Normen
BAO §85 Abs2
BAO §86a
TelekopieV BMF 1991 §3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2017150024.J00
Spruch:
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die streitgegenständlichen Eingaben an das Finanzamt (Berufungen vom 31. Mai 2011 und 20. Februar 2012) wurden nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts am jeweiligen PC eines Mitarbeiters der steuerlichen Vertreterin des Revisionswerbers in elektronischer Form erstellt, die Unterschrift des steuerlichen Vertreters elektronisch eingefügt und die Eingaben per E‑Mail mit der Adresse (Domain) „@faxmaker.com“ unter Angabe der Faxnummer des Finanzamtes an den „GFI Faxmaker“‑Faxserver der Kanzlei des steuerlichen Vertreters übermittelt. Der Faxserver wandelte die vom E‑Mail Server (SMTP) empfangenen Nachrichten in das Faxformat um und leitete sie über das Telefonnetz (Festnetz) an die entsprechende Telefaxnummer des Finanzamtes weiter. Die Erstellung und Übermittlung der Anbringen erfolgte papierlos, entsprechend wurde die Unterschrift des steuerlichen Vertreters elektronisch in die elektronischen Dokumente eingefügt.
2 Mit dem angefochtenen Beschluss stellte das Bundesfinanzgericht die Beschwerdeverfahren Einkommensteuer und Anspruchszinsen für die Jahre 2007 bis 2009 ein. Begründend führte es aus, wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung zum E‑Mail (Hinweis auf VwGH 27.9.2012, 2012/16/0082; sowie 12.8.2015, Ra 2015/16/0065) betont habe, stellten § 86a BAO und die dazu ergangene TelekopieV (BGBl. Nr. 494/1991) nicht darauf ab, in welcher Form ein ein Schriftstück darstellendes Papier bei der Behörde vorliege, sondern darauf, dass der gesetzlich vorgesehene Weg der Einreichung eingehalten werde. Der Weg der Einreichung eines Anbringens mittels Telefex sei in der TelekopieV normiert. § 1 TelekopieV erkläre nur Anbringen für zugelassen, die unter Verwendung eines Telekopierers (Telefaxgerätes) eingereicht würden, wobei nach § 3 TelekopieV das Original des Anbringens vor Einreichung zu unterscheiben sei. Es sei daher zu prüfen, was unter einem Telekopierer bzw. Telefaxgerät zu verstehen sei. Der Verordnung sei dies nicht zu entnehmen.
3 Telekopierer, Fernkopierer, Telefaxgerät und Faxgerät seien synonyme Begriffe. Ein Telekopierer sei nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein Gerät zur Übertragung von einem oder mehreren Dokumenten in Form eines in Linien und Pixel gerasteten Bildes über das Telefonnetz oder per Funk. Ein herkömmliches Telekopiergerät bestehe aus einem Scanner, einem Modem und einem Drucker, das ein digitalisiertes Bild von einem Blatt Papier in Form von elektronischen Impulsen über die Telefonleitung an einen Empfänger übertrage, wo ein anderes Telekopiergerät diese Impulse wieder in ein Bild umwandle und auf ein Blatt Papier drucke.
4 Fax, die Kurzform von Telefax, leite sich wiederum von Faksimile (lat. fac simile) ab und sei eine originalgetreue Kopie oder Reproduktion einer Vorlage. Der Begriff Faksimile werde darüber hinaus als Bezeichnung für die elektronischen Abbilder von Dokumenten benutzt. Ein Telekopierer bzw. ein Telefaxgerät sei somit ein Gerät, mit dem eine Vorlage (Dokument, Schriftstück, Bild) in ein digitalisiertes Bild (Bilddatei) umgewandelt und über das Telefonnetz an den Empfänger übermittelt werde. Eine Telekopie (Fernkopie) im Sinne der TelekopieV setze somit notwendiger Weise eine schriftliche Vorlage bzw. ein Original voraus, das in Form einer Fernkopie an den Empfänger (im gegebenen Fall die Abgabenbehörde) übertragen werden könne. Dies ergebe sich bereits daraus, dass nach § 3 der TelekopieV das Original des Anbringens vor der Einreichung mittels Telekopierers zu unterschreiben sei.
5 Die grundsätzlich für Anbringen geforderte Schriftlichkeit (§ 85 Abs. 1 BAO) in Gestalt papierener Stofflichkeit müsse nach der TelekopieV auch bei einem Fax von Anfang an vorliegen. Der Grundsatz der Schriftlichkeit von Anbringen werde durch die Verordnung nicht völlig aufgehoben, sondern nur insoweit eingeschränkt, als das Original des schriftlichen Anbringens beim Absender (Abgabepflichtigen) verbleibe und dem Empfänger (Abgabenbehörde) über das Telefonnetz nur eine Fernkopie (ein Telefax) des Originals übermittelt werde.
6 Die Ansicht des Revisionswerbers, wonach auch ein Faxserver, der ‑ wie im gegenständlichen Fall ‑ lediglich ein in elektronischer Form eingehendes E‑Mail in eine Faxdatei (Bilddatei) umwandle, bereits als Telekopierer anzusehen sei, teile das Bundesfinanzgericht nicht, weil eine Übertragung mittels Telekopierers ein schriftliches Dokument voraussetze. Ebenso könne die Ansicht des Revisionswerbers nicht geteilt werden, dass für eine wirksame Einbringung im Sinne der Verordnung einzig und alleine der Umstand entscheidend sei, ob das Fax über eine Telefonleitung ‑ eben als Fax ‑ versendet werde. Als entscheidende Voraussetzung werde in der Verordnung die Verwendung eines Telekopierers zur Einreichung eines Anbringens angeführt. Die Versendung über die Telefonleitung werde in der Verordnung nicht einmal erwähnt, diese sei offensichtlich zum Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung im Jahr 1991 vorausgesetzt worden, zumal es zur damaligen Zeit eine andere technische Möglichkeit der elektronischen Versendung noch gar nicht gegeben habe.
7 Originale der gegenständlichen Anbringen hätten vom Revisionswerber auf Vorhalt des Bundesfinanzgerichts nicht vorgelegt werden können, weil die an einem PC verfassten Anbringen von den Mitarbeitern ‑ ohne sie als Dokument auszudrucken, händisch zu zeichnen und einzuscannen ‑ unmittelbar über einen PC über den Faxserver [der Kanzlei] an das Finanzamt übermittelt worden seien. Im Revisionsfall lägen somit keine Originale (Schriftstücke) vor, die vor der Versendung an das Finanzamt vom steuerlichen Vertreter handschriftlich hätten unterschrieben werden können.
8 Die beim Finanzamt eingelangten Faxe wiesen unter dem mit Druckschrift angebrachten Namen der steuerlichen Vertreterin zwar eine (unleserliche) Unterschrift auf, diese sei aber aufgrund der papierlosen Verfassung und Übermittlungsart in elektronischer Form in das elektronische Dokument eingefügt worden, bei der es sich auch nicht um eine elektronische Signatur im Sinne des Signaturgesetzes handle. Die Einfügung einer offensichtlichen Bilddatei, die eine Unterschrift darstellen solle, stelle keine rechtswirksame Unterschrift dar. Eine wirksame Unterschrift setze voraus, dass das schriftliche Dokument von den jeweils Zeichnungsberechtigten eigenhändig und urschriftlich unterzeichnet werde. Das sei im Revisionsfall nicht erfolgt.
9 Der Revisionswerber wende dazu ein, dass nach § 86a Abs. 1 dritter Satz BAO bei telegraphisch, fernschriftlich und im Wege automationsunterstützter Datenverarbeitung eingereichten Anbringen das Fehlen einer Unterschrift keinen Mangel iSd § 85 Abs. 2 BAO darstelle. Es liege im Wesen der eindeutig zugelassenen und den herkömmlichen (schriftlichen und unterschriebenen) Eingaben gleichgestellten telegraphischen, fernschriftlichen und EDV‑gestützten Anbringen, dass sie nicht eigenhändig unterschrieben seien. Würde man in diesen Fällen im Fehlen der Unterschrift stets einen Mangel sehen, so würden die Vorteile dieser modernen Nachrichtenübertragungstechniken zunichte gemacht werden. Die Bestimmung in § 3 TelekopieV, wonach das Original des Anbringens vor Einreichung zu unterschreiben und für eine Dauer von sieben Jahren zu Beweiszwecken aufzubewahren sei, beziehe sich nur auf die Aufbewahrungspflicht. Die Verletzung dieser Aufbewahrungspflicht sei finanzstrafrechtlich sanktionslos und habe auch nicht die Unwirksamkeit der Eingabe zur Folge. Jede andere Interpretation von § 3 der Verordnung wäre unzulässig, weil die Verordnung diesfalls im Widerspruch zu dem eindeutigen Wortlaut des ihr übergeordneten Gesetzes (§ 86a Abs. 1 dritter Satz BAO) stünde, nach dem das Fehlen einer Unterschrift keinen Mangel darstelle.
10 Dem könne sich das Bundesfinanzgericht nicht anschließen. Der Gesetzgeber habe in § 86a Abs. 1 BAO selbst den Abgabenbehörden und den Verwaltungsgerichten das Recht eingeräumt, wenn es die Wichtigkeit des Anbringens für zweckmäßig erscheinen lasse, dem Einschreiter die unterschriebene Bestätigung mit dem Hinweis aufzutragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist als zurückgenommen gelte. Wenn der Gesetzgeber den Abgabenbehörden und den Verwaltungsgerichten das Recht eingeräumt habe, den Einschreiter aufzufordern, eine unterschriebene Bestätigung des Anbringens beizubringen, so müsse es dem Verordnungsgeber umso mehr erlaubt sein zu normieren, dass ein Anbringen vor der Eingabe zu unterschreiben sei. Zudem habe der Gesetzgeber in § 86a Abs. 2 BAO den Verordnungsgeber ausdrücklich ermächtigt zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen welche Arten automationsunterstützter Datenübertragungen an Abgabenbehörden und Verwaltungsgerichte zugelassen oder ausgeschlossen seien.
11 Beim Revisionswerber lägen die strittigen Anbringen nur in elektronischer Form vor. Ein Schriftstück, ein Original, das mittels eines Telekopierers der Abgabenbehörde in Form einer Telekopie hätte übermittelt werden können, habe somit gar nicht bestanden, entsprechend hätten die Anbringen vor ihrer Einreichung an die Abgabenbehörde auch nicht (handschriftlich) unterschrieben werden können. Ein Telekopiergerät (Telefaxgerät), mit dem ein auf Papier ausgedrucktes und unterzeichnetes Anbringen bei der Abgabenbehörde eingereicht werden könne, sei nicht zur Anwendung gelangt. Im Revisionsfall sei somit keine der in der TelekopieV normierten Voraussetzungen für eine wirksame Einreichung eines Anbringens mittels Telekopierers gegeben. Es seien weder Originale vorgelegen, die handschriftlich hätten unterschrieben werden können, noch sei für die Übermittlung der elektronischen Anbringen ein Telekopierer (Telefaxgerät) verwendet worden.
12 Werde ein Anbringen auf einem nicht zugelassenen Weg der Abgabenbehörde oder einem Verwaltungsgericht zugeleitet, so gelte es als nicht eingebracht und könne daher auch keine Entscheidungspflicht auslösen (Hinweis auf VwGH 12.8.2015, Ra 2015/16/0065; 27.9.2012, 2012/16/0082, mwN). Die vom Revisionswerber gewählte Form der Einbringung der Beschwerden, bei der kein schriftliches Ursprungsdokument erstellt, sondern nur ein papierloses, elektronisch abgefasstes Begehren an das Finanzamt gerichtet worden sei und für deren Übermittlung kein Telekopierer Verwendung gefunden habe, entspreche nicht dem in der TelekopieV vorgesehenen Weg der Einreichung. Das führe dazu, dass es sich nicht einmal um ein Anbringen im Sinne der §§ 85 und 86a BAO gehandelt habe und somit auch keine Entscheidungspflicht der Abgabenbehörde ausgelöst worden sei. Die vom Revisionswerber bekämpften Abgabenbescheide seien somit, ohne dass rechtsgültig eine Beschwerde ergriffen worden wäre, in Rechtskraft erwachsen. Es fehle im gegenständlichen Fall daher an den gesetzlichen Voraussetzungen für die Führung eines Beschwerdeverfahrens durch das Bundesfinanzgericht.
13 Auch wenn die BAO die Einstellung eines (Beschwerde)Verfahrens mit Beschluss nicht gesondert erwähne, habe die Einstellung eines anhängigen Verfahrens unter Berücksichtigung des berechtigten Rechtsschutzinteresses des Revisionswerbers bei Fehlen der Voraussetzungen für ein Beschwerdeverfahren durch das Verwaltungsgericht mittels Beschlusses zu erfolgen (vgl. VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035), weshalb das Verfahren einzustellen gewesen sei.
14 Im Übrigen bedürfe es auch nach der dargelegten Ansicht des Bundesfinanzgerichts keines antiquierten, in modernen Büros kaum noch verwendeten, analogen Telekopiergeräts, um ein Anbringen mittels Telefax nach der geltenden TelekopieV rechtswirksam bei den Abgabenbehörden oder den Verwaltungsgerichten einbringen zu können. Eine solche Einbringung sei mit allen dem heutigen Stand der Technik entsprechenden Faxsystemen möglich. Ebenso wie bei dem in einem herkömmlichen Telekopierer integrierten Einzugs‑ bzw. Trommelscanner handle es sich auch bei dem heute gebräuchlichen (meist in ein Multifunktionsgerät eingebauten) Flachbettscanner um ein Bilderfassungsgerät, bei dem das schriftliche Dokument (das Original) elektronisch erfasst werde und entweder bei (herkömmlichen Geräten) zeitgleich an den Empfänger übermittelt oder (bei modernen Fax‑Geräten) als Bilddatei zwischengespeichert und dann an den Empfänger übermittelt werde.
15 Der Verordnung sei weder zu entnehmen, dass alle wesentlichen technischen Komponenten eines Telefaxgerätes (Scanner, Modem, Drucker) in einem Gerät enthalten sein müssten, noch dass die Übermittlung an den Empfänger zeitgleich mit der elektronischen Erfassung des Originals zu erfolgen habe. Werde ein Anbringen an einem PC erstellt, ausgedruckt, das Originaldokument unterschrieben, eingescannt und dann über einen Faxserver an den Empfänger per Telefonleitung übermittelt, so seien alle in der TelekopieV normierten Voraussetzungen für eine rechtswirksame Einbringung mittels Telekopierer erfüllt. Eine solche Einreichung bei den Behörden und Verwaltungsgerichten sei mit allen modernen Faxsystemen möglich. Dabei müsse es nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts auch unerheblich sein, ob das zu übermittelnde, eingescannte Dokument per E‑Mail an einen internen oder auch externen Faxserver (Fax‑Gateway) versendet und von dort über das Telefonnetz an den Empfänger übermittelt werde. Insofern dürfe es auch nicht von entscheidender Bedeutung sein, ob die Eingabe mittels eines „e‑Fax‑Systems“ übersendet werde, solange das unterschriebene und eingescannte Dokument bei der Abgabenbehörde über das Telefonnetz einlange.
16 Die (ordentliche) Revision ließ das Bundesfinanzgericht zu, weil die hier strittige Rechtsfrage, ob bzw. in welcher Form ein Anbringen mit einem dem heutigen Stand der Technik entsprechenden „e‑Fax‑System“ rechtswirksam bei Abgabenbehörden und Verwaltungsgerichten eingebracht werden könne, bisher nicht an den Verwaltungsgerichtshof herangetragen worden sei. Diese Rechtsfrage sei in der bisherigen Rechtsprechung des Unabhängigen Finanzsenats und des Bundesfinanzgerichts auch nicht einheitlich beantwortet worden. So sei zumindest in einigen Fällen die Eingabe eines Anbringens mittels e-Fax nicht beanstandet worden. Der Rechtsfrage komme über den Einzelfall hinaus Bedeutung zu.
17 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. Zur Zulässigkeit wird in der Revision ausgeführt, zu der im Beschluss des Bundesfinanzgerichts behandelten Frage der Einbringung mittels e‑Fax‑System habe sich der VwGH bis zuletzt nicht näher geäußert bzw. geklärt, was unter einem (unzulässigen) e‑Fax zu verstehen sei. Das Bundesfinanzgericht habe in näher angeführten Entscheidungen Eingaben mittels e‑Fax als unzulässig beurteilt, in anderen hingegen die Zulässigkeit bejaht, wobei auch in diesen Entscheidungen offen geblieben sei, was unter einem e‑Fax zu verstehen sei und auf Basis welcher Technik die entsprechenden Eingaben übermittelt worden seien. Jene Entscheidungen, in denen Eingaben mittels e‑Fax als unzulässig und unrechtmäßig beurteilt worden seien, basierten fälschlicherweise auf einer Entscheidung des VwGH, in der lediglich die Einbringung per E‑Mail behandelt worden sei. Wie komplex die Differenzierung zwischen E‑Mails, e‑Faxen, e‑Fax‑Systemen und Telekopierern sein könne, zeigten aber schon alleine die dazu divergierenden Aussagen ein und desselben Gerichts.
18 In den Revisionsgründen führte der Revisionswerber sodann aus, entscheidend für das Vorliegen einer Eingabe per Telefax sei laut den bisherigen Aussagen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs der gewählte „Weg der Einreichung“. Als solcher sei allein der Übertragungsweg von dem jeweiligen Faxgerät des Absenders zum Faxgerät der Behörde zu qualifizieren. Vorgänge in der Sphäre des Revisionswerbers vor Beginn des eigentlichen Einreichungswegs, der Übermittlung eines Fax-Signals über die Telefonleitung, seien irrelevant. Daher sei auch die Tatsache, ob die Beschwerden (Berufungen) zu Einreichungszwecken ausgedruckt worden seien oder nicht, belanglos. Werde eine Eingabe über das Telefonnetz eingereicht, mache es keinen Unterschied, ob das Schriftstück davor in stofflicher Form ausgedruckt und sodann eingescannt oder direkt elektronisch erstellt worden sei.
19 § 3 der Verordnung BGBl. Nr. 494/1991 beziehe sich lediglich auf die Aufbewahrungspflichten und normiere kein Erfordernis einer Unterschrift für die Einreichung per Telefax, zumal § 86a Abs. 1 dritter Satz BAO selbst das Fehlen einer Unterschrift nicht als Mangel qualifiziere. Selbst bei Annahme eines Unterschriftserfordernisses müsse das Fehlen einer Unterschrift aber einem Mängelbehebungsverfahren zugänglich sein, zumal im Revisionsfall eine elektronische Unterschrift (wenn auch ohne elektronische Signatur) vorliege.
20 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
21 Die Revision ist zulässig und begründet.
22 § 86a BAO normiert:
„§ 86a. (1) Anbringen, für die Abgabenvorschriften Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, können auch telegraphisch, fernschriftlich oder, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden. Durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen kann zugelassen werden, daß sich der Einschreiter einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. Die für schriftliche Anbringen geltenden Bestimmungen sind auch in diesen Fällen mit der Maßgabe anzuwenden, daß das Fehlen einer Unterschrift keinen Mangel darstellt. Die Abgabenbehörde kann jedoch, wenn es die Wichtigkeit des Anbringens zweckmäßig erscheinen läßt, dem Einschreiter die unterschriebene Bestätigung des Anbringens mit dem Hinweis auftragen, daß dieses nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.
(2) Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung im Sinn des Abs. 1 erster Satz bestimmen,
a) unter welchen Voraussetzungen welche Arten der Datenübertragung an Abgabenbehörden zugelassen sind,
b) daß für bestimmte Arten von Anbringen bestimmte Arten der Datenübertragung ausgeschlossen sind und
c) welche Unterlagen wie lange vom Einschreiter im Zusammenhang mit bestimmten Arten der Datenübertragung aufzubewahren sind.“
23 § 86a BAO wurde mit dem Abgabenänderungsgesetz 1989 (AbgÄG 1989), BGBl. Nr. 660/1989, ins Abgabenverfahrensrecht eingeführt, womit „in Anbetracht der technischen Entwicklung ... gesetzliche Regelungen über die Verwendung automationsunterstützter Datenübertragungen zur Einbringung von Anbringen an Abgabenbehörden“ geschaffen werden sollten (AB 1162 BlgNR 17. GP 12).
24 Die aufgrund von § 86a Abs. 2 BAO und § 56 Abs. 2 FinStrG ergangene Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Zulassung von Telekopierern zur Einreichung von Anbringen lautet:
„§ 1. Für Anbringen im Sinne des § 86a Abs. 1 erster Satz BAO, die in Abgaben-, Monopol- oder Finanzstrafangelegenheiten an das Bundesministerium für Finanzen, an den unabhängigen Finanzsenat, an eine Finanzlandesdirektion, an ein Finanzamt oder an ein Zollamt gerichtet werden, wird die Einreichung unter Verwendung eines Telekopierers (Telefaxgerätes) zugelassen.
§ 2. § 1 gilt nicht für Abgabenerklärungen, für Anzeigen gemäß § 31 Gebührengesetz 1957, für Anträge auf Rückzahlung, Umbuchung oder Überrechnung sowie für Zollanmeldungen im Sinne des Zollkodex.
§ 3. Wird ein Anbringen gemäß § 1 unter Verwendung eines Telekopierers eingereicht, so ist der Einschreiter verpflichtet, das Original des Anbringens vor Einreichung zu unterschreiben und durch sieben Jahre zu Beweiszwecken aufzubewahren. Diese Frist läuft vom Schluß des Kalenderjahres, in dem das betreffende Anbringen unter Verwendung eines Telekopierers eingereicht worden ist.“
25 In § 86a Abs. 2 BAO hat der Gesetzgeber den Bundesminister für Finanzen als Verordnungsgeber somit ausdrücklich dazu ermächtigt zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen welche Arten automationsunterstützter Datenübertragungen an Abgabenbehörden und Verwaltungsgerichte zugelassen oder ausgeschlossen sind. Diese Ermächtigung hat der Bundesminister für Finanzen mit der zitierten Verordnung wahrgenommen und in § 3 der Verordnung für die Einreichung unter Verwendung eines Telekopierers eine Verpflichtung des Einschreiters normiert, „das Original des Anbringens vor Einreichung zu unterschreiben“. Damit ist als Voraussetzung einer mängelfreien Eingabe mittels Telekopierers klar geregelt, dass vor der Einreichung des Anbringens eine Unterschrift am Original zu setzen und in der Folge dieses eigenhändig unterschriebene Original dem Telekopierer zuzuführen ist.
26 Diesem Auslegungsergebnis steht auch § 86a Abs. 1 dritter Satz BAO, wonach bei telegraphisch, fernschriftlich und im Wege automationsunterstützter Datenverarbeitung eingereichten Anbringen das Fehlen einer Unterschrift keinen Mangel iSd § 85 Abs. 2 BAO darstellt, nicht entgegen. Diese Vorschrift regelt nämlich lediglich, dass auf der bei der Behörde einlangenden Telekopie keine urschriftliche Originalunterschrift angebracht sein muss, und ermöglicht damit überhaupt erst diesen technischen Weg der Einbringung schriftlicher Eingaben, wo nur eine Telekopie des beim Absender verbleibenden (aber eigenhändig unterschriebenen) Originals bei der Behörde eingeht, ohne dass sich an jede Telefaxeingabe ein Mängelbehebungsverfahren anschließen müsste. Dieser (alleinige) Regelungszweck des § 86a Abs. 1 dritter Satz BAO kommt im Übrigen auch bereits in den Erläuterungen zum Ausdruck (AB 1162 BlgNR 17. GP 12):
„Das Fehlen einer Unterschrift bei telegraphischen oder durch Fernschreiben eingebrachten Eingaben stellt nach Ansicht der Finanzverwaltung keinen Mangel dar. Diese (in der Literatur nicht unbestrittene) Ansicht soll im Gesetz ‑ ausgedehnt auf im Wege automationsunterstützter Datenübertragung eingebrachte Anbringen ‑ ausdrücklich verankert werden. Würde man in den genannten Fällen im Fehlen einer Unterschrift stets einen Mangel sehen, der zwingend ein Mängelbehebungsverfahren zur Folge hätte, so würden allfällige Vorteile der erwähnten Übermittlungsarten eingeschränkt werden.“
27 Fehlt es demgegenüber auch an einem eigenhändig unterschriebenen Original des Anbringens iSd § 3 der Verordnung für die Einreichung unter Verwendung eines Telekopierers, wird das Anbringen aber ‑ wie im Revisionsfall ‑ nicht wie ein E-Mail, sondern mittels eines Telefaxgeräts oder gleich zu haltender Fax‑Software an das Finanzamt, nämlich dessen Telefax-Anschlussstelle übermittelt, so liegt (lediglich) eine mangelhafte Eingabe und keine auf unzulässigem Einbringungsweg übermittelte Eingabe vor, weil die (unvollständige) Einreichung ja „unter Verwendung eines Telekopierers“ iSd zitierten Verordnung des Bundesministers für Finanzen erfolgt ist (zu Eingaben, die als ein E‑Mail‑Anhang übermittelt werden vgl. hingegen VwGH 27.9.2012, 2012/16/0082 und 12.8.2015, Ra 2015/16/0065).
28 In diesem Fall kommt die allgemeine Regelung des § 85 Abs. 2 BAO zur Anwendung, wonach Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung berechtigen. Das Bundesfinanzgericht hätte daher angesichts des von ihm festgestellten Fehlens eines handschriftlich unterschriebenen Originals der eingegangenen Telekopie mit einem Mängelbehebungsauftrag vorzugehen gehabt (§ 2a iVm § 85 Abs. 2 BAO).
29 Indem das Bundesfinanzgericht dies verkannt hat, hat es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb dieses gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
30 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 29. Mai 2018
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