Normen
BAO §24 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2017130004.J00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte des Revisionsfalles ist auf das Erkenntnis vom 25. März 2015, 2012/13/0033, zu verweisen. Die damalige Beschwerdeführerin war in den Streitjahren 2000 bis 2007 zunächst alleinige und ab 2002 Erst-Begünstigte einer von ihrem Ehemann im Jahr 1982 gegründeten und bis zu seinem Tod im Jahr 1991 von ihm dotierten liechtensteinischen Stiftung gewesen, was den österreichischen Steuerbehörden erst im Jahr 2008 bekannt wurde. In einem Prüfungsbericht vom 5. Mai 2009 wurde unter "Einkünfte aus Kapitalvermögen" dargelegt, das Stiftungsvermögen und die Einkünfte daraus seien der Begünstigten zuzurechnen. Deren Berufung gegen darauf beruhende, zum Teil mit Wiederaufnahmen verbundene Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2000 bis 2007 gab der unabhängige Finanzsenat mit Bescheid vom 24. Jänner 2012 nicht statt, wogegen die Begünstigte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhob. Im Jänner 2015 verstarb die Begünstigte.
2 Mit dem eingangs erwähnten Erkenntnis vom 25. März 2015 hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Er führte - auf das Wesentlichste zusammengefasst - aus, die Entscheidung wäre richtig, wenn der Sachverhalt, wie im bekämpften Bescheid behauptet, "vergleichbar mit einem treuhändig verwalteten Bankkonto/Bankdepot" sei. Dass dies der Fall sei, habe der unabhängige Finanzsenat aber "nicht in schlüssiger Weise" dargelegt.
3 Das inzwischen zuständig gewordene Bundesfinanzgericht verhandelte über die nunmehr als Beschwerde der Verlassenschaft nach der Begünstigten zu behandelnde Berufung am 19. August und am 25. November 2015. Bei dem zuletzt genannten Termin beantragten die Vertreter der Verlassenschaft die Einvernahme des 2011 für die Begünstigte bestellten Sachwalters zum Nachweis dafür, dass dieser "erfolglos versucht hat, bei der Stiftung zwecks Bestreitung von Pflegekosten Zuwendungen an (die Begünstigte) zu erhalten". Dies spreche für die "Intransparenz" der Stiftung. Der Vorsitzende verkündete "den Beschluss, dass der beantragte Zeuge (...) vom Gericht nicht als Zeuge vorgeladen wird, weil das beantragte Beweisthema erst ab 2011 relevant ist und für die Streitjahre keine Bedeutung hat". Die Entscheidung bleibe der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten.
4 Mit seinem ein Jahr später zugestellten Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht das Rechtsmittel erneut als unbegründet ab.
5 Die Entscheidungsgründe der 96 Seiten langen Entscheidung beginnen mit der Überschrift "Sachverhalt und Beweiswürdigung auf Grund der Rechtslage". Nach einem kurzen Überblick über Verfahrensstand und Streitpunkt wird angekündigt, es werde "auf die übliche Gliederung der Begründung verzichtet" und stattdessen eine Gliederung in die Abschnitte "A" bis "D" vorgenommen. Den Rest der Entscheidungsgründe bildet ein Abschnitt "A", der bis Seite 73 einer mit Anmerkungen versehenen Wiedergabe des Verfahrensganges und des beiderseitigen Vorbringens gewidmet ist.
6 Auf Seite 73 folgt der Zwischenüberschrift "Begründung" zunächst der Hinweis, die "Aufhebungsgründe des VwGH" erzeugten "hinsichtlich der in diesem Erkenntnis aufgegriffenen Begründungselemente keine Bindungswirkung, da hier kein(e) den rechtlichen Aussagen des VwGH entgegen stehende Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung erfolgt".
7 Die folgenden Seiten 74 bis 95 sind mit "Beweiswürdigung" überschrieben. Sie beginnen in einem mit "1. Kontrollrechte und positive Gestaltungsrechte der (Begünstigten)" überschriebenen Abschnitt mit einem pauschalen Verweis auf einen vorbereitenden Schriftsatz des Finanzamtes vom August 2015, "da das BFG die dort beweiswürdigend gezogenen Schlussfolgerungen voll teilt".
8 Dieser 30 Seiten lange Schriftsatz des Finanzamtes, der seinerseits keine nachvollziehbare Gliederung aufweist und auch Rechtsausführungen enthält, leitet aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zunächst ab, für die Zurechnung sogenannter passiver Einkünfte komme es - auch im Zusammenhang mit einer liechtensteinischen Stiftung - auf das wirtschaftliche Eigentum an den die Einkünfte generierenden Vermögenswerten an. Es folgen "Beweismittel und Indizien" dafür, dass die Begünstigte "bestimmenden Einfluss" auf die Stiftung nehmen konnte. Ins Treffen geführt wird zunächst eine Bestimmung im ursprünglichen Stiftungsstatut von 1982, wonach der Stiftungsrat für Änderungen der Statuten, für die Erlassung von Beistatuten und für deren Änderung "bei Lebzeiten des Stifters" dessen schriftliche Genehmigung einholen müsse. Dieses Zustimmungsrecht, so das Finanzamt, sei mit dem Tod des Stifters auf die Begünstigte (als Alleinerbin) übergegangen und könne "dem Vorliegen eines Mandatsvertrages gleichgesetzt werden". Ein späteres Beistatut sei mit Zustimmung der Begünstigten erlassen worden und habe die Bestimmung enthalten, dass es nur mit ihrer Zustimmung aufgehoben, abgeändert oder ergänzt werden könne. Dies beweise ihre faktische Einflussnahme, räume ihr "umfassende Weigerungsrechte" ein und könne "dem Vorliegen eines Mandatsvertrages gleichgesetzt werden". Es sei "fast über den nur schuldrechtliche(n) Mandatsvertrag zu stellen". Vor "diesem Hintergrund" indiziere "ergänzend" auch die Unterschrift der Begünstigten auf einem "Exemplar der Buchhaltung" und ihre Teilnahme an Sitzungen des Stiftungsrates "eine Dispositionsbefugnis hinsichtlich des Geschehens auf Stiftungsebene". Weiters sei in einem von der Begünstigten mitunterfertigten Reglement des Stiftungsrates im Jahr 1994 festgelegt worden, dass der jährliche Nettoertrag nach dem Ableben der Begünstigten an wohltätige Einrichtungen in der Schweiz und in Österreich auszuschütten sei und dieses Reglement "mit Zustimmung des Stifters" (Anmerkung: der 1991 verstorben war) geändert werden könne. Dies beweise, dass die Begünstigte "in das Geschehen auf Stiftungsebene einzugreifen" vermochte und dies auch tat, was "auf eine Dispositionsbefugnis von Frau (...) hinausläuft". Sie selbst habe angegeben, dieses Reglement sei mit ihr "abgestimmt" gewesen. Schließlich sei auch im Jahr 2002 ein Beistatut "mit Zustimmung der Stifterin" beschlossen worden.
9 In dem Schriftsatz des Finanzamtes wird sodann ausgeführt, im vorliegenden Fall habe es "weder eines in Schriftform gefassten Mandatsvertrages, noch eines in Schriftform abgefassten Vertrages mit vergleichbarem Inhalt (z.B. Treuhandvertrag)" bedurft, "um eine Dispositionsbefugnis (...) sicherzustellen". Die Begünstigte habe sich "eines subtileren Instrumentariums bedienen" können, nämlich des "Veto- und Zustimmungsrechts", und sei "insofern dispositionsbefugt" gewesen. Das könne "dem Vorliegen eines Mandatsvertrages gleichgesetzt werden".
10 Es folgt in dem Schriftsatz eine "Zusammenfassung", in der "aus der voranstehend erläuterten Faktenlage" der Schluss gezogen wird, eine Zurechnung der Einkünfte und des Vermögens an die Stiftung sei "nicht möglich".
11 Auf die "Zusammenfassung" folgt als "weiteres Indiz" der Hinweis darauf, dass bei der Dotierung der Stiftung keine Schenkungssteuer entrichtet worden sei. Die Behauptung der Begünstigten, ihr verstorbener Ehemann habe die Schenkungssteuer hinterzogen, sei "eine bloße Schutzbehauptung". Aus der Nichtentrichtung der Schenkungssteuer sei vielmehr zu schließen, dass keine wirkliche Vermögensübertragung gewollt gewesen sei. Ein "Indiz" sei außerdem auch die "Personenidentität von (Erst‑)Begünstigter und ‚wirtschaftlich Verfügungsberechtigter'".
12 In einem letzten Teil des Schriftsatzes wird dargelegt, es müsse einen Treuhandvertrag, Mandatsvertrag oder Vertrag mit "ähnlichem Gehalt" gegeben haben, der jedoch nicht vorgelegt worden sei. Der Beweis der Nichtexistenz eines solchen Vertrages könne dem Steuerpflichtigen zwar nicht abverlangt werden, doch hätte es die Beweisvorsorgepflicht verlangt, "eine Vereinbarung zu treffen, in der die rechtliche Verselbständigung des (...) gewidmeten Vermögens nach außen hin (und für die öAbgabenbehörde im Nachhinein erkennbar) klar und deutlich zum Ausdruck kommt. Das diesbezügliche Unterlassen darf nicht zu Lasten des österreichischen Abgabenanspruchs gehen". Ungeachtet der ins Treffen geführten "Indizienbeweise" gehe die Abgabenbehörde bei einer liechtensteinischen Stiftung und mangelhafter Beweisvorsorge "prima facie" davon aus, "dass sich ein inländischer Steuerpflichtiger als ‚wirtschaftlicher' Stifter (nach dessen Tod der ‚wirtschaftliche Verfügungsberechtigte') nicht freiwillig und ohne Not seiner Option zur faktischen Einflussnahme auf jene liechtensteinische Stiftung begeben wird, die in seinem Auftrag durch einen Treuhänder errichtet wurde" (Hinweis auf Pröll, ÖStZ 2009/1056, 524).
13 Dem Verweis auf diesen Schriftsatz folgt im ersten Abschnitt der "Beweiswürdigung" des Bundesfinanzgerichtes eine Replik auf die Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates vom 24. Jänner 2012. Wenn in dieser Beschwerde geltend gemacht worden sei, ein Vorrang vom Stifter erlassener Reglemente gegenüber solchen des Stiftungsrates bedürfe - anders, als vom unabhängigen Finanzsenat behauptet - nach liechtensteinischem Recht eines im vorliegenden Fall fehlenden Vorbehalts in den Statuten, so sei dieser Einwand zwar "formal berechtigt", nach den "Erfahrungen des täglichen Lebens" aber "zwingend anzunehmen, dass entsprechende Befugnisse (‚Weisungsrechte') andernorts" eingeräumt worden sein müssten.
14 Ergänzend werde dazu festgestellt, das Kundenstammblatt der mit der Stiftung befassten liechtensteinischen Treuhandgesellschaft vermerke (im Abschnitt "Weisungen (Verwaltung, Buchhaltung, Beistatut usw.") eine "Weisung betr. Nachfolgeregelung der Stiftungsräte vom 08.06.94" und (im Abschnitt "Pendenzen/Geschichte") eine "Beistatutenänderung gem. Weisung 16.08.96", die "gem. Absprache Dr. J. (Anmerkung: ein Stiftungsratsmitglied) erst nach Ableben der Erstbegünstigten" durchzuführen sei. In einem anderen Dokument sei die "Pendenz" einer ausstehenden Unterfertigung eines Belegexemplars der das Jahr 1999 betreffenden Buchhaltung einer zum Stiftungsvermögen gehörenden Aktiengesellschaft durch die Begünstigte erwähnt, was die Involvierung der Begünstigten in das Tagesgeschäft aufzeige. Ob tatsächlich nur ihr verstorbener Ehemann als wirtschaftlicher Stifter tätig geworden sei, bleibe mangels Vorlage des "Urauftrages" zur treuhändigen Gründung im Jahr 1982 "unaufgeklärt". Durch die angeführten Dokumente erlange die unbestimmte Formulierung "wenn an anderer Stelle nichts anderes bestimmt ist" die "Qualität eines Verweises auf bewusst ungenannt bleibende Regelungen außerhalb des Statuten- und Beistatuten-Gefüges" (Anmerkung: gemeint ist eine in einer Beistatutenregelung von 2002 über das Ermessen des Stiftungsrates bei der Entscheidung über Zuwendungen enthaltene Formulierung, die sich nach dem Vorbringen in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nur auf die Statuten beziehen konnte: "Wenn nicht an anderer Stelle etwas anderes geregelt ist, entscheidet der Stiftungsrat in freiem und uneingeschränktem Ermessen"). Mit der Nichtvorlage des Urauftrages schließe sich der "Kreis einer Indizienkette in Richtung höchste Wahrscheinlichkeit habender Annahmen: Dass die Bf. Existenz, Vermögen und laufenden Erfolg der Stiftung sowie die eigene Machtstellung gegenüber dem Stiftungsrat vor den österreichischen Abgabenbehörden verbergen wollte und bis zuletzt an der Aufhellung entscheidungswesentlicher Tatsachen und Umstände nicht mitwirkte".
15 Es folgt (auf den Seiten 75 und 76) noch eine Erwiderung auf das Vorbringen in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde von 2012, die Begünstigte habe unter Mitwirkung des Stiftungsrates und meist unaufgefordert eine große Anzahl von Urkunden vorgelegt. Dem sei entgegenzuhalten, dass "hinsichtlich denknotwendig vorhandener Unterlagen" keine "geeignete Beweismittelvorsorge" getroffen worden sei. Dies betreffe Unterlagen "aus der Gründerzeit 1982" (erneuter Hinweis auf die Nichtvorlage einer schriftlichen Beauftragung der Treuhandgründung) und "aus den Zeiträumen bis 1991, in denen namhafte Zuwendungen an die Stiftung erfolgten" (Bezugnahme auch hier auf den "ungewöhnlichen Vorgang 1982" und Ausführungen über anzunehmende Belehrungen der Begünstigten "im Zuge der Verlassenschaft"). Alle späteren Dokumente hingen "damit in der Luft". Begünstigte "und Stiftungsrat" seien "nicht zur Offenlegung imstande oder auch nicht bereit" gewesen, und "selbst verschuldete Beweisnot" falle, wie das Finanzamt zutreffend ausgeführt habe, "nicht dem Abgabengläubiger, sondern dem Abgabepflichtigen zur Last; zumal dann, wenn an der Wurzel erzeugte zentrale Dokumente, die ein atypisches Geschehen (...) erhärten könnten, aber nicht vorgelegt werden, weil sie angeblich fehlen".
16 Nach dieser Auseinandersetzung mit Argumenten in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde von 2012 wird auf Seite 77 des angefochtenen Erkenntnisses - ausgehend von der Zurechnung der Einkünfte der Stiftung an die Begünstigte - auf deren "Wissen und Hinterziehungsvorsatz", auf die davon abhängende Frage einer teilweisen Verjährung und - verweisend - auf die Rechtsmäßigkeit der Wiederaufnahmen eingegangen. Auf Seite 78 wird "zur Einstufung des Gebildes als transparent" sowie "zur Selektivität der Urkundenvorlage durch die Bf. im Zuge des gesamten Verfahrens bzw. zur mangelnden Beweismittelvorsorge und Beweismittelsicherung durch den Stifter und seine Erbin" auf noch folgende Ausführungen verwiesen ("siehe weiter unten").
17 Es folgt - außerhalb jeder Gliederung - auf den Seiten 78 bis 84 ein Abschnitt "Zum Verjährungseinwand", in dem es wieder - ausgehend von der Zurechnung der Einkünfte der Stiftung an die Begünstigte - um deren Hinterziehungsvorsatz geht. Diese Ausführungen sind eine überarbeitete Fassung des entsprechenden Teils der Entscheidung von 2012.
18 Auf den Seiten 84 und 85 wird nach einer Rückkehr zur Frage des Vorliegens einer "intransparenten Ermessensstiftung" zunächst - mit einer Untergliederung, die bei "3." einsetzt - in hypothetischer Form auf die Frage eines Missbrauchs eingegangen und schließlich festgestellt, auf den "Missbrauchsvorwurf" werde "nicht mehr eingegangen", denn das Bundesfinanzgericht habe "die Frage (...) auf der Ebene der Zurechnung nach den Grundsätzen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Sinne der Bejahung von Transparenz lösen" können.
19 Abschnitt "5." der mit "3." begonnenen Untergliederung (Seite 86 oben) lautet:
"5. In typisierender Betrachtungsweise (nach den Erfahrungen des allgemeinen wirtschaftlichen Verkehrs) ist angesichts des Stiftungszweckes in der Förderung der Bw als Begünstigter der eigentliche Geschäftszweig der Stiftung zu erkennen. Die (dort erwirtschafteten) Einkünfte sind auf Grund ihrer festgestellten aktiven Gestaltungs- und passiven Kontrollrechte (arg. ‚Weisungen' bzw. Zustimmungs- und Vetorechte) der Bw. zuzurechnen (und) Zuwendungen an gemeinnützige Organisationen (daher) als Einkommensbzw. Vermögensverwendung der Stifterin und Eigentümerin anzusehen.
Das BFG stellt daher nach dem oben Gesagten in freier Würdigung der angeführten Beweisumstände fest, dass die 1982 von (dem verstorbenen Ehemann der Begünstigten) eingerichtete (Stiftung) seit dem Tod des Genannten 1991 der mittlerweile ebenfalls verstorbenen Bf. (= seiner Ehegattin) zuzurechnen ist, da sie seit dem Erbgang die Kontrolle über das Stiftungsvermögen auszuüben berechtigt war (Vorliegen eines transparenten Gebildes). Für die Annahme umfassender Kontrolle durch (den verstorbenen Ehemann der Begünstigten) bzw. durch die Bf. sprechen folgende Tatsachen, Umstände und Indizien:"
20 Punkt "1." der nachfolgenden Ausführungen behandelt die Verhältnisse bis zum Tod des Ehemanns der Begünstigten, der bei Errichtung der Stiftung ungenannt geblieben und nachträglich als "wirtschaftlicher Stifter" hervorgekommen sei. Auf ausführliche Zitate aus den Statuten von 1982 folgt zunächst der Hinweis, der treuhändig erfolgten Gründung müsse eine Treuhandvereinbarung zugrunde gelegen haben, über die aber keine schriftlichen Beweismittel vorgelegt worden seien. In den Statuten selbst belege die "zwingend erforderliche Zustimmung" des Stifters zu jeder Änderung der Statuten, zu jeder Erlassung und Änderung von Beistatuten und zur Auflösung der Stiftung durch den Stiftungsrat "entscheidende Kontrollbefugnisse des Stifters".
21 Ein längerer Teil dieses Abschnitts behandelt sodann die Nichtentrichtung von Schenkungssteuer bei der Dotierung der Stiftung. Das Bundesfinanzgericht sehe es "nach den allgemeinen und insbesondere forensischen Erfahrungen mit liechtensteinischen Familienstiftungen älteren Gründungsdatums durch dort nicht ansässige Abgabenpflichtige" als "damals geradezu typisch und daher auch hier als überragend wahrscheinlich an, dass sich der wirtschaftliche Stifter der Herrschaft über das gestiftete Vermögen nicht endgültig begab, als er die Stiftungsgründung und den Vermögenstransfer nach Liechtenstein veranlasste, dies jedoch gegenüber den österreichischen Abgabenbehörden geheim hielt". Die "gegenteilige Vermutung" der Begünstigten, er habe "die für den endgültigen Vermögenstransfer anfallende Schenkungssteuer eben hinterzogen", entbehre "jeder durch irgendwelche Beweismittel untermauerten Glaubhaftmachung". Näher begründet wird dies zunächst mit Ausführungen über den anzunehmenden ursprünglichen Wissensstand der Begünstigten, von der "mangels Nachprüfbarkeit dahingestellt" bleibe, ob sie "damals auf die gesetzmäßige Vorgangsweise des Gatten in Sachen Schenkungssteuer für das gestiftete Vermögen vertraut hatte" (Anmerkung: dies scheint von einem schenkungssteuerpflichtigen Vorgang auszugehen). Spätestens bei Abhandlung der Verlassenschaft müssten ihr Belehrungen zuteil geworden sein, und es habe ihr "nicht egal" sein können, "ob die Stiftungseingänge bis 1991 ordnungsgemäß zur Schenkungssteuer erklärt worden waren". Sei "nämlich" die Stiftung "beim Tod des Ehegatten noch als transparentes Gebilde einzustufen" gewesen, "so hätte die Bf. durch einen endgültigen Willensakt ihrerseits die Stiftung auf Intransparenz umstellen können und die dafür erstmals anfallende Schenkungssteuer entrichten müssen, oder aber - wenn die Schenkungssteuer für ein schon ab ovo intransparentes Gebilde tatsächlich hinterzogen worden war - die Steuer nachträglich erklären und entrichten müssen". Da sie keinen dieser Schritte gesetzt habe, werte das Bundesfinanzgericht (gemeint offenbar: im Sinne der Annahme, der erste und nicht der zweite der unterlassenen Schritte wäre richtig gewesen) die Behauptung einer Schenkungssteuerhinterziehung durch den Verstorbenen "als bloße Schutzbehauptung" im "Bemühen, die Zurechnung des gesamten Stiftungsvermögens von sich abzuwenden".
22 Der "Vorbehalt umfassender Kontrollrechte" durch den Ehemann der Begünstigten erscheine, "obwohl in Abrede gestellt, durch weitere Umstände erhärtet und erwiesen", nämlich durch die (bereits vor den Ausführungen über die Schenkungssteuer behandelten) Zustimmungsrechte (wobei hier nun formuliert wird, der Stifter habe die Auflösung der Stiftung und die damit verbundene Übertragung des Vermögens an ihn "herbeiführen" können) und dadurch, dass alle Jahresabschlüsse über die Bewirtschaftung des Stiftungsvermögens seiner Genehmigung bedurft hätten (was sich auf eine nicht zitierte, auf die Lebenszeit des Stifters beschränkte Statutenbestimmung bezieht).
23 Punkt "2." des Abschnitts über "Tatsachen, Umstände und Indizien" (ab Seite 90) betrifft die Verhältnisse nach dem Tod des Stifters und beginnt mit der Feststellung, die Stiftung sei nun "der Kontrolle seiner Witwe und Universalerbin" unterlegen, "weshalb ihr das dort verwaltete Kapitalvermögen und die daraus in den Streitjahren erzielten Erträge als im Inland steuerpflichtige Spekulations- und Kapitaleinkünfte zugerechnet werden".
24 Zum Beweis dafür wird zunächst ein von der Begünstigten mitunterfertigtes Reglement des Stiftungsrates aus dem Jahr 1994 erwähnt, in dem festgehalten wurde, es könne "vom Stiftungsrat mit Zustimmung des Stifters geändert" werden. "Offensichtlich" sei die Begünstigte "damals auch vom Stiftungsrat als ‚Stifter(in)' angesehen" worden, "mit allen daraus fließenden Rechten und Kontrollbefugnissen".
25 Es folgt ein längeres Zitat aus einem späteren, gleichfalls von der Begünstigten mitunterfertigten Beistatut mit Anweisungen für das Vorgehen nach ihrem Tod. Wenn dies hier bindend geregelt worden sei, so zeige dies "mit genügender Deutlichkeit die Gestaltungsbefugnisse und Kontrollrechte der Bf. gegenüber dem Stiftungsrat" auf. Dem "konsequenten Gebrauch" der "Befehlsform" in diesem vom Stiftungsrat erlassenen Beistatut lagen, so das Bundesfinanzgericht, "offenkundig entsprechende Weisungen der Bf. zu Grunde, weil ein originäres, ohne Auftrag eines Treugebers bestehendes Weisungsrecht des Repräsentanten Bank in Liechtenstein oder der im Stadium der Stiftungsgründung eingeschalteten Treuhänderin (...) denkunmöglich angenommen werden kann".
26 Nach einem - in die Argumentation zu Kontrollbefugnissen schwer einzuordnenden - Hinweis auf die Hinterlegung der Statuten erst im Jahr 1994 wird (auf den Seiten 92 und 93) ein Beistatut von 2002 wiedergegeben und dazu bloß angemerkt, es sei nur mehr von den Stiftungsräten, aber nicht mehr auch von der Begünstigten unterfertigt worden.
27 Schließlich wird (auf den Seiten 93 und 94) das bereits auf Seite 74 behandelte Kundenstammblatt mit den darin enthaltenen zwei Erwähnungen von "Weisungen" im Zusammenhang mit einer Nachfolgeregelung betreffend Stiftungsräte und mit einer Beistatutenänderung auszugsweise wiedergegeben und dies wie folgt gewürdigt:
"Mehrfach ist hier von ‚Weisungen' die Rede. Diese konnten denkfolgerichtig nur von der nominell bloß Erstbegünstigten (von der Bf.) stammen, weil die LGT als Treuhandbank (Anmerkung: um deren Kundenstammblatt es sich handelte) im fremden Auftrag weder die Neu-Bestellung der Stiftungsräte regeln noch die Beistatuten der (Stiftung) ändern konnte, und weil der Stiftungsrat als Kollegialorgan selbst keine ‚Weisungen' an seine Mitglieder erteilte, sondern seine Beschlüsse entweder wie die Bf. behauptet hat autonom fasste oder, wie vom BFG hier festgestellt, auf Weisung des wirtschaftlich berechtigten Stifters bzw. seiner Gesamtrechtsnachfolgerin handelte.
Damit steht für das BFG fest, dass die Bf. nach dem Tod ihres Ehegatten die alleinige Gestaltungsfreiheit sowie die Letztkontrolle über den Stiftungsrat hatte und diese Rechte bis zu ihrer altersbedingten und gesundheitlichen Beeinträchtigung (mangelnde Reisefähigkeit) auch tatsächlich, wenngleich nur im unbedingt erforderlichen Maße in besonders wichtigen Angelegenheiten (siehe das oben wiedergegebene Schriftstück), ausübte. Das Recht dazu hatte sie bis zu ihrem eigenen Tod, bzw. bis zur Besachwalterung; diese Einschränkung ihrer Handlungsfähigkeit ergab sich erst nach dem Jahr 2007 und bleibt daher für die Lösung der hier strittigen Zurechnungsfrage ohne Bedeutung."
28 Damit endet auf Seite 95 die auf Seite 74 begonnene "Beweiswürdigung" des Bundesfinanzgerichtes. Einen Rechtsfragen gewidmeten Abschnitt enthält die Entscheidung nicht. Es folgen noch die Begründung der Zulässigkeit einer Revision mit dem behaupteten Fehlen einer "einheitlichen, über den Einzelfall hinausgreifenden Rechtsprechung" des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob ein "Mandatsvertrag" vorliegen müsse, "um von Transparenz ausgehen zu können", sowie "Belehrung und Hinweise".
29 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision der Verlassenschaft, zu der das Finanzamt keine Revisionsbeantwortung erstattet hat.
30 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:
31 Das angefochtene Erkenntnis entspricht in Aufbau und Gedankenführung nicht den Anforderungen an eine nachvollziehbare Begründung der Entscheidung über eine Beschwerde. Auch die Abweisung des Antrages auf Einvernahme des Sachwalters ist nicht verständlich, weil das Bundesfinanzgericht ohne Angabe von Gründen davon auszugehen scheint, die Bestellung eines Sachwalters für die Begünstigte habe ihr angenommenes Weisungsrecht zum Erlöschen gebracht, sodass sich aus der Erfolglosigkeit von Bemühungen des sie vertretenden Sachwalters um Zuwendungen kein Schluss auf ihre Einflussmöglichkeiten im Streitzeitraum ziehen lasse.
32 Vorrangig wahrzunehmen ist jedoch die nicht ausreichende Beachtung der dem Bundesfinanzgericht - anders als 2012 dem unabhängigen Finanzsenat - vorliegenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zurechnung von Kapitaleinkünften liechtensteinischer Stiftungen. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in drei im Schrifttum breit erörterten Erkenntnissen des Jahres 2015 (VwGH 25.2.2015, 2011/13/0003; 25.3.2015, 2012/13/0033, den hier zu entscheidenden Fall betreffend; 30.6.2015, 2012/15/0165) mit diesem Thema auseinandergesetzt und als maßgeblichen Gesichtspunkt für die Zurechnung der Einkünfte weder die "Transparenz" oder "Intransparenz" des liechtensteinischen "Gebildes" noch die Entscheidungsbefugnisse des Stifters oder Begünstigten als solche, sondern die Frage des wirtschaftlichen Eigentums am Kapitalvermögen der Stiftung in den Vordergrund gerückt (vgl. dazu etwa o.V., RdW 2015, 252, sowie zusammenfassend Keppert, SWK 2015, 1201 ff, und Zorn in Mechtler/Wenzl, SWI 2016, 85 ff). Wurde das Vermögen - etwa unter Abschluss eines Mandatsvertrages nach liechtensteinischem Recht - nur treuhändig übertragen, so verbleibt es im wirtschaftlichen Eigentum des Stifters (vgl. in diesem Sinn das erste der genannten Erkenntnisse). Maßgeblich ist dabei aber nicht nur die Weisungsbefugnis, sondern auch der Umstand, dass das Risiko eines Wertverlusts und die Chance einer Wertsteigerung den Treugeber treffen (vgl. Zorn, a.a.O., 88, mit Hinweis auf die Einkünftezurechnung bei der Einmann-GmbH).
33 Schon im ersten der genannten Erkenntnisse wurde auch betont, dass für Zwecke der Einkünftezurechnung nicht zwischen In- und Auslandssachverhalten zu unterscheiden ist, und auf das Erkenntnis vom 29. September 2010, 2005/13/0079, VwSlg 8586/F, verwiesen, das eine inländische Stiftung betroffen hatte (vgl. zu diesem Aspekt etwa Petritz, PSR 2015, 71 ff, und Fraberger, ZFS 2015, 81 ff). Dementsprechend hat die Verlassenschaft der Begünstigten im fortgesetzten Verfahren nach dem den vorliegenden Fall betreffenden Erkenntnis vom 25. März 2015 auch wiederholt geltend gemacht, die ins Treffen geführten Rechte des Stifters entsprächen im österreichischen Stiftungsrecht vorgesehenen Möglichkeiten, deren Inanspruchnahme nicht zur Annahme eines Treuhandverhältnisses führe.
34 Das Bundesfinanzgericht hat dies alles nicht ausreichend beachtet, den zuletzt erwähnten Einwand unbehandelt gelassen, keine über die Befassung mit Einflussmöglichkeiten des Stifters und seiner Rechtsnachfolgerin hinausgehende Prüfung des wirtschaftlichen Eigentums am Stiftungsvermögen vorgenommen und die Rechtslage auch schon dadurch verkannt, dass es bei der Behandlung der Einflussmöglichkeiten nicht konsequent zwischen Zustimmungs- und Weisungsrechten unterschied. Statt einer wirklichen Prüfung des Falles an dem von der Rechtsprechung vorgegebenen Maßstab des wirtschaftlichen Eigentums hat sich das Bundesfinanzgericht - u.a. durch die Übernahme aller Ausführungen im Schriftsatz des Finanzamtes - im Ergebnis an älteren Verwaltungsmeinungen orientiert, die in den angeführten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes keine Bestätigung erfahren hatten.
35 Das angefochtene Erkenntnis war daher nicht wegen des abgewiesenen Beweisantrages oder wegen des Fehlens klarer Feststellungen und einer tragfähigen Beweiswürdigung zu den bloß vermuteten Zusatzvereinbarungen, sondern schon gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
36 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 25. April 2018
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