VwGH Ra 2017/15/0044

VwGHRa 2017/15/004422.3.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Dr. Köller, MMag. Maislinger und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des S P in B, vertreten durch die BKS Steuerberatung GmbH & Co KG in 3150 Wilhelmsburg an der Traisen, Untere Hauptstraße 10, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 9. März 2017, Zl. RV/4100217/2013, betreffend u.a. Haftung für Lohnsteuer 2004 bis 2010 und Jänner bis April 2011, Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen 2004, 2005, 2009, 2010 und Jänner bis April 2011,

Normen

BAO §115 Abs2
BAO §116 Abs1
BAO §148 Abs3 litb
BAO §167 Abs2
BAO §183 Abs4
BAO §201 Abs2 Z3
BAO §202
BAO §207 Abs2
BAO §269 Abs1
BAO §279 Abs1
BAO §303 Abs1 litb
BAO §303 Abs1 litb idF 2013/I/014
BAO §93 Abs3 lita
B-VG Art130 Abs3
FinStrG §33
FinStrG §33 Abs1
FinStrG §33 Abs2 litb
FinStrG §8 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017150044.L00

 

Spruch:

I. den Beschluss gefasst:

Die Revision wird, soweit sie Haftung für Lohnsteuer für die Jahre 2006 bis 2010 und Jänner bis April 2011 sowie Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen 2009, 2010 und Jänner bis April 2011 betrifft, zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:Soweit die Revision Haftung für Lohnsteuer 2004 und 2005 sowie Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen 2004 und 2005 betrifft, wird das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die revisionswerbende Partei ist ein Sportverein.

2 In der „Beilage zum SB‑Protokoll“ (Beilage zur Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO vom 25. September 2012) wurde u.a. ausgeführt, Grundlage der Prüfung sei ein Amtshilfeersuchen der zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Korruption; die Prüfung erfolge gemäß § 149 BAO in Verbindung mit § 99 Abs. 2 FinStrG, weil aufgrund einer Sicherstellung von Buchhaltungsunterlagen der dringende Verdacht der Abgabenhinterziehung bestehe. Der Revisionswerber sei im Prüfungszeitraum mit mehreren Mannschaften in verschiedenen Bewerben (nationaler und internationaler Art) aufgetreten. Die in den jeweiligen Bewerben spielenden Mannschaften setzten sich zum Teil fast ausschließlich aus ausländischen Spielern, in anderen Bewerben hingegen aus ausschließlich österreichischen Spielern zusammen. Die Auszahlung, Art, Höhe und Zusammensetzung der Bezüge dieser Spieler habe weder aus den Unterlagen zur Lohnverrechnung noch aus Aufstellungen der Einnahmen und Ausgaben der jeweiligen Spielsaisonen ersehen werden können. In den Jahren 2004 bis 2008 seien nur für einen Spieler (und dies für den Zeitraum Oktober 2008 bis März 2009) Lohnkonten geführt worden. Alleine die Höhe der laut Lohnverrechnung abgerechneten Bezüge stehe zu den tatsächlich zugeflossenen Bezügen in keinem Verhältnis. Aus sichergestellten Unterlagen ergäben sich Zahlungen von Mieten und Betriebskosten für einzelnen Spielern zur Verfügung gestellte Dienstwohnungen, Belege über Zahlungen von „Benzingeld“, Aufstellungen über Zahlungen offizieller Bezüge an Spieler und inoffizieller Bezüge (über ein Sparbuch). Die zahlenmäßige Erfassung der Konten sei unter Berücksichtigung eines Wertungsfaktors (10%) erfolgt (tatsächlicher Betrag: 1000; in Aufstellung 100). Die Bemessungsgrundlagen seien ‑ wie in der Niederschrift näher dargestellt wurde ‑ zu schätzen gewesen. Da dem Verein der Status als begünstigter Rechtsträger zu versagen sei, sei die Anwendung der steuerlichen Begünstigungen nach dem Sportlererlass sowie die Anwendung des § 3 Abs. 1 Z 16 lit. c EStG 1988 nicht zum Tragen gekommen. Reisekosten‑ und Aufwandsentschädigungen hätten daher nicht berücksichtigt werden können.

3 Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom 9. Jänner 2013 wurde auf diese Niederschrift („Beilage zum SB‑Protokoll“) verwiesen. Darin wurde auch ausgeführt, die Heranziehung zur Haftung gemäß § 82 EStG iVm § 202 Abs. 1 und § 224 Abs. 1 BAO sei im Rahmen der Ermessensentscheidung gemäß § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände getroffen worden. Dem Gesetzesbegriff „Billigkeit“ sei dabei die Bedeutung „berechtigte Interessen der Partei“, dem Gesetzesbegriff „Zweckmäßigkeit“ sei insbesondere die Bedeutung „öffentliches Anliegen an der Einhebung der Abgaben“ beizumessen. Im Hinblick darauf, dass die Arbeitgeberhaftung ein für den praktischen Vollzug des Lohnsteuerverfahrens unerlässliches Element darstelle und die im vorliegenden Fall festgestellten Fehlberechnungen und Einbehaltungsdifferenzen nicht bloß von geringem Ausmaß seien, sei bei der Ermessensübung dem öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Abgabenerhebung der Vorzug zu geben und die „gegenständliche Haftungsheranziehung“ bescheidmäßig auszusprechen gewesen.

4 Mit Haftungsbescheiden vom 9. Jänner 2013 zog das Finanzamt den Revisionswerber zur Haftung für Lohnsteuer für die Jahre 2004 bis 2011 heran. Weiters setzte das Finanzamt mit Bescheiden vom 9. Jänner 2013 Dienstgeberbeiträge (samt Säumniszuschlägen) für die Jahre 2004 bis 2011 fest. Begründend verwies das Finanzamt jeweils auf den Bericht vom 9. Jänner 2013.

5 Der Revisionswerber erhob gegen diese Bescheide Berufung.

6 Im Zuge des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht wurde vom Revisionswerber eine rekonstruierte Lohnbuchhaltung vorgelegt; das Finanzamt ermittelte daraus die Bemessungsgrundlagen. Hiezu erfolgten mehrere Erörterungsgespräche vor dem Bundesfinanzgericht; schließlich wurde auch eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der (nunmehrigen) Beschwerde teilweise Folge und änderte die Bescheide des Finanzamts ab; die Bescheide betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2006, 2007 und 2008 hob es auf. Betreffend das Jahr 2011 erfolgte der Ausspruch der Haftung für Lohnsteuer sowie die Festsetzung des Dienstgeberbeitrags jeweils für den Zeitraum Jänner bis April.

8 Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

9 Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs führte das Bundesfinanzgericht zunächst aus, in der Beschwerdeschrift seien vom Revisionswerber zum Teil berechtigte Beschwerdeeinwendungen erhoben worden. Unter Wahrung des Parteiengehörs sei im Zuge des Beschwerdeverfahrens vom Finanzamt der Sachverhalt zu den Beschwerdepunkten gänzlich neu aufbereitet und auch betragsmäßig abgeändert worden. Beiden Verfahrensparteien sei im Beschwerdeverfahren ausreichend Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen eingeräumt worden. Dem Revisionswerber sei auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit geboten worden, sein Parteiengehör wahrzunehmen. Die Einrede der Verletzung des Parteiengehörs sei nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts jedenfalls als geheilt zu betrachten.

10 Eine Festsetzung von Abgaben könne nach § 201 Abs. 2 Z 3 BAO u.a. dann erfolgen, wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden. Wenn auch in den Begründungen der Lohnabgabenbescheide das Hervorkommen neuer Tatsachen nicht „expressis verbis“ angeführt worden sei, seien aber mittels Verweiskette die maßgeblichen neuen Tatsachen (etwa die nachgewiesene Nichtabfuhr von Lohnabgaben, die mangelnde Ordnungsmäßigkeit der Lohnabrechnungen im gesamten Prüfungszeitraum, die Schwarzlohnauszahlung von Spielerbezügen, die einem Vorprüfer nicht bekannt gewesen sei) klar angeführt. Damit würden Tatsachenkomplexe umschrieben, die einen Wiederaufnahmetatbestand aufzeigten. Evident sei auch, dass diese Umstände dem Finanzamt erst im Zuge der weiteren Außenprüfung bekannt geworden seien. Dieser neue Tatsachenkomplex rechtfertige auch die Vornahme einer Wiederholungsprüfung für die Lohnzahlungszeiträume der Jahre 2004 bis 2008. Für die Erlassung von Haftungsbescheiden (hier Lohnsteuer) gelte nach § 202 Abs. 1 BAO nichts anderes. Die angefochtenen Bescheide seien somit verfahrenskonform erlassen worden. Im Rahmen der Ermessensübung könne dem Revisionswerber allenfalls zu Gute gehalten werden, dass bei Auszahlung von pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen an Vereinssportler gutgläubig auf die „Vereinsrichtlinien“ vertraut worden sei. Wenn das Finanzamt bei seiner Ermessensübung dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit dem öffentlichen Interesse an der Einhebung der Lohnabgaben den Vorrang gegenüber den Interessen des Revisionswerbers eingeräumt habe, so könne darin unter Beachtung der zu würdigenden Sach‑ und Aktenlage weder ein Ermessensfehler noch ein Ermessensmissbrauch erkannt werden.

11 Betreffend die Jahre 2004 und 2005 sei zu prüfen, ob die Verjährungsfrist im Hinblick darauf, dass hinterzogene Abgaben vorlägen, verlängert sei. Hiezu ergebe sich aus den Berichten der Außenprüfung, dass der Revisionswerber Einnahmen ohne ordnungsgemäße Erfassung in den Aufzeichnungen erzielt und damit Gehälter der Spieler ebenfalls ohne ordnungsgemäße Erfassung in den Aufzeichnungen ausbezahlt habe. Die Tatsache, dass Konten geführt worden seien, auf denen Sponsorenleistungen eingegangen seien, die in einem offiziellen Rechenwerk nicht erfasst und von denen unter anderem Spielergehälter ohne Führung von Lohnkonten bezahlt worden seien, stelle einen gravierenden Mangel der materiellen Ordnungsmäßigkeit dar. Einerseits seien die Selbstbemessungsabgaben nicht aufgezeichnet und abgeführt worden, anderseits seien Profispieler dadurch begünstigt worden, dass Zahlungen ohne ordnungsgemäße Erfassung im Rechenwerk geflossen seien. Aus den eingesehenen Spieltabellen der einzelnen Bewerbe habe entnommen werden können, dass neben der „Haupt“-Mannschaft mit hauptsächlich ausländischen Spielern auch eine eigene Mannschaft mit inländischen Spielern aufgetreten sei. Für die inländischen Spieler hätten jedoch nur fallweise Auszahlungen aus den vorliegenden Unterlagen ermittelt werden können. Es hätten auch keine Anzeichen einer Abgeltung von Aufwandsentschädigungen vorgefunden werden können. Diese Umstände ließen es zu, die Vorfrage, ob die festzusetzenden Lohnabgaben durch den Revisionswerber vorsätzlich hinterzogen worden seien, rechtlich positiv zu beurteilen. Dem Einwand des Revisionswerbers, dass in Entsprechung der Lohnbuchhaltungsunterlagen des Sportvereins und unter Beachtung der Vereinsrichtlinien die Vorprüfung zu keinen Lohnabgabennachforderungen für die Kalenderjahre 2004 und 2005 geführt habe und dass diese Umstände gegen eine Abgabenhinterziehung sprächen, sei entgegenzuhalten, dass laut Selbstanzeige (allerdings erst für die Kalenderjahre ab 2006) Abgabenverkürzungshandlungen einbekannt worden seien. Der Umstand, dass Abgabenkonten erst während des Kalenderjahres 2008 eröffnet worden seien, lasse auch Indizwirkung dafür entfalten, dass bereits in den Kalenderjahren 2004 und 2005 Hinterziehungshandlungen gesetzt worden seien.

12 Es werde nicht in Abrede gestellt, dass die Vereinsrichtlinien im Rahmen der Vorprüfung (für den Zeitraum 2004 bis 2008, abgeschlossen mit Bericht vom 17. Juni 2009) durch den damaligen Prüfer beachtet und auch zu Gunsten des Revisionswerbers angewandt worden seien. Auch werde nicht verkannt, dass der damalige Prüfer auf Basis seiner Prüfungshandlungen die Auszahlung von pauschalen Kostenersätzen durch den Revisionswerber an inländische Sportler und Trainer als steuerfreie Vergütungen beurteilt habe. Die sich aus der Vorprüfung ergebenden Sachverhaltsbilder alleine würden aber noch nicht die Annahme rechtfertigen, dass sämtliche durch den Revisionswerber ausbezahlten Spielerbezüge und pauschal ausbezahlten Kostenersätze über diesen Zeitraum bereits im Rahmen der Vorprüfung offen gelegt worden seien.

13 Von einer transparenten und wahrheitsgemäßen Offenlegung könne keine Rede sein, wenn bereits vor Beginn der nunmehrigen Außenprüfung eine Selbstanzeige durch den Revisionswerber erfolge (betreffend Lohnabgabenverkürzungen im Zeitraum 2006 bis April 2011, also auch über bereits geprüfte Zeiträume). Diese Selbstanzeige sei damit begründet worden, dass in diesen Zeiträumen für beim Verein tätige ausländische Spieler und Trainer die Abzugsteuer inklusive Dienstgeberbeitrag nicht vollständig einbehalten und abgeführt worden sei. Die Annahme der vorsätzlichen Verkürzung sei auch deshalb gerechtfertigt, weil von den Vereinsverantwortlichen in der Selbstanzeige die Auszahlung von Schwarzlöhnen an Spieler und die Nichtabfuhr von Lohnabgaben für die Jahre 2004 und 2005 nicht erwähnt worden sei. Das Abgabenkonto sei erst im September 2008 angelegt worden. Daraus gehe hervor, dass durch die Vereinsverantwortlichen des Sportvereins die erste Lohnabgabenabfuhr im November 2008 erfolgt sei. Im Lichte der getätigten Selbstanzeige sei auffällig, dass nicht bereits im Zeitpunkt der Schlussbesprechung der Vorprüfung dem Vertreter des Revisionswerbers augenscheinlich geworden sei, dass keinerlei Lohnabgaben an das Finanzamt abgeführt worden seien.

14 Bei einem Vereinsverantwortlichen, der als Großbetriebsprüfer im Bundesfinanzdienst tätig sei, könne das Wissen über die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Führung von entsprechenden Lohnkonten von Dienstnehmern vorausgesetzt werden. Da Lohnkonten überhaupt nicht geführt und folglich Lohnabgaben für Arbeitnehmer nicht abgeführt bzw. gemeldet worden seien, liege unzweifelhaft eine vorsätzliche, auf Abgabenhinterziehung gerichtete Handlungsweise von Vereinsvertretern vor. In Anbetracht des langen Zeitraums des erfolgten Finanzvergehens sei es als erwiesen anzusehen, dass die Vereinsverantwortlichen die abgabenrechtlichen Verpflichtungen bewusst verletzt hätten, um hierdurch dem Revisionswerber eine Lohnabgabenersparnis zu verschaffen. Es sei auch nicht vorstellbar, dass steuerrechts‑ und sachkundige Vereinsverantwortliche die Übereinstimmung von monatlich erfolgten Lohnauszahlungen auf Grundlage abgeschlossener Profi‑Spielerdienstverträge und deren ordnungsgemäße Erfassung in Lohnkonten nicht hätten erkennen müssen. Da die Vereinsverantwortlichen die Aufnahme von ausbezahlten Spielerbezügen in eine laufende Lohnverrechnung bewusst unterlassen hätten, sei jedenfalls eine vorsätzlich begangene Abgabenhinterziehungstat anzunehmen.

15 Aus den beschlagnahmten Buchhaltungsunterlagen habe sich auch eine teilweise Auszahlung von Spielergehältern durch den Revisionswerber über ein Sparbuch ergeben, womit eine wissentlich begangene Tathandlung zur Lohnabgabenhinterziehung auch für den Zeitraum ab 2004 aufgedeckt habe werden können.

16 Für die Abgabenhinterziehung spreche auch das Verfehlungseingeständnis des Vereinsmitverantwortlichen (im Verfahren zu den Abzugsteuern). Demnach seien „Schwarzlohnauszahlungen“ durch den Revisionswerber im Wesentlichen über Verlangen der Spieler erfolgt, da diese sonst für den Sportverein nicht gespielt hätten.

17 Mit Urteilen des Landesgerichtes X vom 3. August 2016 seien die Vereinsverantwortlichen bezüglich Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG unter Beachtung der Bestimmungen des § 214 FinStrG freigesprochen worden. Bezüglich der Anklagepunkte einer Abgabenhinterziehung an Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag sei ein Freispruch nach § 214 Abs. 1 und 2 FinStrG erfolgt, weil diesbezüglich mangels Übersteigen der strafbestimmenden Wertbeträge keine Gerichtszuständigkeit bestanden habe. Aus dem weiteren Urteil des Landesgerichtes X vom 3. August 2016 gehe hervor, dass der Antrag gemäß § 21 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, über den Revisionswerber eine Verbandsgeldbuße zu verhängen, mit der Begründung abgewiesen worden sei, dass auf Basis des erfolgten Freispruches der beiden Vereinsverantwortlichen diesen kein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten im Sinne vorsätzlich begangener Tathandlungen zu unterstellen gewesen sei.

18 Aus den Urteilen des Landesgerichtes X könne keinesfalls entnommen werden, dass in den streitumfassten Zeiträumen durch den Revisionswerber keine vorsätzlichen Lohnabgabenhinterziehungen erwirkt worden seien. Aus den Urteilsbegründungen gehe vielmehr klar hervor, dass zu den Anklagepunkten einer Abgabenhinterziehung an Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag ein Freispruch nach § 214 Abs. 1 und 2 FinStrG erfolgt sei, weil mangels Übersteigens der strafbestimmenden Wertbeträge keine Gerichtszuständigkeit bestanden habe. Die Urteile des Landesgerichtes hätten daher auch keinerlei rechtliche Bindungswirkung entfalten können.

19 Wenn der Revisionswerber im Rahmen der mündlichen Verhandlung wiederholt ins Treffen führe, dass die zur Last gelegten Abgabenverkürzungen sowie die Nichtentrichtung der Lohnabgaben zu Folge der Beachtung und Anwendung der Vereinsrichtlinien nicht erkennbar gewesen seien, so handle es sich offensichtlich um eine reine Schutz‑ bzw. Zweckbehauptung. Dies deshalb, weil die in freier Beweiswürdigung zu wertenden Hinterziehungssachverhalte durch den Revisionswerber zweifelsohne nicht auf die bloße Anwendung der Vereinsrichtlinien und die allenfalls daraus abzuleitenden Steuerbegünstigungen für Spieler und Vereinsmitglieder des Revisionswerbers abstellten.

20 Das Bundesfinanzgericht gehe daher davon aus, dass der Revisionswerber unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige‑, Offenlegungs‑ und Wahrheitspflicht eine vorsätzliche Verkürzung an Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträgen in den Lohnzahlungszeiträumen der Jahre 2004 bis 2011 bewirkt habe; er habe dies nicht nur für möglich, sondern sogar für gewiss gehalten. Es sei daher die Verjährungsfrist von zehn Jahren anzuwenden.

21 Dem Beschwerdeeinwand, dass vom Finanzamt die Lohnsteuerneuberechnung zu Unrecht unter der Lohnkontenbezeichnung „Spieler ohne Namen“ vorgenommen worden sei, komme Berechtigung zu. Es sei dazu stichprobenweise der Beweis erbracht worden, dass der Sammel‑Auszahlungsbetrag die Aufwandsentschädigungsabrechnung von mehreren Nachwuchsspielern für deren Trainings‑ und Spieleinheiten für einen näher genannten Zeitraum umfasst habe. Daraus ergebe sich, dass die in Streit stehenden Sammel‑Auszahlungsbeträge tatsächlich aus ausbezahlten Kleinstbeträgen für mehrere betroffene Nachwuchsspieler bestünden. Diese Vergütungen seien nicht als steuerpflichtige Arbeitslöhne zu qualifizieren; insoweit sei der Beschwerde Folge zu geben.

22 Aus dem Unterbleiben der Anwendung von Bestimmungen der VereinsR 2001 könne der Revisionswerber keine Verletzung subjektiver Rechte ableiten, da diesen Richtlinien keine normative Wirkung zukomme. Eine gesetzliche Regelung, die ähnlich den Vereinsrichtlinien pauschale Reiseaufwandsentschädigungen durch begünstigte Rechtsträger von vornherein steuerfrei stelle, finde sich im Einkommensteuerrecht erst mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2009. Die im Zeitraum 2004 bis 2008 unter dem Titel „pauschaler Aufwandersatz“ an die inländischen Spieler (Dienstnehmer) ausbezahlten Beträge könnten auch deswegen nicht als steuerfrei behandelt werden, weil diese nicht aus Anlass von tatsächlich getätigten Dienstreisen vergütet bzw. abgerechnet worden seien. Diese Zahlungen seien daher als steuerpflichtige Arbeitslohnvergütungen zu werten gewesen.

23 Im Zuge des Beschwerdeverfahrens habe der Revisionswerber durch Vorlage von aussagekräftigen, jedoch zur Gänze rekonstruierten Vereinsabschlüssen sowohl ein ausreichend glaubhaftes Bild über die Herkunft und die Höhe von erzielten Einnahmen, als auch in ausreichend glaubhaften Maßen zumindest die Kausalität von Ausgaben, die zur Zweckerfüllung des Sportvereins geboten gewesen seien, der Höhe und dem Grunde nach schlüssig unter Beweis gestellt. Anhand der rekonstruierten Lohnkonten sei auch die Entgeltstruktur sämtlicher Spielerbezüge glaubhaft offengelegt worden. Vom Revisionswerber sei auch glaubhaft unter Beweis gestellt worden, dass der Profibereich im Verhältnis zur gesamten Spieleranzahl des Sportvereins einen marginalen Bereich umfasst habe. Die Aberkennung des Status der Gemeinnützigkeit auf Grund des Einsatzes von Profispielern sei demnach unzulässig. Der Revisionswerber habe auch glaubwürdig und überzeugend aufzuzeigen vermocht, dass die Sportausübung durch Einbeziehung breiter Schichten der Bevölkerung stets der Hauptzweck der Geschäftsführung des Sportvereins im gesamten Streitzeitraum gewesen sei.

24 Die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des § 34 Abs. 1 BAO seien erfüllt.

25 Die festgestellten Lohnabgabennachforderungsbeträge würden auch nicht einen betragsmäßig relevanten Abgabenhinterziehungsumfang erreichen, der als beachtlicher Indizienumstand ‑ bei Abwägung der Gesamtbeurteilung der tatsächlichen Geschäftsführung des zu beurteilenden Rechtsträgers ‑ für die Rechtsfolge der Versagung der Gemeinnützigkeit des Revisionswerbers heranzuziehen wäre. Der Revisionswerber weise daher für den Zeitraum ab 1. Jänner 2009 die Anspruchsmerkmale für die Zuerkennung eines begünstigten Rechtsträgers auf. Ab 1. Jänner 2009 hätten demnach auch steuerfreie Auszahlungen in Form von pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen iSd § 3 Abs. 1 Z 16c EStG 1988 erfolgen können. Der Revisionswerber habe auch glaubhaft und überprüfbar darlegen können, dass auf Grundlage von tatsächlichen Trainings‑ und Spieleinsatztagen der betroffenen Spieler die jeweils pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen korrekt ermittelt und abgerechnet worden seien.

26 Auf Grundlage einer im Jahr 2009 abgeschlossenen Prüfung seien vom Finanzamt bereits Bescheide betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2006 bis 2008 erlassen worden. Hiezu sei keine Wiederaufnahme verfügt worden. Die nunmehr angefochtenen Bescheide würden daher gegen die Unwiederholbarkeit einer durch Bescheid entschiedenen Sache verstoßen. Diese Bescheide seien daher aufzuheben gewesen.

27 Betreffend die Jahre 2004 und 2005 sei auch betreffend Dienstgeberbeitrag von vorsätzlich hinterzogenen Abgaben auszugehen. Das Handeln der Vereinsverantwortlichen sei vorsätzlich darauf gerichtet gewesen, unter Missachtung der Lohnaufzeichnungsvorschriften die selbst zu berechnenden lohnabhängigen Abgaben des Sportvereins zu verkürzen und insoweit nicht zu entrichten.

28 Im Hinblick auf die im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vom Revisionswerber beigebrachten Bescheinigungen, mit denen die eindeutige Zugehörigkeit von bestimmten ‑ im angefochtenen Erkenntnis näher genannten ‑ Spielern zu ausländischen Sozialversicherungsträgern nachgewiesen worden sei, seien die Arbeitslohnanteile dieser (beschränkt steuerpflichtigen) Spieler in die Beitragsgrundlage des § 41 FLAG 1967 nicht miteinzubeziehen. Daher sei dem Beschwerdebegehren zu diesem Punkt teilweise Folge zu geben gewesen.

29 Eine Revision sei unzulässig. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen hätten sich auf solche beschränkt, die bereits in der bisherigen VwGH‑Rechtsprechung beantwortet worden seien oder die im Gesetz eindeutig gelöst seien. Im Übrigen hänge der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

30 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision.

31 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

32 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

33 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

34 Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst geltend gemacht, eine vorangegangene Prüfung sei für den Zeitraum 2004 bis 2008 erfolgt und habe u.a. Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag umfasst. Es seien damals keine Feststellungen getroffen worden. Daher hätte die Abgabenbehörde das Verfahren für die Jahre 2004 bis 2008 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wiederaufnehmen müssen; auch hätte die Abgabenbehörde begründen müssen, welche Voraussetzungen vorgelegen seien, um eine Wiederholungsprüfung zu rechtfertigen. Schließlich wird hiezu auch geltend gemacht, es lägen Bescheidmängel vor; es sei weder die Ermessensübung begründet worden noch sei dargelegt worden, ob bzw. welche Gründe iSd § 201 Abs. 2 und § 202 BAO vorlägen.

35 Diesem Vorbringen ist zunächst entgegen zu halten, dass auch in der Revision nicht behauptet wird, es lägen ‑ entgegen den Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts ‑ für die hier zu beurteilenden Jahre bereits (aus der Vorprüfung abgeleitete) Bescheide vor. Nach den Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts wurden lediglich betreffend Dienstgeberbeiträge für die Jahre 2006 bis 2008 bereits zuvor Bescheide erlassen; hinsichtlich dieser Abgaben hob das Bundesfinanzgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis die Bescheide des Finanzamts (unbekämpft) auf. Da hinsichtlich der im Revisionsverfahren noch strittigen Abgaben hingegen keine früheren Bescheide vorliegen, liegt insoweit keine entschiedene Sache vor.

36 Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des § 201 Abs. 2 BAO und muss nach Maßgabe des § 201 Abs. 3 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist (§ 201 Abs. 1 BAO).

37 Nach § 201 Abs. 2 Z 3 zweiter Fall BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.

38 Gemäß § 202 Abs. 1 BAO gilt § 201 BAO sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Hierbei sind Nachforderungen mittels Haftungsbescheides geltend zu machen.

39 Im Fall einer amtswegigen Festsetzung nach § 201 Abs. 2 Z 3 zweiter Fall BAO und entsprechenden Bescheiden nach § 202 BAO ist entscheidend, ob und gegebenenfalls welche für das Finanzamt seit der Selbstbemessung neu hervorgekommenen Umstände seitens des Finanzamts herangezogen werden, die als Wiederaufnahmegrund geeignet sind (vgl. VwGH 29.3.2017, Ro 2015/15/0030).

40 In den Haftungsbescheiden (Lohnsteuer) und den Abgabenfestsetzungsbescheiden (Dienstgeberbeitrag) wurde jeweils auf den „Bericht vom 9.1.2013“ verwiesen, dieser verwies wiederum auf die Niederschrift zur Schlussbesprechung bzw. auf die „Beilage zum SB‑Protkoll“. In dieser Beilage zum Schlussbesprechungsprotokoll wurden ‑ wie auch im angefochtenen Erkenntnis dargelegt ‑ Umstände geschildert, die als neu hervorgekommene Tatsachen eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen würden: So wurde insbesondere darauf verwiesen, dass nunmehr Unterlagen sichergestellt worden seien, aus denen etwa hervorging, dass „inoffizielle“ Bezüge im Wege eines Sparbuchs erfolgt seien. Im Hinblick auf die ‑ grundsätzlich zulässigen ‑ Verweise bringt die Bescheidbegründung mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, welcher „Tatsachenkomplex“ für den Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wird (vgl. auch hiezu VwGH 29.3.2017, Ro 2015/15/0030). Das Bundesfinanzgericht stützte seine Erwägungen zu diesem Thema auf eben diese Umstände und ergänzte diese Begründung hinsichtlich des Neuhervorkommens. Die Ergänzung einer ‑ allenfalls ‑ mangelhaften Begründung der auf Grund der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Wiederaufnahmebescheide in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen stellt kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar (vgl. VwGH 26.11.2015, Ro 2014/15/0035, mwN; sowie 27.4.2017, Ra 2016/15/0047).

41 Damit wurde aber auch hinreichend die Zulässigkeit einer Wiederholungsprüfung begründet (§ 148 Abs. 3 lit. b BAO: Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegeben sind). Im Übrigen wäre aber eine Verletzung des Verbotes einer Wiederholungsprüfung an sich sanktionslos (vgl. Ritz, BAO6 § 148 Tz 13).

42 Zur Ermessensübung enthielt der ‑ in den Bescheiden des Finanzamts verwiesene ‑ Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung Ausführungen dahin, dass die im vorliegenden Fall festgestellten Fehlberechnungen und Einbehaltungsdifferenzen nicht bloß von geringem Ausmaß seien; bei der Ermessensübung sei dem öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Abgabenerhebung der Vorzug zu geben und sei die „Haftungsheranziehung“ bescheidmäßig auszusprechen gewesen.

43 Diese Darlegungen zur Ermessensübung wurden vom Bundesfinanzgericht ergänzt.

44 Nach Art. 130 Abs. 3 B‑VG liegt Rechtswidrigkeit ‑ außer in Verwaltungsstrafsachen und in den zur Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen gehörenden Rechtssachen ‑ nicht vor, soweit das Gesetz der Verwaltungsbehörde Ermessen einräumt und sie dieses im Sinne des Gesetzes geübt hat. In Angelegenheiten des Abgabenwesens ist es somit dem Verwaltungsgericht erlaubt, das Ermessen auch anders zu üben als die Verwaltungsbehörde (vgl. 1618 BlgNR 24. GP  14). Dem Bundesfinanzgericht ist somit auch in Ermessensfragen volle Kognition eingeräumt (vgl. VwGH 26.1.2017, Ra 2015/15/0063, mwN).

45 Die Revision macht weiters als Zulässigkeitsgrund geltend, im gesamten Prüfungsverfahren sei dem Revisionswerber keine Gelegenheit zur Geltendmachung seiner Rechte gegeben worden.

46 Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten, dass ‑ wie bereits das Bundesfinanzgericht ausgeführt hat ‑ der Verfahrensmangel der unterbliebenen Gewährung von Parteiengehör während des erstinstanzlichen Verfahrens im Rechtsmittelverfahren saniert ist, wenn in diesem Verfahren die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird (vgl. VwGH 19.3.2008, 2008/15/0002, mwN). Dass das Bundesfinanzgericht Parteiengehör gewährt hat (insbesondere durch mehrere Erörterungstermine sowie schließlich durch eine mündliche Verhandlung), wird in der Revision nicht bestritten.

47 Weiters wird zur Zulässigkeit geltend gemacht, der Revisionswerber habe sich auf die im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung veröffentlichten Vereinsrichtlinien 2001 verlassen und darauf aufbauend die Besteuerungsgrundlagen und Abgaben berechnet. Ein Vertrauen auf im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung veröffentliche Rechtsauslegungen des Bundesministeriums für Finanzen erscheine schutzwürdig. Im Sinne von § 3 Z 2 lit. b der Verordnung zu § 236 BAO (BGBl. II Nr. 435/2005) wären die Abgaben ‑ basierend auf dem Grundsatz von Treu und Glauben ‑ nachzusehen gewesen.

48 Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten, dass mit dem angefochtenen Erkenntnis keine Entscheidung über einen Antrag auf Nachsicht iSd § 236 BAO getroffen wurde.

49 In der Revision werden sohin betreffend Haftung Lohnsteuer für die Jahre 2006 bis 2011 sowie betreffend Festsetzung Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2009 bis 2011 keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in diesem Umfang ‑ in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat ‑ zurückzuweisen.

50 Die Revision macht weiters zur Zulässigkeit geltend, für die Jahre 2004 und 2005 liege Festsetzungsverjährung vor. In dieser Hinsicht erweist sich die Revision als zulässig.

51 Der Verwaltungsgerichtshof hat hiezu ‑ nach Einleitung des Vorverfahrens; das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung eingebracht ‑ erwogen:

52 Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach § 207 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.

53 Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 207 Abs. 2 BAO im Allgemeinen fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist nach § 207 Abs. 2 Satz 2 BAO (in der hier anwendbaren Fassung BGBl. I Nr. 105/2010: § 323 Abs. 27 BAO) zehn Jahre.

54 Nach § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige‑, Offenlegungs‑ oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

55 Gemäß § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung weiters schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 EStG entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer oder Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.

56 Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

57 Die von § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG erfassten Abgaben sind Selbstbemessungsabgaben, für die deshalb keine Erklärungspflicht besteht. Da es sich bei der Führung von Lohnkonten um keine abgabenrechtliche Anzeige‑, Offenlegungs‑ und Wahrheitspflicht handelt, kann der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FinStrG durch Defizite beim Lohnkonto nicht erfüllt werden. Diese Fälle sind daher ausschließlich nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG zu beurteilen, es sei denn ein Arbeitgeber wäre bescheidmäßig zur Abgabe von Lohnsteueranmeldungen verpflichtet worden (vgl. Kotschnigg in Tannert/Kotschnigg, FinStrG, 11. Lfg, § 33 Tz 280 f; VwGH 29.6.2005, 2000/14/0135; OGH 4.12.2007, 14 Os 51/07t). Für die Pflichtverletzung in einem derartigen Fall genügt bedingter Vorsatz; der Verkürzungserfolg muss aber wissentlich bewirkt werden (vgl. Kotschnigg, aaO, Tz 283).

58 Ob Abgaben hinterzogen sind, bildet eine Vorfrage nach § 116 Abs. 1 BAO für die Frage, ob die längere Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO anzuwenden ist. Der Tatbestand der hinterzogenen Abgaben im Sinne des § 207 Abs. 2 BAO ist nach § 33 FinStrG zu beurteilen. Wenn eine Verurteilung wegen Hinterziehung einer bestimmten Abgabe vorliegt, dann ist die Abgabe im Abgabenverfahren als hinterzogen zu behandeln (vgl. VwGH 21.12.2011, 2009/13/0159). Im Falle eines Freispruches besteht aber keine solche Bindung (vgl. Ritz, BAO6, § 116 Tz 14; Kotschnigg, in Tannert/Kotschnigg, FinStrG, 2. Lfg, Einführung Tz 82 f), und zwar schon wegen der anders gearteten Beweisregeln (vgl. VwGH 19.10.2016, Ro 2014/15/0007).

59 Im Falle eines Freispruches im Strafverfahren ist es damit Sache des Finanzamtes, die maßgebenden Hinterziehungskriterien nachzuweisen (vgl. VwGH 30.3.1987, 85/15/0073, ÖStZB 1987, 538). Dies ist der Abgabenbehörde mit der Wahrnehmung ihrer Pflicht zur freien Beweiswürdigung nach § 167 Abs. 2 BAO aufgetragen (vgl. VwGH 26.5.1993, 90/13/0155 [Punkt 7. Verjährung und Amnestie]).

60 Zutreffend verweist die Revision darauf, dass die Darlegungen des Bundesfinanzgerichts zu diesem Thema widersprüchlich sind. So führte das Bundesfinanzgericht (im Rahmen der Beurteilung der Frage, ob hinterzogene Abgaben vorliegen) aus, das Vorbringen des Revisionswerbers, die zur Last gelegten Abgabenverkürzungen sowie die Nichtentrichtung der Lohnabgaben seien im Hinblick auf die Beachtung und Anwendung der Vereinsrichtlinien nicht erkennbar gewesen, sei „offensichtlich reine Schutz‑ bzw. Zweckbehauptung“. Im Rahmen der Ausführungen zum Ermessen führte das Bundesfinanzgericht hingegen aus, es könne dem Revisionswerber allenfalls zu Gute gehalten werden, dass bei Auszahlung von pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen an Vereinssportler gutgläubig auf die „Vereinsrichtlinien“ vertraut worden sei.

61 Nach § 207 Abs. 2 Satz 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre, „soweit“ die Abgabe hinterzogen ist, die längere Verjährungsfrist betrifft also nur den vorsätzlich verkürzten Teil (vgl. Ritz, BAO6, § 207 Tz 16). Hinsichtlich Lohnsteuer ist im vorliegenden Verfahren nur die Frage zu prüfen, ob betreffend „inländische“ Spieler eine vorsätzliche Hinterziehung vorliegt („ausländische“ Spieler, nämlich beschränkt steuerpflichtige Spieler ‑ § 70 EStG 1988 ‑ wurden in einem gesonderten Verfahren behandelt; vgl. hiezu das Erkenntnis VwGH 27.4.2017, Ra 2016/15/0047). Damit kann aber ‑ entgegen den wiederholten Darlegungen des Bundesfinanzgerichts ‑ die Selbstanzeige nicht zur Begründung des Vorsatzes betreffend eine Hinterziehung der hier zu beurteilenden Abgaben herangezogen werden, hat diese sich doch ausschließlich auf „ausländische Spieler und Trainer“ bezogen. Auch die in den hiezu angestellten Erwägungen erwähnten Profi‑Spieler betrafen ‑ zumindest völlig überwiegend ‑ beschränkt steuerpflichtige Spieler, die daher in diesem Zusammenhang ebenfalls keinen Schluss auf einen Vorsatz zulassen.

62 Damit erweisen sich aber die Schlussfolgerungen des Bundesfinanzgerichtes zur Beurteilung, ob Vorsatz (bzw. auch Wissentlichkeit) vorliegt, als mit Verfahrensfehlern behaftet.

63 Das angefochtene Erkenntnis war daher in diesem Umfang (Haftung Lohnsteuer sowie Festsetzung Dienstgeberbeiträge jeweils für die Jahre 2004 und 2005) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

64 Von der vom Revisionswerber beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

65 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 50) VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. März 2018

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