgte die Bestrafung des Revisionswerbers durch die vor dem LVwG belangte Behörde, weil er verbotene Glücksspiele und Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet habe. Dazu stellte die belangte Behörde im Straferkenntnis neben dem Umstand, dass der Revisionswerber das zur Vertretung nach außen berufene Organ der C G EU s.r.o. sei, fest, dass die C G EU s.r.o. neben der D & Z GmbH auf einen Untermietvertrag über die Anmietung einer Fläche an einem näher genannten Standort zwecks Aufstellung der gegenständlichen Terminals zu einem näher spezifizierten monatlichen Mietentgelt aufscheine. Der Revisionswerber habe "diese Glücksspiele als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG zur Teilnahme vom Inland aus veranstaltet." In der Beschwerde monierte der Revisionswerber, die Tatanlastung sei unschlüssig und genüge nicht den Konkretisierungserfordernissen gemäß § 44a VStG. Aus dem Tatvorwurf lasse sich keine Verwirklichung einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG ableiten. Insbesondere bleibe unklar, worin das "angebliche" Veranstalten der "vermeintlich" verbotenen Ausspielungen durch den Revisionswerber gelegen sein solle.
10 Das LVwG ging ohne weitere nähere Begründung davon aus, es sei unstrittig, dass die näher bezeichnete Gesellschaft, dessen zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Revisionswerber sei, Veranstalterin der angebotenen Ausspielungen gewesen sei. Weder aus dem Spruch noch aus dem festgestellten Sachverhalt geht jedoch hervor, auf wessen Gefahr und Rechnung das Glücksspiel durchgeführt wurde. Zumal weder im Straferkenntnis, noch im angefochtenen Erkenntnis ausdrücklich festgestellt wurde, in wessen Eigentum die gegenständlichen Glücksspielautomaten stehen und der Revisionswerber die Veranstaltereigenschaft der C G EU s. r.o. nicht zugestanden hat, ist aus dem angefochtenen Erkenntnis rechtlich nicht zu schließen, dass die C G EU s.r.o. hier als Veranstalterin aufgetreten sei.
11 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher schon auf Grund der mangelhaften Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Spruch gemäß § 44a Z 1 VStG als inhaltlich rechtswidrig.
12 Das LVwG begründete die Herabsetzung der Geldstrafe samt Ersatzfreiheitsstrafe damit, dass die im Straferkenntnis erwähnte Verwaltungsstrafvormerkung bereits in der erhöhten Strafdrohung aufgehe und daher nicht nochmals als erschwerend habe gewertet werden können. Das LVwG legte somit seiner Entscheidung den zweiten Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG zugrunde.
13 Die Verwaltungsstrafvormerkung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG bezieht sich auf ein Verwaltungsstrafverfahren der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt, das mit rechtskräftigem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 17. Februar 2014 eingestellt wurde. Die Verwaltungsstrafvormerkung der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt hätte somit das rechtskräftig aufgehobene Straferkenntnis nicht beinhalten dürfen. Auf die rechtskräftige Einstellung wird in der von der belangten Behörde eingeholten Auskunft über Verwaltungsstrafvormerkungen durch den Klammervermerk "eingestellt" verwiesen.
14 Das LVwG hat daher zu Unrecht zum Nachteil des Revisionswerbers den zweiten Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG angewendet, weshalb sich auch insofern das angefochtene Erkenntnis als inhaltlich rechtswidrig erweist.
15 Es war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
16 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 21. Juni 2018
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